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LG Köln: Wann ein Fahrrad urheberrechtlich geschützt ist

Wann ist ein Fahrrad als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt?

Bei dem Rechtsstreit vor dem LG Köln ging es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Fahrrad als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt ist (LG Köln, Urt. v. 01.09.2023 - Az.: 14 O 49/22).

Die Klägerin entwickelte und vertrieb Kompaktfahrräder. Die Beklagte war Fahrrad-Produzentin.

Im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung ging es auch um die Frage, ob die von der Klägerin urheberrechtlich geschützt sind.

Das LG Köln hat diese Frage bejaht und ein Werk der angewandten Kunst nach § 2 Abs.1 Nr.4 UrhG angenommen.

1. Allgemeine Voraussetzungen für Schutz als Werk der angewandten Kunst:

Zunächst erläutert das Gericht die Voraussetzungen, die in solchen Fällen für einen Urheberrechtsschutz anzunehmen sind:

"Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG gehören Werke der bildenden Kunst einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke zu den urheberrechtlich geschützten Werken, sofern sie nach § 2 Abs. 2 UrhG persönliche geistige Schöpfungen sind. Eine persönliche geistige Schöpfung ist eine Schöpfung individueller Prägung, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer „künstlerischen“ Leistung gesprochen werden kann (…).

 Für eine Einstufung eines Objekts als Werk müssen zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sein. 

Zum einen muss es sich bei dem betreffenden Gegenstand um ein Original in dem Sinne handeln, dass er eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt (…). Ein Gegenstand kann erst dann, aber auch bereits dann als ein Original in diesem Sinne angesehen werden, wenn er die Persönlichkeit seines Urhebers widerspiegelt, indem er dessen freie kreative Entscheidung zum Ausdruck bringt. Wurde dagegen die Schaffung eines Gegenstands durch technische Erwägungen, durch Regeln oder durch andere Zwänge bestimmt, die der Ausübung künstlerischer Freiheit keinen Raum gelassen haben, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Gegenstand die für die Einstufung als Werk erforderliche Originalität aufweist (…)."

Dabei gehe es vor allem darum, ob der jeweilige Schöpfer etwas Neues, Eigenes erschaffen habe oder ob er sich vielmehr nur an bereits Vorgegebenem oriteniert habe:

"Der Schöpfungsprozess ist daraufhin zu analysieren, ob der Urheber sich ausschließlich an Vorgegebenem orientiert und die Spielräume nicht durch eigene Entscheidungen ausgefüllt hat. 

Lässt sich ausschließen, dass ein Gestalter vollständig nach vorgegebenen Regeln gearbeitet hat, ist zu folgern, dass er jedenfalls in gewissem Umfang eigene schöpferische Entscheidungen getroffen hat. 

Dann spricht eine Vermutung dafür, dass er den gegebenen Gestaltungsspielraum tatsächlich genutzt hat, um sein geistiges Produkt hervorzubringen. 

Der Urheber als Anspruchsteller genügt danach seiner Obliegenheit, die Schutzfähigkeit seines Werkes darzulegen, regelmäßig dadurch, dass er ein Werkexemplar vorlegt und seine Besonderheiten – konkreten Gestaltungselemente – präsentiert (…)."

2. Urheberrechtsschutz auch für das streitgegenständliche Fahrrad?

Dann hatten die Juristen zu klären, ob im vorliegenden Fall auch das streitgegenständliche Fahrrad diese Bedingungen erfüllt.

Im Ergebnis wurde diese Frage bejaht:

“Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin hinreichend vorgetragen. Sie hat ihr Fahrradmodell (..) dargestellt, vorgelegt und die Besonderheit (das sog. „Treppendesign“) herausgearbeitet. Sie hat zur Substantiierung ihres Vortrags ein Parteigutachten vorgelegt. Dies genügt zunächst für einen schlüssigen Vortrag zur Schutzfähigkeit.”

3. Ausgang des Rechtsstreits:

Das Gericht bejahte zwar den urheberrechtlichen Schutz des Fahrrads, wies aber am Ende die Klage dennoch ab.

Denn die Beklagte habe nicht in die Rechte der Klägerin eingegriffen. Denn der der Klägerin zugestandene Schutzbereich habe sehr enge Begrenzungen:

"Allerdings ist der Schutzbereich des klägerischen Werks als nur sehr eng anzusehen (…). 

Da sowohl die oben geschilderten Schutzanforderungen relativ gering, als auch die gestalterischen Freiräume sehr eng sind und insoweit auch ein gewisses Freihaltebedürfnis für weitere Gestaltungen besteht, kann das Werk der Klägerin nur identische und sehr ähnliche Gestaltungen erfassen".

Eine solche Ähnlichkeit konnte das Gericht in den Fahrrädern der Beklagten nicht erkennen, sodass der Anspruch am Ende abgelehnt wurde.

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