Der BGH hat klargestellt, dass bei einer wettbewerbswidrige Anschwärzung eines Konkurrenten grundsätzlich nur das betroffene Unternehmen befugt ist, diese Rechtsverstöße gerichtlich zu verfolgen. Wirtschaftsverbände sind hingegen nur dann zur Verfolgung berechtigt, wenn die Herabsetzung sich nicht lediglich eine einzelne Firma, sondern gegen eine Mehrheit von Mitbewerbern richtet (BGH, Urt. v. 23.01.2024 - Az.: I ZR 147/22).
Das verklagte Unternehmen tätigte in seinen Videos mehrere herabsetzende Äußerungen über andere Hersteller von Zigaretten-Eindrehpapiere. Die Erklärungen betrafen nicht nur einen Produzenten, sondern mehrere.
Ein Wirtschaftsverband klagte daraufhin auf Unterlassung. Den Richtern stellte sich dabei die Frage, ob derartige Verstöße möglicherweise nicht nur durch die betroffenen Firmen selbst verfolgt werden könnten.
Der BGH entschied, dass für den Fall, dass nur ein Unternehmen angeschwärzt werden würde, auch nur dieses zur Verfolgung berechtigt sei.
Anders liege der Fall, wenn die Beleidigungen gleich mehrere Personen beträfe. In einem solchen Fall könne auch ein Wirtschaftsverband - wie im vorliegenden Fall - die Rechtsverletzungen verfolgen:
"Entsprechendes gilt für den Anschwärzungstatbestand nach § 4 Nr. 2 UWG. Auch im Fall der (möglichen) Behauptung oder Verbreitung nicht erweislich wahrer Tatsachen, die geeignet sind, den Betrieb eines Unternehmens oder den Kredit eines Unternehmers zu schädigen, muss es dem Betroffenen überlassen bleiben, ob er dies hinnehmen will oder nicht (…).
Dafür spricht auch, dass die prozessuale und damit öffentliche Verfolgung der Abwehransprüche die schädigende Wirkung eines solchen Eingriffs noch verstärken kann (…)."
Und weiter:
"Richtet sich die (mögliche) Anschwärzung allerdings nicht lediglich gegen einen individualisierten Mitbewerber, sondern gegen eine Mehrheit von Mitbewerbern, liegt es nicht mehr in der Hand eines Einzelnen, ob er sie hinnimmt oder nicht. In diesem Fall ist es gerechtfertigt, dass neben allen einzelnen betroffenen Mitbewerbern auch ein Verband, dem ein solcher Mitbewerber angehört, prozessual dagegen vorgehen kann.
Eine teleologische Reduktion des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist insoweit nicht angezeigt (…). Dies folgt nicht zuletzt daraus, dass der Tatbestand der Anschwärzung nach § 4 Nr. 2 UWG zwar vorrangig den betroffenen Mitbewerber vor unwahren geschäftsschädigenden Äußerungen bewahren soll, aber - zumindest mittelbar - auch das Allgemeininteresse an einem unverfälschten Wettbewerb schützt (…).
Auch vor diesem Hintergrund stellt die Annahme der in § 8 Abs. 2 Nr. 3 UWG geregelten Verbandsklagebefugnis den Regelfall und deren teleologische Reduktion den Ausnahmefall dar. Sind mehrere Mitbewerber betroffen und ist zumindest einer der betroffenen Mitbewerber verbandsangehörig, setzt sich die auch im Allgemeininteresse liegende Verbandsklagebefugnis gegenüber der Dispositionsfreiheit der betroffenen Mitbewerber durch."