Die Werbung im Eingangs-Ordner eines kostenlosen E-Mail-Providers stellt weder unerlaubten Spam noch eine unzumutbare Belästigung dar (OLG Nürnberg, Urt. v. 15.01.2019 - Az.: 3 U 724/18).
Die Beklagte nutzte eine bekannte Werbeplattform, die ihren Usern kostenlose Mail-Accounts anbot, für die Bewerbung ihrer Dienstleistungen.
Rief ein User über den Browser den Ordner "Posteingang" seines Mail-Postfachs an, erschien dort eine Werbung der Beklagten als Nachricht. Die Anzeige konnte durch Anklicken geschlossen werden.
Die Klägerin, eine Mitbewerberin, sah hierin eine irreführende Werbung und zudem eine unzumutbare Belästigung.
Das OLG Nürnberg folgte dieser Ansicht nicht, sondern lehnte den geltend gemachten Unterlassungsanspruch ab.
Zum einen, so das Gericht, fehle es an einer irreführenden Werbung, denn es werde optisch hinreichend deutlich gemacht, dass es sich nicht um eine normale E-Mail-Nachricht handle, sondern um eine bezahlte Anzeige:
"Im vorliegenden Fall genügt die Werbung den Anforderungen des Trennungsgebots. Denn die Werbeanzeige ist - anders als die „normalen“ E-Mails im Postfach - grau unterlegt und mit dem deutlichen Hinweis „Anzeige“ versehen. (...)
Es ist vorliegend nicht dargetan, dass die beanstandete Werbeanzeige ihren Werbecharakter verschleiert. Wie bereits (...) ausgeführt, unterscheidet sich die streitgegenständliche Werbeanzeige - obwohl sie im Posteingang erscheint - aufgrund ihrer Gestaltung hinreichend deutlich von einer E-Mail. Auch ist sie ausdrücklich als Anzeige gekennzeichnet."
Einen Fall der unzumutbaren Belästigung iSd. § 7 Abs.2 Nr.3 UWG sei ebenfalls nicht gegeben, da diese Form der Werbung nicht als elektronische Nachricht zu klassifizieren sein. Die Norm betreffe die asynchrone Übermittlung von Nachrichten, bei denen Informationen gespeichert würden, bis der Empfänger sie abruft.
Neben E-Mails fielen auch Nachrichten über soziale Netzwerke, SMS/MMS und Instant Messagings hierunter.
Im vorliegenden Fall handle es sich jedoch vielmehr um eine besondere Form eines Werbebanners und nicht um eine elektronische Nachricht:
"Die Funktionsweise ist bei den beanstandeten Werbeanzeigen anders. Die streitgegenständliche Werbung ist von der Beklagten nicht unter Verwendung einer individuellen E-Mail-Anschrift über einen E-Mail-Provider in den elektronischen Briefkasten des Klägers versandt worden. Ein elektronischer Datenaustausch über einen Mail-Server findet demgegenüber gerade nicht statt.
Vielmehr ist die Werbung auf der Webseite von ...-Online geschaltet und nur in Echtzeit über einen Ad-Server im Postfach des Kunden von ...-Online sichtbar gemacht worden, wenn ein Kunde auf der Webseite der ... den E-Mail-Service mit einem Webbrowser öffnet. Die Anzeige des Werbebanners erfolgt dabei durch den Ad-Server in Echtzeit über in der Webseite eingebundene, vordefinierte „AdTags/AdSlots“, und zwar in Rotation nach dem Zufallsprinzip."
Auch auf die Generalklausel des § 7 Abs.1 UWG, wonach "unzumutbare Belästigungen" zu unterlassen seien, könne sich die Klägerin nicht berufen.
Es fehle an dem Merkmal der Unzumutbarkeit. Denn bei dem genutzten Account handle sich um einen kostenlosen Dienst, der sich durch Werbung finanziere. Auch könne der User die Werbung jederzeit vermeiden, wenn er ein entsprechendes Entgelt zahle:
"Entscheidend ist jedoch, dass die streitgegenständlichen Werbeanzeigen auf einer kostenfreien Webseite erfolgen, über die ein kostenloser E-Mail-Dienst zugänglich gemacht wird. Es handelt sich dabei um ein klassisches Werbeumfeld, bei der Werbung vom Durchschnittsverbraucher erwartet wird, weil er die bewusste Entscheidung für einen kostenlosen und werbefinanzierten E-Mail-Dienst getroffen hat. Darüber hinaus wird der Kunde bei der Registrierung des kostenlosen E-Mail-Dienstes der ... ausdrücklich auf die Finanzierung durch Werbung hingewiesen.
Es besteht außerdem die Möglichkeit, durch die Bezahlung eines Entgelts den ...-Online-E-Mail-Dienst werbefrei zu nutzen. Auch darauf wird bei der Registrierung hingewiesen (...). Schließlich trug die Beklagte unwidersprochen vor, dass bei Verwendung eines E-Mail-Clients (wie beispielsweise Microsoft Outlook) die Werbeanzeige nicht eingeblendet wird."
Das Gericht wies die Klage daher ab.