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Kategorie: Thema:Online

OLG Köln: Nicht jeder Online-Coaching-Vertrag unterfällt der FernUSG-Pflicht

Ein Online-Coaching-Vertrag unterliegt nicht der Genehmigungspflicht nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG), wenn keine echte Lernkontrolle vereinbart wurde.

Nicht jeder Online-Coaching-Vertrag unterfällt der Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG)-Genehmigungspflicht (OLG Köln, Urt. v. 06.12.2023 - Az.: 2 U 24/23).

Die Klägerin bot online Business-Coaching an. Die Beklagte betrieb eine Werbeagentur.

Geschlossen wurde ein Coaching-Vertrag mit einer Laufzeit von 12 Monaten. 

Beratungsgegenstand waren unterschiedliche Module (u.a. Administration und Organisation, Marketing, Vertriebsprozess ua.). Zudem wurde der Zugang zu einer privaten WhatsApp-Gruppe mit Mitarbeitern der Klägerin zu den jeweiligen Themenfeldern vereinbart. 

Außerdem sollte es pro Woche 16 Zoom-Calls bzw. Live Calls - die auch aufgezeichnet werden sollten, um jederzeit abgerufen werden zu können - und in der gesamten Laufzeit fünf Seminartage (Coaching Consulting Days) geben. 

Nach Vertragsschluss wollte die Beklagte sich von dem Vertragsschluss lösen und berief sich darauf, dass dem Coaching die notwendige Genehmigung nach dem FernUSG fehle und der Kontrakt somit nichtig sei.

Das OLG Köln ist dieser Ansicht nicht gefolgt.

Der hier geschlossene Vertrag unterfalle nicht dem Anwendungsbereich des FernUSG, da keine wirkliche Lernkontrolle vereinbart worden sei:

"Ausweislich § 1 Abs. 1 FernUSG ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieses Gesetzes, dass es sich um einen Vertrag handelt, der die entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten zum Gegenstand hat, bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und der Le-rende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen.

Der streitgegenständliche Vertrag hat zwar zumindest auch die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten zum Gegenstand. (…)

In jedem Fall fehlt es aber an einer vertraglich vereinbarten Überwachung des Lernerfolges.

Dieses Tatbestandsmerkmal ist zwar - nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - weit auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 15.10.2009, III ZR 310/08, NJW 2010, 608). Begründet hat der Bundesgerichtshof diese Auslegung damit, dass der Gesetzgeber wegen eines gestiegenen Interesses an Fernlehrgängen den Verbraucherschutz in diesem Bereich habe stärken wollen.(…) 

Insgesamt sei eine Überwachung des Lernerfolges nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG bereits dann gegeben, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch habe, z.B. in einer begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlangten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolges durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten zu erhalten."

Dieses Merkmal der Leistungskontrolle erfülle der vorliegende Kontrakt nicht, da lediglich eine Selbstkontrolle passiere:

"In dem streitgegenständlichen Vertrag wird eine Lernkontrolle nicht ausdrücklich erwähnt. Es ist nicht vereinbart worden, dass die Beklagte irgendwelche Prüfungsaufgaben erhalten sollte oder die Gelegenheit gehabt hätte, sich über ihren Lernerfolg bei der Klägerin rückzuversichern.

Soweit der Bundesgerichtshof (a.a.O.) insoweit darauf abgestellt hat, dass durch Begriffe wie „Studium“ oder „Lehrgang“ oder auch „Absolvent“ und „Zertifikat“ deutlich werde, dass eine Wissensvermittlung stattfinde, die den Teilnehmer weiter qualifiziert und dass ein Studium oder ein Lehrgang untrennbar mit Lernkontrollen verbunden seien, fehlt es dem streitgegenständlichen Vertrag an entsprechenden Formulierungen. 

Das vorliegende Online-Coaching ist weder als Lehrgang oder Studium oder eine ähnliche Ausbildung bezeichnet worden noch sollte irgendein Abschluss erworben werden.

Sofern die Beklagte darauf verweist, aus der Rechtsprechung werde deutlich, dass auch Fragen zum eigenen Verständnis des bisher Erlernten an den jeweiligen Dozenten ausreichen können, um eine persönliche Lernkontrolle durchzuführen, ob nämlich das bisher Erlernte richtig verstanden worden sei, verkennt sie, dass die Kontrolle des Lernerfolges, gleichgültig ob mündlich oder schriftlich nicht als Selbstkontrolle zu verstehen ist, sondern nicht zuletzt nach dem Gesetzeswortlaut als Kontrolle durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten."

Und schließlich

"Nichts Anderes führt der Bundesgerichtshof in seiner oben aufgeführten Entscheidung oder auch das Oberlandesgericht Celle in seinem Urteil vom 01.03.2023 (3 U 85/22, BeckRS 2023, 2794) aus. 

Das Oberlandesgericht Celle hat die Kontrolle des Lernerfolges in dem von ihm konkret zu entscheidenden Fall zwar auch bei einer mündlichen Kontrolle bejaht. In diesem Fall sind aber in der Auftragsbestätigung nicht nur ein WhatsApp- Support, in dem Fragen gestellt werden konnten, bzw. Videos und Dokumente erwähnt, sondern auch Check-listen und Prüfungen, woraufhin eine Überwachung des Lernerfolges bejaht wurde.

Soweit bei den vorliegenden Vertragsverhandlungen davon die Rede war, in der WhatsApp Gruppe bestünde eine „absolute Fragenflatrate“, sollte dies ausdrücklich nicht der Kontrolle eines Lernerfolges oder der Kontrolle von erworbenem Wissen dienen, sondern der Lösung einzelner Problemstellungen, die sich im Vertrieb hätten ergeben können. Insoweit ist der Beklagten angeboten worden, dass die Mitarbeiter der Klägerin für Fragen zur Lösung von Alltagsproblemen zur Verfügung stünden. Ferner hat der Mitarbeiter der Klägerin in dem Vertragsgespräch zu den Live-Calls zwar hervorgehoben, dass die Mitarbeiter der Beklagten Fragen stellen könnten, allerdings unter Hinweis darauf, dass die Teilnehmer normalerweise durch das Zuhören „lernen“ würden - was sicher auch nicht auf eine Kontrolle hinweist. Dementsprechend sollten auch im Rahmen der Facebook- Gruppe lediglich ein Austausch und das Bilden von Netzwerken erfolgen.

Im Ergebnis ging es der Beklagten ausweislich der Vertragsverhandlungen nicht darum, für ihre Mitarbeiter besondere Oualifikationen zu erwerben, sondern vielmehr diese zu befähigen, den (rückläufigen) Umsatz zu steigern. Insofern hat die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung auch nicht mangelnde Lernerfolge geltend gemacht, sondern dass es an einer individuellen Unternehmensberatung gefehlt habe."

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