Die Online-Bewerbung einer ärztlichen Fernbehandlung durch die digitale Krankenkasse Ottonova ist wettbewerbswidrig. Dies gilt auch dann, wenn die eigentliche Fernbehandlung rechtlich zulässig ist (LG München I, Urt. v. 16.07.2019 - Az. 33 O 4026/18).
Die Beklagte, die digitale Krankenkasse Ottonova, warb auf ihren Webseiten u.a. für einen digitalen Arztbesuch:
"Bleib einfach im Bett, wenn du zum Arzt gehst:
Vorbei ist die Zeit, in er du dich mit Schnupfen zum Arzt schleppen musstest. Ab jetzt erhälst Du Diagnosen und Krankschreiben direkt über dein Smartphone. Ohne zusätzliche Kosten, wenn Du bei (...) versichert bist."
und
"Warum du den digtalen Arztbesuch lieben wirst.
Erhalte erstmals in Deutschland Diagnosen, Theraphieempfehlung und Krankschreibung per App."
Das LG München I stufte diese Aussagen als Verstoß gegen § 9 HWG und somit als Wettbewerbsverletzung ein.
Die Norm verbiete ausdrücklich die Werbung für Fernbehandlung. Dabei sei es egal, dass die zugrundeliegende Fernbehandlung rechtlich erlaubt sei. Denn § 9 HWG untersage ausdrücklich nur die Bewerbung, nicht aber die Durchführung.
Das Werbeverbot ziele auf den Schutz der öffentlichen Gesundheit, denn nur eine persönliche Wahrnehmung und Untersuchung durch einen Arzt gewährleiste eine grundsätzliche Heilung.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das Berufungsverfahren vor dem OLG München (Az.: 6 U 5180/19) läuft.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Die Entscheidung des LG München I liegt auf einer Linie mit den Urteilen des LG Berlin (Urt. v. 01.04.2019 - Az.: 101 O 62/17) und des LG Hamburg (Urt. v. 03.09.2019 - Az.: 406 HK O 56/19).
Das LG Berlin hatte ebenfalls die Online-Werbung für ärztliche Ferndiagnosen als wettbewerbswidrig bewertet. In Hamburg war das Online-Angebot, Arbeitsunfähigkeits-Scheine (AU-Scheine) per WhatsApp im Rahmen einer Fernbehandlung auszustellen, als rechtswidrig eingestuft worden.