Ein zu weitreichender Hinweis in einem einstweiligen Verfügungsverfahren wegen einer Wettbewerbsverletzung kann zur Befangenheit des Richters führen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.03.2019 - Az.: 11 W 70/18).
Im vorliegenden Fall ging es um eine irreführende Werbung. Die Gläubigerin beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Der zuständige Richter wies die Antragstellerin darauf hin, dass Bedenken gegen die Begründetheit des Antrags bestünden, da hinsichtlich der beiden im Antrag in Bezug genommenen konkreten Verletzungshandlungen keine Wettbewerbsverletzung vorliege, da die Schuhe zu dem angegebenen Preis erworben werden konnten. Darüber hinaus machte der Richter die Antragstellerin darauf aufmerksam, dass dies bezüglich des in der Antragsschrift als weiteres Beispiel aufgeführten und in der Anlage näher dokumentierten Schuhs nicht der Fall sei, diese Schuhe aber bislang nicht Gegenstand des Antrages sei.
Daraufhin änderte die Gläubigerin entsprechend ihren Antrag ab. Das Gericht erließ daraufhin die einstweilige Verfügung.
Die Schuldnerin stellte einen Befangenheitsantrag gegen den Richter, da er durch den zu weitreichenden Hinweis seine richterliche Neutralität verletzt habe.
In der 1. Instanz wies das LG Düsseldorf den Antrag ab. In der Beschwerdeinstanz vor dem OLG Düsseldorf hatte das Rechtsmittel jedoch Erfolg.
Die OLG-Richter vertreten die Ansicht, dass im vorliegenden Fall die Grenze zwischen sachdienlichem Hinweis und der Besorgnis der richterlichen Voreingenommenheit überschritten worden sei:.
"Das Spannungsfeld (...) ist in einem einstweiligen Verfügungsverfahren, in dem ein Titel wegen der besonderen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung angestrebt wird, jedenfalls dann zu Gunsten einer begründeten Besorgnis der Befangenheit des Richters überschritten, wenn der richterliche Hinweis den Sachantrag und den Streitgegenstand unmittelbar konkret inhaltlich verändert und eine zuvor vom Antragsgegner hinterlegte Schutzschrift (...) existiert, in der ausdrücklich um richterlichen Hinweis für den Fall eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und um Entscheidung nicht ohne mündliche Verhandlung gebeten wird (...)."
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Die Entscheidung ist eine der ersten praktischen Auswirkungen der kürzlich ergangenen Entscheidung des BVerfG, wonach - zumindesten in Pressesachen - keine einstweilige Verfügung ohne Anhörung der Gegenseite erlassen werden soll, vgl. die Kanzlei-News v. 29.10.2018.
Das OLG Düsseldorf nimmt in seinem Beschluss, der das Wettbewerbsrecht betrifft, ausdrücklich Bezug auf diese BVerfG-Entscheidung und beweist damit, dass die Ansicht des BVerfG nicht nur begrenzt für das Presserecht gilt, sondern - wie bereits überwiegend angenommen wurde - eine grundsätzliche Aussage beinhaltet.