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Newsletter vom 01.03.2017
Betreff: Rechts-Newsletter 9. KW / 2017: Kanzlei Dr. Bahr


anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 9. KW im Jahre 2016. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Schwerpunkten Recht der Neuen Medien, Glücksspiel- / Gewinnspielrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Datenschutzrecht, Presserecht und Wirtschaftsrecht.

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1. BGH: Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung bei einem Präsenzgeschäft

2. BGH: Händler haftet für unsichere Produkte iSd. ProdSG auch ohne Kenntnis

3. OLG Hamburg: Online-Bewertungsportal kann Mitbewerber zu Hotel sein

4. OLG Köln: Irreführende Online-Werbung mit nicht vorhandenem Firmen-Standort

5. LG Bielefeld: Twitter-Feed mangels Schöpfungshöhe nicht urheberrechtlich geschützt

6. LG Düsseldorf: Private Daten, die einem überlassen wurde, dürfen nicht ungefragt einem Dritten gezeigt werden

7. LG Düsseldorf: Werbung für "kostenloses Girokonto" beinhaltet auch kostenlose EC-Karte

8. LG Koblenz: Befristete Rabattaktion, die verlängert wird, ist grundsätzlich wettbewerbswidrig

9. LG Köln: Marketplace-Verkäufer haftet für Urheberrechtsverletzungen von Amazon

10. VG Minden: Krankenkasse muss Rabatthöhe für Arzneimittel bekanntgeben

Die einzelnen News:

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1. BGH: Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung bei einem Präsenzgeschäft
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Der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute darüber entschieden, welche Bedeutung den besonderen Umständen der konkreten Vertragssituation bei der Bewertung von Widerrufsbelehrungen zukommt. 

Sachverhalt:  
Die Kläger verlangen nach Widerruf ihrer auf Abschluss eines Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung die Erstattung der von ihnen gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung. Sie schlossen mit der Beklagten am 15. Februar 2006 zur Finanzierung einer Immobilie einen Verbraucherdarlehensvertrag über nominal 106.000 € mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Der Vertragsabschluss gestaltete sich so, dass ein Mitarbeiter der Beklagten und die Kläger – alle drei zeitgleich an einem Ort anwesend – die den Klägern erstmals vorgelegten schriftlichen Vertragsunterlagen unterzeichneten.

Dem Darlehensvertrag war eine Widerrufsbelehrung beigefügt, die unter anderem folgenden Passus enthielt: 

"Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag[,] nachdem Ihnen 

- eine Ausfertigung dieser Widerrufsbelehrung und
- die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags 

zur Verfügung gestellt wurden". 

Im Herbst 2014 wollten die Kläger die finanzierte Immobilie verkaufen. Deshalb traten sie an die Beklagte heran, um das Darlehen vorzeitig abzulösen. Die Beklagte machte den Abschluss einer "Aufhebungsvereinbarung" von der Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 4.569,82 € abhängig. Die Kläger gaben eine darauf gerichtete Willenserklärung am 21. Oktober 2014 "unter dem Vorbehalt einer Überprüfung des geschlossenen Darlehensvertrages einschließlich der Widerrufsbelehrung" ab.

Sie entrichteten die von der Beklagten beanspruchte Vorfälligkeitsentschädigung. Unter dem 21. November 2014 widerriefen sie ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung. 

Prozessverlauf:  
Das Amtsgericht hat die Klage auf Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung und vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Zahlungsbegehren weiter.  

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:  
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Dabei waren im Wesentlichen folgende Überlegungen leitend: 

Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung ist als vorformulierte Erklärung gemäß den im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätzen objektiv auszulegen. Nach dieser Maßgabe ist sie unzureichend deutlich formuliert, weil sie entgegen der für die Vertragsbeziehungen der Parteien maßgebenden Rechtslage so verstanden werden kann, die Widerrufsfrist laufe unabhängig von der Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers an. 

Ob die Kläger die anlässlich eines Präsenzgeschäfts erteilte Belehrung in Übereinstimmung mit der Beklagten stillschweigend richtig dahin verstanden haben, das Anlaufen der Frist setze die Abgabe ihrer Vertragserklärung voraus, ist unerheblich. Denn der Verbraucher war hier zu seinen Gunsten zwingend in Textform zu belehren, so dass die Widerrufsbelehrung nicht anhand eines konkludenten gemeinsamen Verständnisses der Vertragsparteien korrigiert werden kann. Auf die Kausalität des Belehrungsfehlers kommt es nicht an. 

Der Bundesgerichtshof hat außerdem seine Rechtsauffassung bestätigt, dass eine Aufhebungsvereinbarung einen anschließenden Widerruf nicht hindert.

Das Landgericht wird nach Zurückverweisung der Sache nunmehr anhand der vom Bundesgerichtshof in seinen Entscheidungen vom 12. Juli 2016 (vgl. Pressemitteilung Nr. 118/2016 und Nr. 119/2016) niedergelegten und vom Landgericht, das vorher entschieden hat, noch nicht berücksichtigten Grundsätze der Frage nachzugehen haben, ob die Kläger mit der Ausübung des Widerrufsrechts gegen Treu und Glauben verstoßen haben. 

Urteil vom 21. Februar 2017 – XI ZR 381/16

Vorinstanzen:  
AG Krefeld – Urteil vom 24. September 2015 – 12a C 120/14
LG Krefeld – Urteil vom 1. Juli 2016 – 1 S 89/15

Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 21.02.2017


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2. BGH: Händler haftet für unsichere Produkte iSd. ProdSG auch ohne Kenntnis
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Ein Händler haftet für unsichere Produkte im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) auch dann, wenn er von diesen Umständen keine Kenntnis hatte (BGH, Urt. v. 12.01.2017 - Az.: I ZR 258/15).

Im vorliegenden Fall ging es um Kontaktlinsen, die nicht den Namen und die Kontaktanschrift des Herstellers enthielten. Eine solche Verpflichtung besteht jedoch nach § 6 Abs.1 Nr. 2 ProdSG.

Der Beklagte war Händler und veräußerte diese Produkte.

Der BGH entschied, dass den Händler zwar nicht die originäre Pflicht nach § 6 Abs.1 Nr. 2 ProdSG treffe, denn diese Norm richte sich allein an den Hersteller.

Jedoch bestünde eine Pflicht für den Händler, nur solche Waren anzubieten, die sicher seien. Dies ergebe sich aus § 6 Abs.5 ProdSG, der lautet:

"§ 6 Abs.5 ProdSG:
Der Händler hat dazu beizutragen, dass nur sichere Verbraucherprodukte auf dem Markt bereitgestellt werden. Er darf insbesondere kein Verbraucherprodukt auf dem Markt bereitstellen, von dem er weiß oder auf Grund der ihm vorliegenden Informationen oder seiner Erfahrung wissen muss, dass es nicht den Anforderungen nach § 3 entspricht. Absatz 4 gilt für den Händler entsprechend."

Gegen diese Verpflichtung habe der Händler verstoßen und hafte daher auf Unterlassung.

Ob er sich möglicherweise in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden habe, da er die Sach- und Rechtslage falsch eingeschätzt habe, sei für den vorliegenden Fall unerheblich. Denn hier gehe es allein um verschuldensunabhängige Ansprüche, so dass es hierauf nicht ankomme. Allenfalls im Rahmen eines verschuldensabhängigen Schadensersatzbegehrens könne dies eine Relevanz haben.

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3. OLG Hamburg: Online-Bewertungsportal kann Mitbewerber zu Hotel sein
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Ein Online-Bewertungsportal, das zugleich ein Online-Reisebüro auf der Webseite betreibt, steht in einem Wettbewerbsverhältnis zu einem Hotelbetreiber (OLG Hamburg, Urt. v. 30.06.2016 - Az.: 5 U 58/13).

Ein Hotel ging gegen bestimmte, aus seiner Sicht falsche Kundenbewertungen auf einem Online-Bewertungsportal vor. Auf der betreffenden Webseite bot die Beklagte nicht nur die Bewertungsmöglichkeiten an, sondern unterhielt zugleich auch ein Online-Reisebüro. 

Das Hotel stützte seine Unterlassungsansprüche daher auf wettbewerbsrechtliche Normen.

Das OLG Hamburg bestätigte, dass im vorliegenden Fall Wettbewerbsrecht zur Anwendung komme.

Die Attraktivität des Online-Reisebüros der Beklagten durch das umfangreiche und detaillierte Hotelbewertungsportal werde massiv gesteigert. Im Rahmen der angebotenen Reisebürodienstleistungen führe die Beklagte bei jedem Hotel ausdrücklich und hervorgehoben die aus den Nutzerbewertungen errechnete Weiterempfehlungsrate auf. Zugleich werde gleich zu Beginn auf die Bewertungen zu diesem Hotel hingewiesen.

Hierdurch werde die Attraktivität des Buchungsportals für den reiseinteressierten Verbraucher gesteigert, da dieser auf einen Blick nicht nur allgemeine Informationen zum Hotel und zum Reisepreis erhält, sondern zugleich auch auf aktuelle Nutzererfahrungen zugreifen könne.

Das von der Beklagten angebotene Hotelbewertungsportal diene also dazu, ihr Online-Reisebüro bekannt zu machen und seine Attraktivität zu steigern. 

Im Ergebnis lehnte das Gericht einen Anspruch jedoch ab, da ein Portal erst ab Kenntnis für die Kommentare Dritter hafte.

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4. OLG Köln: Irreführende Online-Werbung mit nicht vorhandenem Firmen-Standort
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Wirbt ein Unternehmen online mit einem nicht vorhandenem Firmen-Standort, wird der Verbraucher in die Irre geführt, so dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt (OLG Köln, Urt. v. 23.12.2016 - Az.: 6 U 119/16).

Die Beklagte war im Bereich der Schädlingsbekämpfung tätig und warb online auf gelbeseiten.de mit Standorten, an denen sie gar keine Niederlassung hatte.

Die Kölner Richter stuften dies als irreführend ein.

Durch den angeblichen Firmensitz vor Ort werde der Eindruck erweckt, das Unternehmen sei ortsnah und schnell verfügbar. In Wahrheit sei dies aber gerade nicht der Fall, so das potentielle Kunden getäuscht würden.

Die Beklagte bestritt zwar, die Eintragungen auf gelbeseiten.de veranlasst zu haben. Dies hielten die Richter jedoch für wenig glaubwürdrig. Denn exakt die Standorte, die bei den gebuchten Anzeigen beworben wurden, hätten sich auf der Webseite der Beklagten so wiedergefunden. Auch die geschalteten Annoncen entsprächen in ihrer Aufmachung der üblichen Werbung der Beklagten.

Erstinstanzlich war das LG Köln (Urt. v. 28.06.2016 - Az.: 33 O 208/15) sogar noch einen Schritt gegangen und hatte eine Pflicht des Unternehmers angenommen, fehlerhafte Einträge auf gelbeseiten.de, die von Dritten stammen, korrigieren zu lassen. So ähnlich hatte dies vor kurzem auch das LG Hamburg (Urt. v. 26.07.2016 - Az.: 312 O 574/15) gesehen, dass in solchen Fällen ebenfalls eine allgemeine Handlungspflicht konstruiert.

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5. LG Bielefeld: Twitter-Feed mangels Schöpfungshöhe nicht urheberrechtlich geschützt
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Ein Twitter-Feed, der nicht über die erforderliche Schöpfungshöhe verfügt, ist urheberrechtlich nicht geschützt (LG Bielefeld, Beschl. v. 03.01.2017 - Az.: 4 O 144/16).

Es ging um den Twitter-Feed:

"Wann genau ist aus „Sex, Drugs & Rock n Roll" eigentlich „Laktoseintoleranz, Veganismus und & Helene Fischer" geworden?"

Der Kläger berief sich auf die unerlaubte Nutzung durch die Beklagte. Diese hatte den Satz u.a. auf von ihr hergestellten Postkarten verwendet und vermarket. Der Kläger sah darin eine Verletzung seiner Urheberrechte.

Das LG Bielefeld verneinte den geltend gemachten Anspruch.

Der Feed weise nicht erforderliche Schöpfungshöhe auf.

Zwar setze ein urheberrechtlich geschütztes Werk grundsätzlich keinen Mindestumfang voraus. Die Kürze einer Äußerung könne jedoch als gewisse Indiz gegen einen Urheberrechtsschutz sprechen. Kurze Äußerungen würden häufig nicht genug Gestaltungsspielraum bieten, um die notwendige Schöpfungshöhe für den Urheberrechtsschutz zu erreichen.

Der kurze Text, der aus einem einzelnen Satz bestehe, bediene sich der Alltagssprache. Der notwendige Grad der Gestaltungshöhe werde durch die bloße Anordnung, Verknüpfung und Gegenüberstellung des allgemein bekannten und seit Jahrzehnten verwendeten Begriffs "Sex, Drugs an Rock n Roll" mit schlagwortartigen Begriffen aus dem alltäglichen und aktuellen Sprachgebrauch nicht erreicht.

Der damit verbundene Sprachwitz genüge nicht, um die notwendige Gestaltungshöhe und einen Urheberrechtsschutz als Sprachwerk zu begründen. Vielmehr entspreche der Tweet einem urheberrechtlich nicht schutzfähigen bloßen Slogan.

Bereits Mitte 2016 hatte das OLG Köln (Urt. v. 08.04.2016 - Az.: 6 U 120/15) geurteilt, dass der Tweet "Wenn das Haus nasse Füße hat" nicht über die erforderliche Schöpfungshöhe verfügt und damit urheberrechtlich nicht geschützt ist.

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6. LG Düsseldorf: Private Daten, die einem überlassen wurde, dürfen nicht ungefragt einem Dritten gezeigt werden
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Private Daten, die eine Privatperson der anderen überlässt, dürfen nicht ungefragt einem Dritten gezeigt werden (LG Düsseldorf, Urt. v. 20.02.2017 - Az.: 5 O 400/16).

Die Parteien waren befreundet. Der Beklagte lieh der Klägerin ca. 3.000,- EUR als Darlehen. Diesen Betrag zahlte die Klägerin in Raten zurück. Als es mit der Rückzahlung des Geldes zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien kam, übersandte die Beklagte als Nachweis einen Screenshot ihres Bankkontos.

Der Beklagte schickte diesen Bildschirmausdruck dem Geschäftspartner der Klägerin mit den Worten:

"Kontostand deiner Teilhaberin (...) die ist pleite. Bei mir hat sie auch noch 31 € Schulden.
Nur zur Info
Bei uns hat es richtig geknallt"

Die Klägerin unterhielt mit dem Geschäftspartner ein gemeinsames Friseurgeschäft.

Das LG Düsseldorf verurteilte den Beklagten zur Unterlassung, da die Weiterleitung des Screenshots gegen geltendes Datenschutzrecht verstoßen habe.

Die Weiterleitung des Bankauszugs sei durch kein berechtigtes Interesse gedeckt. Der Beklagte habe die Informationen rein zur eigenen, privaten Nutzung erhalten.

Die Weitergabe an den Geschäftspartner der Klägerin sei durch keinen sachlichen Grund gerechtfertigt. Wenn der Beklagte um die weitere Rückzahlung des Darlehens gefürchtet habe, hätte er den Gerichtsweg beschreiten müssen. Zudem sei auch nicht erkennbar, welchen Nutzen eine solche Weiterleitung hinsichtlich der Rückzahlung habe.

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7. LG Düsseldorf: Werbung für "kostenloses Girokonto" beinhaltet auch kostenlose EC-Karte
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Wirbt eine Bank für ein kostenloses Girokonto, muss die Leistung auch eine kostenlose EC-Karte beinhalten. Es ist irreführend, wenn für die Karte ein jährliches Entgelt iHv. 10,- EUR genommen wird (LG Düsseldorf, Urt. v. 06.01.2017 - Az.: 38 O 68/16).

Die Beklagte, eine Bank, warb für ihr Leistungen wie folgt:

"Das kostenlose Sparda-Girkokonto".

Die erbrachten Dienstleistungen waren für den Kunden kostenlos. Nur für eine EC-Karte musste der Verbraucher ein Entgelt von 10,- EUR pro Jahr bezahlen.

Dies stuften die Düsseldorfer Richter als irreführend ein.

Der Verbraucher verstehe das Angebot der Beklagten so, dass sie mit ihrem Angebot ein übliches Bankkonto bewerbe. Es sei heutzutage geschäftsüblich, dass neben dem bloßen Girokonto auch eine EC-Karte von der Leistung mit umfasst sei. Nahezu jeder Kunde eines Girokontos in Deutschland verfüge über eine solche Karte, auch wenn er sie möglicherweise nicht oder nur ganz selten einsetze.

Der Kunde werde daher durch die Aussage "kostenloses Sparda-Girokonto" in die Irre geführt,

Dieser Irrtum werde auch nicht dadurch beseitigt, dass die Beklagte räumlich später auf den Umstand der Entgeltlichkeit ("BankCard für nur 10,- EUR") hinweise. Denn diese Erläuterung finde sich erst räumlich später und sei zudem sehr klein gehalten, so dass er erst bei intensivem Lesen aufgefunden werde.

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8. LG Koblenz: Befristete Rabattaktion, die verlängert wird, ist grundsätzlich wettbewerbswidrig
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Wirbt ein Unternehmen mit einer befristeten Rabattaktion, so darf nach Ende dieses Zeitraums der beworbene Nachlass nicht weiter angeboten werden (LG Koblenz, Urt. v. 13.12.2016 - Az.: 1 HK O 26/16).

Die Beklagte bewarb eine Rabattaktion und wies mit Datumsangabe darauf hin, dass diese nur zeitlich befristet verfügbar sei. Nach dem Ende der Frist bot die Beklagte die Konditionen jedoch auch weiterhin an.

Das LG Koblenz sah darin einen Wettbewerbsverstoß.

Durch den Hinweis auf die angeblich zeitlich begrenzte Verfügbarkeit werde der potentielle Kunde unter Druck gesetzt  und möglicherweise zu einem voreiligen Handeln motiviert, welches er unter normalen Umständen nicht vornehmen würde.

Daher müsse sich ein Unternehmer grundsätzlich an die von ihm genannten Fristen halten. Etwas anderes gelte nur dann, wenn ein sachlicher Grund für eine Verlängerung der Frist bestünde. Ein solcher Grund sei aber im vorliegenden weder von der Beklagten vorgetragen noch aus den näheren Umständen ersichtlich.

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9. LG Köln: Marketplace-Verkäufer haftet für Urheberrechtsverletzungen von Amazon
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Ein Marketplace-Verkäufer haftet für die von Amazon begangenen Urheberrechtsverletzungen bei der Einblendung von Produktbildern (LG Köln, Urt. v. 16.06.2016 - Az.: 14 O 355/14).

Ohne dass der Verkäufer dies wusste, hatte Amazon entsprechende Produktfotos eingeblendet, die unerlaubt benutzt wurden. Der Rechteinhaber ging daraufhin gegen den Verkäufer vor. Dieser verteidigte sich damit, dass er von den Handlungen von Amazon gar keine Kenntnis gehabt habe und diese ihm auch nicht zuzurechnen seien.

Das LG Köln hat die Haftung des Marketplace-Veräußerer klar und deutlich bejaht.

Es sei inzwischen höchstrichterlich geklärt, dass ein Unternehmen, das auf einer Plattform wie Amazon Waren anbiete, sich die Aktivitäten von Amazon als eigene Handlungen zurechnen lasse müsse. Es hafte daher als Täter für die von Amazon begangenen Rechtsverletzungen.

Auf die Einräumung von Nutzungsrechten durch die Amazon-AGB konnte sich die Beklagte nicht berufen. Zwar vertrieb die Klägerin ihre Produkte auch über die Online-Plattform. Das Gericht ging jedoch davon aus, dass die Klägerin eine abweichende Regelung mit Amazon hinsichtlich der Rechteeinräumung getroffen hatte, so dass Amazon der Beklagte keinerlei Rechte an den Bildern einräumen konnte.

Das Gericht leitete dies aus dem Umstand ab, dass die streitgegenständichen Bilder im sichtbaren Bereich den Hinweis “© L MÖBELHANDEL GMBH“ enthielten. Aufgrund dieser Tatsache sei davon auszugehen, so das Gericht, dass die Klägerin eine individuelle Vereinbarung mit Amazon getroffen habe und eben gerade keine Nutzungsrechte - entgegen den AGB - eingeräumt habe.

Die Zulässigkeit einer solchen Einzelabrede finde sich auch ausdrücklich in den AGB des Handelsriesen wieder,

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10. VG Minden: Krankenkasse muss Rabatthöhe für Arzneimittel bekanntgeben
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Mit Urteil vom 15. Februar 2017 hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden der auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes gestützten Klage eines Apothekers stattgegeben und die beklagte Betriebskrankenkasse zur Bekanntgabe des zwischen ihr und der beigeladenen Herstellerin eines Arzneimittels vereinbarten Rabattsatzes für dieses Arzneimittel verpflichtet.

Der streitgegenständliche Rabattvertrag war im März 2013 im Rahmen eines sogenannten Open-House-Verfahrens ohne Bieterwettbewerb und mit jederzeitiger Beitrittsmöglichkeit anderer Marktteilnehmer für die Dauer von zwei Jahren abgeschlossen worden. Er bezog sich auf einen Wirkstoff, der auf der sogenannten Substitutionsausschlussliste steht.

Die Kammer stellte fest, dass dem nach dem Informationsfreiheitsgesetz grundsätzlich jedermann zustehenden Informationsanspruch keine gesetzlichen Ausschlussgründe entgegenstehen. Es handele sich bei dem vertraglich vereinbarten Rabattsatz nicht um ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der beigeladenen Herstellerin des Arzneimittels. Die Bekanntgabe der Höhe des Rabattsatzes ermögliche keine Rückschlüsse auf deren Kalkulationsgrundlagen.

Aufgrund der Besonderheiten des gewählten Vergabeverfahrens und des Wirkstoffs, für den eine Substitution in der Apotheke ausgeschlossen sei, komme dem Rabattsatz keine wettbewerbliche Bedeutung für zukünftige Rabattverträge zu. Die Bekanntgabe des Rabattsatzes sei deshalb auch nicht geeignet, wirtschaftliche Interessen der Sozialversicherungen zu beeinträchtigen.

Urteil vom 15. Februar 2017 - 7 K 2774/14 -, noch nicht rechtskräftig

Quelle: Pressemitteilung des VG Minden v. 21.02.2017

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