anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 35. KW im Jahre 2004. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaftsrecht und Gewinnspiel- / Glücksspielrecht.
Neben der Entscheidung des OLG Hamburg (Domain-Parking + Haftung für Glücksspiel-Links) und des OLG Köln (Marke ./. Domain ) ist hier vor allem das Urteil des AG Cottbus (Verurteilung eines dt. Tauschbörsen-Nutzers) zu nennen. Aus dem außergerichtlichen Bereich gibt es folgende Neuigkeiten zu vermelden: OAMI: Markenschutz für Linux-Pinguin "Tux"?, GVU: "Hilfssheriff" der Staatsanwaltschaft? und VDZ: Rechtsmittel gegen "Caroline"-Urteil einlegen.
Die Kanzlei Heyms & Dr. Bahr wünscht Ihnen wie immer angenehmes Lesen. Kontaktieren Sie uns einfach, falls Sie Fragen oder Anregungen haben: http://www.Heyms-DrBahr.de/findex.php?p=kontakt.html
Die Themen im Überblick:
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1. OLG Hamburg: Domain-Parking + Haftung für Glücksspiel-Links
2. OLG Köln: Marke ./. Domain
3. OLG Hamburg: Rabatt auf Brillen wettbewerbswidrig
4. OLG Frankfurt: Subjektiver Vorratsmangel
5. AG Cottbus: Verurteilung eines dt. Tauschbörsen-Nutzers im Volltext
6. BKartA: Verbot der Kabelnetzgesellschaft-Übernahme
7. OAMI: Markenschutz für Linux-Pinguin "Tux"?
8. GVU: "Hilfssheriff" der Staatsanwaltschaft?
9. Online-Skript: "Was ist ein Plagiat?"
10. VDZ: Rechtsmittel gegen "Caroline"-Urteil einlegen
11. In eigener Sache: Neuer Aufsatz "Das neue UWG & Die Folgen"
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1. OLG Hamburg: Domain-Parking + Haftung für Glücksspiel-Links
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Das OLG Hamburg (Urt. v. 14.7.2004 - Az.: 5 U 160/03) hatte darüber zu entscheiden, in welchem Umfang ein Unternehmen, das Domains parkt, für Glücksspiel-Links haftet.
Die Klägerin bietet im Internet einen kostenpflichtigen Gewinnspiel-Eintragungsservice an. Ihre Einnahmen erzielt sie im wesentlichen durch die Platzierung von Werbung auf den betreffenden Seiten.
Die Beklagte ist eine bekannte deutsche Domain-Handelsplattform, auf der Webseiten "geparkt" (Domain-Parking) und zum Kauf angeboten werden. Dieses Domain-Parking ist für den jeweiligen Inhaber der Domain kostenlos. Die Beklagte blendet auf der geparkten Seite zielgruppenspezifische Werbung ein, also solche, die inhaltlich und thematisch zum Domain-Namen passt.
Es handelt sich um Werbebanner, die jeweils per Link zum beworbenen Angebot führen. Der Inhaber und Anbieter der Domain wird pro Klick auf einen der Banner an den Einnahmen aus der Werbung beteiligt. Zugleich wird die Domain zum Verkauf angeboten.
Die Beklagte hat auf diese Weise mehrere 10.000 Domains geparkt, auf denen etwa 100.000 Werbebanner eingeblendet werden. Dabei verwendet sie folgenden Hinweis:
"Vor der Anbringung eines Links stellt die s GmbH durch eine Überprüfung sicher, dass Gesetzesverstöße oder Rechtsverletzungen durch Inhalte dieser Seiten nicht ersichtlich sind.
Bei Links handelt es sich allerdings stets um dynamische Verweisungen. Die Möglichkeit der nachträglichen Veränderung der gelinkten Internetseiten durch deren Betreiber schließt die Möglichkeit ein, dass gesetzeswidrige oder rechtsverletzende Inhalte ohne Wissen der s GmbH nachträglich in diese Seiten eingebracht werden."
Nun warb einer der Banner für eine ausländische Glücksspiel-Seite. Hierin sah die Klägerin einen Wettbewerbsverstoß und nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.
Diesem Begehren hat das OLG Hamburg entsprochen. Zunächst bejaht das OLG Hamburg ein geschäftliches Handeln und somit die Anwendbarkeit des UWG:
"(...) Es besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis.
Die Platzierung von Werbebannern mit Links (...) geschieht einmal zur Förderung eigenen Wettbewerbs im Geschäft um Anzeigenkunden, da die [Beklagte] (...) mit der Werbung Einnahmen erzielt. Mit der Schaltung fördert sie aber auch den Wettbewerb der Anzeigekunden (..).
Zwischen den Parteien besteht damit ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bezüglich des Werbegeschäfts, welches auch für die [Klägerin] (...) den wesentlichen Teil ihrer Einnahmen bildet."
Dann widmen sich der Richter dem Haftungsgrund und kommen zu dem Ergebnis, dass ein Verstoß gegen § 284 StGB vorliege und somit zugleich auch eine unlautere Handlung iSd. § 3 UWG. Denn die beworbene Seite habe keine deutsche Zulassung, um ein Glücksspiel in der Bundesrepublik zu betreiben.
Die Hamburger Richter gehen dabei auf die erst kürzlich ergangene "Schöner Wetten"-Entscheidung des BGH (= http://snipurl.com/73ob) ein. Vgl. dazu ausführlich RA Dr. Bahr "BGH: Randbemerkungen zur Gambelli Entscheidung" = http://snipurl.com/8rzn
"Die (..) beworbenen Glückspiele sind auch strafbar gemäß § 284 StGB, weil ihnen keine Erlaubnis für Deutschland erteilt worden ist. (...) (zuletzt BGH "Schöner Wetten" ...). Die Angebote der geschalteten Werbung (...) richten sich explizit an den deutschsprachigen Verbraucher (...). Damit liegt eine Veranstaltung (auch) in Deutschland vor, wie das Hanseatische Oberlandesgericht bereits mehrfach entschieden hat (...).
Schließlich rechtfertigt auch die Entscheidung "Schöner Wetten" des BGH keine andere Beurteilung. Zwar hat der BGH in dieser Entscheidung die Störerhaftung einer online-Zeitung für den Hyperlink zu einem in Deutschland nicht konzessionierten österreichischen Glücksspielunternehmens verneint.
Die dortige Antragsgegnerin konnte sich jedoch auf die Pressefreiheit nach Art.5 GG berufen und zudem war die Strafbarkeit eines Anbieters von Glückspielen aus einem EU-Mitgliedsland seit dem Gambelli-Urteil des EUGH nur aufgrund einer eingehenden rechtlichen Prüfung festzustellen, die der dortigen Antragsgegnerin als Presseunternehmen nicht zuzumuten war. Eine mit dem hiesigen Sachverhalt vergleichbare Fallkonstellation lag mithin nicht vor, was keiner weiteren Ausführungen bedarf."
Dann setzt es sich mit der "Gambelli"-Entscheidung des EuGH (= http://snipurl.com/8rzq) auseinander. Vgl. dazu ausführlich RA Dr. Bahr "Glücksspiele: Grundlegende Änderung der Rechtsprechung" (= http://snipurl.com/8hkm)
"Schließlich entfällt die Strafbarkeit der unerlaubten Veranstaltung von Glückspielen nach § 284 StGB auch nicht infolge des sog. Gambelli-Urteils des EUGH (...), wie der BGH in dem bereits genannten Urteil "Schöner Wetten" entschieden hat.
Ohnehin könnte dies nur für die aus dem griechischen Teil von Zypern stammende Seite (...) gelten, wobei die [Beklagte] (...) allerdings nicht einmal vorgetragen hat, dass der Verantwortliche für diese Seite eine Erlaubnis im griechischen Teil von Zypern besitzt. Für die Wiederholungsgefahr im Sinne des verallgemeinernden Verbotstenors genügt schon ein Verstoßfall, hier also die Werbung für die unstreitig nicht aus einem EU-Mitgliedsland, sondern Kanada stammende Seite (...)."
Als letzten Punkt erörtert das OLG Hamburg, ob die Beklagte für diese unerlaubte Handlung einzustehen hat und bejaht dies. Die Richter ordnen die Beklagte als Mitstörerin ein, die auch verschuldenslos hafte. Die Haftungsprivilegierung des TDG komme hier nicht zum Zuge, da das TDG zum einen gar nicht anwendbar sei und zum anderen für verschuldenslose Ansprüche bewusst keine Regelung treffe.
"Soweit die [Beklagte] über die Werbebanner einen sog. Hyperlink zu den Seiten der illegalen Glückspielveranstalter angebracht hat, ist das TDG nicht anwendbar. Die Haftung des Anbieters eines Hyperlinks fällt (...) nämlich nicht unter die §§ 8 -11 TDG (...). Dieser Auffassung hat sich auch der BGH in seiner genannten Entscheidung "Schöner Wetten" angeschlossen (...).
Damit wird die Haftung der [Beklagten] (...) nach den allgemeinen Grundsätzen der Störerhaftung zu beurteilen sein."
Das Gericht erörtert nun ausführlich, welche Prüfungspflichten die Beklagte treffen. Denn nur wenn ein Verstoß gegen eine Prüfungspflicht vorlag, haftet auch die Beklagte:
"Mithin geht es um die Frage, inwieweit der [Beklagten] (...) bei ihrem Geschäftsmodell des "domain-parking" Prüfungspflichten obliegen und ob sie etwaige Prüfungspflichten verletzt hat. Das Landgericht hat dies vorliegend bejaht, weil schon aus den Werbebannern (...) leicht erkennbar gewesen sei, dass es sich um unerlaubtes Glückspiel handeln müsse.
Dies scheint dem Senat nicht unzweifelhaft, zumal die Begründung des Landgerichts möglicherweise nicht das verallgemeinernde Verbot in der tenorierten Form trägt. Dieses ist dennoch zu Recht ergangen.
Denn für die Frage, welche Prüfungspflichten der [Beklagten] (...) obliegen, ist festzustellen, dass sie - anders als etwa ein Internetauktionshaus, das nur einen "Marktplatz" für alle nur denkbaren Angebote zur Verfügung stellt - an der Gestaltung der auf ihrer Seite befindlichen Werbung aktiv beteiligt ist bzw. jedenfalls diesen Anschein erweckt.
Sie lädt die Inhaber nicht genutzter Domains dazu ein, diese auf ihrer Internetseite zu "parken" und bietet als eigene Leistung an, dem Domaininhaber "die Arbeit abzunehmen" und in Kooperation mit der E GmbH geeignete Werbepartner zu suchen (...). Gleichzeitig wirbt sie damit, dass sie vor Schaltung eines Links zu einer beworbenen Seite diese auf Gesetzesverstöße oder Rechtsverletzungen überprüfe (...). Diese Zusicherung ist für ihre Kunden ein außerordentlich wichtiger Punkt, da die Kunden Domaininhaber bleiben und damit selbst wettbewerblichen Unterlassungsansprüchen ausgesetzt sein können, wenn auf ihrer Domain für rechtsverletzende Inhalte geworben wird.
An diesem werblichen Auftritt, der in ihrer Außendarstellung ein wichtiger Teil ihres Geschäftsmodells im Verhältnis zu ihren Kunden ist, muss sich die [Beklagte] (...) auch bei der Beurteilung ihrer Störerhaftung festhalten lassen und die Durchführung der Überprüfungen durch die von ihr eingeschaltete E GmbH entsprechend sicherstellen. Dass dies tatsächlich nicht möglich wäre, hat [sie] (...) nicht glaubhaft gemacht."
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2. OLG Köln: Marke ./. Domain
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Das OLG Köln (Urt. v. 09.07.2004 - Az.: 6 U 166/03 = http://snipurl.com/8rzv) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem sich das Markenrecht und das Domainrecht gegenüberstanden.
Die Kläger hatten den Begriff "BIT" 1998 markenrechtlich schützen lassen. 2 Jahre später gründete die Beklagte die "bit GmbH". Beide Parteien sind im gleichen Waren- und Dienstleistungsbereich tätig. U.a. betrieb die bit GmbH auch eine eigene Internetpräsenz unter "www.bit-bau.de".
Nun nahmen die Kläger die Beklagten aus Markenrecht auf Unterlassung in Anspruch. Dabei wollten sie auch, dass die Beklagte die Benutzung der Domain aufgibt.
Das OLG Köln hat dem klägerischen Begehren weitestgehend entsprochen, da die Klägerseite ein älteres Recht auf den Begriff besaß. Hinsichtlich der Domain verneinte es jedoch einen Anspruch:
"Anders beurteilt der Senat allerdings die Frage der Verwechslungsgefahr, soweit die Internetdomain "www.bit-bau.de" der Beklagten (...) in Rede steht.
Hier ist nämlich zu berücksichtigen, dass es hinsichtlich der in Rede stehenden Domainbezeichnung ausschließlich um Nutzer geht, die unter der Domainbezeichnung die Webseite des Adressaten, hier also der Beklagten (...), im Internet aufsuchen wollen.
Dabei weiß jeder Internetbenutzer, dass es aus den gegebenen technischen Gründen auf jedes einzelne Zeichen ankommt und kleinste Abweichungen dazu führen, dass die gewünschte "richtige" Internetadresse nicht aufgefunden wird. Von daher besteht nicht die Gefahr, dass die Nutzung der Internetdomain "www.bit-bau.de" durch die Beklagte (...) zu Verwechslungen mit der Klagemarke führt."
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3. OLG Hamburg: Rabatt auf Brillen wettbewerbswidrig
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Das OLG Hamburg (Urt. v. 26.02.2004 - Az.: 3 U 142/03) hatte zu beurteilen, ob auf Brillen ein Rabatt gewährt werden darf.
Nach Wegfall des RabattG und der ZugabenVO darf ein Unternehmer seinen Kunden grundsätzlich Preisnachlässe auf seine Produkte gewähren. Ein Wettbewerbsverstoß wird nur noch in wenigen Ausnahmefällen angenommen, z.B. dort, wo ein Produkt der Preisbindung unterliegt (vgl. OLG Düsseldorf - Preisbindung bei Zeitschriften = Kanzlei-Info v. 28.05.2004 = http://snipurl.com/8s00; OLG Frankfurt a.M. - Preisbindung bei Zeitschriften I und II = http://snipurl.com/828f).
Eine andere große Ausnahme ist der Bereich der Arzneimittel. Gemäß § 7 Abs.1 HWG ist es verboten, auf Arzneimittel Rabatte zu gewähren. Was unter den Begriff des Arzneimittels fällt, ist in § 1 HWG geregelt.
Die Antragsgegnerin ist ein bundesweit tätiges Augenoptik-Unternehmen mit vielen Verkaufsniederlassungen. Sie gewährt auf jede Brille mit bestimmten Kunststoffgläsern einen Rabatt in Höhe des Lebensalters des jeweiligen Kunden. Hierfür wirbt sie mit Angaben wie: "Bis zu 100 % Rabatt auf Fassung und Gläser!" und "Pro Lebensjahr 1 % Rabatt jetzt auf jede Brille mit W.-xxx Kunststoffgläsern“.
Die Antragstellerin hält dieses Vorgehen für wettbewerbswidrig, weil Brillen in den Anwendungsbereich des § 1 HWG fielen.
Das OLG Hamburg hat der Antragsgegnern die besagte Werbung verboten, weil sie gegen § 7 HWG verstößt:
"(...) Die Vorschrift des § 7 HWG [ist] auf das Angebot von Brillen grundsätzlich anzuwenden.
Brillen, bestehend aus Gestell und Gläsern, sind Medizinprodukte in diesem Sinne (...). Maßgeblich ist insoweit (...), dass der Unterlassungsantrag sich gegen die streitgegenständliche Rabattgewährung und ankündigung einer Brille (d. h. bestehend aus Gestell und Gläsern) richtet, es geht nicht etwa um eine Werbung nur für Brillengestelle.
Das Angebot der An¬tragsgegnerin betrifft tatsächlich auch nur die komplette Brille mit den W.-xxx-Kunststoffgläsern (...).
Die gegenteilige Argumentation der Antragsgegnerin, es sei gleichwohl von den Brillengestellen isoliert auszugehen, greift nicht durch."
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4. OLG Frankfurt: Subjektiver Vorratsmangel
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Das OLG Frankfurt a.M. (Urt. v. 13.05.2004 - Az.: 6 U 108/03) hatte darüber zu entscheiden, ob die unrichtige Auskunft über das Vorhandensein einer Verkaufsware irreführend iSd. § 5 UWG ist.
Die Beklagte, eine Unternehmerin, hatte in der Öffentlichkeit für ein Notebook geworben. Die Klägerin, eine Mitbewerberin, unternahm darauf hin einen Testkauf bei der Beklagten.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Geräte bei diesem Testkauf nicht vorhanden waren, weil diese noch nicht angeliefert waren. Oder ob einige Mitarbeiter der Beklagten nur falsch informiert waren und eine solche Auskunft erteilten, obwohl die Ware vorrätig war.
Zunächst stellt das OLG klar, dass eine Irreführung auf jeden Fall dann vorliegt, wenn die Ware objektiv nicht vor Ort war:
"Eine Werbung ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich als irreführend zu beurteilen, wenn die angebotene Ware, die zum persönlichen Gebrauch bestimmt ist, entgegen einer durch die konkrete Werbemaßnahme hervorgerufenen Erwartung des Verkehrs zum angekündigten Zeitpunkt nicht oder nicht in genügender Menge im Verkaufslokal vorrätig ist und dort zur sofortigen Mitnahme bereitsteht (...)."
Dies ist zwischen den Parteien jedoch streitig. Jedoch liege auch dann ein Wettbewerbsverstoß, wenn ein sog. "subjektiver Vorratsmangel" gegeben sei:
"Von einem „subjektiven Vorratsmangel“ kann dann gesprochen werden, wenn die beworbene Ware zwar vorrätig ist, die angesprochene Verkaufsperson jedoch irrtümlich bzw. fälschlich erklärt, die betreffende Ware sei derzeit nicht vorhanden.
Wird die unrichtige Auskunft einem Kaufinteressenten an Ort und Stelle im Verkaufslokal erteilt, in das er sich wegen der Werbung begeben hatte, so kann eine irreführende Werbung unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Lieferbereitschaft vorliegen (...).
Unter der Voraussetzung, daß ein objektiver Vorratsmangel im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden kann, kommt ein „subjektiver Vorratsmangel“ in Frage, wenn die von den Testkäufern angesprochenen Verkäufer irrtümlich bzw. unzutreffend erklärt haben sollten, das beworbene Notebook sei nicht vorrätig."
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5. AG Cottbus: Verurteilung eines dt. Tauschbörsen-Nutzers im Volltext
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Die Kanzlei-Infos hatten schon am 10.06.2004 (= http://snipurl.com/7k5j) darüber berichtet: Das AG Cottbus (Urt. v. 6. Mai 2004 - Az.: 95 Ds 1653 Js 15556/04 [57/04] = http://snipurl.com/8s0b) hat den Täter wegens Handels von urheberrechtlich geschützten Werken in einer Tauschbörse zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt.
Nun liegt die Entscheidung im Volltext vor = http://snipurl.com/8s0b
Da der Angeklagte ein Geständnis ablegte, brauchte das Gerichte im vorliegenden Fall keine weitere, oftmals komplizierte Beweisaufnahme vorzunehmen.
Die Identität des Täters wurde anhand der IP-Nummer ermittelt. Die International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) musste hier zunächst Strafanzeige stellen, da sie wegen des Datenschutzes (§ 6 Abs. 5 S.5 TDDSG) nicht direkt vom Internet-Service-Provider (ISP) die Daten herausverlangen konnte. Als die zuständige Staatsanwaltschaft die Informationen erhalten hatte, konnte die IFPI Akteneinsicht beantragen und gelangte so an den Namen.
Die Streitfrage, was bei § 53 Abs.1 UrhG unter "offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vorlage" zu verstehen ist, lässt das Urteil jedoch unbeantwortet, da der Angeklagte selber die Kopien hergestellt hat und diese somit rechtswidrig waren.
Seit Inkrafttreten der Urheberrechtsreform zum 13.09.2004 ist streitig, was genau hierunter fällt. Vgl. dazu unsere Rechts-FAQ "Rechts-FAQ: Fragen zum neuen Urheberrecht" = http://snipurl.com/4f19
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6. BKartA: Verbot der Kabelnetzgesellschaft-Übernahme
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Das Bundeskartellamt (BKartA) erklärt (= http://snipurl.com/8s0d), dass es beabsichtigt, die Übernahme dreier großer Kabelnetzgesellschaften durch die Kabelnetzgesellschaft Kabel Deutschland GmbH (KDG) zu verbieten.
KDG verfüge schon heute mit ihrem Breitbandkabelnetz gegenüber den Anbietern von TV-Programmen über eine marktbeherrschende Stellung.
Kartellamtspräsident Böge: „Der weitgehend unkontrollierte Verhaltensspielraum, über den KDG als Eigentümerin der Kabelnetze in sechs Regionen bereits verfügt, würde durch die beabsichtigte Fusion mit den drei anderen Kabelnetzgesellschaften weiter verstärkt. Dies resultiert zum einen aus der Ausdehnung der Reichweite des KDG-Netzes, wodurch KDG ihren bestehenden Verhaltensspielraum auf das gesamte Bundesgebiet erweitern würde."
Zeitgleich teilt die Netzzeitung (= http://snipurl.com/8s0f) mit, dass das BKartA Ermittlungen gegen KDG wegen des Verdachts wettbewerbswidriger Absprachen mit der Deutschen Telekom AG (DTAG) aufgenommen habe. KDG soll der DTAG zugesagt haben, sich beim schnellen Breitband-Internet über das Kabelnetz zurückzuhalten, um den DSL-Anschlüssen der DTAG keine Konkurrenz zu machen.
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7. OAMI: Markenschutz für Linux-Pinguin "Tux"?
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Pro-Linux (= http://snipurl.com/8s0i) berichtet, dass für den Begriff "Tux" beim europäischen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt Markenschutz beantragt wurde.
Tux ist der Name des bekannten Linux-Maskottchens, dem Pinguin.
Nun begehrt eine Schweizer Firma für diesen Begriff Schutz als europäische Marke. Eingetragen werden soll die Marke in die Klassen 9 (u.a. Datenverarbeitungsgeräte und Computer) und 42 (u.a. Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software).
Eine Inhaltssuche ist hier online möglich = http://snipurl.com/8s0k
Die genauen Voraussetzungen für eine Markeneintragung auf europäischer Ebene ergeben sich aus der Gemeinschaftsmarken-Verordnung (GMVO). Inhaltlich ist sie weitestgehend identisch wie eine nationale Markeneintragung ab, vgl. zu letzterem unsere Rechts-FAQ: "Markenrecht + Titelschutz + Kennzeichungsrecht" = http://snipurl.com/8s0l
So sind in Art. 7 GMVO die absoluten und in Art. 8 GMVO die relativen Eintragungshindernisse festgelegt.
Absolute Schutzhindernisse werden vom Harmonisierungsamt bei Antragstellung von Amts wegen geprüft und wären z.B. mangelnde Unterscheidungsfähigkeit oder bloße Branchenbezeichnungen.
Relative Schutzhindernisse werden dagegen nur geprüft, wenn sie von einer dritten Person geltend gemacht werden. Das ist meistens dann der Fall, wenn der Inhaber einer schon bestehenden Marke geltend macht, die neu einzutragende Marke sei ähnlich oder deckungsgleich zu seiner.
Wichtig dabei zu wissen ist, dass der Inhaber einer noch nicht eintragenen Marke nur unter den engen Voraussetzungen § 8 Abs.4 GMVO Widerspruch gegen die Eintragung erheben kann:
"Auf Widerspruch des Inhabers einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht der Gemeinschaft oder des Mitgliedstaats."
Die vorherigen Absätze des § 8 GMVO beziehen sich nur auf Inhaber von schon eingetragenen Marken.
Noch ist vollkommen offen, welcher Gründe hinter der Markeneintragung stehen. Es lassen sich aber gewisse Parallelen zur (nationalen) Markeneintragung von "eMule" von Anfang diesen Jahres nicht leugnen, vgl. dazu den Aufsatz von RA Dr. Bahr "Ein weiteres Stück aus dem Markengrabbing-Tollhaus" (= http://snipurl.com/4kb9). Die Marke war schließlich - mit Hilfe unserer Kanzlei - auf den wirklichen Erfinder von eMule umgeschrieben worden, vgl. die Heise-News = http://snipurl.com/8s0m
Auch im "Tux"-Fall besteht - objektiv - die Gefahr, dass ein bekannter Begriff durch eine nachträgliche Anmeldung markenrechtlich geschützt wird und so im geschäftlichen Verkehr nur noch vom Inhaber benutzt werden darf.
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8. GVU: "Hilfssheriff" der Staatsanwaltschaft? s
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Das law blog (= http://snipurl.com/8s0o) berichtet über ein Strafverfahren, in dem die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) als Sachverständiger herangezogen wurde.
Bei einer Hausdurchsuchung waren knapp 2.300 CDs von der Polizei beschlagnahmt worden. Nun bestellte die Staatsanwalt die GVU zum Sachverständigen, um die einzelnen Inhalte der CDs zu sichten und aufzulisten.
Eine solche Sachverständigen-Bestellung ist jedoch nach der Strafprozessordnung grundsätzlich bestimmten Personen vorbehalten. Insbesondere besteht dabei die Gefahr, dass die GVU aufgrund ihrer sachlichen Nähe zu den (möglichen) Geschädigten nicht die für Sachverständigen notwendige Neutralität besitzt.
Auch ist nicht auszuschließen, dass die GVU aufgrund ihrer dienstlichen Tätigkeiten Informationen erhält, die sie erst zu einer Strafanzeige bewegt und die sie normalerweise gar nicht erst erhalten hätte.
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9. Online-Skript: "Was ist ein Plagiat?"
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Die Fachhochschule für Wirtschaft und Technik Berlin (FHTW) bietet ein umfangreiches Online-Skript an, in dem das deutsche Urheberrecht erklärt wird = http://snipurl.com/8s0q
Der Schwerpunkt der Erörterung liegt in der Darstellung der Nachahmung von urheberrechtlich geschützten Werken: "Was ist ein Plagiat?"
Man benötigt etwa zwischen 2-3 Stunden, um den Text zu lesen und die einzelnen Aufgaben durchzuarbeiten.
Die Darstellung mag zwar grafisch nicht auf dem letzten Stand sein. Dafür ist sind jedoch die Erläuterungen mit leichter Hand geschrieben. Einfache, verständliche Worte erklären dem Leser die oftmals komplexen juristischen Zusammenhänge anschaulich.
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10. VDZ: Rechtsmittel gegen "Caroline"-Urteil einlegen
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Am 24. Juni 2004 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat eine wegweisende Entscheidung in Sachen Paparazzi-Fotos getroffen, vgl. die Kanzlei-Info v. 25.06.2004 (= http://snipurl.com/87p7). Es ging um Fotos, auf denen die Prinzessin Caroline von Monaco abgebildet worden war. Siehe dazu auch die Pressemitteilung des EGMR = http://snipurl.com/7ezl
Sowohl der BGH als auch das BVerfG hatten den geltend gemachten Anspruch auf Intimsspähre von Caroline von Monaco abgelehnt. Fotografen hatten die Fürstin an öffentlichen Plätzen abgelichtet und ohne Wissen und Wollen in die Zeitung gebracht. Die deutschen Richter waren der Ansicht, dass das Recht der Intimsspähre hier zurückttreten müsse, weil die Fotos an öffentlich zugänglichen Plätzen gemacht worden seien. Etwas anderes gelte nur für abgelichtete Kinder, da diese besonders schutzbedürftig seien.
Das Handeln der Fotografen, so der BGH und das BVerfG, seien grundgesetzlich durch die Pressefreiheit geschützt, da nicht nur die informierende, politische Meinungsbildung unter den Schutz des Grundgesetzes falle, sondern auch die Berichterstattung über Prominente. Eine solche Berichterstattung biete vielen Menschen eine Orientierung bei den eigenen Lebensentwürfen.
Dieser Ansicht hat nun der EGMR eine klare Absage erteilt. Der Gerichtshof konnte kein sachlich begründetes Interesse der Allgemeinheit erkennen, dass über die Prominente in dieser Art und Weise berichtet werde. Es sei vielmehr angebracht, das Privatleben und die Intimsspähre der abgelichteten Person zu schützen. Die bisherige deutsche Rechtsprechung sei hierfür nicht ausreichend.
Nun appelliert der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VZD) in einer bundesweiten Kampagne (= http://snipurl.com/8s0s) an die Bundesregierung gegen die Entscheidung Rechtsmittel einzulegen, da andernfalls die Pressefreiheit in schwerwiegender Weise betroffen sei.
„Wir sind sehr beunruhigt, dass sich die Bundesregierung noch nicht entschlossen hat, gegen das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg die Große Kammer anzurufen“, erklärte Wolfgang Fürstner, Geschäftsführer des (VDZ). Mehrere angekündigte Entscheidungstermine seien bisher ergebnislos verstrichen. „Jetzt läuft die Zeit davon. Zur Begründung des Rechtsmittels bleiben keine vier Wochen mehr,“ so Fürstner.
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11. In eigener Sache: Neuer Aufsatz "Das neue UWG & Die Folgen"
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Es gibt einen neuen Aufsatz von RA Dr. Bahr: "Neues UWG & Die Folgen"
http://snipurl.com/8s4r (PDF, 330 KB)
Der Artikel ist auch im Call Center-Profi 4/2004, S.14-19, erschienen.
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