anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 5. KW im Jahre 2005. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaftsrecht und Gewinnspiel- / Glücksspielrecht.
Neben dem Urteil des BGH (Markenschutz durch Benutzung eines Domainnamens) sind hier vor allem die Entscheidungen des OLG Frankfurt (kein Auskunftsanspruch gegen ISP), des LG Hamburg (Abmahnung erforderlich trotz eigener Rechtsabteilung) und des AG Viechtach (Missbräuchliche Abmahnung = kein Kostenersatz) zu nennen. Aus dem außergerichtlichen Bereich gibt es folgende Neuigkeiten zu vermelden: Künast: Neue Regeln für Premium-SMS?, Linksetzung: Heise-Verlag ./. Musikindustrie, neues Web-Portal "Mehrwertdienste & Recht" und neuer Aufsatz von RA Dr. Bahr: URL-Hijacking.
Die Kanzlei Dr. Bahr wünscht Ihnen wie immer angenehmes Lesen. Kontaktieren Sie uns einfach, falls Sie Fragen oder Anregungen haben: http://www.Dr-Bahr.com/findex.php?p=kontakt.html
Die Themen im Überblick:
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1. BGH: Markenschutz durch Benutzung eines Domainnamens
2. OLG Frankfurt: Kein Auskunftsanspruch gegen ISP
3. OVG Schleswig-Holstein: Sportwetten in Deutschland erlaubt
4. VGH Baden-Württemberg: Oddset-Sportwette verboten
5. LG Hamburg: Abmahnung erforderlich trotz eigener Rechtsabteilung
6. AG Viechtach: Missbräuchliche Abmahnung = kein Kostenersatz
7. Künast: Neue Regeln für Premium-SMS?
8. Linksetzung: Heise-Verlag ./. Musikindustrie
9. Rechtsgutachten zum Einsatz von Open Source
10. Neues Web-Portal "Mehrwertdienste & Recht"
11. Neuer Aufsatz von RA Dr. Bahr: URL-Hijacking
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1. BGH: Markenschutz durch Benutzung eines Domainnamens
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Der BGH (Urt. v. 22.06.2004 - Az. I ZR 135/01 - PDF = http://snipurl.com/cgkv) hat eine vielgestellte Frage aus dem Domainrecht beantwortet: Entsteht ein Markenrechtsschutz durch die Benutzung eines Domainnamens?
Der BGH hat diese Frage mit "Ja" beantwortet:
"Durch die Benutzung eines Domainnamens kann ein entsprechendes Unternehmenskennzeichen entstehen, wenn durch die Art der Benutzung deutlich wird, daß der Domainname nicht lediglich als Adreßbezeichnung verwendet wird, und der Verkehr daher in der als Domainname gewählten Bezeichnung einen Herkunftshinweis erkennt."
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2. OLG Frankfurt: Kein Auskunftsanspruch gegen ISP
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Ein Internet-Access-Provider ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Namen und die Anschrift eines Internetnutzers mitzuteilen, der im Internet Musikdateien zum Herunterladen anbietet und dadurch Urheber- oder sonstige Rechte Dritter verletzt.
Ein Provider hatte dem Betreiber eines Servers, auf dem Musikdateien zum sog. Download bereitgestellt wurden, den Internetzugang vermittelt. Die klagende Tonträgerherstellerin, die Rechte an einigen dieser Musiktitel beansprucht, verlangte deshalb Auskunft über den Namen und die Anschrift des unbekannten Anbieters.
Zwar besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg gegen den, der das Recht des Urhebers durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken verletzt (§ 101 a Abs. 1 Urhebergesetz).
Die auf das sog. Produktpirateriegesetz zurückgehende Bestimmung erfasst nach ihrem Wortlaut aber nur die Herstellung und Verbreitung körperlicher Vervielfältigungsstücke. Ob sie auf die urheberrechtswidrige Verbreitung von Musiktiteln oder anderer urheberrechtlich geschützter Werke im Internet entsprechend angewendet werden kann, ist bislang umstritten.
Der für das Urheberrecht zuständige 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat den Antrag auf Auskunft heute zurückgewiesen.
Entscheidend war für den Senat, dass Access-Provider nur die technischen Voraussetzungen für die Durchleitung von Informationen schaffen, ohne von deren Inhalten Kenntnis zu haben. Auch von Überprüfungspflichten sind sie deshalb weitgehend freigestellt (§§ 9 Abs. 1, 8 Abs. 2 Teledienstegesetz). Zwar ist ein Provider verpflichtet, den Zugang zu sperren, sobald er von rechtswidrigen Inhalten Kenntnis erlangt.
Auskunft über Dritte, die den von ihm vermittelten Internetzugang für urheberrechtsverletzende Angebote nutzen, muss er nach der heutigen Entscheidung jedoch nicht erteilen, weil er weder selbst Urheberrechte verletze noch Gehilfe des Verletzers sei.
Die im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangene Entscheidung ist rechtskräftig.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 11. Zivilsenat, Urteil vom 25.01.2005 - 11 U 51/04
Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 26.01.2005
Das Urteil ist hier online abrufbar = http://snipurl.com/cgn2
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3. OVG Schleswig-Holstein: Sportwetten in Deutschland erlaubt
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Das OVG Schleswig-Holstein (Beschl. v. 18.01.2005 - Az.: 3 MB 80/04) hatte zu beurteilen, ob Oddset-Sportwetten in Deutschland erlaubt sind.
Der Antragsteller vermittelte für einen österreichischen Wettanbieter, der in seinem Heimatland über eine staatliche Lizenz verfügte, in Deutschland Sportwetten.
Im August 2004 verbot die zuständige Behörde die Tätigkeit des Antragstellers und ordnete die sofortige Vollziehung an. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit Erfolg. Das VG Schleswig-Holstein ordnete die aufschiebende Wirkung der Untersagungsverfügung an, vgl. die Kanzlei-Info v. 18.10.2004 = http://snipurl.com/cgkz
Hiergegen legte die Behörde Beschwerde vor dem OVG Schleswig-Holstein ein und blieb erfolglos. Das Rechtsmittel wurde verworfen:
"Die Antragsgegnerin macht in ihrer Beschwerdebegründung geltend, der Antragsteller habe gegen den Straftatbestand des § 284 StGB verstoßen. (...)
Fraglich ist zunächst, ob der Antragsteller durch das Vermitteln von Sportwetten Glücksspiele "veranstaltet". Veranstalter ist, wer verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für die Abhaltung des Glücksspiels schafft und der Bevölkerung dadurch den Abschluss von Spielverträgen ermöglicht (...). Dabei kommt es (...) auf die (...) verantwortliche Schaffung der maßgebenden rechtlichen und organisatorisch-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (...) an.
(...) [Der] Vermittler eines Glücksspiels [dürfte] (...) regelmäßig nicht als Veranstalter anzusehen sein (...)."
Und weiter:
"Ferner erscheint fraglich, ob (...) der Antragsteller (...) sich gemäß §§ 284, 27 StGB der Beihilfe zum unerlaubten Glücksspiel schuldig [macht]. Dem könnte entgegenstehen, dass die Firma C (...) aufgrund staatlicher Genehmigung (...) berechtigt ist, Sportwetten zu veranstalten. (...)
Dieser Rechtsfrage wird für den Fall weiter nachzugehen sein, dass sich im Rahmen des Hauptsacheverfahrens ergeben sollte, der Antragsteller komme als Veranstalter eines unerlaubten Glücksspiels nicht in Betracht. (...)
Schließlich erscheint es zweifelhaft, ob der Antragsteller den Tatbestand der unerlaubten Werbung für ein Glücksspiel gemäß § 284 Abs.4 StGB verwirklicht hat. Insoweit gelten die vorangehenden Ausführungen."
Europarechtliche Erwägungen zieht das OVG überhaupt nicht heran, sondern trifft seine Entscheidung ausschließlich aufgrund strafrechtlicher Gesichtspunkte:
"Da sich bereits aus den vorangehend dargestellten Gründen hinreichende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Untersagungsbescheides ergeben, kann die Frage eines etwaigen Verstoßes (...) gegen das europäische Recht (...) unbeantwortet bleiben."
Mit der Entscheidung des OVG Schleswig-Holstein liegt eine weitere oberinstanzgerichtliche Verwaltungsentscheidung zu der Problematik vor. Die Gerichte urteilen dabei uneinheitlich. Derzeit gibt es ein Unentschieden (3:3): Während das OVG NRW, der VGH Baden-Würrtemberg und der VGH München die Zulässigkeit von Sportwetten durch Private verneinen, bejahen der VGH Kassel, das OVG Schleswig-Holstein und das OVG Sachsen dies. Auf unterinstanzgerichtlicher Ebene ist die Rechtsprechung noch stärker zerstritten.
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4. VGH Baden-Württemberg: Oddset-Sportwette verboten
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Die 1. Instanz, das VG Karlsruhe, hatte die Veranstaltung von Oddset-Sportwetten noch für rechtmäßig erachtet, vgl. die Kanzlei-Info v. 16.05.2004 = http://snipurl.com/cgkx
Dieser Ansicht ist nun der VGH Baden-Württemberg im Beschwerdeverfahren nicht gefolgt, sondern hat die Entscheidung des VG Karlsruhe aufgehoben.
In den 19-seitigen Entscheidungsgründen gehen die Richter auf alle aktuellen Probleme des derzeitgen Sportwetten-Rechts ein. Sie setzen sich dabei vor allem mit dem Gambelli-Urteil des EuGH (= http://snipurl.com/2xd4) auseinander.
"Das in Baden-Württemberg geltende Verbot privat veranstalteten öffentlichen Glücksspiels verletzt nach derzeit sicherer Einschätzung des Senats auch nicht Gemeinschaftsrecht.
Allerdings enthält dieses Verbot eine Beeinträchtigung der gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit (...); insoweit ist dem Antragsteller zuzugeben, dass Teile des Beschwerdevorbringens in der Tat nur gering ausgeprägtes Verständnis für die Eigenart des Gemeinschaftsrechts erkennen lassen. Der Antragsteller vermittelt nach seiner spätestens mit Schriftsatz vom 08.12.2004 (...) hinreichend glaubhaft gemachten Darstellung Sportwetten, welche die in London ansässige Firma H. als Wetthalter veranstaltet (...).
Diese Beschränkung der Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit ist jedoch nach derzeit sicherer Einschätzung des Senats (...) aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt (...)."
Und weiter:
"Bei Berücksichtigung dieses Gesamtzusammenhangs kann kein Zweifel bestehen, dass die Erzielung von Einnahmen ungeachtet des staatlichen Monopols und der für dessen Tätigkeit betriebenen Werbung lediglich „erfreuliche Nebenfolge" bleibt und insbesondere nicht der eigentliche Grund der „restriktiven Politik" ist (...).
(...) Der Senat [vermag] eine Verletzung dieses Grundsatzes nicht zu erkennen. In Betracht zu ziehen wäre insoweit allenfalls noch der Umstand, dass der Antragsteller nach seiner Darstellung, insoweit nicht anders als die staatlichen Monopole, gleichfalls nur vergleichsweise überschaubare Glücksspiele vermittelt (Einzeleinsatz 20,- EUR, Höchstgrenze des Verlustes 2.500,- EUR);
auf dieser tatsächlichen Grundlage ließe sich möglicherweise einwenden, die zur Begründung des staatlichen Monopols herangezogenen Schutzzwecke ließen sich auch durch den minderschweren Eingriff eines Glücksspielverbots oberhalb einer Mindestgrenze verwirklichen.
Auch derartige Überlegungen können jedoch dem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen; zum einen verkennen sie den bereits mehrfach erwähnten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum und die damit notwendigerweise verbundene Befugnis zu typisierenden Regelungen, und zum andern spricht viel dafür, dass der - minderschwere - Eingriff einer Verbotsregelung die sozialpolitisch und ordnungsrechtlich erwünschte Kontrolle des Glücksspielwesens ganz wesentlich erschweren oder sogar in erheblichem Umfang verfehlen würde."
Und weiter:
"Dementsprechend hat es das Bundesverfassungsgericht im Bereich des Rechts der Spielbanken als grundsätzlich legitimes Regelungsziel angesehen, „durch die Schaffung umfangreicherer und intensiverer Informations-, Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeiten, wie sie bei Führung öffentlicher Spielbanken in staatlicher Trägerschaft angenommen werden, die Abwehr von Gefahren, die der Bevölkerung und den Spielteilnehmern durch das öffentliche Glücksspiel drohen, zu effektuieren."
Mit der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg liegt eine weitere oberinstanzgerichtliche Verwaltungsentscheidung zu der Problematik vor. Die Gerichte urteilen dabei unterschiedlich. Während das OVG NRW, der VGH Baden-Würrtemberg und der VGH München die Zulässigkeit von Sportwetten durch Private verneinen, bejahen der VGH Kassel und das OVG Sachsen dies. Auf unterinstanzgerichtlicher Ebene ist die Rechtsprechung noch stärker zerstrittener.
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5. LG Hamburg: Abmahnung erforderlich trotz eigener Rechtsabteilung
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Die 12. Zivilkammer des LG Hamburg (Beschl. v. 06.01.2005 - Az.: 312 O 1030/04 - PDF = http://snipurl.com/cgn4) hatte über einen Prozesskostenhilfe-Antrag zu entscheiden, bei dem sich der Beklagte gegen die Einforderung von Abmahnkosten wehrte.
Inhaltlich ging es um die identische Konstellation, die schon das AG Kiel (Urt. v. 18. Februar 2004 - Az.: 113 C 278/03 = http://snipurl.com/ais5) und das AG Ebersberg (Urt. v. 11.10.2004 - Az.: 2 C 719/04 - PDF = http://snipurl.com/cgl3) zu beurteilen hatten, vgl. dazu auch die Kanzlei-Infos v. 04.11.2004 (= http://snipurl.com/cgn6) und v. 17.05.2004 (= http://snipurl.com/cgn8) . Auch bei diesen Fällen hatte die Klägerin, ein großes Wirtschafts-Unternehmen aus dem Bereich des deutschen Pay-TV-Fernsehens, die Beklagten abgemahnt und forderte später die Abmahnkosten ein.
Sowohl das AG Ebersberg als auch das AG Kiel hatten festgestellt, dass es sich um Serienabmahnungen handle und zudem die Einschaltung eines Rechtsanwalts alleine schon deswegen nicht erforderlich gewesen sei, weil die Klägerin aufgrund ihrer eigenen Rechtsabteilung über ausreichend Know-How verfüge.
Dieser Meinung schließt sich das LG Hamburg nicht an. Es bejaht vielmehr die Erforderlichkeit:
"Das Anbieten eines Geräts, das zu dem Zweck angeboten wird, das entgeltliche Programm der Klägerin unentgeltlich zu empfangen, indem die technischen Zugangskontrollen umgangen werden, stellt nach der Rechtsprechung der Kammer im gewerblichen Bereich eine unlautere Handlung iSd. § 3 UWG und - wenn es sich wie hier um einen privaten Anbieter handelt - einme unerlaubte Handlung nach § 823 BGB oder § 826 BGB dar.
Im vorliegenden Fall dürfte (...) ein nach § 823 Abs.1 BGB unerlaubter Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin zu bejahen sein. Denn durch das Anbieten eines technischen Geräts, mit dem die Zugangskontrollen der Klägerin umgangen werden sollen, wird unmittelbar in den betrieblichen Organismus der Klägerin als einzigem deutschen Pay-TV-Sender eingegriffen. Diesem wird nämlich die wirtschaftliche Grundlage entzogen, wenn sein Programm unentgeltlich empfangen werden kann."
Und weiter:
"Dabei kommt es für die rechtliche Wertung letztlich nicht entscheidend darauf an, ob das Beklagten angebotene Gerät tatsächlich technisch den Zweck erfüllen konnte, zu dem es von ihm angeboten waren war. In den Betrieb der Klägerin wird auch dann unmittelbar und rechtswidrig eingegriffen, wenn dem Publikum nur vorgegaukelt wird, dass eine solche Verwendung möglich ist."
Hinsichtlich der Abmahnkosten führen die Richter aus:
"Die (...) verlangten Rechtsanwaltskosten, die für die Abmahnung angefallen sind, stellen einen adäquaten Schaden dar, der auf die dargelegte VErletzungshandlung des Beklagten zurückzuführen ist.
Die Kammer teilt nicht die Auffassung des Beklagten, dass die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, zur Schadensminderung die eigene Rechtsabteilung einzuschalten und ihn durch diese abmahnen zu lassen. Ein Unternehmen ist nicht dazu verpflichtet, im Interesse etwaiger Rechtsverletzer eine Rechtsabteilung vorzuhalten oder - wenn es eine solche vorhält - sie personell so auszustatten, dass sie bestimmte massenhaft auftretende Rechtsverletzungen selbst verfolgen kann.
Wie die Kammer aus der ständigen Befassung mit der von der Klägerin beanstandeten Rechtsvertsößen vergleichbarer Art aus eigener Kenntnis beurteilen kann, würde eine Verfolgung derartiger Verstöße durch eigene Juristen der Klägerin nicht gleichsam nebenbei erledigt werden können, sondern könnte schon wegen der bloßen Anzahl der Fälle kaum ohne eine persönelle Verstärkung erfolgen.
Dabei ist auch zu bedenken, dass die zugrunde liegenden Verstöße zwar durchaus Parallelen aufweisen mögen, sich aber im Einzelfall auch in rechtlich relevanten Einzelheiten unterscheiden und daher nicht in jedem Fall mit einem gleich lautenden Schreiben bedient werden könnten."
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6. AG Viechtach: Missbräuchliche Abmahnung = kein Kostenersatz
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Das AG Viechtach (Urt. v. 27.01.2005 - Az.: 1 C 0476/04 - PDF = http://snipurl.com/cgl1) hatte zu urteilen, ob ein großes Wirtschafts-Unternehmen von einem potentiellen Rechteverletzer Abmahnkosten verlangen kann oder ob es sich vorhalten lassen muss, dass es sich um eine bloße standardisierte Serien-Abmahnung handle, die keine Kostenfolge auslöst.
Wie schon das AG Kiel (Urt. v. 18. Februar 2004 - Az.: 113 C 278/03 = http://snipurl.com/ais5) und das AG Ebersberg (Urt. v. 11.10.2004 - Az.: 2 C 719/04 - PDF = http://snipurl.com/cgl3), bei dem die Klägerin ebenfalls Abmahnkosten geltend machte, hat das AG Viechtach den Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten mit deutlichen Worten abgelehnt. In allen drei Fällen wurden die Beklagten durch die Kanzlei Dr. Bahr vertreten.
"Der Klägerin steht kein Anspruch gegen den Beklagten auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten für die Unterlassungserklärung zu. Dies daher, da diese Kosten zur Rechtsverfolgung nicht erforderlich waren (...).
Grundsätzlich sind Kosten einer (berechtigten) Abmahnung jedenfalls nur dann ersatzfähig, wenn diese Kosten zur Rechtsverfolgung erforderlich waren (...). Die Einschaltung war jedoch aus Sicht des Gerichts für die Klagepartei nicht erforderlich. Auf die zutreffenden Gründe der vorgelegten Urteile des AG Kiel (...) sowie des AG Ebersberg (...) nimmt das Gericht voll inhaltlich Bezug."
Und weiter:
"Anzuführen ist noch, dass auch der Einwand der Klägerin, dass sie aufgrund des Massenphänomens die Fälle auswärtig bearbeiten lassen muss, nicht zu einer anderen Entscheidung führt.
Dies daher, da (...) die Klägerin selbst die Rechtsverstöße aufdeckt. Insofern sind bereits Kräfte der Klägerin mit dem Fall involviert. Diese müssen auch rechtliches Know-how besitzen, um einen entsprechenden Fall im Internet aufzudecken, diesen entsprechend zu würdigen und dann anschließend an einen Rechtsanwalt weiterzugeben."
Das LG Hamburg hat in einem vergleichbaren Fall, in dem die Klägerin ebenfalls die Abmahnkosten einklagte, dagegen die Kosten für ersatzfähig eingestuft, vgl. Punkt 5. dieses Newsletters.
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7. Künast: Neue Regeln für Premium-SMS?
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Nach einer Kurzmeldung von Reuters (= http://tinyurl.com/4sw6f) plane die Verbraucherministerin Künast "neue Regeln für Premium-SMS". Vgl. generell zu Mehrwertdiensten unser Info-Portal "Mehrwertdienste & Recht" (= http://snipurl.com/cgnb), speziell zu Premium-SMS den Aufsatz von RA Dr. Bahr "Rechtliche Regelungen zu Premium-SMS" = http://snipurl.com/cgnc
Diese Äußerungen sind nichts Neues. Künast hatte schon Ende 2003 gefordert, dass eine "Kostenanzeige nach jeder Handy-Nutzung" Pflicht werden soll, vgl. die Kanzlei-Info v. 26.12.2003 (= http://snipurl.com/cgnd). Und im März 2004 erklärte die Ministerin in der ARD-Fernsehsendung "Plusminus", Hersteller sollten künftig nur noch Handys anbieten, mit denen ausschließlich privater SMS-Versand möglich und Premium-SMS demnach ausgeschlossen sei, vgl. die Kanzlei-Info v. 29.03.2004 (= http://snipurl.com/cgne).
Was von den neuen Ankündigungen zu halten ist, bleibt angesichts der zahlreichen, bis heute nicht umgesetzten Forderungen abzuwarten.
Der Reuters-Bericht spricht davon, dass das "Bundeskabinett den Entwurf des neuen Telekommunikationsgesetzes" noch diese Woche beschließen werde. Damit sind wohl die angekündigten Verordnungen gemeint, da das eigentliche Telekommunikationsgesetz (TKG) schon zum 26.06.2004 in Kraft getreten ist.
Es fehlen mehrere wichtige Ausführungenbestimmungen, allen voran die Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV) und die Telekommunikations-Nummerierungsverordnung (TNV), vgl. dazu die Kanzlei-Info v. 07.08.2004 = http://snipurl.com/cgnf
So sieht der Entwurf der TKV (Download hier: PDF = http://snipurl.com/cgnj) in § 15 Abs.3 TKV-E für Premium-SMS vor:
"§ 15 Kurzwahl-Dienste
(1) Der Anbieter des Zugangs zum öffentlichen Telefondienst hat sicherzustellen, dass der Kunde die Abrechnung von Kurzwahl-Diensten sperren kann. Erhält der Kunde trotz der Sperre Kurzwahl-Dienstleistungen, besteht kein Anspruch auf Entgelt.
(2) Auf Antrag kann der Kunde vom Anbieter der neben der Telekommunikationsleistung erbrachten Dienstleistung verlangen, einen kostenlosen Hinweis zu erhalten, sobald im jeweiligen Kalendermonat eine Summe von zehn Euro überschritten wird.
(3) Vor dem Abschluss von Dauerschuldverhältnissen ist der Kunde deutlich über die wesentlichen Vertragsbestandteile zu informieren. Dazu zählen insbesondere der zu zahlende Brutto-Preis je Zusendung einer Dienstleistung, die maximale Anzahl der Dienstleistungen in dem konkret benannten Bezugszeitraum und der Hinweis auf ein jederzeitiges Kündigungsrecht einschließlich der Adresse, unter der das Dauerschuldverhältnis gekündigt werden kann. Ein Anspruch auf Entgelt besteht nur, wenn der Kunde den Erhalt der Information zusätzlich zur Bestellung wiederum bestätigt.
(4) Der Anbieter der neben der Telekommunikationsleistung erbrachten Dienstleistung hat dem Kunden ein jederzeitiges, sofortiges Kündigungsrecht einzuräumen, das dieser sowohl durch Erklärung gegenüber diesem als auch dem Netzanbieter ausüben kann.
Auf die Große Anfrage der CDU/CSU zur Stärkung von Auskunfts- und Mehrwertdiensten durch Missbrauchsbekämpfung hatte die Bundesregierung Mitte 2004 geantwortet (PDF = http://snipurl.com/aopm):
"Frage: Wie kann vor Vertragsschluss mit dem Diensteanbieter eine ausreichende Information der Verbraucher über den Preis von Premium-SMS gewährleistet werden?
Antwort: Bereits nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften (insbesondere der BGB-Informationspflichten-Verordnung) gelten umfassende Aufklärungs- und Hinweispflichten. Zusätzlich normiert § 14 Abs. 1 TNV-E (bisher § 43b Abs. 1 TKG a. F.) eine ausdrückliche Preisangabepflicht in der Werbung, die auch für Premium-SMS gilt. So muss bei Angabe des Preises der Preis deutlich sichtbar, gut lesbar und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer angegeben werden. Bei Anzeige der Rufnummer darf die Preisangabe nicht zeitlich kürzer als die Rufnummer angezeigt werden. Auf den Abschluss eines Dauerschuldverhältnisses ist hinzuweisen.
Daneben schreibt § 15 Abs. 3 TKV-E eine so genannte Handshake-SMS vor Vertragsabschluss vor, um eine ausreichende Information zu ewährleisten. Danach ist vor dem Abschluss von Dauerschuldverhältnissen der Kunde deutlich über die wesentlichen Vertragsbestandteile zu informieren. Dazu zählen insbesondere der zu zahlende Brutto-Preis je Zusendung einer Dienstleistung, die maximale Anzahl der Dienstleistungen in dem konkret benannten Bezugszeitraum und der Hinweis auf ein jederzeitiges Kündigungsrecht einschließlich der Adresse, unter der das Dauerschuldverhältnis gekündigt werden kann. Ein Anspruch auf Entgelt besteht nur, wenn der Kunde den Erhalt der Information zusätzlich zur Bestellung wiederum bestätigt. Weitere Regelungen sind im Rahmen der Erörterungen der Entwürfe der TKV und TNV zu diskutieren."
Die Freiwillige Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste (FST) warnt dagegen vor einer "Überreglementierung der Premium-SMS", vgl. die Kanzlei-Info v. 29.03.2004 = http://snipurl.com/cgne
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8. Linksetzung: Heise-Verlag ./. Musikindustrie
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Wie die International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) in einer aktuellen Mitteilung (= http://snipurl.com/cgnl) erklärt, hat sie den Heise-Verlag wegen einer Verletzung des § 95 a UrhG abmahnen lassen.
Seit der Urheberrechtsreform, die zum 13.09.2003 in Kraft getreten ist, ist auch jede Werbung im Hinblick auf Verkauf oder Vermietung von Software, die Kopierschutz-Techniken umgeht, verboten. Vgl. dazu ausführlich unsere Rechts-FAQ "Fragen zum neuen Urheberrecht" = http://snipurl.com/3cdc
Heise hatte in einem Artikel über eine in Deutschland nicht erlaubte Kopiersoftware berichtet und dabei auch auf die Webseite des Herstellers verlinkt.
Der Verlag weist die Abmahnung in einem aktuellen Bericht (= http://snipurl.com/cgnn) zurück:
"Der Artikel enthält weder eine Anleitung noch Werbung, es wird im Gegenteil ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Nutzung dieser Software in Deutschland verboten ist. Einen Link auf die Webpräsenz des Herstellers zu setzen, ist in der Online-Berichterstattung eine Selbstverständlichkeit und angesichts der Tatsache, dass unsere Leserinnen und Leser Internetsuchmaschinen kennen und bedienen können, ohnehin belanglos", so Chefredakteur Christian Persson.
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9. Rechtsgutachten zum Einsatz von Open Source
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JurPC veröffentlicht das im Auftrag der Stadt München erstellte Rechtsgutachten zu rechtlichen Bedingungen und Risiken des Einsatzes von Open-Source Software, das hier online abrufbar ist = http://snipurl.com/cgno
Das Gutachten diente dazu die in der Öffentlichkeit umstrittene Entscheidung der Stadt, Open Source-Software einzusetzen, auch von der rechtlichen Seite her abzusichern.
Die Autoren gehen dabei auf die etwaigen derzeitigen Probleme ein und berücksichtigen auch die Veränderungen, die durch ein Inkrafttreten der EU-Softwarepatent-RiL eintreten könnten.
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10. Neues Web-Portal "Mehrwertdienste & Recht"
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"Mehrwertdienste & Recht" heißt unser neues Rechts-Portal und beschäftigt sich mit der großen Welt der Mehrwertdienste (0190, 0900, 118xy, 0137 ua.). Ein juristisch noch oftmals noch unerforschtes Gebiet. Der Surfer findet auf den Seiten zahlreiche Aufsätze, Gerichtsurteile und sonstige wichtige Infos zu Themen wie Premium SMS, Mitstörerhaftung bei Mehrwertdiensten, R-Gespräche und Klingeltönen.
Neben "Affiliate & Recht" (= http://www.AffiliateundRecht.de) und "Dialer & Recht" (= http://www.DialerundRecht.de) ist es das 3. Portal aus unserer "... & Recht" - Reihe.
In der nächsten Zeit werden wir weitere themenbezogene Web-Portale starten.
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11. Neuer Aufsatz von RA Dr. Bahr: URL-Hijacking s
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Es gibt einen neuen Aufsatz von RA Dr. Bahr: "Rechtliche Betrachtung des URL-Hijacking", der hier online abrufbar ist = http://snipurl.com/cgnv
Seit einiger Zeit geistert ein neuer Begriff durch die SEO-Branche: URL-Hijacking. Diskutiert wird dieses Phänomen im Zusammenhang mit Google. Durch einen Bug im Such-Algorithmus der bekannten Suchmaschine kann es unter bestimmten Umständen dazu kommen, dass als Suchtreffer zwar die Inhalte einer betreffenden Webseite anzeigt werden, die angezeigte URL aber eine vollkommen fremde ist.
Der Aufsatz untersucht, ob URL-Hijacking wettbewerbswidrig ist, welche Ansprüche ein Betroffener hat und welche Pflichten einem SEO obliegen, ein ungewolltes Hijacking zu vermeiden.
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