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Die Klägerin war Mitgesellschafterin an einer Publikum-Fondsgesellschaft. Die Beklagte führte im Auftrag der Fondsgesellschaft ein Register mit den personenbezogenen Daten sowie der Beteiligungshöhe sämtlicher Treugeber. Die Klägerin verlangte nun von der Beklagten Auskunft über die Namen, Anschriften und die Beteiligungshöhe der Mitgesellschafter. Sie verwies darauf, dass sie diese Daten zur Vorbereitung einer Gesellschafterversammlung und zur Kontaktaufnahme brauche. Auch sei es nicht ausgeschlossen, dass die Informationen dazu verwendet würden, den Mitgesellschaftern ein Kaufangebot zu unterbreiten. Die Beklagte lehnte das Auskunftsbegehren ab, u.a. auf Hinweis auf die DSGVO. Der BGH hat nun klargestellt, dass ein solches Auskunftsbegehren datenschutzkonform ist. Einem solchen Auskunftsbegehren stehen auch nicht die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung entgegen (OLG München, NZG 2019, 540 Rn. 23, 27 ff.; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Dezember 2019 - 10 U 146/18, BeckRS 2019, 67300 Rn. 44 ff., 54 f.; KG, Beschluss vom 15. April 2020- 23 U 149/18, juris Rn. 30, 34 f.; NZG 2020, 985 Rn. 16 aE). Diese Rechtsprechung ist in der Literatur auf Zustimmung gestoßen (MünchKommHGB/Grunewald, Bd. 2, 5. Aufl., § 166 Rn. 15; Chatard/Horn, ZIP 2019, 2242, 2244, 2247 f.; Kunkel/Kunkel, jurisPR-HaGesR 41/2021 Anm. 6; Schultheis, GWR 2019, 93; Vosberg/Klawa, EWiR 2019, 231, 232; Wehmeyer, PinG 2019, 182). (…) Diese obergerichtliche Rechtsprechung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 12; Urteil vom 16. Dezember 2014 - II ZR 277/13, ZIP 2015, 319 Rn. 11). Danach muss, wer sich an einer Personen- bzw. Personenhandelsgesellschaft, insbesondere in Form einer Publikumsgesellschaft beteiligt, damit rechnen, dass neben seinen Daten auch seine Beteiligungshöhe an seine Mitgesellschafter bzw. diesen gleichgestellten Mittreugebern mitgeteilt wird." In jeder Gesellschaft ist das Zusammenwirken der Gesellschafter ein elementarer Bestandteil der Willensbildung. Deshalb muss insbesondere der Anleger einer Publikumsgesellschaft, wenn seine Stimmkraft von der Höhe der gezeichneten Kapitaleinlage abhängig ist, wie hier nach § 11 Nr. 3 GV, wissen, wie die Stimmen und damit die Machtverhältnisse in der Gesellschaft verteilt sind, um seine Mitgliedschaftsrechte informiert ausüben zu können. Es macht für die Stellung des die Auskunft begehrenden Gesellschafters gerade einen entscheidenden Unterschied, ob neben ihm nur Kleinanleger oder auch ein oder mehrere Großanleger beteiligt sind (…). Infolgedessen ist auch die Kenntnis vom Umfang der Beteiligungen der Mitgesellschafter für die informierte Ausübung der Mitgliedschaftsrechte erforderlich i.S.d. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b) DS-GVO." Im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung - es ging um Zweitlotterien - äußerte der BGH sich auch zu der Frage, ob der im Jahr 2021 neu in Kraft getretene GlüStV rechtskonform ist: Ein System der vorherigen behördlichen Genehmigung für das Angebot von Glücksspielen ist grundsätzlich zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union muss ein solches System aber auf objektiven, nichtdiskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, damit der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden hinreichende Grenzen gesetzt werden. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden einschränkenden Maßnahme betroffen ist, der Rechtsweg offenstehen (…)." Im Streitfall geht es nicht um ein erst nach Feststellung der Unionsrechtswidrigkeit eines staatlichen Monopols für Private eröffnetes (fiktives) Erlaubnisverfahren (…). Ein staatliches Monopol steht im Streitfall nicht in Rede; dieses besteht unter dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 nur noch für Lotterien (…) und betrifft die Veranstaltung von Erstziehungen, nicht aber - wie hier - die Veranstaltung einer Wette auf diese Erstziehung (…). Ein Erlaubnisverfahren für Private ist damit im Glücksspielstaatsvertrag 2021 bereits angelegt." Es ist auch im Übrigen nicht ersichtlich, dass das unter dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 eingerichtete System eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt nicht auf objektiven, nichtdiskriminierenden Kriterien beruhte und der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden keine Grenzen setzte (vgl. EuGH, ZfWG 2010, 250 [juris Rn. 50] - Sporting Exchange)." Es wird idR. nicht mehr um die Beanstandung des staatlichen Glücksspiel-Monopols gehen, sondern vielmehr um die konkrete, faire Ausgestaltung des jeweiligen Genehmigungsverfahrens.
Der Kläger, ein Anwalt, ging gegen das beklagte Unternehmen vor, das ihm ungefragt per elektronischer Nachricht Werbung geschickt hat. Obgleich der Kläger eine Abmahnung ausgesprochen hatte, erhielt er weiterhin Mitteilungen von der Beklagten. Im Rahmen der Streitwertfestsetzung für das gerichtliche Verfahren wertete das KG Berlin ein solches Verhalten als erhöhenden Faktor. 1. Grundsatz: Streitwert von 3.000,- EUR pro E-Mail, weitere E-Mails bei nur 1.000,- EUR Das KG Berlin geht grundsätzlich von 3.000,- EUR pro E-Mail aus. Für jede weitere E-Mail hingegen nur 1.000,- EUR: Für jede weitere E-Mail, für die der nämliche Absender verantwortlich zeichnet, erhöht sich der Gegenstandswert grundsätzlich um ein Drittel, mithin um 1.000 €, es sei denn, es lässt sich ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen den Zuschriften feststellen. In letzterem Fall ist dem erhöhten Angriffsfaktor mehrerer E-Mails durch den Ansatz von 10% des Basiswertes, also von 300 €, hinreichend Rechnung getragen." Die Reduzierung auf 1.000,- EUR kämen jedoch dann nicht in Betracht, wenn der Versender trotz vorheriger Abmahnung auch weiterhin Spam versendet. In einem solchen Fall läge der Streitwert dann bei weiteren 3.000,- EUR: Einem solchen E-Mail-Schreiben kommt mit Rücksicht auf die durch die Abmahnung begründete Zäsur und der in einer Missachtung derselben zum Ausdruck kommenden Hartnäckigkeit des Werbenden grundsätzlich kein geringerer Angriffsfaktor als der ersten Werbe-E-Mail zu. Ist der im Nachgang zu einer Abmahnung versandten E-Mail-Werbung gleichwohl eine nur untergeordnete Bedeutung beizumessen oder bestehen sonstige Anhaltspunkte dafür, dass die neuerliche Ansprache des Unterlassungsgläubigers nicht der Gleichgültigkeit des Werbenden gegenüber dem geltend gemachten Unterlassungsverlangen geschuldet ist, kann dem Angriffsfaktor dieser Werbung allerdings im Ausgangspunkt wiederum durch den Ansatz eines Gegenstandswertes von einem Drittel des Basiswertes hinreichend Rechnung getragen sein." Die klägerische Fotoagentur besaß die Rechte an den streitgegenständlichen Fotos, auf denen der FDP-Politiker Christian Lindner abgebildet war. Es ging dabei um seinen Verstoß gegen die Corona-Regeln. Ein Dritter hatte unerlaubt die Fotos bei X (ehemals Twitter) veröffentlicht. Die Beklagte war ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender und hatte die Fotos mittels Framing bei sich auf den Webseiten eingebunden. Die Rechteinhaberin sah in dem Framing eine Urheberrechtsverletzung und klagte. Das KG Berlin teilte diese Ansicht nicht, sondern wies die Klage ab. Denn das Handeln der Beklagten sei durch die gesetzliche Schranke des § 50 UrhG (Berichterstattung über Tagesereignisse) erlaubt: Hier hat die Beklagte in ihrer Hörfunksendung über zwei Tagesereignisse iSd § 50 UrhG berichtet und zwar, dass der Vorsitzende der FDP gegen die Corona-Regeln verstoßen hat und dieses ein Topthema im Netz ist. Im Beitrag hat der Moderator ausgeführt, dass „Topthema im Netz“ der hashtag „Lindner“ sei und die Fotos vom FDP-Chef für jede Menge Wirbel sorgten, weil er sich nicht an die Corona-Regeln halte." Das ist hier der Fall. Die (…) Wiedergabe des Fotos (…) war geeignet, das mit der Berichterstattung verfolgte Informationsziel zu erreichen. Es sollte über den Verstoß gegen die Corona-Regel sowie den hashtag berichtet werden. Das Foto diente als Beleg für diese Berichterstattung. Das Framing war auch erforderlich, weil kein gleich geeignetes Mittel zur Verfügung stand. Zudem entsprach diese Handlung den Anforderungen an eine Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne und war angemessen. Im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind die betroffenen Grundrechte des Rechts am geistigen Eigentum auf der einen Seite und die Meinungsäußerungsfreiheit und Informationsfreiheit auf der anderen Seite gegeneinander abzuwägen. (…) Im Streitfall sind nach diesen Maßstäben bei der Auslegung und Anwendung der Verwertungsrechte und der Schrankenregelung auf der Seite der Klägerin das ihr als Urheberin zustehende, durch Art. 14 I GG geschützte ausschließliche Recht der öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke zu berücksichtigen. Für die Beklagte streiten dagegen die Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit gem. Art. 5 I 1 und 2 GG." Hier ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Bericht in der Anfangszeit der Corona-Pandemie im Mai 2020 im Hörfunk ausgestrahlt wurde und alle Personen in der Bundesrepublik Deutschland von den Einschränkungen durch die Pandemie und den Regelungen, die für alle Personen mit erheblichen Eingriffen verbunden waren, betroffen waren. Die Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit gewinnen dabei bei einem Konflikt mit anderen Rechtsgütern besonderes Gewicht, wenn sie – wie hier – Angelegenheit betreffen, die die Öffentlichkeit wesentlich berühren (…). Es ist daher von einem hohen Stellenwert des von der Beklagten wahrgenommenen Informationsinteresses der Öffentlichkeit auszugehen. Das von der Klägerindurch Art. 14 I GG geschützte ausschließliche Recht zur öffentlichen Wiedergabe tritt daher dahinter zurück." Der Kläger war Schiedsrichter beim DFB und leitete dort vor allem Spiele der ersten Bundesliga. Er nimmt den beklagten Rechtsanwalt auf Unterlassung und Widerruf von in einem Gutachten enthaltenen Äußerungen in Anspruch und begehrt eine Geldentschädigung in Höhe von 15.000,00 €. Der Kläger hatte 2005 den sog. Fußball-Wettskandal aufgedeckt. Danach hatten einzelne Schiedsrichter von Profifußballspielen gegen Geld das Ergebnis von Bundesligaspielen regelwidrig beeinflusst, um Fußballwettergebnisse zu beeinflussen. Hierüber hatte sich der Kläger im Rahmen eines Interviews 2017 öffentlich geäußert und aus seiner Sicht Verantwortliche namentlich benannt. Er behauptete u.a., dass es nicht nach den Leistungen der Schiedsrichter gegangen sei, sondern danach, ob diese auf „Wellenlänge“ mit der DFB-Führung gelegen hätten. Daraufhin beauftragte der DFB den Beklagten mit einer internen und nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Untersuchung der vom Kläger erhobenen Vorwürfe. Er gelangte zu dem Ergebnis, dass die Vorwürfe nicht zutreffen. Der Kläger behauptet, dass der Beklagte Zeugenaussagen in seinem Bericht unvollständig, falsch oder sinnentstellend wiedergegeben habe und deshalb unhaltbare Anschuldigungen gegen ihn erhoben habe. Das Landgericht hatte seine Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Der Kläger könne unter Berücksichtigung des sog. Sachverständigenprivilegs nicht Unterlassung der hier streitgegenständlichen Äußerungen verlangen. Äußerungen in Sachverständigengutachten, die Ergebnis der sachverständigen Entscheidungsfindung sind, seien nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich als Werturteil anzusehen. Dies gelte auch, wenn sie „äußerlich in die Form einer Tatsachenbehauptung gekleidet sind“, vertiefte das OLG. Dies beziehe sich auch auf die sog. Befundtatsachen. Es sei gerade die Aufgabe eines Gutachters, kraft seiner Sachkunde zu bestimmten Tatsachen Stellung zu nehmen, sie zu untersuchen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies rechtfertige die Einordnung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen als Werturteil. Der Beklagte könne sich auch auf das Sachverständigenprivileg berufen. Private Gutachter würden öffentlich bestellten Sachverständigen gleichgestellt. Die hier streitgegenständlichen Aussagen unterfielen alle dem Sachverständigenprivileg. Bei der erforderlichen kontextbezogenen Auslegung lägen durchgehend Schlussfolgerungen vor. Soweit die Äußerungen die Berufsehre des Klägers verletzten, fehle es aber an einer schwerwiegenden Verletzung. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Gutachten des Beklagten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei und der Kläger selbst durch seine Aussagen die Auseinandersetzung über die Arbeitsweise der Schiedsrichter eröffnet habe. Bei Abwägung der betroffenen Interessen überwiege das Recht der Meinungsäußerung und der Berufsfreiheit seitens des Beklagten das Schutzinteresse des Klägers. Das Schutzinteresse des Klägers würde überwiegen, wenn der Beklagte etwa grob sorgfaltswidrig methodisch vorgegangen wäre und die Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers in Kauf genommen hätte. Dies sei hier nicht der Fall. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Kläger kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision begehren. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 30.11.2023, Az. 16 U 206/21 Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 06.12.2023
Das OLG Hamm hatte bereits vor kurzem klargestellt, dass in den bekannten Scraping-Fällen nicht automatisch ein Anspruch auf einen DSGVO-Schadensersatz besteht, vgl. unsere Kanzlei-News v. 07.09.2023 und Kanzlei-News v. 01.12.2023. Diesen Standpunkt haben die Robenträger erneut bekräftigt. Inhaltlich hatte die Klägerseite insbesondere beanstandet, dass das OLG Hamm dem EuGH den Fall zur Vorabentscheidung hätte vorlegen müssen. Dazu nimmt das OLG Hamm wie folgt Stellung: Der Senat ist nicht bewusst oder auch nur unbewusst, was der Kläger auch nicht aufzeigt, von der Rechtsprechung des Gerichtshofs (ohne Vorlagebereitschaft) abgewichen, sondern hat sich – insbesondere hinsichtlich der Frage des kausalen Schadens – vollständig an der Rechtsprechung des Gerichtshofs orientiert (…) und diese auf die jeweils vorliegenden – durch stereotypen Vortrag gleichartigen – Einzelfälle angewandt. Die herangezogene Rechtsprechung des Gerichtshofs ist auch nicht in einem entscheidungserheblichen Punkt unvollständig. Sie ist nicht unvollständig bezüglich der Frage, ob ein bloßer Kontrollverlust einen tatsächlichen und sicheren Schaden darstellt (…). Sie ist nicht unvollständig bezüglich der Frage, wen die Darlegungs- und Beweislast für den Schadenseintritt trifft (…). Insbesondere führt der Gerichtshof explizit aus, dass eine Person, die von einem Verstoß gegen die DSGVO betroffen ist, der für sie negative Folgen gehabt hat, nicht vom Nachweis befreit ist, dass diese Folgen einen immateriellen Schaden im Sinne von Art. 82 dieser Verordnung darstellen (…)." Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die bisherigen Entscheidungen des OLG Hamm ergingen alle vor dem Urteil des EuGH, wonach auch subjektive, immaterielle Schäden (wie z.B. Furcht vor missbräuchlicher Datenverwendung) einen DSGVO-Schaden auslösen können, vgl. unsere Kanzlei-News v. 15.12.2023. Es stellt sich somit die Frage, ob die deutschen Gerichte aufgrund dieser neuen Rechtsprechung des EuGH ihre bisherige Haltung überdenken werden. Aber auch nach der neuesten Rechtsprechung trifft den Kläger in solchen Verfahren weiterhin die volle Beweislast für das Vorliegen eines Schadens.
Nach dem OLG Hamm und dem OLG Stuttgart hat nun auch das OLG Köln entsprechende Schadensersatzforderungen der Betroffenen abgelehnt. Es lägen zwar Verstöße gegen die DSGVO vor, diese führten aber nicht zu einem Schadensersatz, so die Kölner Richter. Dabei differenzieren die Juristen zwischen zwei Arten von gespeicherten Daten. 1. Daten, die ohnehin öffentlich zugänglich waren: Handelt es sich um Daten, die der Nutzer von sich aus freiwillig veröffentlicht hat, scheitere das Begehren von vornherein aus: Im Hinblick darauf bestand schon keine Verpflichtung der Beklagten, diese Daten des Klägers durch datenschutzkonforme Voreinstellungen oder technische Sicherheitsmaßnahmen vor einer Kenntnisnahme durch Dritte weitergehend zu schützen. Jedenfalls - und das ist maßgeblich - können sich die vom Kläger angeblich verspürten Gefühle wie Angst, Unwohlsein oder Misstrauen nicht darauf beziehen, dass gerade solche personenbezogenen Daten von den Scrapern im sog. Darknet veröffentlicht worden sind, die er selbst auf der Plattform der Beklagten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat." Bei den nicht öffentlichen Daten fehle es an dem notwendigen Kontrollverlust: (a) Der Senat vermag auf Basis des Vortrags des Klägers schon nicht festzustellen, dass dieser durch den streitgegenständlichen Scraping-Vorfall tatsächlich einen Kontrollverlust im Hinblick auf seine Telefonnummer erlitten hat. Wie bereits dem Wortlaut dieses Begriffes zu entnehmen ist, setzt ein Kontrollverlust voraus, dass der Betroffene zunächst die Kontrolle über das konkrete personenbezogene Datum hatte und diese Kontrolle später gegen seinen Willen verloren hat. Der Kläger hat jedoch nicht dargelegt, dass er vor dem streitgegenständlichen Scraping-Vorfall die Kontrolle über seine Mobilfunknummer hatte und diese erst durch die streitgegenständliche Veröffentlichung der Telefonnummer im sog. Darknet verloren gegangen ist. Er hat vielmehr zu dem angeblich erlittenen Kontrollverlust nur pauschal unter Verwendung von Textblöcken vorgetragen, die seine Prozessbevollmächtigten in einer Vielzahl von beim Senat anhängigen Verfahren in identischer Form verwendet haben. Außer der pauschalen, durch die Verwendung einer geschlechtsneutralen Parteibezeichnung in jeglichem Rechtsstreit einsetzbaren Formulierung, "die Klägerseite" habe "einen erheblichen Kontrollverlust" erlitten (…) und "die Klägerseite gibt die Telefonnummer stets bewusst und zielgerichtet weiter, und macht diese nicht wahl- und grundlos der Öffentlichkeit zugänglich, wie etwa im Internet" (…), hat der Kläger insbesondere keine Angaben zur konkreten Verwendung seiner Telefonnummer vor dem streitgegenständlichen Scraping-Vorfall gemacht. (…)" (b) Selbst wenn man vorliegend zugunsten des Klägers unterstellt, dass er durch den Scraping-Vorfall tatsächlich einen Kontrollverlust über seine Telefonnummer erlitten hat, weil diese Nummer in Verbindung mit seinem Vornamen nunmehr durch die Veröffentlichung im sog. Darknet jedenfalls auch einem Personenkreis bekannt geworden ist, dem er sie selbst gerade so nicht mitteilen wollte, liegt damit noch kein immaterieller Schaden im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DSGVO vor." Die Entscheidung des OLG Köln erging zeitlich vor dem Urteil des EuGH, wonach auch subjektive, immaterielle Schäden (wie z.B. Furcht vor missbräuchlicher Datenverwendung) einen DSGVO-Schaden auslösen können, vgl. unsere Kanzlei-News v. 15.12.2023. Es bleibt abzuwarten, ob die deutschen Gerichte aufgrund dieser neuen Rechtsprechung des EuGH ihre bisherige ablehnende Haltung revidieren.
Die Beklagte warb für ihren Wein auf der Vorderseite des Produktes mit der Aussage Denn durch die getroffene Werbeaussage gehe der Verbraucher davon aus, dass (auch) der Wein an sich an der CO2-Reduzierung einen Anteil habe: Dies ergibt sich zum einen aus dem Gesamteindruck des Etiketts auf der Vorderseite der Weinflasche, das im Wesentlichen aus einem stilisierten Fußabdruck mit der beanstandeten Werbeaussage in Verbindung mit aus diversen Umweltsymbolen stilisierten Zehen besteht. Insbesondere die stilisierten Pflanzenblätter und insbesondere das abgebildete Pflänzchen in der geöffneten Hand legen für den adäquat aufmerksamen Verbraucher den Schluss nahe, dass sich die CO2–Reduzierung auf den Pflanzenanbau bezieht. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Verbraucher bei dem Erwerb eines Produkts davon ausgeht und auch daran gewöhnt ist, dass sich die das Vorderseitenetikett prägenden Angaben auf das Produkt selbst und nicht auf dessen Verpackung beziehen. Denn die zu treffende Entscheidung über den Kauf einer Ware wie beispielsweise eines Weines wird überwiegend von den Leistungsmerkmalen des Produkts selbst abhängig gemacht, weshalb auch das Informationsinteresse des Verbrauchers vorrangig diesbezügliche Merkmale erfasst." Im vorliegenden Fall ist eine derartige Blickfangwerbung gegeben. Bei einer derartigen Werbung sind im Rahmen einer Gesamtankündigung einzelne Angaben im Vergleich zu den sonstigen Angaben bildlich, farblich, graphisch oder sonst drucktechnisch besonders herausgestellt, um durch ihre Betonung die Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrs auf sich zu ziehen." Daher muss entweder bereits auf der Vorderseite des Etiketts der Weinflasche ein aufklärender Hinweis erfolgen, der dem Verbraucher hinreichend deutlich vor Augen führt, dass allein die Flasche den behaupteten ökologischen Vorteil liefert, oder es muss ein Sternchenhinweis vorhanden sein, der eine eindeutige Zuordnung zwischen den herausgestellten Angaben und den ergänzenden Produktinformationen ermöglicht. Diesen Anforderungen wird die Gestaltung der streitgegenständlichen Weinflasche nicht gerecht, da jegliche Zuordnung der auf dem rückseitig angebrachten Etikett vorgehaltenen Informationen zu der auf der Vorderseite farblich und auch im Übrigen prominent beworbenen CO2-Reduzierung fehlt. Auch unter Berücksichtigung des auf dem Vorderetikett abgebildeten Symbols einer Flasche mit dem Text „ECO2Bottle“, das sich auch auf dem Rückseitenetikett befindet, hat der Durchschnittsverbraucher keinen hinreichenden Grund zu der Annahme, dass die auf der Rückseite erteilten Informationen sich auf das vorderseitig beworbene CO2-Einsparpotenzial beziehen. Wegen der fehlenden Teilnahme dieser Einschränkung am Blickfang erweist sich daher der über das Vorderseitenflaschenetikett blickfangmäßig vermittelte Eindruck als wettbewerbswidrig." Die Klägerin verlangte von der Beklagten, einer Anwaltskanzlei, u.a. Schadensersatz iHv. 1.500,- EUR wegen einer behaupteten DSGVO-Verletzung. Die Klägerin hatte bei einer inzwischen insolventen Unternehmensgruppe ein Nachrangdarlehen gezeichnet. Sie erhielt von den Beklagten, die ihr bis dahin vollkommen unbekannt waren, einen postalischen Rundbrief, in dem sie zu einer Telefonkonferenz eingeladen wurde, um über die aktuellen Ereignisse zu sprechen. Sie monierte eine Datenschutzverletzung. Die verklagte Anwaltskanzlei behauptete, dass sie die von dem Insolvenzverwalter der zahlungsunfähigen Unternehmensgruppe erhalten habe. Für einen anderen Anleger habe sie einen entsprechenden Rechtsstreit geführt. Es sei zu einem Vergleich gekommen, in dem der Insolvenzverwalter auch die Daten der anderen Anleger weitergegeben habe. Diese Übermittlung sei zum Zwecke der Interessensbündelung und zur Kontaktaufnahme mittels Rundschreiben erfolgt. Das LG Freiburg wies die Klage ab, da das Handeln der Advokaten durch die berechtigten Interessen nach Art. 6 Abs.1 f) DSGVO gedeckt gewesen sei: Vorliegend kann die Beklagtenseite als datenschutzrechtlicher „Verantwortliche“ ihre Interessen an dem streitgegenständlichen Schreiben als „berechtigte Interessen“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 S. 1 f) DS-GVO anführen. Es ist sogar anerkannt und wird im Erwägungsgrund Nr. 47 zur Verordnung explizit benannt, dass auch wirtschaftliche Interessen, insbesondere das Vermitteln gewerblicher Informationen ein berechtigtes Interesse im Sinne dieser Vorschrift sein können (…). Hier würde eine Interessenabwägung nur dann zulasten der Beklagten ausfallen, wenn diese kein Interesse des Adressaten an einem koordinativen Vorgehen mit seinen eigenen Mandanten im Insolvenzverfahren plausibel machen kann (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 – II ZR 136/11 –, Rn. 40, juris; idS auch zu Anwaltsschreiben an potenzielle Mandanten: BGH, Urteil vom 13. November 2013 – I ZR 15/12 –, BGHZ 199, 43-52). Die Beklagte hat durch Vorlage des Vergleichs mit dem Insolvenzverwalter der (…)-Unternehmensgruppe auch nachgewiesen, dass die Daten aus der Insolvenzakte der (…)-Unternehmensgruppe stammen. Bereits das Interesse, auf der Gläubigerversammlung ggf. gemeinsam zu agieren ist ein solches plausible Interesse und wurde von der Beklagten dargelegt. Zudem kann ein Austausch der geschädigten Darlehensgeber zur Identifizierung möglicher Anspruchsgegner für Schadensersatzverfahren und zum Austausch über potentielle Beweismittel sinnvoll sein." Schließlich wurden durch das einmalige Rundschreiben die Rechte der Klägerin nicht besonders einschneidend tangiert. Sie hätte das Schreiben einfach wegwerfen oder auch eine Löschung ihrer Daten durch Ankreuzen des Kästchens auf Seite 5 des Schreibens, dass weitere Informationen nicht erwünscht sind, erreichen können, was ihr durchaus zuzumuten gewesen wäre." Der Kläger wollte von der Beklagten, einem Online-Glücksspiel-Betreiber aus Malta, die Rückforderung seiner Spieleinsätze, da das Unternehmen über keine staatliche Zulassung in Deutschland verfüge. Das Gericht wies die Klage ab. Zwar liege ein Verstoß gegen § 4 GlüStV vor. Dies führe jedoch nicht dazu, dass der Spieler seine Einsätze zurückfordern könne: Dieser Verstoß führt jedoch nicht zur Nichtigkeit; bei der Norm handelt es sich vielmehr um gewerbliches Ordnungs- und Berufszulassungsrecht, das in Ermangelung eines individualschützenden Charakter nicht zur Nichtigkeit fühlt (…)." Auch „unübersehbare Gefahren“ sind nicht ansatzweise ersichtlich. Ausweislich der eigenen Internetseite errechnet sich beim staatlichen Lotto-Gewinnspiel für die wahrscheinlichste Gewinnchance, „3 richtige“, eine Verlustwahrscheinlichkeit von über 98 % (…). Selbst wenn bei einem Online-Glücksspiel durch betrügerischen Machenschaften keinerlei Gewinnchancen gegeben wäre, würde sich das Verlustrisiko nur marginal von etwas über 98 % auf 100 % erhöhen. Es ist nicht ersichtlich und auch der Begründung nicht zu entnehmen, dass es dem Gesetzgeber gerade darum ging, diese minimalste Veränderung der Verlustwahrscheinlichkeit anzugehen. (…) Damit fehlt der Vorschrift der individualschützende Charakter; zugleich unterliegt der Spielvertrag nicht der Nichtigkeitssanktion von § 134 BGB."
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vom 03.01.2024
Betreff:
Rechts-Newsletter 1. KW / 2024: Kanzlei Dr. Bahr
1. BGH: DSGVO sperrt nicht Auskunftsbegehren auf Nennung der Mitgesellschafter, um ihnen Kaufangebote zu unterbreiten
2. BGH: Erste Äußerungen zur Rechtskonformität des Glücksspiel-Staatsvertrages 2021
3. KG Berlin: Spam-Zusendung auch nach Abmahnung wirkt sich erhöhend auf Streitwert aus
4. KG Berlin: Framing von Corona-Fotos mit Christian Lindner im Kontext aktueller Ereignisse urheberrechtlich erlaubt
5. OLG Frankfurt a.M.: Kein Unterlassungsanspruch gegen Äußerungen in einem Sachverständigen-Gutachten, da Werturteil
6. OLG Hamm: Zum 3. Mal: Scraping-Vorfälle bei Facebook rechtfertigen keinen DSGVO-Schadensersatz
7. OLG Köln: Kein DSGVO-Schadensersatz für Scraping-Vorfälle gegenüber Facebook
8. OLG Nürnberg: Wein-Werbung mit Aussage "Reduziert Deinen CO2-Fussabdruck" irreführend ohne transparenten Hinweis
9. LG Freiburg: Anwaltskanzlei darf Anlegerdaten einer insolventen Unternehmensgruppe zur eigenen Akquisition benutzen = kein DSGVO-Verstoß
10. LG Tübingen: Spieler kann gegen maltesischen Glücksspiel-Anbieter verlorene Einsätze nicht zurückfordern
Die einzelnen News:
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1. BGH: DSGVO sperrt nicht Auskunftsbegehren auf Nennung der Mitgesellschafter, um ihnen Kaufangebote zu unterbreiten
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Das Auskunftsersuchen eines Gesellschafters, an die Daten seiner Mitgesellschafter zu gelangen, um ihnen Kaufangebote für ihre Geschäftsanteile zu unterbreiten, verletzt nicht die DSGVO (BGH, Urt. v. 24.10.2023 - Az.: II ZB 3/23).
"Nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung stellt ein Auskunftsersuchen des Gesellschafters, das auch dem Ziel dient, die Namen, Anschriften und Beteiligungshöhe der Mitgesellschafter dazu zu verwenden, diesen Kaufangebote für ihre Anteile zu unterbreiten, keine unzulässige Rechtsausübung und keinen Missbrauch des Auskunftsrechts dar.
Und weiter:
"Aus der Begründung des Auskunftsrechts durch den Bundesgerichtshof ergibt sich aber mit hinreichender Klarheit, dass auch die Mitteilung der Beteiligungshöhe datenschutzrechtlich zulässig ist.
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2. BGH: Erste Äußerungen zur Rechtskonformität des Glücksspiel-Staatsvertrages 2021
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Die im Glücksspiel-Staatsvertrag 2021 (GlüStV) statuierte Genehmigungspflicht für Glücksspiel-Anbieter ist grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden. Es bestehen (derzeit) keine Anhaltspunkte dafür, dass dieses Erlaubnisverfahren nicht dem EU-Recht entspricht (BGH, Beschl. v. 08.11.2023 - Az.: I ZR 148/22).
"Entgegen der Auffassung der Revision gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass das unter dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 eröffnete Erlaubnisverfahren den Vorgaben des Unionsrechts widerspricht. (…)
Und weiter:
"Die von der Revision mit ihrer Stellungnahme in Bezug genommenen, von den Beklagten nach ihrem eigenen Vortrag im Juni 2022 eingeleiteten behördlichen Verfahren belegen bereits, dass ihnen ein Erlaubnisverfahren offensteht. Ein solches Verfahren gewährleistet, dass die zuständigen Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte den Sachverhalt ermitteln und (zumindest inzident) prüfen, ob die ihrer Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsnormen mit den Vorgaben des höherrangigen Rechts vereinbar sind. Das Verwaltungsverfahren dient auch dazu, Fragen der Unionsrechtskonformität der glücksspielrechtlichen Regelungen über die Genehmigungsfähigkeit einzelner Spielformen auszutragen.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Auch wenn der BGH sich im vorliegenden Fall nur am Rand zur Rechtskonformität des neuen GlüStV äußert, zeigen die Ausführungen schon, in welche Richtung sich die zukünftigen Rechtsstreitigkeiten verlagern werden.
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3. KG Berlin: Spam-Zusendung auch nach Abmahnung wirkt sich erhöhend auf Streitwert aus
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Verschickt ein Unternehmer trotz Abmahnung auch weiterhin unerlaubte Werbe-Nachrichten an den Betroffenen, erhöht dies den gerichtlichen Streitwert (KG Berlin, Beschl. v. 20.06.2023 – Az.: 5 W 6/23).
"Danach ist für eine erste Werbe-E-Mail grundsätzlich ein Gegenstandswert in Höhe von 3.000 € anzusetzen (Basiswert).
2. Sonderfall: Weitere E-Mails trotz vorherige Abmahnung
"Anders liegt es im Ausgangspunkt, wenn sich der wegen der unerbetenen E-Mail-Werbung in Anspruch Genommene auch noch im Nachgang zu einer an ihn gerichteten Abmahnung mit weiteren E-Mail-Schreiben an den Anspruchsteller wendet.
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4. KG Berlin: Framing von Corona-Fotos mit Christian Lindner im Kontext aktueller Ereignisse urheberrechtlich erlaubtf
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Das Framing von Corona-Fotos mit Christian Lindner kann im Kontext aktueller Ereignisse urheberrechtlich zulässig sein. Es greift dann die gesetzliche Schranke des § 50 UrhG, wonach die Berichterstattung über Tagesereignisse auch ohne Genehmigung erlaubt ist (KG Berlin, Urt. v. 18.09.2023 - Az.: 24 U 110/22).
"Nach § 50 UrhG ist zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film die Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig. (…)
Das Framing sei auch angemessen gewesen, denn die Berichterstattung habe den damaligen Corona-Regeln und etwaigen Verstößen durch Politiker betroffen:
"Die beanstandete Berichterstattung entspricht auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. (...)
Und weiter:
"Die Abwägung dieser im Streitfall betroffenen Grundrechte führt in diesem Fall zu einem Vorrang der Meinungs- und Pressefreiheit.
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5. OLG Frankfurt a.M.: Kein Unterlassungsanspruch gegen Äußerungen in einem Sachverständigen-Gutachten, da Werturteil
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Schlussfolgerungen und Ergebnisse in einem privaten Gutachten unterfallen grundsätzlich dem sog. Sachverständigenprivileg und sind damit als Werturteil einzuordnen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichtem Urteil die Klage eines ehemaligen Schiedsrichters des DFB zurückgewiesen. Der Kläger wendete sich gegen Aussagen des Beklagten über ihn in einem im Auftrag des DFB erstellten Gutachten.
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 20.09.2021, Az. 2-17 O 95/19)
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6. OLG Hamm: Zum 3. Mal: Scraping-Vorfälle bei Facebook rechtfertigen keinen DSGVO-Schadensersatz
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Zum dritten Mal hat das OLG Hamm seine bisherige Rechtsauffassung bestätigt, dass die Scraping-Vorfälle bei Facebook grundsätzlich keinen DSGVO-Schadensersatz rechtfertigen. Vielmehr bedarf es konkreten, hinreichend dargelegten Schadens im Einzelfall (OLG Hamm, Urt. v. 17.11.2023 - Az.: 7 U 71/23).
"Der Senat hat hier wie in seinem grundlegenden Urteil vom 15.08.2023, auf das hier konkret Bezug genommen wird (Senat Urt. v. 15.8.2023 – I-7 U 19/23…), nicht nur erkannt, dass hier wie da Fragen des Unionsrechts betroffen sind, sondern sich auch ausdrücklich mit der Vorlagepflicht auseinandergesetzt (…).
Am Rande hat sich das Gericht auch zur Frage eines immateriellen Schadens geäußert:
“Der Qualifikation eines Kontrollverlustes als immaterieller Schaden infolge der Veröffentlichung im Darknet steht in diesem Einzelfall jedenfalls entgegen, dass der Kläger sich trotz der von der Beklagten erteilten Auskunft vom 18.07.2022 erst aufgrund des Anrufs seines Prozessbevollmächtigten spät im laufenden Verfahren veranlasst gesehen hat, die Suchbarkeitseinstellungen einschränkend zu verändern und sich bis heute nicht gehalten gesehen hat, seine Mobilfunktelefonnummer zu wechseln; denn damit wird jeglicher Indizwirkung der Boden entzogen.”
Soll heißen: Wenn der Betroffene nichts unternimmt und die Veröffentlichung seiner Daten nicht einschränkt bzw. nur verspätet einschränkt, dann spricht dies gegen eine erlittene Beeinträchtigung.
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7. OLG Köln: Kein DSGVO-Schadensersatz für Scraping-Vorfälle gegenüber Facebook
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Bei den Scraping-Vorfällen auf Facebook hat der Betroffene grundsätzlich keinen DSGVO-Schadensersatzanspruch, da es an einer ersatzfähigen Beeinträchtigung fehlt (OLG Köln, Urt. v. 07.12.2023 - Az.: 15 U 33/23).
"Soweit der Kläger seinen immateriellen Schaden auf die Veröffentlichung derjenigen Daten stützt, die auf seinem Profil bei der Beklagten als "immer öffentlich" eingestellt waren (Vorname, Wohnort, Geschlecht und Facebook-ID), scheidet die Annahme eines immateriellen Schadens schon deswegen aus, weil sich der Kläger durch seine im Zuge der Registrierung auf der Plattform der Beklagten erklärte Zustimmung mit den dort geltenden Nutzungsbedingungen damit einverstanden erklärt hat, dass diese Daten in die Öffentlichkeit gelangen.
2. Nicht öffentliche Daten:
"Soweit der Kläger seinen immateriellen Schaden darauf stützt, dass seine Telefonnummer in Verbindung mit seinem Vor- und Spitznamen ("T. F.") veröffentlicht wurde, handelt es sich bei der Telefonnummer zwar um ein personenbezogenes Datum, das er nicht der Öffentlichkeit zugänglich machen wollte. Jedoch reicht sein diesbezüglicher Vortrag zu einem angeblichen Kontrollverlust nicht aus, um einen immateriellen Schaden im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DSGVO anzunehmen.
Und weiter:
"Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, er selbst gebe seine Telefonnummer nur sehr selten weiter und wenn, dann nur an wenige privat bekannte Personen bzw. an Unternehmen, denen er vollständig vertraue, bezieht sich dieses geschilderte Verhalten zum einen schon nicht auf die Person des Klägers. Für diesen bzw. für dessen Umgang mit der Telefonnummer wurde Entsprechendes nicht vorgetragen, sondern es wurden lediglich die oben auszugsweise zitierten Textbausteine verwendet. Zum anderen wäre auch zu berücksichtigen, dass auch die Weitergabe der Telefonnummer an persönlich nicht bekannte Dritte im Rahmen geschäftlicher Beziehungen - selbst wenn der Betroffene diesen zunächst Vertrauen entgegenbringt - mit einem Risiko verbunden ist, da auch in diesen Fällen ein Dritter über das personenbezogene Datum verfügt und es damit eben nicht mehr der alleinigen Kontrolle des Betroffenen unterliegt, ob dieser Dritte bzw. bei diesem beschäftigte Personen unbefugt, unabsichtlich oder im Rahmen technischer Vorfälle die Nummer anderen Personen zugänglich macht.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
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8. OLG Nürnberg: Wein-Werbung mit Aussage "Reduziert Deinen CO2-Fussabdruck" irreführend ohne transparenten Hinweis
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Die Werbung für ein Wein mit der Aussage "Reduziert Deinen CO2-Fussabdruck" ist irreführend, wenn die Reduzierung nur durch die Herstellungsweise der Flasche geschieht, der Inhalt (hier: Wein) aber keinen Beitrag leistet. Um einen Wettbewerbsverstoß zu vermeiden, bedarf es eines transparenten Hinweises, der den Verbraucher die näheren Umstände erläutert (OLG Nürnberg, Beschl. v. 15.11.2023 - Az.: 3 U 1722/23).
“XY reduziert Deinen CO2-Fussabdruck”
Direkt neben der Aussage befand sich zwei Bilder: Ein grünes Blatt und ein rechteckiges Symbol, welches eine stilisierte Flasche mit dem Text “ECO2Bottle” wiedergab. Auf der Rückseite der Flasche befand sich der erläuternde Hinweis:
"ECO2Bottle:
Neben dem sehr hohen Einsatz von Altglas und der Nutzung von Öko-Strom reduziert die ECO2Bottle die Immissionen im Vergleich zu einer Standardweinfalsche um mehr als 30 %."
Das OLG Nürnberg stufte diese Art als irreführend und somit als Wettbewerbsverstoß ein.
"Wesentliche Teile der Durchschnittsverbraucher verstehen die streitgegenständliche Werbung dahingehend, dass die Produktion des in der Flache befindlichen Weins von einer besonderen CO2-emissionsarmen Produktionsmethode gekennzeichnet ist.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass nähere Erläuterungen auf der Rückseite abgedruckt seien:
"Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Verbraucher bei Produkten wie Lebensmitteln regelmäßig nicht nur die Schauseite einer Packung, sondern auch die an anderer Stelle angebrachten Informationen wahrnehmen wird (…). Etwas anderes muss jedoch bei einer blickfangmäßig herausgestellten Angabe in einer Werbung, die bei isolierter Betrachtung eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt, gelten; in einem solchen Fall kann der dadurch veranlasste Irrtum nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat (…).
Da die Beklagte somit hervorgehoben mit der Öko-Bilanz geworben habe, müsse die Aufklärung auch in räumlich unmittelbarer Nähe, also auf der Vorderseite der Flasche und nicht auf der Rückseite erfolgen:
"Diese Voraussetzungen liegen bei der Angabe „(…) REDUZIERT DEINEN CO2 FUSSABDRUCK“ vor, da nahezu das gesamte Etikett auf der Vorderseite des Weins aus dem stilisierten Fußabdruck mit der streitgegenständlichen Werbeangabe in Verbindung mit aus diversen Umweltsymbolen stilisierten Zehen besteht. Die Angabe ist somit im Vergleich zu den sonstigen Angaben drucktechnisch besonders herausgestellt und aufgrund des Gesamteindrucks als schlagwortartige Aufmerksamkeitswerbung einzustufen (…).
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9. LG Freiburg: Anwaltskanzlei darf Anlegerdaten einer insolventen Unternehmensgruppe zur eigenen Akquisition benutzen = kein DSGVO-Verstoß
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Eine Anwaltskanzlei darf die Anlegerdaten einer insolventen Unternehmensgruppe zur eigenen Mandats-Akquisition benutzen. Hierin liegt kein DSGVO-Verstoß, sondern eine solche Vorgehensweise ist durch die berechtigten Interessen (Art. 6 Abs.1 f) DSGVO abgedeckt) (LG Freiburg, Urt. v. 20.09.2023 - Az.: 8 O 63/23).
"Die Rechtfertigung ergibt sich aber aus § 6 Abs. 1 f) DSVO. Danach ist die Datenverarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen, Grundrechte oder Grundfreiheiten am Schutz ihrer personenbezogenen Daten überwiegen.
Die Verwendung dieser Informationen zur eigenen Akquisition sei auch datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden:
"Es liegt auch eine zulässige Zweckänderung im Sinne des Art. 6 Abs. 4 DS-GVO vor, da die Verarbeitung der Daten der Klägerin durch die Beklagte einem anderen Zweck folgte als die Erhebung dieser Daten beim Insolvenzverwalter. Die Bearbeitung des Mandats der Beklagten erfolgte ebenso auf dem Gebiet des Insolvenzrechts und diente, wie sich aus dem Rundschreiben ergibt, zum Zwecke der Absprache der verschiedenen Gläubigergruppen untereinander.
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10. LG Tübingen: Spieler kann gegen maltesischen Glücksspiel-Anbieter verlorene Einsätze nicht zurückfordern
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Ein Spieler hat gegen einen maltesischen Glücksspiel-Anbieter keinen Anspruch auf Erstattung seiner verlorenen Einsätze. Denn das in § 4 GlüStV geregelte Verbot schütze nicht den einzelnen Gamer (LG Tübingen, Urt. v. 05.12.2023 - Az.: 5 O 75/23).
"Seitens der maltesischen Veranstalterin liegt zwar einseitig ein Verstoß gegen § 4 Abs. 4 Glücksspielstaatsvertrag von 2012.
Und weiter:
"Vor diesem Hintergrund kann hinsichtlich eines etwaigen Individualschutzes auch nicht auf § 1 des Glücksspielstaatsvertrages zurückgegriffen werden, da dieser offensichtlich nicht die tatsächlichen Zwecke und Beweggründe des Gesetzgebers widerspiegelt. (…)
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