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Newsletter vom 03.06.2009 |
Betreff: Rechts-Newsletter 22. KW / 2009: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
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1. BAG: Absage per E-Mail durch Betriebsrat genügt dem Erfordernis der Textform _____________________________________________________________ Das BAG (Beschl. v. 10.03.2009 - Az.: 1 ABR 93/07) hat entschieden, dass die Verweigerung der Zustimmung durch den Betriebsrat dem Formerfordernis der Textform per E-Mail genügt. Damit ist das Schriftlichkeitsgebot des Betriebsverfassungsgesetzes erfüllt. Im Rahmen einer betrieblichen Stellenausschreibung bat der Arbeitgeber den Betriebsrat schriftlich um Zustimmung zu der Einstellung eines Bewerbers. Als Antwort übersandte der Betriebsrat eine E-Mail, in der er der Einstellung widersprach. Die E-Mail endete mit den Worten: "Viele Grüße, XY für den Betriebsrat." Der Arbeitgeber sah hierin keine ordnungsgemäße Absage, da diese schriftlich hätte erfolgen müssen. Diese Ansicht teilten die Arbeitsrichter nicht. Vielmehr hielten sie die Zustimmung für wirksam. Die E-Mail genüge den Anforderungen des Schriftlichkeitsgebotes. Zu dessen Wahrung bedürfe es nicht der Schriftform, vielmehr reiche auch die Einhaltung der Textform. Dies solle gewährleisten, dass der Arbeitgeber auf sichere Weise Kenntnis von den Gründen erhalte, die den Betriebsrat zur Verweigerung seiner Zustimmung bewogen habe. Der Arbeitgeber könne sich auf dieser Grundlage Klarheit über das weitere Vorgehen und die Auswahl der Bewerber verschaffen. Für dieses Informations- und Klarstellungsinteresse genüge es, wenn die schriftliche Erklärung auch ohne eigenhändige Unterschrift versehen sei. Die Identität müsse gewährleistet sein, verlangt sei aber nicht eine Originalunterschrift. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. OLG Köln: Keine Beschwerdemöglichkeit durch Anschlussinhaber gegen urheberrechtlichen Internet-Auskunftsanspruch _____________________________________________________________ Nach Meinung des OLG Köln (Beschl. v. 05.05.2009 - Az.: 6 W 39/09) hat der Anschlussinhaber gegen den Beschluss eines stattgebenden urheberrechtlichen Internet-Auskunftsanspruchs nach § 101 UrhG kein eigenes Beschwerderecht. Die Beschwerdegegnerin war Rechteinhaberin an einem Musikalbum. Das Werk wurde in P2P-Tauschbörsen illegal zum Download angeboten. Um die Täter zu ermitteln, erwirkte das Unternehmen gegen den zuständigen Access-Provider einen urheberrechtlichen Internet-Auskunftsanspruch. Im Rahmen dieser Auskunft fiel der Name und die Adresse des Beschwerdeführers. Hiergegen wandte sich der Beschwerdeführer. Er legte gegen den Beschluss Rechtsmittel ein. Ihm stehe ein eigenes Beschwerderecht zu, auch wenn er nicht Partei des Auskunftsverfahrens sei, denn er sei durch den Beschluss unmittelbar rechtlich betroffen. Dem sind die Richter des OLG Köln nicht gefolgt und haben die Beschwerde zurückgewiesen. Es sei nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber dem Anschlussinhaber, der bei der Auskunftsanordnung noch gar nicht namentlich bekannt sei, eine eigene Beschwerdemöglichkeit einräumen wollte. Grundsätzlich könnten Rechtsmittel nur dann eingelegt werden, wenn ein unmittelbarer und nachteiliger Eingriff erfolge. Hieran fehle es im vorliegenden Fall. Empfänger des Beschlusses sei nur der Access-Provider. Der Anschluss-Inhaber sei allenfalls mittelbar unberührt, dies reiche aber nicht aus. Dem betroffenen Anschlussinhaber stehe daher grundsätzlich kein eigenes Beschwerderecht bei urheberrechtlichen Internet-Auskunftsansprüchen zu. Siehe zum Durcheinander beim Internet-Auskunftsanspruch unseren jüngsten Podcast "Chaos beim Internet-Auskunftsanspruch nach § 101 UrhG". Und den c´t-Aufsatz von RA Dr. Kaufmann mit dem Titel "Illegale Tauschbörsen und der ominöse Auskunftsanspruch". Zudem finden Sie hier - soweit ersichtlich - eine Auflistung aller bislang erfolgten Entscheidungen zum Internet-Auskunftsanspruch. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 3. OLG Zweibrücken: Keine Störerhaftung des Betreibers eines Internet-Forums für rechtswidrige Beiträge Dritter _____________________________________________________________ Das OLG Zweibrücken (Urt. v. 14.05.2009 - Az.: 4 U 139/08) hat entschieden, dass der Betreiber eines Internet-Forums nicht für fremde Urheberrechtsverletzungen haftet. Die Beklagte unterhielt ein Portal für Fotografie-Interessierte. Die User hatten dabei die Möglichkeit, eigene Fotos hochzuladen und für die Öffentlichkeit zu präsentieren. In der Grundversion war die Nutzung kostenlos, erst bei umfangreichen Uploads war die Leistung entgeltpflichtig. In den AGB räumte sich die Beklagte umfangreiche Nutzungsrechte ein. Ein Dritter veröffentlichte unerlaubt Bilder der Klägerin, die daraufhin die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch nahm. Zu Unrecht wie die Zweibrücker Richter nun entschieden. Alleine die Tatsache. dass die Beklagte über die teilweise kostenpflichtigen Mitgliedschaften finanziell an dem Einstellen der Bilder profitiere, begründe noch kein zu Eigen machen der Fotos. Es verhalte sich vielmehr so, dass die Vergütungsverpflichtung bei Nutzung eines Forums unerheblich sei. Eine möglicherweise bestehende Prüfungspflicht der Uploads könne nicht so weit gehen, dass das grundsätzlich zulässige Geschäftsmodell eines Foren-Betreibers nicht mehr durchgeführt werden könne. In der Vergütungsverpflichtung allein könne kein zu Eigen machen liegen, weil andernfalls jeder kommerzielle Betreiber für jede bereit gestellte Information verantwortlich wäre, unabhängig davon, wer diese Information erbringe. Damit wäre nahezu jedes auf das Internet bezogene Geschäftsmodell gefährdet. Eine Haftung sei auch nicht deswegen zu bejahen, weil die Beklagte sich umfangreiche Nutzungsrechte von den Usern einräumen lasse. Es sei rechtlich und technisch notwendig, dass die Beklagte sich diese Rechte übertragen lasse, andernfalls könne sie ihre DIenste gar nicht in dieser Form anbieten. Kommentar von RA Dr. Bahr: Das OLG Zweibrücken äußert hier die genau gegenteilige Ansicht zum LG Köln (Urt. v. 09.04.2008 - Az.: 28 O 690/07), das entschieden hat, dass eine Internet-Plattform bereits dann für fremde Urheberrechtsverletzungen haftet, wenn sie sich eigene Nutzungsrechte an den Inhalten einräumen lässt. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 4. LG Berlin: Abmahnungsmissbrauch bei reinem Gewinnerzielungsinteresse _____________________________________________________________ Das LG Berlin (Beschl. v. 30.04.2009 - Az.: 96 O 60/09) hat entschieden, dass ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch dann rechtsmissbräuchlich ist, wenn er nur dazu dient, durch überhöhte Abmahnkosten Gebühren zu erzielen. Der Kläger mahnte eine Vielzahl von Mitbewerbern kostenpflichtig durch seinen Anwalt ab. Mit dem Advokaten hatte er eine individuelle Honorarvereinbarung, gleichwohl forderte der Anwalt in seinen Abmahnungen die höhere gesetzliche Gebühr ein. Die Berliner Richter sahen dies als klaren Fall des Rechtsmissbrauchs an. Primäres Motiv der gerügten Wettbewerbsverstöße sei nicht die Lauterbarkeit des Geschäftsverkehrs, sondern das persönliche Gewinnerzielungsinteresse. Hiervon sei auch im vorliegenden Sachverhalt auszugehen, so die Juristen. Denn es seien überhöhte Entgelte in Ansatz gebracht worden, obgleich in Wahrheit eine deutlich niedrigere Pauschalvereinbarung mit dem abmahnenden Rechtsanwalt vereinbart wurde. Das reine Gewinnerzielungsinteresse liege damit auf der Hand. Anmerkung von RA Dr. Bahr: Der Sachverhalt, den das LG Berlin zu beurteilen hatte, ist nicht nur wettbewerbswidrig, sondern auch strafbar.Die Geltendmachung von Abmahnkosten, die in Wahrheit real gar nicht vom Mandanten bezahlt werden, ist nichts anderes als Betrug nach § 263 StGB. Es kann also nur besondere Dreistigkeit oder Dummheit sein, wenn der Abmahner selbst noch einmal durch eine eidesstattliche Versicherung vor Gericht bestätigt, dass tatsächlich intern zu geringeren Gebühren abgerechnet wird. Welche "anschauliche Qualität" der Fall hat, zeigt auch der Umstand, dass der Abmahner sich im Rahmen des Prozesses dann doch glatt darauf berief, dass er das Geschäftsgebaren seines eigenes Anwaltes nicht kenne und ihm daher die Rechtsmissbräuchlichkeit nicht vorgehalten werden könne. Ach ja. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 5. LG Darmstadt: Akteneinsicht bei Urheberrechtsverletzungen durch P2P-Musiktauschbörsen-Filesharing _____________________________________________________________ Das LG Darmstadt (Beschl. v. 20.04.2009 - Az.: 9 Qs 99/09) hatte zu entscheiden, wann die Musikindustrie einen Anspruch auf Einsicht in die strafrechtlichen Ermittlungsakten hat. Es lehnte einen generellen Anspruch ab, sondern war vielmehr der Ansicht, dass in jedem Einzelfall die Interessen der Beteiligten gegeneinander abgewogen werden müssten. Handle es sich um bagetallartige Urheberrechtsverletzungen, so müsse das schutzwürdige Interesse des Beschuldigten im Vordergrund stehen. Werde hingegen diese Unerheblichkeitsschwelle überschritten, so überwiege das Verfolgungsinteresse der Musikindustrie. Die Richter legten auch in Zahlen dar, was sie unter einer "Bagatelle" verstehen würden: Ab 5 Filmen oder 50 Musikstücken sei davon auszugehen, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Beschuldigten zurücktreten müsse und Akteneinsicht zu gewähren sei. Im vorliegenden Fall war diese Grenze nicht erreicht, so dass die Juristen das Gesuch auf Einsicht in die Strafakten ablehnte. Die aktuelle Entscheidung liegt auf einer Linie mit den bisherigen Beschlüssen des LG Darmstadt (Beschl. v. 09.10.2008 - Az.: 9 Qs 490/08 und Beschl. v. 12.12.2008 - Az.: 9 Qs 573/08 – 721 Js 26995/08). zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 6. LG Darmstadt: Online-Reklame mit Schein-Gütesiegel wettbewerbswidrig _____________________________________________________________ Das LG Darmstadt (Urt. v. 24.11.2008 - Az.: 22 O 100/08) hat entschieden, dass es wettbewerbswidrig ist, im Online-Bereich mit einem fiktiven Gütesiegel zu werben. Die klagende Wettbewerbszentrale nahm den Inhaber einer Versandapotheke auf Unterlassung einer Online-Werbung in Anspruch. Der Beklagte hatte mit dem Gütesiegel des Bundesverbandes Deutscher Versandapotheken (BVDA) auf seiner Webseite geworben. Das Gütesiegel erhält eine Apotheke bereits dann, wenn sie eine Selbstverpflichtungserklärung unterschreibt und an den Verband eine jährliche Lizenzgebühr entrichtet. Die Darmstädter Richter stuften dies als irreführende Werbung ein. Der Verbraucher gehe davon aus, dass Gütesiegel erst nach Überprüfung der Einhaltung erhöhter Qualitätsstandards verliehen würden. Auch werde erwartet, dass die Bewertung von einer neutralen Stelle erfolge. All dies erfülle im vorliegenden Fall das Gütesiegel mit der Bewerbung "zur Einhaltung hoher Qualitätsstandards" nicht. Denn es würden nur apothekenrechtliche Selbstverständlichkeiten eingehalten, die auch jede andere Versandapotheke beachte. Die Vergabe sei an bloße Formalien geknüpft (Selbstverpflichtungserklärung, Lizenzgebühr), ohne dass eine individuelle Überprüfung erfolge. Daher werde durch die Verwendung des Slogans der Verbraucher in die Irre geführt. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. LG Düsseldorf: Urheberrechtsverletzung im Internet rechtfertigt doppelten Schadensersatz _____________________________________________________________ Das LG Düsseldorf hat in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 01.04.2009 - Az.: 12 O 277/08) noch einmal seine bisherigen Grundsätze zur rechtswidrigen Foto-Nutzung im Internet bestätigt. Der jeweilige Rechteinhaber könne gegen den Schädiger, der online unerlaubt ein Foto verwende, nicht nur den üblichen Schadensersatz geltend machen, sondern sei zudem berechtigt, bei fehlender Urheberbenennung auch einen 100% Verletzerzuschlag zu nehmen. Die Düsseldorfer Richter sprachen damit dem Kläger nicht nur 2.800,- EUR Schadensersatz zu, sondern auch noch weitere 2.800,- EUR als Verletzerzuschlag. Also insgesamt eine Summe von 5.600,- EUR. Begründung: Das Recht zur Nennung des Urhebers an seinem Bild gehöre "zu den wesentlichen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Berechtigungen, die ihren Grund in den besonderen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk haben". Erfolge eine unzulässige Übernahme und werde der Urheber nicht genannt, sei die fehlende Nennung mit einer Vertragsstrafe zu ahnden. Bereits in der Vergangenheit hatte das LG Düsseldorf (Urt. v. 19.03.2008 - Az. 12 O 416/06) identisch entschieden. Ebenso das LG München I (Urt. v. 18.09.2008 - Az.: 7 O 8506/07) in den bekannten "Getty Images"-Fällen. Siehe hierzu auch die Anmerkung von RA Dr. Kaufmann aus der MMR und unseren Law-Podcast "Doppelter Schadensersatz bei kopierten Bildern im Web". So auch das LG Köln (Urt. v. 29.11.2007 - Az. 28 O 102/07), das dem Autor eines Buches einen Schadensersatzanspruch in doppelter Höhe zugestand, weil er nicht als Verfasser genannt wurde. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. LG Frankfurt a.M.: Domain-Parking-Börse haftet nicht für fremde Rechtsverletzungen _____________________________________________________________ Das LG Frankfurt a.M. (Urt. v. 26.02.2009 - Az.: 2-3 O 384/08) hat entschieden, dass der Betreiber einer Domain-Parking-Plattform nicht für fremde Rechtsverletzungen haftet. Es sei dem Parking-Anbieter nicht möglich. sämtliche Angebote seiner Kunden vorab zu überprüfen, ob Schutzrechte Dritter verletzt würden. Eine Kontrolle könne nämlich angesichts der Komplexität der gewerblichen Schutzrechte letzten Endes nur manuell erfolgen, was den Prüfungsprozess unzumutbar mache. Eine Mitstörerhaftung komme daher nicht in Betracht, denn der Portal-Betreiber habe keine eigenen Prüfungspflichten verletzt. Erst wenn er Kenntnis von Rechtsverstößen erhalte oder es sich um eindeutige, offensichtliche Verletzungen handle, müsse er eingreifen und das konkrete Angebot sperren. Die aktuelle Entscheidung liegt auf einer Linie mit den bislang veröffentlichten Entscheidungen. Siehe dazu auch unseren Podcast "Mitstörerhaftung bei Domain-Parking-Seiten". zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 9. LG Kiel: AGB-Klausel von "klarmobil.de" zum verkürzten Widerrufsrecht im Fernabsatzrecht unzulässig _____________________________________________________________ Das LG Kiel (Urt. v. 25.03.2009 - Az.: 5 O 206/08) hat entschieden, dass der Mobilfunkanbieter "klarmobil.de" in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht verkürzen darf. Das Unternehmen verwendete in seinen AGB nachfolgende Klausel: "Das Widerrufsrecht des Kunden erlischt vorzeitig, wenn klarmobil mit ausdrücklicher Zustimmung des Kunden vor Ende der Widerspruchsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen hat oder der Kunde dies selbst veranlasst hat, z.B. unter Nutzung der klarmobil SIM-Karte die Mobilfunkdienstleistungen in Anspruch nimmt oder einen Antrag auf Rufnummernmitnahme stellt." Die Kieler Richter stuften diese Bestimmung als rechtswiidrig sein. Die Regelung verkürze in unzulässiger Weise das gesetzlich bestehende fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht. Zwar sei es möglich, dass das Fernabsatzrecht vorzeitig erlösche, dafür bedürfe es jedoch nach § 312 d Abs.3 Nr.2 BGB einer Handlung des Unternehmers. Nach den AGB verliere der Verbraucher aber sein Recht bereits dann, wenn er einen Antrag auf Mitnahme der Rufnummer stelle. Dies sei eine unzulässige Vorverlagerung. Auch die sonstige Regelung stuften die Juristen als nicht wirksam ein. Es wäre hier erforderlich gewesen, so das LG Kiel, dass das Unternehmen zwischen teilbaren und unteilbaren Leistungen differenziere. Ein pauschaler Verlust des Widerrufsrecht benachteilige den Verbraucher unangemessen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 10. LG Köln: Unbegründeter Dispute auf Domain ist Rechtsverletzung _____________________________________________________________ Das LG Köln (Urt. v. 08.05.2009 - Az.: 81 O 220/08) hat seine bisherige Rechtsauffassung noch einmal bekräftigt und einen unberechtigten Dispute-Eintrag auf eine Domain als Rechtsverletzung eingestuft. Die niedersächsische Gemeine Welle hatte auf die Domain "welle.de" einen Dispute bei der DENIC eintragen lassen, weil sie sich in ihren Namensrechten verletzt sah. Zu Unrecht wie die Kölner Richter entschieden. Die Second-Level-Domain bestehe aus einem sachbezogenen Allgemeinbegriff und sei daher nicht schutzfähig. Insbesondere werde ohne einen besonderen Hinweis bei Nennung des Wortes "Welle" nicht an die Gemeinde gedacht, da diese zu unbekannt sei. Anders als zum Beispiel in den Fällen der Städte Kiel oder Essen, die ebenfalls eine Sachbezeichnung als Namen führten. Der Dispute-Eintrag sei daher zu Unrecht erfolgt und verletze den Domain-Besitzer in seinen Rechten, da ihm ein Weiterverkauf und die damit verbundene Verpflichtung zur Domain-Übertragung nicht möglich sei. Der Dispute sei zu löschen. Das LG Köln (Urt. v. 04.08.2005 - Az.: 84 O 22/05) hatte bereits in der Vergangenheit einen Löschungsanspruch in diesen Fällen bejaht und war wenig später in der 2. Instanz auch vom OLG Köln (Urt. v. 17.03.2006 - Az.: 6 U 163/05) bestätigt worden. Siehe dazu auch unseren Law-Podcasting "Ansprüche bei unberechtigtem Dispute?". zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 11. LG Köln: Dokumentierende Online-Berichterstattung nicht von Verbotstenor umfasst _____________________________________________________________ Das LG Köln (Beschl. v. 12.05.2009 - Az.: 28 O 361/08) hat entschieden, dass ein Verstoß gegen ein Online-Äußerungsverbot dann nicht gegeben ist, wenn lediglich in dokumentierender Form eine Berichterstattung erfolgt. Dem Beklagten war in der Vergangenheit verboten worden, den Kläger, einen Rechtsanwalt, "Schweinchen" oder "Psychopath" zu nennen. Nun veröffentlichte der Beklagte auf seiner Webseite eine Liste von Gerichtsverfahren und gab dabei auch nachfolgendes an: "Aktenzeichen, Datum, Googlesuche Schweinchen Name des Anwalts Der Kläger sah darin eine Verletzung des gerichtlichen Verbots und beantragte die Verhängung eines Ordnungsgeldes. Die Kölner Richter teilten diese Ansicht nicht. Der Beklagte berichte lediglich in dokumentarischer Form über die gegen ihn laufenden Gerichtsprozesse. Der Inhalt des Gerichtsverfahrens werde nur in Stichworten wiederholt, ohne dass die Grenze der zulässigen Eigenberichterstattung überschritten werde. Ein solche Wiedergabe werde vom ursprünglichen Verbot nicht erfasst. Insbesondere würden dadurch nicht die untersagten Äußerungen wiederholt. Die Nennung geschehe hier in einem gänzlich anderen Zusammenhang. Das LG Köln wies daher den Antrag auf Verhängung eines Ordnungsmittels ab. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 12. VG Köln: Auch HanseNet bis auf weiteres von Pflicht zur Vorratdatenspeicherung befreit _____________________________________________________________ Mit einem den Beteiligten heute bekannt gegebenen Beschluss vom 20. Mai 2009 hat das Verwaltungsgericht Köln die Vollziehung einer gegen das Hamburger Telekommunikationsunternehmen HanseNet gerichteten Verfügung der Bundesnetzagentur zur sog. „Vorratsdatenspeicherung“ vorerst ausgesetzt. Mit der angegriffenen Verfügung vom 27. Januar 2009 hatte die Bundesnetzagentur HanseNet verpflichtet, die bei ihr erzeugten und verarbeiteten Verkehrsdaten sechs Monate zu speichern. Hiergegen hatte HanseNet Widerspruch bei der Behörde eingelegt. Da dieser Widerspruch aber keine aufschiebende Wirkung hat und die Anordnung damit sofort zu befolgen war, hatte HanseNet im gerichtlichen Verfahren beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen. Dieser Antrag hatte nun Erfolg. Die Richter führten zur Begründung aus, dass die Behörde es versäumt habe, vor Erlass der Anordnung ihr Ermessen auszuüben. Da die Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung sich bereits aus dem Gesetz ergebe, hätte die Behörde in ihren Ermessenserwägungen begründen müssen, weshalb sie noch eine ausdrückliche Anordnung für erforderlich hält. Seit dem 1. Januar 2009 stellen Verstöße gegen die gesetzliche Verpflichtung eine Ordnungswidrigkeit dar und können auch mit Bußgeldern geahndet werden. Zudem hätte es sich aufgedrängt, sich vor einer Anordnung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur nicht abschließend geklärten Verfassungsmäßigkeit der Vorratsdatenspeicherung auseinanderzusetzen. Schließlich enthalte der Bescheid auch keine Ermessenserwägungen zu eventuell durch die Anordnung verursachten Wettbewerbsverzerrungen. Diese könnten sich daraus ergeben, dass konkurrierende Telekommunikationsunternehmen auf-grund von Eilentscheidungen des Verwaltungsgerichts Berlin vorläufig nicht zur Vorratsdatenspeicherung gezwungen werden können. Das Gericht hatte sich damit nicht mit der grundsätzlichen Frage zu befassen, ob die Vorratsdatenspeicherung als solche rechtmäßig ist. Diese Frage ist gegenwärtig Gegenstand von Verfahren beim Bundesverfassungsgericht. Anders als in den zuvor vom Verwaltungsgericht Berlin entschiedenen Fällen ging es auch nicht darum zu beurteilen, ob es verfassungsgemäß ist, dass die Telekommunikationsunternehmen nach dem Gesetz verpflichtet sind, die technischen Einrichtungen für die Vorratsdatenspeicherung ohne finanzielle Entschädigung bereitzustellen. Gegen den Beschluss kann binnen zwei Wochen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster eingelegt werden. 21 L 234/09
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