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Der Kläger wehrte sich gegen Prämienerhöhungen seiner privaten Krankenversicherung und verlangte Auskunft über die Beitragsanpassungen in der Vergangenheit.
Die verklagte Versicherung wandte ein, dass das Begehren rechtsmissbräuchlich sei, da das eigentliche Begehren kein DSGVO-Grund sei.
Das OLG Celle folgte dieser Ansicht nicht und erklärte das Auskunftsbegehren als begründet:
Unmaßgeblich ist auch die Motivationslage des Klägers, weil die Verordnung den Auskunftsanspruch nicht von einer bestimmten Zielsetzung des Anspruchsinhabers abhängig macht und dementsprechend der Antrag auf Auskunftserteilung auch nicht begründet werden muss (vgl. BGH, EuGH-Vorlage vom 29. März 2022 - VI ZR 1352/20; OLG Köln, Urteil vom 13. Mai 2022 - 20 U 198/21; juris Simitis/Hornung/Spiecker, DS-GVO mit BDSG, Art. 15 DS-GVO, Rn. 11; Schmidt-Wudy in: BeckOK Datenschutzrecht, Stand: 01.08.2022; DS-GVO Art. 15, Rn. 85)."
Mit seiner Entscheidung hat der Senat die Berufung der das Gewehr veräußernden Haenel GmbH gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf (Urteil vom 16.11.2021, Az. 4a O 68/20) zurückgewiesen.
Die beklagte Haenel GmbH produziert und vertreibt ein Gewehr mit der Bezeichnung "Haenel CR 223" (angegriffene Ausführungsform), die Klägerin Heckler & Koch GmbH ist Inhaberin des Europäischen Patents EP 2 018 508 B1 (Klagepatent). Das Patent hat die Ausgestaltung eines Waffenverschlusssystems zum Gegenstand, durch das die Funktionsfähigkeit und Sicherheit eines Gewehrs auch nach Eintauchen in Flüssigkeiten – insbesondere Wasser – sichergestellt werden soll.
Der Senat hat eine Verletzung dieses Klagepatents durch die im Gewehr "Haenel CR 223" genutzte Konstruktion bestätigt. Das Verschlusssystem verfüge über "ventilfreie Fluid-Durchtritts-Öffnung(en)" im Sinne der mit dem Klagepatent geschützten Konstruktionsweise, durch welche der Abfluss von Flüssigkeiten aus dem Waffenverschlusssystem und somit die Funktionsfähigkeit und Sicherheit des Gewehrs nach einem Flüssigkeitskontakt gewährleistet seien.
Aufgrund der im Urteil festgestellten Patentrechtsverletzung ist die Haenel GmbH neben dem Herstellungs- und Vertriebsverbot für das Gewehr "Haenel CR 223" zudem verpflichtet, alle noch in ihrem Besitz befindlichen Gewehre zu vernichten, ihre gewerblichen Kunden gegen eine Entschädigungszahlung zur Rückgabe bereits gelieferter Gewehre aufzufordern und der Klägerin Auskunft über den mit dem bisherigen Verkauf der Gewehre erzielten Gewinn zu erteilen. Auf Basis dieser Auskunft kann die Klägerin dann Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte geltend machen.
Das dem Rechtsstreit zugrundeliegende Klagepatent EP 2 018 508 B1 ist in der von der Klägerin in diesem Verfahren geltend gemachten Fassung mit erstinstanzlichem Urteil des Bundespatentgerichts vom 30.09.2022 (Az. 7 Ni 29/20 (EP)) für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland aufrechterhalten worden. Eine Veranlassung zur Aussetzung des hiesigen Rechtsstreits nur aufgrund eines möglichen Berufungsverfahrens über den Bestand des Patents bestand daher nach Auffassung des Senats nicht.
Mangels Vorliegen der Voraussetzungen hat der Senat die Revision zum Bundesgerichtshof gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Die Beklagte kann gegen das Urteil daher nur das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf v. 30.12.2022
Vodafone warb in einem mehrseitigen Werbeflyer für ein Mobilfunk-Angebot. An verschiedenen Angaben zum monatlichen Preis und zum Leistungsumfang des Tarifs befand sich die hochgestellte Zahl "1“, die gemeinsam mit weiteren Fußnoten auf einer Seite des Flyers aufgelöst wurde. Zur Fußnote 1 fanden sich unter anderem die Hinweise zur Mindestlaufzeit des Vertrages, einem einmaligen Anschlusspreis und zum Leistungsumfang.
Dies bewertete das LG Düsseldorf als nicht ausreichend transparent und somit als rechtswidrig:
Diese wesentlichen Informationen hat die Beklagte dem Verbraucher in ihrem Werbeflyer vorenthalten. (...)"
Dies geschieht aber lediglich in dem die Fußnotenhinweise auflösenden Text. Dieser Text ist aufgrund seiner Gestaltung nicht zur Bereitstellung der Informationen geeignet, weil er nicht lesbar ist. (...)
Dies beachtend ist der für die Annahme einer leichten und damit klaren und verständlichen Zugänglichkeit der Informationen zu fordernde Grad an Lesbarkeit der Hinweistexte nicht gegeben.
Das Layout der Hinweistexte zeichnet sich durch die Wahl einer sehr kleinen Schriftgröße von 3 Punkt, einer sehr großen Zeilenlänge (über die gesamte Zeile hinweg) und einer fehlenden äußeren Untergliederung aus. Die insgesamt 1.530 Wörter (oder 9.270 Zeichen ohne Leerzeichen) umfassenden Hinweistexte bestehen aus nur einem Absatz.
Er tritt dem Leser als ein „Block“ entgegen, innerhalb dessen anhand einzelner durch Fettdruck hervorgehobener Angaben räumlich nur eine grobe Orientierung möglich ist. Das erschwert zum einen die Auffindbarkeit einzelner Informationen, und zum anderen die Lektüre des Textes selbst. Beeinträchtigt wird die Lesbarkeit außer durch die sehr kleine Schriftgröße und die übergroße Zeilenlänge außerdem durch die farbliche Gestaltung, nämlich den kontrastarmen Druck des in einem Grauton gehaltenen Textes auf einem leicht glänzenden Untergrund.
Alle diese Umstände erschweren bereits für sich genommen und erst Recht in ihrem Zusammenwirken in ungewöhnlich starkem Maße die Lesbarkeit des Textes und damit die Zugänglichkeit der durch ihn zu vermittelnden Informationen. Zwar ist auf der anderen Seite zu vermerken, dass den Hinweistexten eine eigene Seite des Werbeflyers gewidmet ist, so dass sie in den insgesamt sechs Seiten nicht untergehen werden, sondern (in ihrer Gesamtheit) gut aufgefunden werden können. Das ändert aber nichts daran, dass sich ihr Inhalt sodann nicht auf zumutbare Weise erschließen lässt, was auf die geschilderte Gestaltung zurückzuführen ist."
Der Kläger war User bei der Online-Plattform Facebook und verlangte wegen Datenschutzverstößen eine Geldentschädigung. Es ging dabei um die öffentlich zugänglich Daten des Klägers, die Dritte von den Facebook-Seiten abgreifen und konzentriert sammeln konnten (sog. Scraping).
Das LG Essen wies die Klage ab.
Zum einen fehle es bereits an einem Datenschutzverstoß:
(...)... hat die Beklagte gegen ihre Verpflichtung, die Sicherheit der Datenverarbeitung zu gewährleisten, nicht verstoßen. Insbesondere war die Beklagte nicht verpflichtet, Schutzmaßnahmen zu treffen, um die Erhebung der immer öffentlich zugänglichen Informationen des Profils des Klägers aufgrund seiner selbst gewählten Einstellung zu verhindern.
Diese lautete, dass ihn alle („everyone“) über seine Telefonnummer („by phone number“) finden können. Diese Einstellung beinhaltet dann aber auch das Finden des Klägers durch Dritte über seine Mobilfunknummer, die Dritte etwaig auch unter Zuhilfenahme elektronischer Möglichkeiten zufällig erzeugt haben und so einen Abgleich von in den Kontaktimporter der Plattform von F. hochgeladenen und etwaig generierten Telefonnummern mit der mit dem dort eingerichteten Konto des Klägers verknüpften Telefonnummer vornehmen. Denn auch Dritte fallen unter den Begriff "everyone".
Unstreitig sind die Daten des Klägers von Dritten gescrapt, mithin verarbeitet worden i.S.d. Art. 4 Nr. 2 DSGVO.
Allerdings war die Beklagte nicht verpflichtet, diese Daten vor der Verarbeitung durch die Scraper zu schützen, da die Daten nicht unbefugt bzw. unrechtmäßig verarbeitet worden sind. Es handelt sich bei den unstreitig gescrapten personenbezogenen Daten des Klägers, nämlich seinen Namen, sein Geschlecht und seinen Benutzernamen, um Daten, die für jedermann ohne Zugangskontrolle oder Überwindung technischer Zugangsbeschränkungen wie Logins oder ähnliches abrufbar sind, was dem Kläger bereits durch die Anmeldung bekannt war. Die Erhebung dieser Daten als solche erfolgte daher nicht unbefugt bzw. unrechtmäßig. Diese Verarbeitung in Form des Scrapens erfolgt auch durch Dritte und nicht durch die Beklagte."
Allein eine Verletzung des Datenschutzrechts als solche – die die Kammer nicht festzustellen vermochte – begründet allerdings nicht bereits für sich gesehen einen Schadensersatzanspruch für betroffene Personen. Die Verletzungshandlung muss in jedem Fall auch zu einer konkreten, nicht nur völlig unbedeutenden oder empfundenen Verletzung von Persönlichkeitsrechten der betroffenen Personen geführt haben (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 04.09.2020 – 324 S 9/19). Verletzung und Schaden sind nicht gleichzusetzen. Es ist zwar eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts nicht (mehr) erforderlich.
Andererseits ist auch weiterhin nicht für einen Bagatellverstoß ohne ernsthafte Beeinträchtigung bzw. für jede bloß individuelle empfundene Unannehmlichkeit ein Schmerzensgeld zu gewähren; vielmehr muss dem Betroffenen ein spürbarer Nachteil entstanden sein und es muss um eine objektiv nachvollziehbare, mit gewissem Gewicht erfolgte Beeinträchtigung von persönlichkeitsbezogenen Belangen gehen (vgl. LG Landshut, Urteil vom 06.11.2020 – 51 O 513/20)."
Seit dem Scraping-Vorfall 2019 und Veröffentlichung im April 2021 auf der eingangs benannten Seite sei es zu einem Anstieg von SMS und Mails gekommen. Zugleich hat er aber im Rahmen seiner Anhörung gemäß § 141 ZPO bekundet, seit Entdeckung des Scraping-Vorfalls im April 2021 nichts an seinen Profileinstellungen bei F. geändert zu haben. Schon dieser Umstand lässt die Angabe, Furcht vor einem Kontrollverlust über seine Daten zu haben, unplausibel erscheinen.
Unabhängig davon genügt aber selbst die Annahme nicht, dass der Kläger unter einer Furcht vor einem Kontrollverlust leidet, um einen Schaden im Sinne der DSGVO zu bejahen. Der Kläger spricht lediglich allgemein von unerwünschten bzw. dem unerwünschten erhöhten Anfall von E-Mails und Nachrichten. Unerwünschte E-Mails und Anrufe erhalten gerichtsbekannt aber auch Personen, die keinen F.-Account haben und dort ihre Telefonnummer hinterlegt haben."
Inhaltlich ging es um eine unerlaubte Foto-Nutzung im Rahmen eines eBay-Verkaufsangebots.
Nach einer außergerichtlichen Abmahnung hatte der Beklagte das beanstandete Angebot auf eBay beendet und zudem eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.
Das Angebot war jedoch weiterhin online abrufbar, sodass der Kläger eine Vertragsstrafe geltend machte.
Der Beklagte wandte ein, dass der BGH Mitte 2021 entschieden habe, dass die bloße Erreichbarkeit von urheberrechtlich geschützten Inhalten über eine 70-Zeichen-URL für die Annahme einer Urheberrechtsverletzung nicht ausreiche, vgl. unsere Kanzlei-News v. 02.09.2021.
Dieser Rechtsansicht erteilte das LG Köln eine klare Absage und ging von einer Rechtsverletzung aus:
Auch bedurfte es – wie aufgezeigt – nicht der Eingabe einer 70 Zeichen langen URL, um die Fotos aufzurufen, sondern diese waren über die interne Suchfunktion bei (...) auffindbar. Die vom Beklagten angeführten Grundsätze aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Lautsprecherfoto“ (BGH, GRUR 2021, 1286) vermögen bereits aus diesem Grund keine Anwendung zu finden. Denn es ist vorliegend gerade nicht erfahrungswidrig, dass außer dem Kläger noch „recht viele“ andere Personen bei Eingabe der entsprechenden Suchbegriffe auf (...) der streitgegenständlichen Fotografien ansichtig werden.
Damit waren die Fotos nicht faktisch lediglich für die Personen auffindbar, die sich die URL vorher abgespeichert oder sonst in irgendeiner Form kopiert oder notiert oder die Adresse von Dritten erhalten hatten. Vielmehr konnte eine thematische Suche die Bilder noch auffindbar machen (vgl. dazu OLG Köln, Urteil vom 01.10.2021, 6 U 141/20 – Pixelio).
Der Beklagte hat schuldhaft – jedenfalls fahrlässig – im Sinne von § 276 BGB gegen die vertragliche Unterlassungspflicht verstoßen, indem er nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Fotos auch über eine thematische Suche auf F nicht mehr aufgefunden werden konnten."
Der Antragsteller ist seit mehreren Jahren als Professor an einer Hochschule tätig. Nach Feststellung einer Erkrankung geht er nur noch in beschränktem Umfang seinen dienstlichen Aufgaben nach. Die Hochschule verbot ihm mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte und des Betreten der Diensträume der Hochschule.
Zur Begründung führte sie aus, dass er sich seit mehreren Monaten in zunehmend verbal-aggressiver Weise gegenüber Kollegen und Vorgesetzten äußere, so dass eine Gefährdung des ordnungsgemäßen Dienstbetriebs entstanden sei.
Der Antragsteller beantragte daraufhin einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz. Er machte im Wesentlichen geltend, die Vorwürfe beruhten überwiegend auf unspezifischen, aus der Luft gegriffenen Behauptungen. Gegenüber den Studierenden sei es in keinem Fall zu verbalen Entgleisungen gekommen.
Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag ab.
Die Hochschule habe dem Antragsteller die Führung der Dienstgeschäfte vorläufig verbieten dürfen. Das Verbot sei durch zwingende dienstliche Gründe zur dienstrechtlichen Gefahrenabwehr gerechtfertigt.
Wegen der zahlreichen herablassenden und aggressiven Äußerungen im Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten, die durch zahlreiche E-Mails belegt seien, sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Antragsteller in der Hochschule nicht mehr möglich.
Auch wenn unklar sei, ob sein Verhalten auf einer Erkrankung beruhe, müsse bis zu einer Klärung dieser Frage eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Hochschulbetriebs verhindert und die Kollegen vor weiteren Angriffen des Hochschullehrers geschützt werden.
Es bestehe zudem die Sorge, dass der Antragsteller seine unzumutbaren Äußerungen auf den Kreis der Studenten ausweiten werde. Ein milderes, aber gleich wirksames Mittel sei nicht ersichtlich.
(Verwaltungsgericht Mainz, Beschluss vom 20. Dezember 2022, 4 L 681/22.MZ)
Quelle: Pressemitteilung des VG Wiesbaden v. 28.12.2022
Der Kläger war Eigentümer eines Grundstücks und wehrte sich gegen die Weitergabe seiner Daten durch das behördliche Katasteramt an einen Dritten, der geltend gemachte hatte, die Immobilie erwerben zu wollen und daher die Adresse des Inhabers benötige.
Der Kläger hielt einen solchen Grund für nicht ausreichend, um seine personenbezogenen Daten ohne Einwilligung an einen Dritten weiterzugeben und klagte daher auf Unterlassung.
Zu Unrecht, wie nun das VG Minden urteilte.
Das Handeln der Behörde sei rechtmäßig.
Im Rahmen dieser gesetzlichen Grundlage handelte der Beklagte. Der Zeuge (...) hat mit der Kundgabe seines ernsthaften Kaufinteresses in Bezug auf das Grundstück des Klägers ein "berechtigtes Interesse" (...) dargelegt. Dies steht in tatsächlicher Hinsicht zur vollen Überzeugung des Gerichts nach durchgeführter Beweisaufnahme fest. Alle vernommenen Zeugen bekundeten übereinstimmend, dass der Zeuge (...) mehrere Auskunftsersuchen stellte und dass man sich fernmündlich vor der ersten Auskunftserteilung von seinen ernsthaften Kaufabsichten vergewisserte."
Ein Verstoß gegen die Verordnung (...) DSGVO (...) liegt nicht vor. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. e) DSGVO i. V. m. § 5 Abs. 8 Satz 1 LDSG NRW ist die Verarbeitung von Daten, zu der gemäß Art. 4 Nr. 2 DSGVO auch die Übermittlung gehört, ohne Einwilligung des Betroffenen rechtmäßig, wenn diese für die Wahrnehmung einer dem Verantwortlichen übertragenen Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt.
Die Wahrnehmung der Aufgabe im öffentlichen Interesse muss dem Übermittelnden - hier dem Beklagten - durch das Recht des Mitgliedstaats übertragen worden sein, was vorliegend mittels § 14 Abs. 2 Satz 1 VermKatG NRW geschehen ist, wogegen wiederum- wie oben festgestellt - nicht verstoßen worden ist.
Das Bundesdatenschutzgesetz (im Folgenden: BDSG) findet vorliegend keine Anwendung, denn die Auskunftserteilung nach § 14 VermKatG NRW erfolgt nicht in Ausführung von Bundesrecht, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG."
Die Ausgestaltung des Cookie-Banners war wie folgt: Auf der Startseite erschienen die Auswahl "Akzeptieren" und "Einstellungen". Bei Anklicken des Buttons "Akzeptieren" willigte der User in die umfangreiche Datenverarbeitung und Datenanalyse durch Drittunternehmen ein.
Bei Aufruf von "Einstellungen" war dem Nutzer hingegen eine individuelle Einstellung für mehr als 100 Drittanbieter möglich. Zudem waren die Schaltflächen "Alle akzeptieren“ und "Auswahl speichern“ waren optisch hervorgehoben. Die Möglichkeit "alle ablehnen“ hingegen war in blasser Schrift in der rechten oberen Ecke des Fensters platziert.
Das LG München I ging bei dieser Ausgestaltung von keiner wirksamen Einwilligung des Surfers aus und bewertete das Cookie-Banner daher als rechtswidrig.
Es fehle an einer informierten und freiwilligen Erklärung, so die Richter:
So kann auf der ersten Seite der CMP (...) lediglich die Einwilligung in vollem Umfang erteilt oder durch Betätigung der Schaltfläche „Einstellungen“ eine gesonderte Auswahl getroffen werden. Dabei ist die Schaltfläche .Akzeptieren“ nochmals durch die blaue Markierung besonders in den Vordergrund gerückt, so dass für den Nutzer offensichtlich ist, dass deren Betätigung die schnellste Möglichkeit darstellt, die Webseite zu nutzen.
Bereits der Umstand, dass ein Besucher die Webseite der Beklagten nicht ohne weitere Interaktion mit der CMP nutzen kann, spricht gegen eine freiwillige Entscheidung.
Zudem ist auf der ersten Ebene der CMP allein aus dem Fließtext ersichtlich, dass die Einwilligung auch abgelehnt werden kann. Ob eine Ablehnung mit Nachteilen oder Mehraufwand verbunden ist, kann der Nutzer dagegen nicht erkennen."
Zwar erscheint der damit beschriebene Aufwand als verhältnismäßig gering. Gleichwohl ist ein solcher zusätzlicher Aufwand angesichts der im Internet gerade üblichen Schnelligkeit und geringen Aufmerksamkeit der Nutzer nicht unerheblich. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass auf der zweiten Ebene der CMP die Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten zu einer weiteren Erschwerung der Einwilligungsverweigerung führt.
Denn auch hier wird wiederum die Schaltfläche „Alle Akzeptieren“ sowohl aufgrund der farblichen Gestaltung als auch durch ihre Positionierung und Größe nochmals hervorgehoben, während die Schaltfläche „alle ablehnen“ in Größe und Gestaltung dagegen unauffällig gehalten ist. Eine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung der Wahlmöglichkeiten „Einwilligung erteilen“ und „Einwilligung verweigern“ ist weder vorgetragen noch ersichtlich."
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Gegenstand des Verfahrens
Der SWR wurde Ende März von 16 Presseverlagshäusern aus dem Südwesten Deutschlands abgemahnt und aufgefordert, die Verbreitung der App zu unterlassen, da die Verlage der Auffassung waren, die App verstoße gegen den Medienstaatsvertrag. Da der SWR dem nicht nachkam, beantragten die Verlage eine einstweilige Verfügung zunächst beim Landgericht Freiburg, das das Verfahren jedoch wegen örtlicher Unzuständigkeit an das Landgericht Stuttgart verwies.
Die Verfügungskläger begehren mit der Verfügungsklage, es dem SWR zu untersagen, die App NEWSZONE in ihrer ursprünglichen Form – Stand 14. April 2022 – zu verbreiten bzw. öffentlich zugänglich zu machen. Die Verfügungsbeklagte begehe Rechtsbruch, indem sie mit der App ein nach dem Medienstaatsvertrag („MStV“) unzulässiges Telemedienangebot anbiete. Den Verfügungsklägern stehe daher ein Unterlassungsanspruch nach §§ 3a, 8 UWG i.V.m. §§ 30, 32 MStV zu.
Die App sei ein selbständiges Telemedienangebot des SWR und damit genehmigungspflichtig im Sinne des § 32 MStV. Eine Genehmigung liege jedoch nicht vor. Darüber hinaus sei sie jedenfalls in der angegriffenen Fassung vom 14. April 2022 aufgrund der in größerem Umfang enthaltenen Textberichterstattung, die nicht zugleich im Hörfunk- und Fernsehangebot des SWR enthalten war, presseähnlich und damit gemäß § 30 Abs. 7 MStV unzulässig.
Öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist es nach § 30 Abs. 7 MStV untersagt, presseähnliche Erzeugnisse anzubieten und so in den Markt privater Verlage einzugreifen.
Ferner begehren die Verfügungskläger, es dem SWR zu untersagen, die App mit den Aussagen „keine Werbung“ und/oder „kein Abo“ und/oder „keine Abo-Fallen und keine versteckten Kosten“ zu bewerben. Diese Aussagen seien irreführend und damit wettbewerbswidrig. Denn sie seien zwar inhaltlich richtig, allerdings handele es sich dabei um Selbstverständlichkeiten, die zum Wesen durch den Rundfunkbeitrag finanzierter Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehörten. Damit werde indirekt der falsche Eindruck erweckt, das beworbene Angebot sei anderen Produkten oder Leistungen überlegen. Dieser Unterlassungsanspruch wird auf §§ 5, 8 UWG gestützt.
Die Verfügungsbeklagte hält die Verfügungsklage bereits für unzulässig, da § 30 Abs. 7 MStV zunächst ein Schlichtungsverfahren vorsehe, das vor Antragstellung nicht durchgeführt worden sei. Sie beruft sich zudem darauf, die App sei nicht gesondert nach § 32 MStV genehmigungspflichtig, da sie eine bloße unselbständige Ausspielungsform des genehmigten Telemedienkonzepts des SWR sei. Sie gebe lediglich die Inhalte von DASDING.de wieder. Überdies sei sie auch nicht presseähnlich. Jeder Beitrag könne bequem per Kopfhörer-Symbol als abrufbarer Audio-Beitrag hörbar gemacht werden.
Zwischenzeitlich hat die Beklagte mehrere strafbewehrte Unterlassungserklärungen in Bezug auf bestimmte Beiträge in der App abgegeben. Die App wird weiterhin angeboten.
Wesentliche Erwägungen der Kammer
Nach § 30 Abs. 7 S. 6 MStV soll zwar von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und den Spitzenverbänden der Presse für die Überwachung der Presseähnlichkeit von Angeboten des öffentliche-rechtlichen Rundfunks eine Schlichtungsstelle eingerichtet werden. Dies sei auch erfolgt. Ein gesetzlicher Zwang zur Anrufung der Schlichtungsstelle vor Klageerhebung sei jedoch nicht vorgesehen.
Die Kammer hat sich aufgrund des beschränkten Verfügungsantrags lediglich mit der am 14. April 2022 bestehenden Ausgestaltung der App NEWSZONE befasst, nicht mit mittlerweile möglicherweise geänderten Ausgestaltungen der App.
Die 53. Zivilkammer hat der Verfügungsklage in der Sache teilweise stattgegeben. Das Angebot der App NEWSZONE in der angegriffenen Ausgestaltung vom 14. April 2022 verstoße gegen §§ 30, 32 MStV und sei daher wettbewerbswidrig i.S.d. § 3a UWG, weshalb den Verfügungsklägern ein Unterlassungsanspruch gem. § 8 UWG zustehe.
Die Kammer erachtet die App in der angegriffenen Form nicht als unselbständige Ausspielungsform des übergeordneten Telemedienkonzepts DASDING.de. Sie sei damit einem Genehmigungsverfahren gemäß § 32 MStV zu unterziehen. Ein solches habe jedoch nicht stattgefunden. Die App greife zwar auf Inhalte des Onlineauftritts DASDING.de zu. Dies allein führe jedoch nicht dazu, dass die App nur eine unselbstständige Ausspielungsform des bestehenden Telemedienangebots sei.
Anderenfalls könnten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Inhalte einer gesonderten Prüfung dadurch entziehen, dass sie sich allgemein im übergeordneten, vielfältigen Gesamttelemedienangebot einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt befänden. Auch eine Verlinkung innerhalb der App auf das Gesamtangebot vermöge den eigenständigen Charakter der App nicht entscheidend zu verändern.
In der Nachrichten-App liege vielmehr eine grundlegende thematisch-inhaltliche Änderung im Vergleich zu dem genehmigten Telemedienangebot DASDING.de. Dies wird bereits dadurch deutlich, dass die Verfügungsbeklagte eine eigene DASDING-App anbietet. Demgegenüber verändere die App NEWSZONE die Angebotsmischung im Vergleich zum Telemedienangebot DASDING.de substanziell.
Ungeachtet der fehlenden Genehmigung sei die App darüber hinaus in der angegriffenen Form vom 14. April 2022 presseähnlich und damit gemäß § 30 Abs. 7 MStV unzulässig. Die Kammer geht dabei zunächst mit der bisherigen Rechtsprechung zur Vorgängerregelung von der Verfassungsmäßigkeit des § 30 Abs. 7 MStV aus. Diese könne im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht vertieft geprüft werden.
Nach den von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätzen dürften Telemedienangebote von öffentlich-rechtlichen Sendern nicht durch stehende Texte und Bilder geprägt sein, sondern müssten ihren Schwerpunkt in einer hörfunk- oder fernsehähnlichen Gestaltung oder einer entsprechenden Kombination haben.
Für die Prüfung der Presseähnlichkeit sei die Gesamtheit der nichtsendungsbezogenen Beiträge der App NEWSZONE maßgeblich. Die Presseähnlichkeit ergebe sich bereits daraus, dass die Verfügungsbeklagte zwischenzeitlich für die eine dreistellige Anzahl von Beiträgen (und damit für den überwiegenden Teil) gegenüber den Verfügungsklägern strafbewehrte Unterlassungserklärungen abgegeben habe.
Dies belege den Schwerpunkt des Angebots in quantitativer Hinsicht. Qualitativ seien die nichtsendungsbezogenen Beiträge der App von stehenden Texten und Bildern dominiert. Die Einbindung von interaktiven Gestaltungsmöglichkeiten genüge nicht zur Beseitigung der Presseähnlichkeit. Die Funktion der Vorlesbarkeit sowie die Beteiligung der Nutzer über Emoji- und Abstimmungsbuttons stellten lediglich technische Zusatzfunktionen dar. Das Verbot presseähnlicher Angebote dürfe nicht durch die Einbettung der presseähnlichen Beiträge in eine unterhaltsame Peripherie umgangen werden.
Die Werbeaussagen seien indes nicht wettbewerbswidrig. Eine unzulässige irreführende Werbung liege nicht vor.
Eine solche sei zwar nach § 5 Abs. 1 UWG auch möglich, wenn Werbeaussagen objektiv den Tatsachen entsprechen aber mit Selbstverständlichkeiten geworben werde, die zwingend gesetzlich vorgeschrieben sind oder zum Wesen der angebotenen Ware oder Leistung gehören. Damit könne indirekt der falsche Eindruck erweckt werden, das beworbene Angebot sei anderen Produkten oder Leistungen überlegen.
Eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten sei jedoch nach den Grundsätzen der Rechtsprechung nicht irreführend, wenn der Verkehr diesen Umstand erkenne. Dies sei vorliegend deswegen der Fall, da die Verfügungsbeklagte auf die Finanzierung durch den Rundfunkbeitrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in ausreichender Form hinweise.
Überdies hätten die Verfügungskläger eine maßgebliche Irreführungsquote nicht dargelegt oder glaubhaft gemacht. Schließlich beruhe die Werbe- und Kostenfreiheit der App NEWSZONE zwar auf gesetzlichen Vorgaben des Medienstaatsvertrags. Dies stelle jedoch – anders als in den Fällen der unzulässigen Werbung mit Selbstverständlichkeiten – einen tatsächlichen Vorteil gegenüber anderen privaten Angeboten dar. Mit diesem dürfe auch geworben werden.
Quelle: Pressemitteilung des LG Stuttgart v. 21.10.2022
Der Gesamtbetriebsrat eines Großunternehmens stritt mit dem Arbeitgeber über den Umfang der Mitbestimmungsrechte. Projekte wurden in agiler Gruppenarbeit in Form der Zusammenarbeit von mehr als zwei Beschäftigten unter Einsatz eines Scrum-Masters und eines Product-Owner durchgeführt.
Der Betriebsrat sah nun einen grundsätzlichen Anspruch auf Mitbestimmung, dies lehnte das Gericht ab.
Häufig würden agile Arbeitsmethoden nicht 100-prozentig umgesetzt, sondern agile Elemente würden mit klassischen Arbeitsmethoden vermischt. Dies könne bereits gegen die notwendige Eigenverantwortlichkeit sprechen. Würden den Mitarbeitern der Gruppe z. B. feste Rollen zugewiesen, sodass es gerade nicht der Arbeitsgruppe selbst überlassen bleibe, die Arbeitsschritte unter den einzelnen Gruppenmitgliedern aufzuteilen, sei die Annahme einer Gruppenarbeit im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG fernliegend (...).
Nicht alle Erscheinungsformen, die gemeinhin als Gruppenarbeit bezeichnet werden (Arbeitsteams, Projektgruppen) fielen unter den Tatbestand dieser Norm, so dass jeweils im Einzelfall genau zu prüfen sei, ob der Mitbestimmungstatbestand tatsächlich ausgelöst werde (...)."
Der Auffassung, dass auch beim agilen Arbeiten in jedem Einzelfall zu untersuchen ist, ob die betreffende Gruppe Gruppenarbeit im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG ausübt, ist zuzustimmen. Die Definition des Gesetzgebers in den §§ 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG ist rein inhaltlicher Natur. Daher kann eine äußere Bezeichnung wie z. B. „agiles Arbeiten“ oder „Scrum-Team“ nichts darüber aussagen, ob die oben dargelegten Voraussetzungen für die Annahme von teilautonomer Gruppenarbeit vorliegen oder nicht.
Allenfalls kann die Bezeichnung der Gruppenarbeit ein Indiz dafür sein, wie die Zielsetzung für den Einsatz der Gruppe und deren Verknüpfung zur Gesamtorganisation sein soll."
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Newsletter
vom 04.01.2023
Betreff:
Rechts-Newsletter 1. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr
1. OLG Celle: Mit DSGVO-Auskunftsanspruch dürfen auch datenschutzfremde Zwecke verfolgt werden
2. OLG Düsseldorf: Patente von Heckler & Koch durch Sturmgewehr des Mitbewerbers verletzt
3. LG Düsseldorf: Auch in Werbeflyern müssen Preise und Tarifbedingungen ausreichend transparent dargestellt werden
4. LG Essen: Kein DSGVO-Schadensersatz-Anspruch gegen Facebook wegen Daten-Scraping durch Dritte
5. LG Köln: Bloße Erreichbarkeit einer URL reicht für Urheberrechtsverletzung weiterhin in bestimmten Fällen aus
6. VG Mainz: Universität darf pöbelnden Professor vom Hochschulbetrieb ausschließen
7. VG Minden: Auch nach DSGVO-Inkrafttreten genügt Kaufinteresse für Weitergabe von Grundstücksdaten aus
8. LG München I: Eingesetzter Cookie-Banner auf Focus.de rechtswidrig
9. LG Stuttgart: Nachrichten-App des SWR teilweise rechtswidrig
10. ArbG Bonn: Bei agilem Arbeiten (Scrum) hat Betriebsrat nicht generellen Anspruch auf Mitbestimmung
Die einzelnen News:
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1. OLG Celle: Mit DSGVO-Auskunftsanspruch dürfen auch datenschutzfremde Zwecke verfolgt werden
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Mit einem DSGVO-Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO dürfen auch datenschutzfremde Ziele (hier: Auskunft über Prämienerhöhungen bei privater Krankenversicherung) verfolgt werden. Eine solche Absicht führt nicht zu einem Rechtsmissbrauch (OLG Celle, Urt. v. 15.12.2022 - Az.: 8 U 165/22).
"Bei dem Auskunftsantrag des Klägers handelt es sich auch nicht um einen offenkundig unbegründeten oder exzessiven Antrag im Sinne von Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DS-GVO. In der Verordnung findet sich als Regelbeispiel für die Annahme eines exzessiven Antrags der Fall von häufiger Wiederholung. Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein, weil der Kläger mit seiner Klage die erstmalige Erteilung einer Kopie der maßgeblichen Unterlagen begehrt.
Das OLG Celle hebt damit die Vorinstanz des LG Stade auf, die noch von einem unbegründeten Auskunftsanspruch ausgegangen war.
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2. OLG Düsseldorf: Patente von Heckler & Koch durch Sturmgewehr des Mitbewerbers verletzt
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Das Gewehr "Haenel CR 223" verletzt Patentrechte der Heckler & Koch GmbH und darf aufgrund des heutigen Urteils des 15. Zivilsenats unter Leitung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Ulrike Voß derzeit in Deutschland weder hergestellt noch vertrieben werden.
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3. LG Düsseldorf: Auch in Werbeflyern müssen Preise und Tarifbedingungen ausreichend transparent dargestellt werden
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Werden in einem Werbeflyer die Preise und die Tarifbedingungen für einen Mobilfunk-Anschluss beworben, müssen diese ausreichend transparent dargestellt werden. Es genügt nicht, wenn diese lediglich in einer kleinen Fußnote erwähnt werden (LG Düsseldorf, Urt. v. 26.08.2022 - Az.: 38 O 41/22).
"Nach § 5a Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält, die dieser nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. (...)
Und weiter:
"Eine solche (...) gebotene Bereitstellung der wesentlichen Informationen in leicht zugänglicher Form ist in dem Werbeflyer unterblieben. In ihm werden zwar alle diese Informationen genannt.
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4. LG Essen: Kein DSGVO-Schadensersatz-Anspruch gegen Facebook wegen Daten-Scraping durch Dritte
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Greifen Dritte umfangreich öffentlich zugängliche Daten von Facebook (sog. Scraping), so hat ein betroffener User gegen Facebook keinen Anspruch auf DSGVO-Schadensersatz, da weder eine Datenschutzverletzung noch eine ersatzfähige Beeinträchtigung vorliegt (LG Essen, Urt. v. 10.11.2022 - Az.: 6 O 111/22).
"Ebenso wenig hat die Beklagte gegen ihre Pflicht, die personenbezogenen Daten der Nutzer, inklusive der des Klägers, ausreichend gemäß Art 32 DSGVO zu schützen, verstoßen.
Ferner liege auch kein gar ersatzfähiger Schaden vor:
"Unabhängig davon fehlt es an einem ersatzfähigen Schaden des Klägers im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO. (...)
Und weiter:
"Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger schon keine spürbare Beeinträchtigung – hervorgerufen durch Datenverlust – von persönlichen Belangen dargelegt. Der Kläger trägt vor, einen erheblichen Kontrollverlust über seine Daten erlitten und Sorge vor Missbrauch seiner Daten zu haben.
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5. LG Köln: Bloße Erreichbarkeit einer URL reicht für Urheberrechtsverletzung weiterhin in bestimmten Fällen aus
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Auch wenn der BGH entschieden hat, dass die bloße Erreichbarkeit einer 70-Zeichen-URL für eine Urheberrechtsverletzung nicht ausreicht, kann abweichend davon in bestimmten Fällen gleichwohl von einem Rechtsverstoß ausgegangen wird. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn das ursprüngliche Angebot weiterhin über eine Suchfunktion der Online-Verkaufsplattform auffindbar ist (LG Köln, Urt. v. 24.11.2022 Az.: 14 O 404/21).
"Der Kammer ist aus einer Vielzahl gleichgelagerter Verfahren bekannt, dass die Beendigung eines Verkaufsangebotes bei (...) mitnichten bedeutet, dass die verwandten Bilder nicht gleichwohl weiterhin abrufbar bleiben. Die von der Beklagtenseite vorgelegten Screenshots belegen nichts anderes.
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6. VG Mainz: Universität darf pöbelnden Professor vom Hochschulbetrieb ausschließen
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Einem Hochschullehrer kann die Führung der Dienstgeschäfte und der Aufenthalt in den Diensträumen der Hochschule mit sofortiger Wirkung vorläufig untersagt werden, wenn er sich in massiver Weise respektlos und herablassend gegenüber Kollegen äußert und dadurch der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt wird. Dies entschied das Verwaltungsgericht Mainz.
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7. VG Minden: Auch nach DSGVO-Inkrafttreten genügt Kaufinteresse für Weitergabe von Grundstücksdaten aus
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Auch nach Inkrafttreten der DSGVO genügt es für die Weitergabe von Grundstücksdaten aus, wenn der Empfänger nachweist, dass er ein Kaufinteresse an der Immobilie hat (VG Minden, Urt. v. 27.09.2022 - Az. 3 K 5097/21).
"Das Verwaltungshandeln des Beklagten war offensichtlich rechtmäßig. Es findet seine gesetzliche Grundlage in § 14 Abs. 2 Satz 1 VermKatG NRW. Hiernach werden im Liegenschaftskataster erfasste Eigentümerangaben jedem bereitgestellt, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Eigentümerangaben sind (...) die Namen, Geburtsdaten und rechtlichen Anteilsverhältnisse der Eigentümer und Erbbauberechtigten sowie die der Katasterbehörde bekannt gewordenen aktuellen Anschriften, die Angaben zu Verwaltern und die Grundbuchbezeichnung.
Und weiter:
"Schließlich verstößt auch weder die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 1 VermKatG NRW an sich noch seine Anwendung durch den Beklagten im Einzelfall gegen höherrangiges Unionsrecht oder Bundesrecht.
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8. LG München I: Eingesetzter Cookie-Banner auf Focus.de rechtswidrig
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Der in der Vergangenheit eingesetzte Cookie-Banner auf Focus.de war rechtswidrig, da er durch seine Ausgestaltung keine wirksame Einwilligung des Users ermöglichte (LG München I, Urt. v. 29.11.2022 - Az.: 33 O 14766/19).
"Als freiwillig kann die Einwilligung nur dann betrachtet werden, wenn die betroffene Person tatsächlich eine Wahlmöglichkeit hat, d.h. auch ohne Nachteile auf die Erteilung der Einwilligung verzichten kann (...). Dies ist angesichts des Aufbaus der von der Beklagten verwendeten CMP nicht der Fall.
Und weiter:
"Jedenfalls ist eine Verweigerung der Einwilligung erst nach Betätigung der Schaltfläche „Einstellungen“ auf einer zweiten Ebene der CMP möglich und damit mit mehr Aufwand als das bloße .Akzeptieren“ der Datenverarbeitung verbunden.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Die vorliegende Entscheidung ist weit über den Einzelfall bedeutsam, da die vom Gericht zu beurteilende Cookie-Ausgestaltung dem Branchen-Standard des Interactive Advertising Bureau (IAB Transparency and Consent Framework (TCF)) entsprach und somit von einer Vielzahl von Webseiten eingesetzt wird.
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9. LG Stuttgart: Nachrichten-App des SWR teilweise rechtswidrig
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Die 53. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart hat mit am 21. Oktober 2022 verkündetem Urteil dem Antrag auf einstweilige Verfügung von 16 Verlagen gegen die Nachrichten-App „NEWSZONE“ der Südwestrundfunkanstalt des öffentlichen Rechts (SWR) stattgegeben (53 O 177/22).
Die Südwestrundfunkanstalt des öffentlichen Rechts („SWR“) bietet seit März 2022 die Nachrichten-App „NEWSZONE“ an, die sich nach eigenen Angaben an die „Generation Z“ richtet und „auf einfachen Zugang zu News und starke Individualisierbarkeit“ setzt. Die App ist dabei an die Website des SWR-Senders DASDING.de angeknüpft.
Die Kammer hält die Verfügungsklage für zulässig. Insbesondere setze die Klage kein vorab durchgeführtes Schlichtungsverfahren voraus.
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10. ArbG Bonn: Bei agilem Arbeiten (Scrum) hat Betriebsrat nicht generellen Anspruch auf Mitbestimmung
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Bei der Überprüfung, ob die Durchführung von agilem Arbeiten (Scrum) in einem Unternehmen der Mitbestimmung des Betriebsrats unterfällt, ist auf die konkreten Arbeitsweisen der einzelnen Gruppen abzustellen. Ein pauschaler Anspruch auf Mitbestimmung besteht hingegen nicht (ArbG Bonn, Urt. v. 06.10.2022 - Az.: 3 BV 116/21).
"In Bezug auf das agile Arbeiten scheint in der Literatur unstreitg zu sein, dass agiles Arbeiten auch in der Form der Gruppenarbeit im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG erfolgen kann. Dabei komme es im Einzelfall darauf an, ob die konkrete Ausgestaltung der Zusammenarbeit im agilen Team und der Rolle des agilen Teams in der Gesamtorganisation eine Gruppenarbeit im Sinne des Gesetzes begründet. In der Praxis werde es für die Einordnung daher darauf ankommen, in welchem „Reinheitsgrad“ eine agile Arbeitsmethode angewendet wird.
Und weiter:
"Die Kriterien des §§ 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG träfen durchaus auch auf Teams in agilen Arbeitsstrukturen zu. Aufgrund der in der Praxis mitunter vielfältigen Ausprägung agiler Organisationsformen kann eine Einstufung als Gruppenarbeit im Sinne des Gesetzes aber nicht verallgemeinert werden und bedarf daher im Einzelfall einer Beurteilung (...).
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