Zurück |
Newsletter vom 04.04.2018 |
Betreff: Rechts-Newsletter 14. KW / 2018: Kanzlei Dr. Bahr |
|
Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: Bonusaktionen für die Smartphone-App "My Taxi" rechtmäßig _____________________________________________________________ Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundes-gerichtshofs hat am 29. März 2018 über die Zulässigkeit bestimmter Bonusaktionen für die Smartphone-App "My Taxi" entschieden.
Sachverhalt: Die Klägerin beanstandet vier Bonusaktionen der Beklagten, bei denen registrierte Nutzer lediglich die Hälfte des regulären Fahrpreises zu zahlen hatten. Die andere Hälfte des Fahrpreises erhielt der Taxifahrer abzüglich Vermittlungsgebühren von der Beklagten. Die Klägerin hält die Bonusaktionen für wettbewerbswidrig, weil sie gegen die Pflicht zur Einhaltung der behördlich festgesetzten Taxitarife verstießen. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.
Bisheriger Prozessverlauf:
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Die Bonusaktionen der Beklagten verstoßen nicht gegen die tarifliche Preisbindung für Taxiunternehmer. Die Beklagte ist selbst kein Taxiunternehmer, für den die Festpreise gelten. Ihre Tätigkeit beschränkt sich auf die Vermittlung von Fahraufträgen, die von unabhängigen Taxiunternehmen selbständig durchgeführt werden. Diese Taxiunternehmen können uneingeschränkt die Dienste anderer Vermittler, wie etwa der Klägerin, in Anspruch nehmen. Die Beklagte haftet auch nicht als Anstifterin oder Gehilfin für Wettbewerbsverstöße der ihre Vermittlungsleistungen in Anspruch nehmenden Taxiunternehmer. Die Beteiligung der Taxiunternehmer an den Bonusaktionen der Beklagten ist mit dem Personenbeförderungsgesetz vereinbar. Die Bestimmungen der § 51 Abs. 5, § 39 Abs. 3 PBefG zur Tarifpflicht im Taxiverkehr sind zwar Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG. Der Taxiunternehmer darf keinen Nachlass auf die tariflichen Festpreise gewähren. Wird der Festpreis vollständig an ihn gezahlt, liegt jedoch kein Verstoß gegen die Tarifpflicht vor. Bei der Prüfung eines Verstoßes gegen die Tarifpflicht kommt es also darauf an, ob das Vermögen des Taxiunternehmers nach Beförderung des Fahrgastes in Höhe des Festpreises vermehrt wird. Wie der Fahrgast das Entgelt finanziert, ist ohne Bedeutung. Bei den Aktionen der Beklagten erhalten die Taxiunternehmen den vollen tariflichen Festpreis. Soweit die Beklagte dabei eine Provision von 7% des Fahrpreises abzieht, handelt es sich um eine zulässige Vergütung ihrer Vermittlungsleistung. Sinn und Zweck der Tarifpflicht des Taxiunternehmers gebieten kein anderes Ergebnis. Die Funktionsfähigkeit des Taxiverkehrs wird durch die beanstandeten Werbeaktionen der Beklagten nicht beeinträchtigt. Solange den Taxiunternehmen ausreichende Vermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, besteht kein Grund, den Wettbewerb im Bereich der Taxivermittlung im Interesse der Funktionsfähigkeit des Taxiverkehrs einzuschränken. Auch eine unzulässige gezielte Behinderung der Klägerin durch die Beklagte (§ 4 Nr. 4 UWG) liegt nicht vor. Die nicht kostendeckende Erbringung einer Dienstleistung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen verboten, und zwar insbesondere dann, wenn sie zur Verdrängung von Mitbewerbern geeignet ist und in Verdrängungsabsicht erfolgt. Hier fehlt jedoch eine Eignung zur Verdrängung, weil die Aktionen der Beklagten sowohl räumlich auf mehrere deutsche Großstädte als auch zeitlich beschränkt waren.
Vorinstanzen: Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 29.03.2018
§ 3a UWG
§ 39 PBefG
§ 51 Beförderungsentgelte und -bedingungen im Taxenverkehr
§ 4 Nr. 4 UWG Die Beklagte betrieb eine Klinik, in der Augenlaser-Operationen durchgeführt wurden. Interessierte Personen konnten vorab einen kostenlosen Test durchführen lassen, ob die Augen für eine solche Korrektur geeignet waren. Das Gericht hatte zu prüfen, ob in dieser kostenlosen Zugabe ein Verstoß gegen das Heilmittelwerberecht und somit ein Wettbewerbsverstoß vorlag. Das OLG München verneinte dies im vorliegenden Fall. Bei von Nichtärzten durchgeführten kostenlosen Eignungschecks, bei denen die Augendaten gemessen würden, handle es sich um eine handelsübliche Nebenleistungen, die rechtlich zulässig sei. Der Verbraucher sei seit Jahren daran gewöhnt, dass von zahlreichen Optikern kostenlose Augenmessungen angeboten und durchgeführt würden. Der Kunde sei an kostenlose Augenmessungen als "Service" des jeweiligen Anbieters gewöhnt. Der Kunde empfinde die kostenlose Leistung als Selbstverständlichkeit und werde sich durch diese bei seinen zu treffenden Entscheidungen nicht unsachlich beeinflussen lassen.
Etwas anderes gelte, wenn die Messung durch Ärzte selbst durchgeführt würde. An eine solche besondere Leistung sei der Verbraucher nicht gewöhnt, sodass keine handelsübliche Nebenleistung vorliege. In einem solchen Fall liege eine Verstoß gegen das Heilmittelwerberecht vor.
Die verklagte Bausparkasse kündigte einem ihrer Kunden und erklärte im Rahmen dessen: "Ein Bausparvertrag ist kein bankübliches Sparkonto, Zweck des Bausparens ist vielmehr zielgerichtetes Sparen, um für wohnungswirtschaftliche Verwendungen Darlehen zu erlangen. Und weiter: "Da Sie unserer Aufforderung zur Vertragsanpassung nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen sind, kündigen wir hiermit den Bausparvertrag (...). Die Klägerin sah in diesen Äußerungen eine wettbewerbsrechtliche Irreführung und klagte auf Unterlassung. Das LG Aachen lehnte den Anspruch ab. Für eine irreführende Handlung sei es notwendig, dass es sich um nachprüfbare Behauptungen handle, die sich bei einer Überprüfung als eindeutig richtig oder falsch erweisen können. Keinesfalls könne es einem Unternehmen verwehrt werden, im Rahmen der Rechtsverteidigung eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten. Unter Heranziehung dieser Grundsätze könne im Fall nicht von einer irreführenden Angabe ausgegangen werden. Denn die Frage, ob eine Bausparkasse sogenannte Altbausparverträge, für die sie einen hohen Zins zahlen müsse, in der jetzigen Zinssituation kündigen dürfe, sei äußerst umstritten, so dass von einem eindeutigen Richtig oder Unrichtig nicht ausgegangen werden könne.
Somit liege auch keine Irreführung und daher auch kein Wettbewerbsverstoß vor.
Der Kläger hatte beim Finanzgericht Köln per E-Mail ohne Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur Klage erhoben. Der E-Mail war im Anhang eine PDF-Datei beigefügt, die eine mit einer eingescannten Unterschrift des Klägers versehene Klageschrift enthielt. Im Finanzgericht wurde die E-Mail nebst Anhang ausgedruckt und in den Geschäftsgang gegeben. Der 10. Senat des Finanzgerichts Köln hat die Klage mangels Formwirksamkeit als unzulässig abgewiesen. Die Anforderungen an eine "schriftliche" Klageerhebung seien nicht erfüllt, wenn dem Gericht lediglich der Ausdruck einer Klageschrift vorliege, die als PDF-Anhang mit einer einfachen elektronischen Nachricht (E-Mail) übermittelt worden sei. Für elektronische Dokumente sei die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur gesetzlich vorgeschrieben. Zudem dürfe die Zulässigkeit einer Klageerhebung nicht davon abhängig gemacht werden, ob der E-Mail-Anhang bei Gericht ausgedruckt werde oder nicht. Der Kläger hat gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die unter dem Aktenzeichen VI B 14/18 beim Bundesfinanzhof in München geführt wird. Vollständige Entscheidung: 10 K 2732/17
Quelle: Pressemitteilung des FG Köln v. 03.04.2018
Mit zwei Bescheiden zog die Stadt Koblenz die Antragstellerin zur Vergnügungssteuer für die drei Veranstaltungen in fünfstelliger Höhe heran. Der Steuerbemessung wurden die erzielten Eintrittsentgelte zugrunde gelegt und mit dem Steuersatz von 20 v. H. belegt. Nach der Vergnügungssteuersatzung der Stadt Koblenz sind unter anderem Tanzveranstaltungen als Vergnügungen gewerblicher Art der Besteuerung unterworfen. In dem von der Antragstellerin angestrengten Eilverfahren begehrte diese die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide und ist der Auffassung, es habe sich um Musikveranstaltungen und damit nicht um steuerpflichtige Tanzveranstaltungen gehandelt. Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass das Hauptaugenmerk der Besucher des Festivals nicht auf den Künstlern, sondern auf dem Tanzen zu der abgespielten, vorgefertigten Musik („Tracks“) und dem Vergnügen am Tanzen gelegen habe. Der Eilantrag hatte Erfolg. Die Vergnügungssteuerbescheide der Antragsgegnerin, so die Koblenzer Richter, seien nach der summarischen Prüfung im Eilverfahren rechtswidrig. Die maßgebliche Bestimmung der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin sei nicht verfassungskonform. Der Begriff der Tanzveranstaltung sei unter Berücksichtigung der aktuellen Vielfalt von Aufführungen bzw. Darbietungen, die unter diesen Begriff gefasst werden könnten, nicht mehr bestimmt genug, um Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung zu sein. Die von den Künstlern bei den Veranstaltungen dargebotene Musik sei zwar untrennbar als „Electronic Dance Music“ bzw. als Techno mit dem Tanz verbunden. Der Besteuerungsgegenstand in der Satzung müsse jedoch unmissverständlich klarstellen, welche Darbietungen besteuert werden sollten. Der Satzungsgeber sei gehalten, die steuerbegründenden Tatbestände so zu umschreiben, dass ein Veranstalter von vornherein erkennen könne, ob er eine steuerpflichtige Veranstaltung organisiert. Selbst wenn die Satzungsregelung für bestimmt genug gehalten würde, sei das Festival im Lichte der Kunstfreiheit des Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes keine steuerpflichtige Tanzveranstaltung. Dies folge aus der auch für die Besucher erkennbaren Schwerpunktsetzung des Veranstalters, der ausführlich und prominent die Künstler und die jeweiligen Musikrichtungen beworben habe, Tanzmöglichkeiten jedoch nur in einer im Internet veröffentlichten „Story“ erwähnt würden. Es fehlten auch zum Tanz hergerichtete Flächen. Auch der Zeitrahmen der Veranstaltung und deren an den Künstlern ausgerichtete Gliederung sowie die Höhe der Eintrittspreise (bis zu ca. 90,00 €) sprächen gegen die Annahme einer Tanzveranstaltung. Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz erhoben werden. (Verwaltungsgericht Koblenz, Beschluss vom 20. März 2018, 2 L 111/18.KO)
Quelle: Pressemitteilung des VG Koblenz v. 27.03.2018
Der Kläger bot bei eBay einen Musikflügel an. Der Beklagte erwarb den Gegenstand als Sofortkauf zu einem Preis von 2.300,- EUR. Wenig später wollte der Beklagte von dem Vertrag jedoch nichts mehr wissen und erklärte, er fechte den Vertrag an. Als die Ware trotz Aufforderung weiterhin nicht vom Beklagten abgeholt wurde, veräußerte der Kläger das Produkt an einen Dritten offline zu einem Preis von 800,- EUR. Wenig später wurde das Produkt erneut bei eBay eingestellt und erzielte einen Verkaufserlös von 2.300,- EUR. Der Kläger verlangte nun die Differenz iHv. 1.500,- EUR (= 2.300,- EUR - 800,- EUR) als Schadensersatz. Das LG Saarbrücken lehnte den Anspruch ab. Zwar sei der Beklagte nicht wirksam vom Vertrag zurückgetreten, da kein ausreichender Grund vorliege. Jedoch habe der Kläger im vorliegenen Fall böswillig gehandelt, so dass ihm kein Ausgleichsanspruch zustehe. Er sei verpflichtet gewesen, die Ware bei eBay erneut einzustellen. Dadurch hätte er einen deutlich höheren Verkaufserlös erzielen könne als der vorgenommene Offline-Verkauf: "Der Kläger hat sich trotz Zumutbarkeit vorliegend nicht des ursprünglichen Veräußerungsweges über die Verkaufsplattform eBay, die die Möglichkeit einer deutschlandweiten Reichweite des Kaufangebotes bietet, bedient, sondern hat das zufällig an ihn durch den Zeugen (...) herangetragene Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages weit unter dem ursprünglich erzielten Kaufpreis umgehend angenommen. zurück zur Übersicht |