anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 27. KW im Jahre 2007. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaftsrecht und Gewinnspiel- / Glücksspielrecht.
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Die Themen im Überblick:
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1. BVerfG: Verfassungsrechtliche Überprüfung von Wettbewerbsverstößen
2. BGH: Rechtsprechung zur Mitstörerhaftung von eBay bei Markenverletzungen bestätigt - VOLLTEXT
3. BGH: Von der BNA genehmigte TK-AGB unterliegen keiner Inhaltskontrolle
4. BVerwG: Wettbewerb im Postdienst durch "Übernacht-Zustellung"
5. OLG Karlsruhe: Eintägige Rabattaktion ("ohne 19% MWSt") rechtmäßig
6. LG Koblenz: Teilnehmer am Online-Roulettespiel muss verlorene Spieleinsätze bezahlen
7. BMJ: Grundlegende GmbH-Reform und Schaffung neuer Rechtsformen
8. DLM: Regeln für die Aufsicht über Fernseh-Gewinnspiele aktualisiert
9. Neuer Aufsatz von RA Dr. Bahr: Online-Auswirkungen des neuen Versicherungsvermittlergesetzes
10. Law-Podcasting.de: Geldwäscherechtliche Bestimmungen im Glücksspiel-Bereich
11. Ixplorer 5003: Online-Recht in Form einer monatlichen Science-Fiction-Hörspiel-Serie - Teil 3
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1. BVerfG: Verfassungsrechtliche Überprüfung von Wettbewerbsverstößen
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Die im Wettbewerbsrecht entwickelte sogenannte „Kerntheorie“ sagt aus, dass der Umfang einer Unterlassungserklärung nicht nur ausdrücklich für die in der Erklärung genannten Dinge gilt, sondern auch für alle gleichwertigen Fälle. Daher ist bei der Abgabe einer Unterlassungserklärung stets Vorsicht geboten, um nicht unbewusst auch Bereiche mit einzuschließen, die eigentlich gar nicht gewollt sind.
Das BVerfG (Beschl. v. 04.12.2006 - Az.: 1 BvR 1200/04 = http://shink.de/tpd92w) hatte nun zu überprüfen, ob diese "Kerntheorie" verfassungsrechtlich in Ordnung ist.
"Die hier angewandte, im Wettbewerbsrecht entwickelte "Kerntheorie", wonach der Schutzumfang eines Unterlassungsgebots nicht nur die Verletzungsfälle, die mit der verbotenen Form identisch sind, sondern auch solche gleichwertigen Äußerungen umfasst, die ungeachtet etwaiger Abweichungen im Einzelnen den Äußerungskern unberührt lassen, ist verfassungsrechtlich unbedenklich (...).
Sie dient der effektiven Durchsetzung von auf Unterlassung von Äußerungen gerichteten Ansprüchen, die wesentlich erschwert wäre, falls eine Verletzung von Unterlassungstiteln nur in Fällen anzunehmen wäre, in denen die Verletzungshandlung dem Wortlaut des Titels genau entspricht. Dass ein Unterlassungsgebot sich auf den Inhalt der zu unterlassenden Behauptung bezieht und weniger auf ihre konkrete Formulierung im Einzelfall, ist auch für den Unterlassungsschuldner erkennbar.
Zudem hat dieser die Möglichkeit, bereits im Erkenntnisverfahren auf eine sachgerechte Formulierung des Titels hinzuwirken und so etwaigen fehlerhaften und ausufernden Deutungen des Entscheidungstenors vorzubeugen.
Bei der Anwendung der Kerntheorie haben die Gerichte die ihnen gesetzten verfassungsrechtlichen Grenzen nicht überschritten."
Die Richter kommen somit zu dem Ergebnis, dass kein Verfassungsverstoß vorliegt.
Als unproblematisch sehen sie auch an, dass die Wettbewerbsgerichte ein etwaiges Verschulden des Schuldners auch dann annehmen, wenn er nicht entsprechende Maßnahmen zur Unterbindung bestimmter erkennbarer Verstöße gegen die Unterlassungserklärung durch Dritte ergreift (sog. Organisationsverschulden).
Dieses Organisationsverschulden ist nicht zuletzt im Affiliate-Bereich von erheblicher Bedeutung. Dort stellt sich nämlich die Frage, welche Aufsichts- und Kontrollpflichten ein Merchant über seine Affiliates hat, wenn er eine Unterlassungserklärung abgegeben hat. Vgl. dazu die Entscheidungen OLG Hamburg (= Kanzlei-Infos v. 15.06.2007 = http://shink.de/gggrou), OLG Naumburg (= Kanzlei-Infos v. 06.09.2006 = http://shink.de/noafej) und des OLG Schleswig (= Kanzlei-Infos v. 26.12.2005 = http://shink.de/8sss1).
Auch dieses Organisationsverschulden sehen die Verfassungsrichter als unproblematisch an:
"Die einfachrechtlich begründete Bejahung eines solchen Organisationsverschuldens ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
Die von der Beschwerdeführerin verlangte Differenzierung, nach der ein Eigenverschulden nur in dem Verhalten der von dem Schuldner "abhängigen" Dritten – etwa Mitarbeitern oder Tochtergesellschaften – gesehen werden kann, nicht aber in dem Verhalten Außenstehender – etwa Mitgesellschaftern –, ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Eigenverschulden kann auch darin gesehen werden, dass im Hinblick auf Dritte - hier die in einer GbR mit der Beschwerdeführerin zusammengeschlossenen Verlage - zumutbare Einwirkungen unterblieben sind.
Insbesondere führt der Umstand, dass die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten gegenüber einem Mitgesellschafter andere sind als gegenüber "Abhängigen", nicht dazu, dass eine Organisationspflicht, die sich auf solche außenstehenden Dritten bezieht, von Verfassungs wegen stets verneint werden müsste.
Die Gerichte haben vorliegend ein Verschulden der Beschwerdeführerin darin gesehen, dass sie nach dem Schreiben vom 29. November 2001 keine weiteren Kontroll- oder Überwachungsmaßnahmen ergriffen hat. Es ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass die Gerichte davon ausgehen, die Beschwerdeführerin hätte spätestens nach dem erneuten Ordnungsmittelantrag vom 21. August 2002 erkennen müssen, dass ihre bisherige Maßnahme unzureichend war."
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2. BGH: Rechtsprechung zur Mitstörerhaftung von eBay bei Markenverletzungen bestätigt - VOLLTEXT
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Die Kanzlei-Infos v. 19.04.2007 (= http://shink.de/0pavuh) berichteten schon vor kurzem darüber, nun liegen die schriftlichen Entscheidungsgründe vor.
Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 19.04.2007 - Az.: I ZR 35/04 = http://shink.de/sjae26) seine bisherige Rechtsprechung zur Mitstörerhaftung von eBay bei Markenverletzungen bestätigt.
Bereits 2004 hatte der BGH (Urt. v. 11.03.2004 - Az.: I ZR 304/01 = http://shink.de/a6hraw) festgestellt, dass eBay für auf der Online-Plattform begangene Markenverletzungen als Mitstörer haftet. Die Haftung trat zwar erst ab Kenntnis ein, dann war aber eBay auch verpflichtet, nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich zu sperren, sondern auch technisch mögliche und zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um Vorsorge dafür zu treffen, daß es nicht zu weiteren entsprechenden Markenverletzungen kommen konnte.
Diese Rechtsprechung haben die BGH-Richter nun fortgeführt.
Zunächst stellen die Richter noch einmal klar, dass die Haftungsprivilegien des TMG auf Unterlassungsansprüche nicht anwendbar seien. Dann erörtern die Richter die Frage nach der Überwachungs- und Prüfungspflicht:
"Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob es sich bei den von der Klägerin in ihrem Schreiben (...) angeführten Fällen um klare, ohne weiteres erkennbare Rechtsverletzungen handelte. I
st dies der Fall, begründen diese Vorkommnisse - wie dargelegt - eine Prüfungspflicht der Beklagten. In diesem Fall müssten sie nunmehr nicht nur das konkrete Angebot sperren, sondern Vorsorge treffen, dass es bei den Angeboten von ROLEX-Uhren nicht zu weiteren klaren Rechtsverletzungen kommt.
Dabei ist zu beachten, dass den Beklagten auf diese Weise keine unzumutbaren Prüfungspflichten auferlegt werden dürfen, die das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würden (...). Welche technischen Möglichkeiten den Beklagten hierbei zu Gebote stehen, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig ist aber, dass sich die Beklagten hierbei jedenfalls in gewissem Umfang einer Filtersoftware bedienen können, die durch Eingabe von entsprechenden Suchbegriffen Verdachtsfälle aufspürt, die dann gegebenenfalls manuell überprüft werden müssen.
Die Grenze des Zumutbaren ist dabei jedenfalls dann erreicht, wenn keine Merkmale vorhanden sind, die sich zur Eingabe in ein Suchsystem eignen. Soweit die Beklagten geltend machen, dass derzeit eine lückenlose Vorabkontrolle, die sämtliche Rechtsverletzungen sicher erkennt, technisch nicht möglich sei, hindert dies ihre Verurteilung zur Unterlassung nicht.
Auch im Falle einer Verurteilung zur Unterlassung wären die Beklagten für Zuwiderhandlungen nur haftbar zu machen, wenn sie ein Verschulden trifft (...). Für Markenverletzungen, die sie in einem vorgezogenen Filterverfahren nicht erkennen können, träfe sie kein Verschulden (...)."
Der BGH äußert sich damit erstmals ein wenig genauer zu der Art und dem Umfang der Filterpflichten. Auch wenn die Hinweise noch relativ allgemein gehalten sind, geben sie eine erste Richtung vor.
Zudem zeigen die Richter - ihrer Ansicht nach - einen Weg aus dem bestehenden Dilemma auf, auch wenn dieser in der Praxis sich als sehr dornig und risikoreich ausmacht: Selbst wenn eBay auf Unterlassung verurteilt werden würde, sei bei zukünftigen Verletzungen nicht automatisch ein Ordnungsgeld gegen eBay fällig, da dieses nur bei Verschulden von eBay gegeben sei. Und wenn eBay keine Filterung im entsprechenden Fall möglich sei, liege auch kein Verschulden vor.
Faktisch ist damit nicht wirklich etwas gewonnen. Die Frage nach Art und Umfang der Prüfpflichten wird damit lediglich aus dem Unterlassungs- hin zum späteren Ordnungsgeld-Prozess verschoben. Und auch inhaltlich wird es dadurch nicht besser: Denn bei dieser Logik könnte es heißen: eBay haftet zwar auf Unterlassung. Stellt der Geschädigte dann aufgrund späterer Rechtsverletzungen einen Bestrafungsantrag, haftet eBay nicht, weil eine Überprüfung nicht möglich ist und damit kein Verschulden vorliegt. Damit hätte dann aber die vorhergehende Unterlassungshaftung keinen Sinn mehr und würde ins Leere laufen.
Es bleibt spannend wie die instanzgerichtliche Rechtsprechung dieses aktuelle BGH-Urteil, das auf alle Fälle der Mitstörer-Haftung im Online-Bereich nahtlos übertragbar ist, aufnehmen wird.
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3. BGH: Von der BNA genehmigte TK-AGB unterliegen keiner Inhaltskontrolle
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Der BGH (Urt. v. 24.05.2007 - Az.: III ZR 467/04 = http://shink.de/6bovi2) hat festgestellt, dass die von der Bundesnetzagentur (BNA) genehmigten Allgemeinen Geschäftsbedingungen von TK-Unternehmen keiner weiteren inhaltlichen Rechtskontrolle unterliegen.
"Klauseln, die Bestandteil eines von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (jetzt Bundesnetzagentur) genehmigten Tarifwerks für die Gewährung eines Netzzugangs sind, unterliegen nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 9 bis 11 AGBG (jetzt §§ 307 bis 309 BGB)."
Mit anderen Worten: Dadurch, dass die BNA die AGBs der Anbieter genehmigt, kann ein Gericht grundsätzlich nicht mehr deren Rechtsmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit überprüfen.
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4. BVerwG: Wettbewerb im Postdienst durch "Übernacht-Zustellung"
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Die Deutsche Post AG muss trotz der zu ihren Gunsten noch bestehenden Exklusivlizenz hinnehmen, dass ihre Wettbewerber bestimmte unterscheidbare und höherwertige Postdienstleistungen (hier die „Übernacht-Zustellung") am Markt anbieten. So entschied heute das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
Das geltende Postgesetz aus dem Jahr 1997 soll den Wettbewerb im Postbereich fördern und dabei flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen gewährleisten. Für Unternehmen, die Briefsendungen gewerblich befördern, ist die Erteilung von Lizenzen vorgesehen. Der Deutschen Post AG steht noch bis zum 31. Dezember 2007 das ausschließliche Recht zu, Briefsendungen und adressierte Kataloge einer bestimmten Gewichts- und Preisklasse gewerbsmäßig zu befördern. Von dieser sogenannten Exklusivlizenz, dem Restbestand des früheren Postmonopols, sieht das Gesetz allerdings Ausnahmen vor.
Die klagende Deutsche Post AG wandte sich in den vorliegenden vier Verfahren gegen Lizenzen, die die frühere Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (jetzt Bundesnetzagentur) konkurrierenden Postdienstleistern erteilt hat. Umstritten sind diese Lizenzen, soweit darin den Wettbewerbern die Briefbeförderung in Form der „Übernacht-Zustellung“ gestattet worden ist. Diese Zustellungsvariante ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass Briefsendungen werktäglich nach 17:00 Uhr bei den Auftraggebern abgeholt und garantiert bis spätestens 12:00 Uhr des folgenden Werktags zugestellt werden.
Das erstinstanzlich zuständige Verwaltungsgericht Köln sah die Exklusivlizenz der Klägerin durch die ihren Wettbewerbern lizenzierte „Übernacht-Zustellung“ verletzt und gab den Klagen daher statt. Das Oberverwaltungsgericht Münster wies sie dagegen ab. Auch das Bundesverwaltungsgericht gelangte jetzt zu dem Ergebnis, dass Rechte der Deutschen Post AG nicht verletzt sind, weil deren Exklusivlizenz durch die hier angefochtenen Lizenzen nicht berührt wird.
Die Exklusivlizenz soll während der nach gegenwärtigem Rechtszustand noch bis 31. Dezember 2007 dauernden Übergangsfrist u.a. den Universaldienst sichern, zu dessen Erbringung die Deutsche Post AG verpflichtet ist. Der Universaldienst umfasst ein gesetzlich festgelegtes Mindestangebot an Postdienstleistungen, die flächendeckend in einer bestimmten Qualität und zu einem erschwinglichen Preis angeboten werden müssen. Umgekehrt nimmt das Postgesetz von der Exklusivlizenz solche Dienstleistungen aus, die von Universaldienstleistungen trennbar sind, besondere Leistungsmerkmale aufweisen und qualitativ höherwertig sind.
Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass sich die alternativen Postdienstleistungen aufgrund herausgehobener Qualitätsmerkmale hinreichend deutlich vom Universaldienst unterscheiden. Dies ist bei der umstrittenen „Übernacht-Zustellung“ insbesondere wegen der Abholung von Briefsendungen bei den Auftraggebern und deren garantierter Zustellung bis 12:00 Uhr des folgenden Werktags der Fall.
Mögliche Gefahren für die Wirtschaftlichkeit des Universaldienstes waren von der Regulierungsbehörde bei der Erteilung der hier angefochtenen Lizenzen nicht zu berücksichtigen und können ihrer Rechtmäßigkeit daher nicht entgegengehalten werden. Der Bund bleibt allerdings unabhängig vom Auslaufen der Exklusivlizenz von Verfassungs wegen verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass flächendeckend angemessene und ausreichende Postdienstleistungen erbracht werden.
BVerwG 6 C 8.06, 6 C 9.06, 6 C 13.06 und 6 C 14.06 – Urteile vom 27. Juni 2007
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 27.06.2007
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5. OLG Karlsruhe: Eintägige Rabattaktion ("ohne 19% MWSt") rechtmäßig
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Das OLG Karlsruhe (Urt. v. 09.05.2007 - Az.: 6 U 52/07) hat entschieden, dass eine eintägige Rabattaktion rechtmäßig ist.
Die Beklagte, ein großer Elektronik-Discounter, hatte Anfang 2007 im Zuge der Mehrwertsteuererhöhung eine eintägige Rabattaktion gestartet:
"Nur heute 3. Januar
Foto- und Videokameras
ohne 19% Mehrwertsteuer"
Die Verfügungsbeklagte gewährte den Preisnachlass nur auf Kameras, die am Tage der Aktion vorrätig waren. Die Klägerin sah dies als irreführend an, weil der Verbraucher damit rechne, den Rabatt auch dann zu erhalten, wenn die Gegenstände nicht mehr vorrätig seien und er eine Nachbestellung aufgebe.
Dem sind die Karlsruher Richter nicht gefolgt, sondern haben die Werbung für rechtmäßig erachtet:
"Zu fragen ist (...), ob ein (...) Verbraucher ohne weiteres erkennt, dass der beworbene Nachlass nur für im Ladengeschäft vorhandene Foto- und Videokameras gewährt wird, nicht aber für solche, die nicht vorrätig sind, also erst bestellt werden müssen.
Das ist nach Auffassung des Senats anzunehmen. Die angegriffene Werbeanzeige macht schon durch den hervorgehobenen Hinweis „Nur heute 3. Januar“ deutlich, dass es sich um eine kurzfristige, auf einen Tag beschränkte Aktion handelt. Sie erweckt damit beim Verbraucher den Eindruck, er habe gerade an diesem Tage aber eben auch nur an diesem Tage eine besonders günstige Gelegenheit, eine Kamera zu erwerben, weshalb für ihn der Gedanke, er könne den Rabatt auch dann erhalten, wenn er an diesem Tag eine Kamera nur bestelle, die erst später geliefert werde, eher fern liegt, weil dadurch die Begrenzung der Aktion auf einen Tag aufgeweicht würde.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass es sich bei solchen Kameras um Artikel handelt, die typischerweise - anders als etwa PKW oder Möbel - beim Händler nicht erst bestellt und später geliefert werden, sondern im Ladengeschäft zur Mitnahme bereit stehen. Hinzu kommt, dass es sich bei der Beklagten nicht etwa um ein kleines Einzelhandelsgeschäft handelt, bei dem der Verbraucher damit rechnet, dass nicht das gesamte, äußerst umfangreiche Sortiment solcher Kameras verfügbar ist, sondern um einen Elektronik-Discounter, der regelmäßig eine große Palette entsprechender Artikel vorrätig hat.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist es für den durchschnittlichen Verbraucher auch ohne ausdrücklichen Hinweis „klar und eindeutig“, dass der ausgelobte Preisnachlass nur für Kameras gilt, die am Aktionstag im Ladengeschäft vorrätig sind."
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6. LG Koblenz: Teilnehmer am Online-Roulettespiel muss verlorene Spieleinsätze bezahlen
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Das Landgericht Koblenz hat kürzlich in einem Grundsatzurteil entschieden, dass dem Betreiber einer Internet-Spielbank ein Anspruch gegen den Spieler auf Zahlung der beim Online-Spiel verlorenen Einsätze zusteht.
Die Klägerin, ein Unternehmen mit Sitz in Wiesbaden, betreibt aufgrund einer behördlichen Erlaubnis des Landes Hessen eine sogenannte online-Spielbank. Die Spielbankerlaubnis beschränkt die Teilnahmeberechtigung neben anderen Voraussetzungen auf Spieler, die ihren Hauptwohnsitz in Hessen haben oder sich zum Zeitpunkt der Spielteilnahme dort aufhalten.
Des Weiteren hat jeder Spieler nach der Spielbankerlaubnis und nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin bei seiner Registrierung zur Verlustbegrenzung ein für ihn geltendes Limit zu bestimmen. Nachträgliche Erhöhungen dieses Limits sind erst nach einem Ablauf von 24 Stunden, Verminderungen dagegen sofort zulässig.
Der Beklagte meldete sich am 04.09.2005 von seinem Wohnsitz in Koblenz (Rheinland-Pfalz) aus zum online-Spiel bei der Klägerin an, wobei er sich den Zugang zum Spiel durch die unzutreffende Angabe eines Aufenthaltsortes und der Telefonnummer eines Bekannten in Hessen verschaffte. Das Registrierungsprogramm der Klägerin war im Zeitpunkt der Anmeldung des Beklagten so ausgestaltet, dass ein Zugang zum online-Spiel auch ohne wirksames Setzen eines Limits möglich war.
Der Beklagte setzte bei seiner Anmeldung kein wirksames Limit für Spieleinsätze. Am gleichen Tag überwies er an die Klägerin mittels Kreditkarte binnen sechs Stunden wiederholt Geldbeträge zwischen 250 € und 1.000 €, insgesamt 4.000 €. Diesen Betrag verspielte der Beklagte einschließlich zwischenzeitlicher Gewinne während 186 Einsätzen beim online-Roulettespiel. Am 21.09.2005 ließ der Beklagte seine Überweisungen an die Klägerin durch sein Kreditkartenunternehmen rückgängig machen.
Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung der zunächst an sie überwiesenen und beim online-Roulettespiel verlorenen Einsätze von 4.000 € nebst Zinsen sowie Bank- und Anwaltskosten in Anspruch genommen. Der Beklagte hat geltend gemacht, der mit der Klägerin geschlossene Vertrag über das online-Spiel sei unwirksam. Weiter hat er vorgetragen, er habe bei der Anmeldung ein Limit von 100 € eingegeben, das vom Computerprogramm der Klägerin nicht angenommen worden sei; dies habe er nicht bemerkt. Das Amtsgericht Koblenz hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz durch Urteil vom 26.06.2007 das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben.
Wie die Berufungskammer ausgeführt hat, sind der bei der Anmeldung geschlossene Rahmenvertrag und die einzelnen Spielverträge nicht wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot unwirksam. Insbesondere liege kein verbotenes Glücksspiel vor, weil die Klägerin das online-Spiel aufgrund einer staatlichen Erlaubnis veranstaltet habe; dass der nicht in Hessen wohnhafte Beklagte sich entgegen den Teilnahmebedingungen durch falsche Angaben den Zugang zum Spiel erschlichen habe, ändere hieran nichts. Des Weiteren habe die Klägerin zwar gegen die ihr in der Spielbankerlaubnis erteilte Auflage verstoßen, indem sie durch ihr Registrierungsprogramm eine Teilnahme am Glücksspiel ohne wirksames Setzen eines Limits ermöglicht habe.
Dies könne zwar gegebenenfalls Maßnahmen der staatlichen Aufsichtsbehörde nach sich ziehen, habe jedoch nicht die Unwirksamkeit der mit den Spielern geschlossenen Verträge zur Folge. Nach Auffassung der Berufungskammer sind die Verträge auch nicht sittenwidrig. Zwar sei der nach der Spielbankerlaubnis sicherzustellende Nutzerschutz bei der Anmeldung nicht gewährleistet gewesen, weil eine Teilnahme am Spiel auch ohne Setzen eines Limits möglich gewesen sei.
Jedoch sei der Schuldner grundsätzlich selbst dafür verantwortlich, zu entscheiden, wo die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit liegen. Anders sei dies zwar, wenn der Veranstalter eine mögliche Spielsucht der Teilnehmer am Glücksspiel ausnutze. Zum Schutz von Spielsüchtigen sei jedoch das in der Spielbankerlaubnis angeordnete Setzen eines „Limits“ bereits deshalb kein geeignetes Mittel, weil eine Höhenbegrenzung nicht vorgeschrieben sei und das Limit auch nachträglich nach Ablauf einer Schutzfrist von 24 Stunden beliebig erhöht werden könne.
Dem Beklagten stehe auch weder ein Schadensersatzanspruch auf Freistellung von seinen Zahlungsverpflichtungen zu, noch könne er sich auf die verbraucherschützende Vorschrift des § 312e BGB über Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr berufen. Im vorliegenden Fall stehe fest, dass dem Beklagten entgegen seiner Behauptung bewusst gewesen sei, dass er vor dem Spiel kein wirksames Limit von 100 € gesetzt habe. Dies ergebe sich bereits aus der Höhe des von ihm überwiesenen Ersteinsatzes von 1.000 €.
Die Berufungskammer hat die Revision gegen das Urteil zugelassen. Der Beklagte hat daher die Möglichkeit, das Urteil binnen eines Monats nach Zustellung mit dem Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof anzufechten.
Landgericht Koblenz, Urteil vom 26.06.2007 - 6 S 342/06
Quelle: Pressemitteilung des LG Koblenz v. 02.07.2007
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7. BMJ: Grundlegende GmbH-Reform und Schaffung neuer Rechtsformen
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Das Bundeskabinett hat (...) den Regierungsentwurf des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) beschlossen.
„Das neue GmbH-Recht gibt Gründern und Investoren den nötigen rechtlichen Rahmen, um ihre unternehmerischen Ideen schnell und unkompliziert in die Tat umzusetzen: Die Gründung von GmbHs wird deutlich leichter und schneller möglich sein. Gleichzeitig wird diese bewährte und erfolgreiche Unternehmensform fit für den internationalen Wettbewerb: Bestehende Nachteile werden ausgeglichen, die Vorteile bleiben. Es wird einen besseren Schutz der Gläubiger in Fällen der Krise und der Insolvenz geben. Die GmbH wird eine moderne, schlanke Rechtsform für den Mittelstand“, erläuterte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.
Wenn das MoMiG wie geplant in der ersten Hälfte 2008 in Kraft tritt, wird es die umfassendste Reform seit Bestehen des GmbH-Gesetzes sein. Das Gesetz belässt es nicht bei punktuellen Änderungen, sondern ist eine in sich geschlossene Novellierung des geltenden GmbH-Rechts. Sie ist an den Maximen orientiert: Flexibilisierung und Deregulierung auf der einen Seite, Bekämpfung der Missbrauchsgefahr auf der anderen.
Der heute beschlossene Entwurf enthält noch weiter gehende Reform- und Entbürokratisierungsansätze als der Referentenentwurf aus dem vergangenen Jahr: Vorgesehen ist ein Mustergesellschaftsvertrag für unkomplizierte GmbH-Standardgründungen. Wird er verwendet, muss der Gesellschaftsvertrag nicht mehr notariell beurkundet werden. Eine neue GmbH-Variante, die ohne Mindeststammkapital auskommt, erleichtert Gründungen zusätzlich.
Um die Eintragung von GmbHs in das Handelsregister zu beschleunigen, wird die Eintragung auch dann erfolgen können, wenn staatliche Genehmigungen für den geplanten Gewerbebetrieb (noch) nicht vorliegen. Ergänzt wurden außerdem Vorschläge zur praxistauglichen Ausgestaltung des Rechts der Kapitalaufbringung. Schließlich werden ungeeignete Personen noch leichter von der Bestellung zum Geschäftsführer ausgeschlossen werden können.
Zu den Schwerpunkten des Gesetzentwurfs im Einzelnen:
1. Beschleunigung von Unternehmensgründungen
Ein Kernanliegen der GmbH-Novelle ist die Erleichterung und Beschleunigung von Unternehmensgründungen. Hier wird häufig ein Wettbewerbsnachteil der GmbH gegenüber ausländischen Rechtsformen wie der englischen Limited gesehen, denn in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union werden geringere Anforderungen an die Gründungsformalien und die Aufbringung des Mindeststammkapitals gestellt.
a) Erleichterung der Kapitalaufbringung und Übertragung von Geschäftsanteilen
Das Mindeststammkapital der GmbH soll von bisher 25.000 Euro auf 10.000 Euro herabgesetzt werden, um Gründungen insbesondere für Dienstleistungsgewerbe zu erleichtern. Als Stammkapital bezeichnet man die bei Gründung einer GmbH von den Gesellschaftern insgesamt zu erbringenden Einlagen. Ein Mindeststammkapital wurde in der Diskussion auch als sinnvolle „Seriositätsschwelle“ gesehen.
Um den Bedürfnissen von Existenzgründern, die am Anfang nur sehr wenig Stammkapital haben und benötigen (z.B. im Dienstleistungsbereich) zu entsprechen, bringt der Entwurf eine Einstiegsvariante der GmbH, die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (§ 5a). Es handelt sich dabei nicht um eine neue Rechtsform, sondern um eine GmbH, die ohne bestimmtes Mindeststammkapital gegründet werden kann. Diese GmbH darf ihre Gewinne aber nicht voll ausschütten. Sie soll auf diese Weise das Mindeststammkapital der normalen GmbH nach und nach ansparen.
Die Gesellschafter werden künftig individueller über die jeweilige Höhe ihrer Stammeinlagen bestimmen und sie dadurch besser nach ihren Bedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten ausrichten können. Bislang muss die Stammeinlage mindestens 100 Euro betragen und darf nur in Einheiten aufgeteilt werden, die durch 50 teilbar sind. Der Entwurf sieht vor, dass jeder Geschäftsanteil nur noch auf einen Betrag von mindestens einem Euro lauten muss. Vorhandene Geschäftsanteile können künftig leichter gestückelt werden.
Die Flexibilisierung setzt sich bei den Geschäftsanteilen fort. Geschäftsanteile können künftig leichter aufgeteilt, zusammengelegt und einzeln oder zu mehreren an einen Dritten übertragen werden.
Rechtsunsicherheiten im Bereich der Kapitalaufbringung werden dadurch beseitigt, dass das Rechtsinstitut der „verdeckten Sacheinlage“ im Gesetz klar geregelt wird. Eine verdeckte Sacheinlage liegt vor, wenn zwar formell eine Bareinlage vereinbart und geleistet wird, die Gesellschaft bei wirtschaftlicher Betrachtung aber einen Sachwert erhalten soll. Die für die Praxis schwer nachzuvollziehenden Vorgaben der Rechtsprechung zur verdeckten Sacheinlage sowie die einschneidenden Rechtsfolgen, die dazu führen, dass der Gesellschafter seine Einlage i. E. häufig zweimal leisten muss, werden zu Recht fast einhellig kritisiert.
Der Entwurf sieht daher vor, dass die Gesellschafter künftig auch mit einer „verdeckten Sacheinlage“ ihre Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft erfüllen können. Der Gesellschafter muss aber beweisen, dass der Wert der verdeckten Sacheinlage den Betrag der geschuldeten Bareinlage erreicht hat. Kann er das nicht, muss er die Differenz in bar erbringen.
b) Einführung eines Mustergesellschaftsvertrags
Für unkomplizierte Standardgründungen (u. a. Bargründung, höchstens drei Gesellschafter) wird ein Mustergesellschaftsvertrag als Anlage zum GmbHG zur Verfügung gestellt. Wird dieses Muster verwendet, ist keine notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrages, sondern nur eine öffentliche Beglaubigung der Unterschriften erforderlich. Die Regelungen in dem Mustergesellschaftsvertrag sind einfach und selbsterklärend, so dass hier keine Beratung und Belehrung durch einen Notar mehr erforderlich ist. Allein die Unterschriften unter dem Gesellschaftsvertrag müssen beglaubigt werden, um die Gesellschafter identifizieren zu können. Der Mustervertrag wird durch Muster für die Handelsregisteranmeldung flankiert (sog. „Gründungs-Set“).
So können in den genannten Fällen sämtliche Schritte bis zur Eintragung in das Handelsregister ohne zwingende rechtliche Beratung bewältigt werden. Natürlich bleibt es möglich, bei der Gründung freiwillig rechtlichen Rat einzuholen.
c) Beschleunigung der Registereintragung
Die Eintragung einer Gesellschaft in das Handelsregister wurde bereits durch das Anfang 2007 in Kraft getretene Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) erheblich beschleunigt. Danach werden die zur Gründung der GmbH erforderlichen Unterlagen grundsätzlich elektronisch beim Registergericht eingereicht, das dann unverzüglich über die Anmeldung entscheiden und die übermittelten Daten unmittelbar in das elektronisch geführte Register übernehmen kann.
Das MoMiG verkürzt die Eintragungszeiten beim Handelsregister weiter:
Bei Gesellschaften, deren Unternehmensgegenstand genehmigungspflichtig ist, wird das Eintragungsverfahren vollständig von der verwaltungsrechtlichen Genehmigung abgekoppelt. Das betrifft zum Beispiel Handwerks- und Restaurantbetriebe oder Bauträger, die eine gewerberechtliche Erlaubnis brauchen. Bislang kann eine solche Gesellschaft nur dann in das Handelsregister eingetragen werden, wenn bereits bei der Anmeldung zur Eintragung die staatliche Genehmigungsurkunde vorliegt (§ 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG).
Das langsamste Verfahren bestimmt also das Tempo. Diese Rechtslage erschwert und verzögert die Unternehmensgründung erheblich. Zukünftig müssen GmbHs wie Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften keine Genehmigungsurkunden mehr beim Registergericht einreichen.
Vereinfacht wird auch die Gründung von Ein-Personen-GmbHs. Hier wird künftig auf die Stellung besonderer Sicherheitsleistungen (§ 7 Abs. 2 Satz 3, § 19 Abs. 4 GmbHG) verzichtet.
Es wird ausdrücklich klargestellt, dass das Gericht bei der Gründungsprüfung nur dann die Vorlage von Einzahlungsbelegen oder sonstigen Nachweise verlangen kann, wenn es erhebliche Zweifel hat, ob das Kapital ordnungsgemäß aufgebracht wurde. Bei Sacheinlagen wird die Werthaltigkeitskontrolle durch das Registergericht auf die Frage beschränkt, ob eine „nicht unwesentliche“ Überbewertung vorliegt. Dies entspricht der Rechtlage bei der Aktiengesellschaft. Nur bei entsprechenden Hinweisen kann damit künftig im Rahmen der Gründungsprüfung eine externe Begutachtung veranlasst werden.
2. Erhöhung der Attraktivität der GmbH als Rechtsform
Durch ein Bündel von Maßnahmen soll die Attraktivität der GmbH nicht nur in der Gründung, sondern auch als „werbendes“, also am Markt tätiges Unternehmen erhöht und Nachteile der deutschen GmbH im Wettbewerb der Rechtsformen ausgeglichen werden.
a) Verlegung des Verwaltungssitzes ins Ausland
Als ein Wettbewerbsnachteil wird angesehen, dass EU-Auslandsgesellschaften nach der Rechtsprechung des EuGH in den Urteilen Überseering und Inspire Art ihren Verwaltungssitz in einem anderen Staat – also auch in Deutschland – wählen können. Diese Auslandsgesellschaften sind in Deutschland als solche anzuerkennen. Umgekehrt haben deutsche Gesellschaften diese Möglichkeit bislang nicht. Durch die Streichung des § 4a Abs. 2 GmbHG soll es deshalb deutschen Gesellschaften ermöglicht werden, einen Verwaltungssitz zu wählen, der nicht notwendig mit dem Satzungssitz übereinstimmt. Dieser Verwaltungssitz kann auch im Ausland liegen.
Damit soll der Spielraum deutscher Gesellschaften erhöht werden, ihre Geschäftstätigkeit auch außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets zu entfalten. Das kann z.B. eine attraktive Möglichkeit für deutsche Konzerne sein, ihre Auslandstöchter in der Rechtsform der vertrauten GmbH zu führen.
b) Mehr Transparenz bei Gesellschaftsanteilen
Nach dem Vorbild des Aktienregisters soll künftig nur derjenige als Gesellschafter gelten, der in die Gesellschafterliste eingetragen ist. So können Geschäftspartner der GmbH lückenlos und einfach nachvollziehen, wer hinter der Gesellschaft steht. Veräußerer und Erwerber von Gesellschaftsanteilen erhalten den Anreiz, die Gesellschafterliste aktuell zu halten. Der eintretende Gesellschafter erhält einen Anspruch darauf, in die Liste eingetragen zu werden. Weil die Struktur der Anteilseigner transparenter wird, lassen sich Missbräuche wie zum Beispiel Geldwäsche besser verhindern. Das hierdurch geschaffene Vertrauen wirkt sich positiv auf die Geschäftsaussichten der Gesellschaft aus.
c) Gutgläubiger Erwerb von Gesellschaftsanteilen
Die rechtliche Bedeutung der Gesellschafterliste wird noch in anderer Hinsicht erheblich ausgebaut: Die Gesellschafterliste dient als Anknüpfungspunkt für einen gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen. Wer einen Geschäftsanteil erwirbt, soll künftig darauf vertrauen dürfen, dass die in der Gesellschafterliste verzeichnete Person auch wirklich Gesellschafter ist. Ist eine unrichtige Eintragung in der Gesellschafterliste für mindestens drei Jahre unbeanstandet geblieben, so gilt der Inhalt der Liste dem Erwerber gegenüber als richtig. Entsprechendes gilt für den Fall, dass die Eintragung zwar weniger als drei Jahre unrichtig, die Unrichtigkeit dem wahren Berechtigten aber zuzurechnen ist.
Die vorgesehene Regelung schafft mehr Rechtssicherheit und senkt die Transaktionskosten. Bislang geht der Erwerber eines Geschäftsanteils das Risiko ein, dass der Anteil einem anderen als dem Veräußerer gehört. Die Neuregelung führt zu einer erheblichen Erleichterung für die Praxis bei Veräußerung von Anteilen älterer GmbHs.
d) Sicherung des Cash-Pooling
Das bei der Konzernfinanzierung international gebräuchliche Cash-Pooling soll gesichert und sowohl für den Bereich der Kapitalaufbringung als auch den Bereich der Kapitalerhaltung auf eine verlässliche Rechtsgrundlage gestellt werden. Cash-Pooling ist ein Instrument zum Liquiditätsausgleich zwischen den Unternehmensteilen im Konzern. Dazu werden Mittel von den Tochtergesellschaften an die Muttergesellschaft zu einem gemeinsamen Cash-Management geleitet. Im Gegenzug erhalten die Tochtergesellschaften Rückzahlungsansprüche gegen die Muttergesellschaft. Obwohl das Cash-Pooling als Methode der Konzernfinanzierung als ökonomisch sinnvoll erachtet wird, ist auf Grund der neueren Rechtsprechung des BGH zu § 30 GmbHG in der Praxis Rechtsunsicherheit über dessen Zulässigkeit entstanden.
Der Entwurf greift die Sorgen der Praxis auf und schlägt eine allgemeine Regelung vor, die über das Cash-Pooling hinausreicht und zur bilanziellen Betrachtung des Gesellschaftsvermögens zurückkehrt: Danach kann eine Leistung der Gesellschaft an einen Gesellschafter dann nicht als verbotene Auszahlung von Gesellschaftsvermögen gewertet werden, wenn ein reiner Aktivtausch vorliegt, also der Gegenleistungs- oder Rückerstattungsanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter die Auszahlung deckt und zudem vollwertig ist. Eine entsprechende Regelung soll auch im Bereich der Kapitalaufbringung gelten.
e) Deregulierung des Eigenkapitalersatzrechts
Die sehr komplex gewordene Materie des Eigenkapitalersatzrechts (§§ 30 ff. GmbHG) wird erheblich vereinfacht und grundlegend dereguliert. Beim Eigenkapitalersatzrecht geht es um die Frage, ob Kredite, die Gesellschafter ihrer GmbH geben, als Darlehen oder als Eigenkapital behandelt werden. Das Eigenkapital steht in der Insolvenz hinter allen anderen Gläubigern zurück. Grundgedanke der Neuregelung ist, dass die Organe und Gesellschafter der gesunden GmbH einen einfachen und klaren Rechtsrahmen vorfinden sollen.
Dazu werden die Rechtsprechungs- und Gesetzesregeln über die kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen (§§ 32a, 32b GmbHG) im Insolvenzrecht neu geordnet; die Rechtsprechungsregeln nach § 30 GmbHG werden aufgehoben. Eine Unterscheidung zwischen „kapitalersetzenden“ und „normalen“ Gesellschafterdarlehen wird es nicht mehr geben.
3. Bekämpfung von Missbräuchen
Die aus der Praxis übermittelten Missbrauchsfälle im Zusammenhang mit der Rechtsform der GmbH sollen durch verschiedene Maßnahmen bekämpft werden:
Die Rechtsverfolgung gegenüber Gesellschaften soll beschleunigt werden. Das setzt voraus, dass die Gläubiger wissen, an wen sie sich wegen ihrer Ansprüche wenden können. Deshalb muss zukünftig in das Handelsregister eine inländische Geschäftsanschrift eingetragen werden. Dies gilt auch für Aktiengesellschaften, Einzelkaufleute, Personenhandelsgesellschaften sowie Zweigniederlassungen (auch von Auslandsgesellschaften). Wenn unter dieser eingetragenen Anschrift eine Zustellung (auch durch Niederlegung) faktisch unmöglich ist, wird die Möglichkeit verbessert, gegenüber juristischen Personen (also insbesondere der GmbH) eine öffentliche Zustellung im Inland zu bewirken.
Dies bringt eine ganz erhebliche Deregulierung für die Gläubiger der GmbHs, die bisher mit den Kosten und Problemen der Zustellung (insb. auch Auslandszustellungen) zu kämpfen hatten.
Die Gesellschafter werden im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft verpflichtet, bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung einen Insolvenzantrag zustellen. Hat die Gesellschaft keinen Geschäftsführer mehr, muss jeder Gesellschafter an deren Stelle Insolvenzantrag stellen, es sei denn, er hat vom Insolvenzgrund oder von der Führungslosigkeit keine Kenntnis. Die Insolvenzantragspflicht soll durch Abtauchen der Geschäftsführer nicht umgangen werden können.
Geschäftsführer, die Beihilfe zur Ausplünderung der Gesellschaft durch die Gesellschafter leisten und dadurch die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft herbeiführen, sollen stärker in die Pflicht genommen werden. Dazu wird das sog. Zahlungsverbot in § 64 GmbHG geringfügig erweitert.
Die bisherigen Ausschlussgründe für Geschäftsführer (§ 6 Abs. 2 Satz 3 GmbHG, § 76 Abs. 3 Satz 3 AktG) werden um Verurteilungen wegen Insolvenzverschleppung, falscher Angaben und unrichtiger Darstellung sowie Verurteilungen auf Grund allgemeiner Straftatbestände mit Unternehmensbezug (§§ 265b, 266 oder § 266a StGB) erweitert. Zum Geschäftsführer kann also nicht mehr bestellt werden, wer gegen zentrale Bestimmungen des Wirtschaftsstrafrechts verstoßen hat. Das gilt auch bei Verurteilungen wegen vergleichbarer Straftaten im Ausland.
Download Entwurf = http://shink.de/jvqou3
Quelle: Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz v. 23.05.2007
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8. DLM: Regeln für die Aufsicht über Fernseh-Gewinnspiele aktualisiert
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Die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) hat auf ihrer Sitzung am 26./27. Juni 2007 in Kassel neue Regeln für Fernseh-Gewinnspiele verabschiedet = http://shink.de/nurfob
Sie sollen die Gewinnspiele und ihre Auflösungen transparenter machen und die Chancengleichheit der Mitspieler gewährleisten. Zentrale Punkte sind dabei der Abbau von künstlichem Zeitdruck durch die Moderation, die Offenlegung der technischen Mechanismen, eine Dokumentation der ausgezahlten Gewinne und klare Referenzen bei Wortsuchspielen.
Der VPRT und die betroffenen Veranstalter haben an der Überarbeitung der Regeln mitgewirkt. Der Austausch über die Problematik der sog. „Call-in-Formate“ soll mit den privaten Sendern zum Zwecke der Fortschreibung der Regeln weitergeführt werden.
Zum Zwecke eines umfassenden Verbraucherschutzes halten die Landesmedienanstalten aber eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage für das Einschreiten bei rechtswidrigen Fernseh-Gewinnspielsendungen im Rundfunkstaatsvertrag für geboten.
„Aufsichtsmaßnahmen gegen unlautere Gewinnspiele im Fernsehen erfordern eine klare rechtliche Grundlage; die DLM wird hierzu einen Vorschlag unterbreiten“, so der DLM-Vorsitzende Reinhold Albert. Von Seiten der Länder wurde bereits eine mögliche Aufnahme in den 10. Rundfunkänderungs-Staatsvertrag signalisiert.
In Bezug auf die Aufsicht über Gewinnspiele im Hörfunk sind vergleichbare Handreichungen erarbeitet worden. Eine derzeit laufende Programmanalyse der Hörfunk-Gewinnspiele in allen Bundesländern soll weitere Parameter erbringen, die Grundlage der Erörterung mit den Verbänden der Hörfunkveranstalter sein und zu einer Fortschreibung der Handreichungen führen wird.
Quelle: Pressemitteilung der DLM v. 26.06.2007
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9. Neuer Aufsatz von RA Dr. Bahr: Online-Auswirkungen des neuen Versicherungsvermittlergesetzes
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Es gibt einen neuen Aufsatz von RA Dr. Bahr zum Thema "Die Auswirkungen des neuen Versicherungsvermittlergesetzes auf den Online-Bereich" = http://shink.de/pjg6jx
Von der allgemeinen Öffentlichkeit weitestgehend unbeachtet, ist das "Gesetz zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts (kurz: Versicherungsvermittlergesetz)" zum 22.05.2007 in Kraft getreten. Der Artikel beleuchtet die sich dadurch ergebenden Auswirkungen auf den Bereich des Online-Rechts.
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10. Law-Podcasting.de: Geldwäscherechtliche Bestimmungen im Glücksspiel-Bereich
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Auf www.Law-Podcasting.de , dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es ab sofort einen Podcast zum Thema "Geldwäscherechtliche Bestimmungen im Glücksspiel-Bereich" = http://shink.de/l075k6
Inhalt:
Ende 1993 trat das „Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten“ – kurz Geldwäschegesetz (GwG) genannt – in Kraft. Es wurde damals eingeführt, um den illegalen Handlungen der organisierten Kriminalität (Rauschgift, Schutzgelderpressung, Zuhälterei, Zigarettenschmuggel) zu begegnen. Denn Achilles-Ferse aller illegalen Aktivitäten ist nach wie vor das Bargeld.
Erst wenn es auf legalem Wege auf dem Ko-to der betreffenden Person angekommen und somit „rein gewaschen“ ist, kann es auch problemlos in aller Öffentlichkeit genutzt werden. Einem solchen illegalen Handeln versucht das GwG mittels einer umfangreichen Identifizierungspflicht von vornherein den Hahn abzudrehen.
Der heutige Podcast beleuchtet die geldwäscherechtliche Bestimmungen im Glücksspiel-Bereich.
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11. Ixplorer 5003: Online-Recht in Form einer monatlichen Science-Fiction-Hörspiel-Serie - Teil 3
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Vor kurzem ist die Science-Fiction-Hörspiele-Serie "Ixplorer 5003" der Kanzlei Dr. Bahr gestartet, in der in zwölf Hörspielfolgen von jeweils ca. 15 Minuten ein Dutzend Fragen des Online-Rechts an Beispielen erläutert und kommentiert werden. Sprecher sind Andreas Fröhlich ("Die Drei ???", "Eragon") und Elena Wilms ("Peter Lundt - Blinder Detektiv"). Jeweils zum Anfang eines Monats steht unter http://www.Captain-Ormog.de eine neue Folge zum kostenlosen Download bereit.
Seit dem 1. Juli gibt es nun die 3. Folge "Laika - die lächelnde Hündin" (= http://shink.de/l2cf2p) mit den Jura-Themen "Impressumspflichten bei Webseiten" und "Missbrauch bei Abmahnungen".
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