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Die Themen im Überblick:
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1. BVerfG: Domain-Entscheidung "maxem.de" verfassungsgemäß
2. BVerfG: Zulässige Bildberichterstattung über eine Privatperson
3. BVerfG: Vererblichkeit vermögenswerter Bestandteile des Persönlichkeitsrecht
4. KG Berlin: Verbot einer Fotoveröffentlichung umfasst auch Silhouette
5. OLG München: eBay haftet als Mitstörer für Urheberrechtsverletzungen
6. LG München I: Sittenwidrige Schädigung bei kommerziellem Domain-Grabbing
7. VG Arnsberg: Private Sportwetten rechtmäßig
8. VG Frankfurt a.M.: Private Sportwetten sind verboten
9. VG Potsdam: Private Sportwetten rechtmäßig
10. Verhaltenskodex der Klingelton-Anbieter in Kraft getreten
11. Law-Podcasting.de: Kritische Angebote in Partnerprogrammen: Finanzprodukte
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1. BVerfG: Domain-Entscheidung "maxem.de" verfassungsgemäß
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Das BVerfG (Beschl. v. 21.09.2006 - Az.: 1 BvR 2047/03) entschieden, dass das vom BGH gefällte Urteil in Sachen Domains maxem.de (Urt. v. 26.06.2003 - Az.: I ZR 296/00 = http://shink.de/43yyyw) verfassungsgemäß ist.
Der BGH hatte dem Namensinhaber und Kläger Maxem die Domain zugesprochen, obgleich der Beklagte die Domain zeitlich früher registriert hatte und unter dem Pseudonym Maxem in der Öffentlichkeit auftrat. Die Zivilrichter räumten damals dem Namensinhaber die besseren Rechte gegenüber dem Pseudonym-Träger ein.
Diese Rechtsansicht ist nun durch das BVerfG bestätigt worden:
"Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Bundesgerichtshof in der Verwendung des Domain-Namens "maxem.de" durch den Beschwerdeführer einen Eingriff in das durch § 12 BGB geschützte Namensrecht des Klägers sieht.
Verfassungsrechtlich ist auch nicht zu beanstanden, dass der Bundesgerichtshof dem Kläger als dem Träger des bürgerlichen Namens Maxem trotz früherer Registrierung des Domain-Namens durch den Beschwerdeführer das bessere Recht eingeräumt hat.
Das Prioritätsprinzip als Regel der Konfliktentscheidung ist verfassungsrechtlich zwar erlaubt (...), aber nicht geboten. Der von dem Bundesgerichtshof aus dem einfachen Recht abgeleitete Vorrang des bürgerlichen Namens ist angesichts von dessen Bedeutung für die Bezeichnung der Person als Entscheidungsregel verfassungsrechtlich jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn das Pseudonym noch keine allgemeine Verkehrsgeltung erlangt hat, wovon der Bundesgerichtshof ausgegangen ist, und es dem Betroffenen nicht verwehrt wird, es zusammen mit einem weiteren Zusatz als Internetadresse zu nutzen."
Ergebnis: Damit hat grundsätzlich der Namensträger die besseren Rechte. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann der Pseudonym-Träger sich auf das Prioritätsprinzip berufen.
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2. BVerfG: Zulässige Bildberichterstattung über eine Privatperson
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Anfang des Jahres 2002 hatte sich zwischen der Beschwerdeführerin, die bis dahin in keiner Weise in das Blickfeld der Medienöffentlichkeit getreten war, und dem Ehemann einer prominenten Schauspielerin eine Liebesbeziehung entwickelt. Im Februar 2002 veröffentlichte die Presse Lichtbilder, die das Paar gemeinsam zeigten. In der Folgezeit zerbrach die Ehe des Partners der Beschwerdeführerin. Dies wurde Gegenstand einer umfangreichen Presseberichterstattung, die auch die Rolle der Beschwerdeführerin einschloss. Die insbesondere gegen eine Bildberichterstattung gerichteten Unterlassungsklagen der Beschwerdeführerin hatten erstinstanzlich in vollem Umfang Erfolg.
Noch während der gegen diese Entscheidungen anhängigen Rechtsmittelverfahren suchte die Beschwerdeführerin im Januar 2003 zusammen mit ihrem Partner eine Veranstaltung zur Verleihung eines Film- und Videopreises auf, die regelmäßig ein erhebliches Medieninteresse auf sich zieht. Bei dieser Gelegenheit wurde die Beschwerdeführerin von ihrem Partner in einer kurzen Stellungnahme einem Mitarbeiter einer auf dem Gebiet der Unterhaltungspresse führenden Tageszeitung als seine neue Lebensgefährtin vorgestellt. Die Beschwerdeführerin nahm diese Stellungnahme ihres Partners hin und duldete ferner die Anfertigung von Lichtbildern, welche sie zusammen mit ihrem Partner zeigen.
Im Hinblick auf diesen Auftritt der Beschwerdeführerin wiesen das berlandesgericht und der Bundesgerichtshof die Unterlassungsklagen der Beschwerdeführerin zum überwiegenden Teil ab. Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Die Erwägungen, mit denen die Gerichte den Medienberichterstattern den Schutz des Grundrechts der Pressefreiheit zugebilligt und den von ihnen verfolgten Informationsinteressen bei der Abwägung Vorrang vor den Belangen des Persönlichkeitsschutzes eingeräumt haben, sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere haben die Gerichte die Belange des Schutzes des Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin mit dem vollen ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Gerichte den Auftritt der Beschwerdeführerin im Januar 2003 als freiwillige Mitveranlassung einer auf ihre Privatsphäre bezogenen Medienberichterstattung eingestuft haben, die hinreichend schwer wiege, ein Zurücktreten des Schutzanspruchs des Persönlichkeitsrechts auch hinter ein allein unterhaltend ausgerichtetes Informationsinteresse zu rechtfertigen.
Eine solche nachträgliche Selbstöffnung der Privatsphäre durften die Fachgerichte einfachrechtlich als Umstand heran ziehen, der zum Wegfall des zukunftsgerichteten Unterlassungsanspruchs führen kann. In welchem Umfang der Einzelne berechtigterweise davon ausgehen darf, den Blicken der Öffentlichkeit nicht ausgesetzt zu sein und in seinem Verhalten nicht Gegenstand einer Medienberichterstattung zu werden, lässt sich nur unter Berücksichtigung der konkreten Situation und damit unter Einbezug des eigenen Verhaltens des Betroffenen beurteilen.
Es widerspricht nicht den im Grundgesetz verbürgten Anforderungen des Persönlichkeitsschutzes, wenn die Fachgerichte in Übereinstimmung mit von dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Grundsätzen auch den Umstand berücksichtigt haben, dass eine künftige Veröffentlichung der beanstandeten Lichtbilder nur in anderer Form erneut in die Öffentlichkeit tragen würde, was der Unterhaltungspresse bereits aus Anlass des Auftritts der Beschwerdeführerin vom Januar 2003 und mit ihrem Einvernehmen zur Kenntnis gebracht worden war.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 85/2006 des BVerfG vom 28.09.2006
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3. BVerfG: Vererblichkeit vermögenswerter Bestandteile des Persönlichkeitsrecht
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Die Beschwerdeführerin vertreibt Fotokopiergeräte. Im Jahr 1993 warb sie in einer Zeitungsanzeige unter der Überschrift „Vom Blauen Engel schwärmen, genügt uns nicht“ für die Umweltfreundlichkeit ihrer Geräte und verwendete dabei eine Fotografie, auf der eine bekannte Szene aus dem Film „Der blaue Engel“ mit Marlene Dietrich von einer ähnlich gekleideten Person nachgestellt wurde. Die Tochter und Alleinerbin von Marlene Dietrich verlangte durch eine von ihr und ihrem Sohn gegründete Verwertungsgesellschaft von der Beschwerdeführerin Zahlung einer angemessenen Lizenzvergütung.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht wiesen die Klage zunächst ab, da bei einer Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts ein Anspruch auf Ersatz von Vermögensschäden nicht bestehe. Der Bundesgerichtshof bejahte dagegen einen Schadensersatzanspruch, da das allgemeine Persönlichkeitsrecht dem Schutz nicht nur ideeller, sondern auch kommerzieller Interessen der Persönlichkeit diene. Würden diese vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts durch eine unbefugte Verwendung des Bildnisses schuldhaft verletzt, stehe dem Träger des Persönlichkeitsrechts ein Schadensersatzanspruch zu. Die entsprechenden Befugnisse gingen auf den Erben des Trägers des Persönlichkeitsrechts über.
Die Verfassungsbeschwerde, mit der die Beschwerdeführerin rügt, dass der Bundesgerichtshof die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung nicht beachtet habe, hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Gegen die richterliche Rechtsfortbildung, die in der Anerkennung vererblicher vermögenswerter Bestandteile des zivilrechtlichen Persönlichkeitsrechts liegt, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Für diese Rechtsfortbildung lässt sich allerdings nicht anführen, dass durch sie verpflichtende Vorgaben der Verfassung konkretisiert werden.
Das Grundgesetz gebietet einen postmortalen Schutz der Persönlichkeit gegen Angriffe auf die Menschenwürde. Einen Schutz vor einer kommerziellen Ausbeutung, die nicht mit einer Menschenwürdeverletzung verbunden ist, kennt das Grundgesetz im Bereich des postmortalen Schutzes nicht. Das Grundgesetz steht der einfachrechtlichen Anerkennung eines solchen Schutzes aber nicht entgegen.
Die erkennenden Gerichte durften die sich aus dem Kunsturhebergesetz ergebende Rechtslage für ergänzungsbedürftig halten. Mit verbesserten technischen Mitteln und gesteigerter Bedeutung der Medien hat die Möglichkeit, Bestandteile der Persönlichkeit zu kommerzialisieren, an Vielfalt, Ausmaß und Intensität zugenommen. In der rechtlichen Anerkennung der Möglichkeit zur Kommerzialisierung des Rechts am Bild und zugleich in den Vorkehrungen zur Effektivierung des Schutzes gegen eine unerlaubte Nutzung des Bildes liegt keine unzulässige Rechtsfortbildung.
Auch ist die Annahme des Bundesgerichtshofs, dass die vermögenswerten Bestandteile des Rechts am eigenen Bild nach dem Tod des Rechtsträgers auf seine Erben übergehen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Diese Annahme widerspricht nicht § 22 Satz 3 Kunsturhebergesetz, wonach das Recht zur Einwilligung in die Verwendung des Bildes postmortal den Angehörigen des Abgebildeten zusteht. Diese Norm ist keine nach Wortlaut, Systematik und Sinn abschließende Regelung auch der Frage, wer einen Vermögenswert aus der Verwertung des Bildes geltend machen kann.
Die Norm steht historisch in ihrem Bezug auf den Schutz ideeller Interessen. Heute hat sich das Recht am Bild über diese ideelle Schutzposition hinaus dahingehend entwickelt, dass die Norm auch im Dienst von Vermögensinteressen steht. Insoweit hat der Gesetzgeber nicht geklärt, wem die Vermögensvorteile zustehen sollen und insbesondere, ob dies nur die Einwilligungsberechtigten sein dürfen. Die entsprechende Klärung kann Gegenstand richterlicher Rechtsfortbildung sein.
Es entspricht den Grundgedanken des bürgerlichen Rechts, die Wahrnehmung solcher Vermögensinteressen den Erben zuzugestehen.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 84/2006 des BVerfG vom 27.09.2006
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4. KG Berlin: Verbot einer Fotoveröffentlichung umfasst auch Silhouette
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Das KG Berlin (Beschl. v. 22.08.2006 - Az.: 9 W 114/06: PDF = http://shink.de/bn4n6) hatte darüber zu entscheiden, ob gegen ein gerichtliches Verbot einer Fotoveröffentlichung verstoßen wird, wenn lediglich die Silhouette der betreffenden Person abgebildet wird.
Die Gläubigerin hatte gegen die Schuldnerin eine einstweilige Verfügung erwirkt, in der es der Schuldnerin verboten worden war, Bilder von der Gläubigern abzudrucken. Daraufhin lichtete die Schuldnerin nur eine Silhouette der Gläubigerin ab.
Hierin sah diese jedoch eine Verletzung des gerichtlichen Verbots.
Zu Recht wie das KG Berlin entschied:
"(...) Das Landgericht [hat] zu Recht ein Ordnungsgeld verhängt, weil die Schuldnerin die Silhouette der Gläubigerin aus dem der einstweiligen Verfügung zugrunde liegenden Foto abgedruckt hat.
Die Silhouette stellt aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung ein Bild der Gläubigerin dar; an die Erkennbarkeit sind nur geringe Anforderungen zu stellen (...).
Jedoch ist hier ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 EUR angemessen und ausreichend, weil das Bild nur beschränkte Hinweise auf die Identität der Gläubigerin ergibt, die sich vornehmlich aus der Namensangabe ergibt."
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5. OLG München: eBay haftet als Mitstörer für Urheberrechtsverletzungen
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Das OLG München (Urt. v. 21.09.2006 - Az.: 29 U 2119/06 = http://shink.de/lxgz6l) hat entschieden, dass das Online-Auktionshaus eBay als Mitstörer für urheberrechtswidrige Versteigerungen haftet.
Und zwar dann, wenn eBay über die Rechtswidrigkeit informiert wurde, aber keine angemessenen Maßnahmen unternimmt, zukünftige Rechtsverletzungen zu vermeiden.
"Die Beklagte haftet deshalb für gleichgelagerte Urheberrechtsverletzungen nach Zugang des klägerischen Schriftsatzes vom 24.06.2005, wie sie mit den Angeboten der Anbieter (...) unter den Artikelnummern (...) erfolgt sind, als Störerin.
Die Beklagte hat im Termin vom 03.08.2006 eingeräumt, dass ihr technische Maßnahmen in Gestalt von Filtersoftware zur Verfügung stehen, mit denen derartigen urheberrechtsverletzenden Angeboten jedenfalls in bestimmtem Umfang entgegengewirkt werden kann."
Das OLG bestätigt damit die Entscheidung der 1. Instanz, vgl. die Kanzlei-Infos v. 13.08.2006 = http://shink.de/m3lspw
Schließlich bejahen die Münchener Richter auch den geltend gemachten Auskunftsanspruch gegenüber eBay auf Herausgabe der personenbezogenen Daten. Als Rechsgrundlage ziehen sie § 101a UrhG heran.
Das OLG setzt sich dabei - anders als das LG - umfangreich mit der datenschutzrechtlichen Problematik auseinander:
"Nach § 3 Abs. 1 TDDSG dürfen personenbezogene Daten zur Durchführung von Telediensten nur erhoben, verarbeitet und genutzt werden, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat.
§ 101a UrhG ist jedoch eine „andere Rechtsvorschrift“ (...).
Dass der Gesetzgeber des Produktpirateriegesetzes bei der Einführung von § 101a UrhG im Jahr 1990 den besonderen Gegebenheiten bei Telediensten nicht speziell Rechnung getragen, sondern mit § 101a UrhG eine Vorschrift erlassen hat, die zwischen Online- und Offlinebereich nicht differenziert, steht der Anwendung von § 101a UrhG gegenüber Diensteanbietern im Sinne des § 11 TDG wie der Beklagten nicht grundsätzlich entgegen."
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6. LG München I: Sittenwidrige Schädigung bei kommerziellem Domain-Grabbing
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Das LG München I hat erneut in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 04.07.2006 - Az.: 33 O 2343/06: PDF via MIR = http://shink.de/mclqb1) festgestellt, dass kommerzielles Domain-Grabbing eine sittenwidrige Schädigung darstellt.
Eine nahezu identische Konstellation lag schon im April diesen Jahres vor, vgl. die Kanzlei-Infos v. 22.08.2006 = http://shink.de/vyqwj0
Im vorliegenden Fall registrierte der Beklagte in kommerzieller Absicht frei gewordene Domains, ohne Rücksicht auf die schutzwürdigen Interessen Dritter und leitete diese Domain auf Sexseiten weiter. Der Kläger sah sich hierdurch in seinen Namens und Kennzeichenrechten verletzt und mahnte den Beklagten kostenpflichtig ab. Der Beklagte gab zwar die Domain frei, lehnte aber die Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.
Daraufhin begehrte der Kläger nun die Freigabe der Domain vor dem LG München.
Zu Recht wie die Münchener Richter entschieden:
"Die Klägerin hat gegen die Beklagten (...) einen Anspruch auf Unterlassung, die Domain (...) zu registrieren und dort pornographische Inhalte, insbesondere der Website www.(...)sex.ag zum Abruf bereit zu stellen, aus §§ 826, 1004 BGB unter dem Gesichtspunkt des „Domain-Grabbings“.
(...) Durch die Registrierung der streitgegenständlichen Domain (...) wurde ein rechtlich anerkanntes Interesse der Klägerin, ihr Namensrecht an dem (Gemeinde-)Namen (...) beeinträchtigt.
Der Gebrauch des Namens eines anderen zur Registrierung einer Domain stellt regelmäßig (...) eine Namensverletzung dar (...).
Im vorliegenden Fall wurde über die bloße Registrierung der Seite hinaus die Domain für die Bereitstellung von Inhalten (Zugang zu „Hardcore“-Sex-Seiten) genutzt, was die Namensrechte der Klägerin, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, in besonderer Weise verletzt."
Und weiter:
"Es liegt auch ein Verstoß gegen die guten Sitten vor. (...)
Die Beklagten gehen planmäßig vor. Nach dem Vortrag der Klägerin (...) suchen die Beklagten gezielt und unter Einschaltung der „Mithilfe“ von diversen externen privaten Nutzern (durch dort installierte entsprechende Programme) nach frei gewordenen Domains.
(...) Die Beklagten haben dabei nicht nur keine Vorkehrungen dagegen getroffen, dass sie marken- oder namensrechtlich geschützte Domains registrieren, sondern sie registrieren vielmehr gezielt Domains „die nach ihrer Form darauf schließen lassen, dass es sich um den vollen bürgerlichen Namen einer natürlichen Person, um einen Firmennamen oder, wie im vorliegenden Fall, um den Namen einer Vereinigung handelt“ (...).
(...) Die Beklagten teilen den materiell Berechtigten der von ihnen registrierten Domains die Tatsache nicht mit, dass sie die Domains vor dem Zugriff unberechtigter „gerettet“ haben. Wenn die Beklagten tatsächlich, wie sie vorbringen, ein Interesse an der Rückgabe der Domains an die Berechtigten hätten, würden sie sich an diese wenden. Dies ist auch nicht unzumutbar, da über die DENIC nicht nur, wie die Beklagten vortragen, e-mail-Adressen, sondern auch weitere Details über Ansprechpartner ermittelt werden können.
(...) Jedenfalls im konkreten vorliegenden Fall ist gerade keine anstandslose Rückgabe der streitgegenständlichen Domain an die Berechtigte erfolgt. Der Beklagte (...) hat diese vielmehr am 11.11.2005 bei der DENIC zum Close gemeldet (...) mit der Folge, dass diese zunächst an eine bulgarische Firma fiel (...).
Das Vorgehen der Beklagten hatte im vorliegenden Fall die Folge, dass auf der Website der (öffentlich-rechtlichen) Feuerwehr (...) statt Informationen im Zusammenhang mit dem Aufgabenkreis der Feuerwehr (...) der Zugang zu pornographischen Inhalten eröffnet wurde, was auch ein nicht unerhebliches Presse-Echo nach sich zog."
Die aktuelle Entscheidung liegt somit auf der gleichen Linie wie die aus April 2006. D.h.: Kommerzielles Domain-Grabbing ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände und ohne Rücksicht auf Marken- und Namensrecht ist eine sittenwidrige Schädigung.
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7. VG Arnsberg: Private Sportwetten rechtmäßig
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Die uneinheitliche Rechtsprechung in Sachen Sportwetten setzt sich auch nach der Entscheidung des BVerfG (Urt. v. 28.03.2006 - Az.: 1 BvR 1054/01 = http://shink.de/sv17b2) weiter fort. Aktuelles Beispiel dafür ist die verwaltungsrechtliche Entscheidung des VG Arnsberg.
VG Arnsberg (Beschl. v. 22.08.2006 - Az.: 1 L 633/06) = http://shink.de/msn1ce
"Leitsätze:
1. Das nordrhein-westfälische Sportwettenrecht verstößt gegen EU-Recht.
2. Entgegen dem OVG NRW (Beschl. v. 28.06.2006 - Az.: 4 B 961/06) existiert kein allgemeines Prinzip der Rechtssicherheit, dass die Rechtsfolgen einer Kollision mit höherrangigem Recht beschränkt, um unerträgliche Konsequenzen einer sonst eintretenden Regelungslosigkeit zu vermeiden.
3. Das Verbot, private Sportwetten an im EU-Ausland konzessionierte Anbieter zu vermitteln, ist daher rechtswidrig."
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8. VG Frankfurt a.M.: Private Sportwetten sind verboten
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Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom heutigen Tage den Eilantrag des Betreibers eines privaten Wettbüros in Frankfurt am Main abgelehnt, mit dem sich dieser gegen eine vom Ordnungsamt der Stadt Frankfurt am Main am 08.08.2006 erlassene Untersagungsverfügung gewandt hatte.
Die für das Polizei- und Ordnungsrecht zuständige 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main folgte in der Begründung im Wesentlichen einer Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25.07.2006, in dem dieser u. a. festgestellt hatte, die private Vermittlung von Oddset-Sportwetten erfülle den Straftatbestand des unerlaubten Bereitstellens von Einrichtungen für verbotenes Glücksspiel (§ 284 Abs. 1 StGB) und könne daher behördlich untersagt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) führte in dieser Entscheidung weiter aus, die Veranstaltung und die Vermittlung von Sportwetten seien - wie auch in anderen Bundesländern - ausschließlich staatlich konzessionierten Anbietern vorbehalten. Zwar habe das Bundesverfassungsgerichts in einem Grundsatzurteil vom 28.03.2006 betreffend das bayerische Staatslotteriegesetz entschieden, das staatliche Sportwettenmonopol sei in seiner jetzigen Ausgestaltung nicht mit der Berufsfreiheit des Sportwettenvermittlers nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar, weil das entsprechende Gesetz nicht konsequent auf Belange des Allgemeinwohls wie beispielsweise die Bekämpfung der Wettsucht und die Vermeidung von kriminellen Begleiterscheinungen der Veranstaltung von Sportwetten ausgerichtet sei.
Das Gericht habe jedoch klargestellt, dass die derzeitige Rechtslage für einen Übergangszeitraum bis zum 31. Dezember 2007 anwendbar bleibe, in dem der Landes- bzw. Bundesgesetzgeber die rechtlichen Voraussetzungen für eine den grundrechtlichen Anforderungen entsprechende Ausübung des Staatsmonopols schaffen müsse. In dieser Übergangszeit könnten die zuständigen Behörden die private Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten unterbinden, sofern unverzüglich damit begonnen werde, das bestehende Wettmonopol konsequent an Belangen des Allgemeinwohls auszurichten.
Hierzu sei insbesondere erforderlich, die Werbung für die staatlichen Oddset-Wetten auf eine bloße Aufklärung über Wettmöglichkeiten zu beschränken und geeignete Maßnahmen zur Suchtprävention und zum Jugendschutz zu ergreifen.
Da in Hessen nach Ergehen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts – so der VGH - umgehend damit begonnen worden sei, die Werbemaßnahmen für die durch Hessenlotto veranstalteten Oddset-Sportwetten zurück zu fahren (Einstellung von Halbzeitwetten, Verzicht auf eine Live-Wette, Einstellung von Bandenwerbung in Fußballstadien), Schutzmaßnahmen für Spielteilnehmer einzuführen (z. B. die Möglichkeit einer Selbstsperre) und Maßnahmen der Suchtprävention einzuleiten, könne durch die zuständigen Ordnungsbehörden die private Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten mit sofortiger Wirkung untersagt werden.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main ist in seiner heutigen Entscheidung diesen Ausführungen weitgehend gefolgt und hat dabei ergänzend festgestellt, dass der - nach der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung erarbeitete - Oddset-Maßnahmenkatalog der Lotterie-Treuhandgesellschaft mbH Hessen vom 10.04.2006 in den Folgemonaten konsequent umgesetzt worden sei, was sich im Einzelnen aus einer im Gerichtsverfahren vorgelegten Dokumentation „Spielsucht und Jugendschutz“ vom 19.09.2006 ergebe, die insgesamt 132 solcher Maßnahmen aufliste.
Schließlich verstoße die Untersagungsverfügung auch nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, insbesondere greife das Verbot der privaten Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten nicht in unzulässiger Weise in die gemeinschaftsrechtlich verbürgte Dienstleistungsfreiheit des Wettanbieters ein. Denn auch nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes könne ein Eingriff in die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bzw. aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses unter bestimmten Voraussetzungen, die hier vorlägen, gerechtfertigt sein.
Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde eingelegt werden, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof entscheidet.
Az.: 7 G 3182/06(V)
Quelle: Pressemitteilung des VG Frankfurt a.M. v. 29.09.2006
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9. VG Potsdam: Private Sportwetten rechtmäßig
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Die uneinheitliche Rechtsprechung in Sachen Sportwetten setzt sich auch nach der Entscheidung des BVerfG (Urt. v. 28.03.2006 - Az.: 1 BvR 1054/01 = http://shink.de/sv17b2) weiter fort. Aktuelles Beispiel dafür ist die verwaltungsrechtliche Entscheidung des VG Potsdam.
VG Potsdam (Beschl. v. 11.09.2006 - Az.: 3 L 312/06) = http://shink.de/nw1ob8
"Leitsätze:
1. Das brandenburgische Sportwettenrecht verstößt gegen EU-Recht.
2. Entgegen dem OVG NRW (Beschl. v. 28.06.2006 - Az.: 4 B 961/06) existiert kein allgemeines Prinzip der Rechtssicherheit, dass die Rechtsfolgen einer Kollision mit höherrangigem Recht beschränkt, um unerträgliche Konsequenzen einer sonst eintretenden Regelungslosigkeit zu vermeiden.
3. Das Verbot, private Sportwetten an im EU-Ausland konzessionierte Anbieter zu vermitteln, ist daher rechtswidrig."
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10. Verhaltenskodex der Klingelton-Anbieter in Kraft getreten
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Weitgehend unbeobachtet von der Öffentlichkeit ist der Verhaltenskodex der deutschen Klingeltonanbieter zum 1. Oktober 2006 in Kraft getreten.
Die Regelungen enthalten schwerpunktmäßig nachfolgende Bestimmungen:
- Handshake-Verfahren für Abo-Services: Nach der Anforderung eines Abonnements wird der Kunde durch eine SMS aufgefordert, den Vertragsabschluss zu bestätigen. Diese SMS enthält Angaben zum Preis und zum Anbieter. Erst mit der Bestätigung kommt ein Vertrag zustande.
- Einheitliche Key-Words für SMS-/MMS-Abos: Dienste können einheitlich gestartet und beendet werden. Beispielsweise startet ein Kunde mit START, GO, JA und OK einen Abo-Dienst, mit STOP "Dienstename" beendet er ihn wieder.
- Welcome SMS/MMS für Chat-Dienste: Anbieter von Chat-Diensten verpflichten sich, eine Welcome-Nachricht zu verschicken, die den Namen des Inhalteanbieters, eine Leistungsbeschreibung sowie den Preis einer SMS oder MMS enthält. Nutzt ein Kunde den Chat sieben Tage lang nicht, muss der Anbieter erneut eine Welcome-Nachricht verschicken.
- Preistransparenz: Beim Angebot von Premium-SMS/MMS wird der Preis für die Leistung bis auf zwei Stellen nach dem Komma genau angegeben, ein Hinweis auf gegebenenfalls anfallende Transportkosten ist aufzunehmen und der Preis ist in unmittelbarer Nähe zur Kurzwahlnummer deutlich erkennbar anzugeben.
- Leistungskündigung: Der Mobilfunkkunde kann ein Abonnement jederzeit kündigen. Die Kündigung wird bei eventbasierten Abonnements sofort und bei Budgetabonnements zum Ende des vereinbarten Abrechnungszeitraums wirksam.
- Kostenkontrolle: Anbieter von Premium-SMS-/MMS-Diensten informieren über eine Bill-Warning-SMS, wenn innerhalb eines Kalendermonats bei Einzel- oder Chat-Diensten ein Betrag von über 50 Euro pro Dienst oder pro Inhalteanbieter und Rufnummer des Endkunden erreicht wird.
(Quelle: Zitiert nach der Pressemitteilung v. 04.07.2006 von Jamba)
Knapp 30 Klingelton-Anbieter, u.a. dtms, E-Plus, Jamba, 02 und T-Mobile, haben bislang unterschrieben.
Verbraucherschützer, z.B. no abuse in internet (nain) = http://shink.de/3q76vn, kritisieren vehement den Verhaltenskodex. Es werde, so die Kritik, ohnehin nur das festgeschrieben, was schon heute gesetzlich fixiert sei. Zudem fehle an ausreichenden Sanktionsmöglichkeiten im Falle von Verstößen.
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11. Law-Podcasting.de: Kritische Angebote in Partnerprogrammen: Finanzprodukte
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Auf www.Law-Podcasting.de , dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es ab sofort einen Podcast zum Thema "Kritische Angebote in Partnerprogrammen: Finanzprodukte" = http://shink.de/zalb4j
Inhalt:
Partnerprogramme werden auch von Unternehmen aus der Finanzbranche im Marketing eingesetzt. Dieser Bereich ist zum Schutz des Verbrauchers gesetzlich stark reguliert. Eine eigene Aufsichtsbehörde, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, überwacht neben den Kreditinstituten auch den Vertrieb.
Häufig stellt sich die Frage, ob die strengen gesetzlichen Regeln auch für Affiliates gelten, die Finanzprodukte bewerben.
Der heutige Podcast geht all diesen Fragen nach.
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