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Newsletter vom 05.09.2012 |
Betreff: Rechts-Newsletter 36. KW / 2012: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BVerwG: Arzneimittel-Versorgungsvertrag setzt räumliche Nähe einer Apotheke voraus _____________________________________________________________ Der von einem Krankenhaus mit einer Apotheke geschlossene Vertrag über die Arzneimittelversorgung des Krankenhauses kann nur genehmigt werden, wenn die Apotheke in angemessener Nähe zum Krankenhaus liegt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. Die Klägerin ist Trägerin eines Krankenhauses in Münster, das über die krankenhauseigene Apotheke in Ahlen mit Arzneimitteln versorgt wird. Die Klägerin beabsichtigt, auch ein Krankenhaus in Bremen durch ihre Apotheke zu versorgen. Dem zu diesem Zweck geschlossenen Versorgungsvertrag mit dem Krankenhausträger in Bremen versagte das beklagte Land die Genehmigung, weil bei der Entfernung zwischen Apotheke und Krankenhaus (216 km) nicht sichergestellt sei, dass Arzneimittel und pharmazeutische Beratungsleistungen im Notfall unverzüglich zur Verfügung gestellt würden. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Genehmigung des Versorgungsvertrags abgewiesen, das Oberverwaltungsgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision des Beklagten zum Bundesverwaltungsgericht hatte Erfolg und führte zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Nach dem Apothekengesetz können Krankenhäuser wählen, ob sie ihre Arzneimittelversorgung über eine eigene Krankenhausapotheke sicherstellen oder aber über eine externe öffentliche Apotheke oder die Krankenhausapotheke eines anderen Krankenhauses. Entscheidet sich das Krankenhaus für eine externe Lösung, muss es mit der Apotheke einen Arzneimittel-Versorgungsvertrag schließen, der zu seiner Rechtswirksamkeit der Genehmigung der zuständigen Behörde bedarf. Voraussetzung für die Genehmigungserteilung ist u.a., dass die Apotheke Arzneimittel, die das Krankenhaus zur akuten medizinischen Versorgung besonders dringlich benötigt, unverzüglich und bedarfsgerecht zur Verfügung stellen kann. Unverzüglichkeit im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung verlangt, dass die benötigten Medikamente im Eilfall zeitnah im Krankenhaus bereitstehen müssen. Das bedingt entgegen der Annahme des Oberverwaltungsgerichts zwingend, dass die Apotheke in räumlicher Nähe zum Krankenhaus liegen muss; denn die Länge des Transportweges bestimmt - neben weiteren Faktoren wie etwa der Beschaffenheit der Verkehrsanbindung - die Transportdauer maßgeblich. Anders als das Berufungsgericht meint, kann das Erfordernis der Ortsnähe auch nicht dadurch kompensiert werden, dass im Krankenhaus ein Notfalldepot eingerichtet wird, in dem selten gebrauchte, lebenswichtige Arzneimittel vorgehalten und bei Bedarf an die Stationen im Krankenhaus abgeben werden. Ein solches Depot, das von Gesetzes wegen eine Apotheke nicht ersetzen darf, kann nicht allen denkbaren medizinischen Notfallsituationen Rechnung tragen. Die Genehmigungsvoraussetzung einer unverzüglichen Arzneimittelbelieferung bezweckt aber, gerade auch für Fälle eines plötzlich auftretenden, nicht absehbaren Bedarfs die zeitnahe Bereitstellung dringend benötigter Arzneimittel durch die Apotheke sicherzustellen. Hiernach hat der Beklagte die Genehmigung des von der Klägerin vorgelegten Versorgungsvertrags zu Recht abgelehnt. Bei der Entfernung der Apotheke in Ahlen zum Krankenhaus in Bremen von 216 km und einem zudem stauanfälligen Transportweg (Autobahn A 1) ist eine unverzügliche Medikamentenbereitstellung, die nach den als Anhaltspunkt heranzuziehenden fachlichen Einschätzungen (u.a. Empfehlungen der Bundesapothekerkammer, des Bundesverbands der klinik- und heimversorgenden Apotheker und des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker) nicht viel mehr als eine Stunde in Anspruch nehmen sollte, nicht mehr gewährleistet. Darüber hinaus erfüllt der Versorgungsvertrag bei der gegebenen Entfernung auch nicht die weitere Genehmigungsvoraussetzung, dass das Krankenhauspersonal durch den Leiter der Krankenhausapotheke (oder einem von ihm beauftragten Apotheker der versorgenden Apotheke) im Bedarfsfall unverzüglich vor Ort im Krankenhaus pharmazeutisch beraten werden kann. BVerwG 3 C 24.11 - Urteil vom 30. August 2012 Vorinstanzen: OVG Münster, 13 A 123/09 - Urteil vom 19. Mai 2011 - VG Münster, 5 K 169/07 - Urteil vom 9. Dezember 2008 -
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 30.08.2012
Die Klägerin begehrte im vorliegenden Fall die gerichtliche Durchsetzung einen Gegendarstellungsanspruchs. Außergerichtlich hatte sie zunächst der Beklagten einen Text zukommen lassen. Einige Zeit später übersandte sie eine weitere Text-Fassung, ohne jedoch deutlich zu machen, was mit dem alten Dokument geschehen sollte. Die Richter des OLG Hamburg lehnten aus diesem Grunde den geltend gemachten Anspruch ab. Da die Veröffentlichung einer Gegendarstellung einen nicht unerheblichen Eingriff in den Geschäftsbetrieb eines Verlags bedeute, sei der Anspruch auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung an strenge formelle Voraussetzungen geknüpft. Hierzu gehöre insbesondere, dass der Betroffene seine Gegendarstellung dem Verbreiter in der Weise zuleiten müsse, dass dieser erkennen könne, durch die Veröffentlichung welchen Textes er dem geltend gemachten Anspruch genügen solle. Insbesondere dann, wenn der Betroffene dem Verbreiter mehrere unterschiedliche Gegendarstellungen zuleite, die sich gegen dieselbe Erstmitteilung richten, sei dies erforderlich.
Da die Klägerin in ihrem zweiten Schreiben nicht deutlich gemacht habe, was mit dem ersten Text geschehen solle, sei der Anspruch auf Gegendarstellung nicht entstanden.
Vor kurzem hatte die Rechtsanwälte angekündigt, ab Anfang September eine Liste bestimmter Gegner auf der eigenen Webseite zu veröffentlichen, denen vorgeworfen wird, urheberrechtlich geschützte Erotik-Filme zum Download angeboten zu haben. Im Wege der einstweiligen Anhörung - ohne Anhörung der Anwaltskanzlei - erließ nun das LG Essen eine einstweilige Verfügung, in denen den Advokaten verboten wird, den Namen des abgemahnten Antragstellers zu veröffentlichen. Das Gericht sieht darin einen unzulässigen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Da es sich bei dem Abgemahnten um eine Privatperson handle, sei der Eingriff besonders erheblich. Zudem müsse der Antragsteller befürchten, sozial stigmatisiert zu werden, da er in Verbindung mit pornografischem Material genannt werde. Eine Beeinträchtigung in seinem sozialen Ansehen sei dadurch wahrscheinlich.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Die dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH wollte mit ihrer Klage erreichen, dass der Konkurrentin dapd nachrichtenagentur GmbH verboten wird, weiterhin die Bezeichnung „dapd“ zu führen. Die Klägerin tritt seit langem unter der Abkürzung „dpa“ auf, während die Beklagte das Agenturkürzel „dapd“ erst seit 2010 führt. Die Klägerin sieht in der Verwendung der Buchstabenfolge „dapd“ eine bewusste und zielgerichtete Annäherung an die bekannte Abkürzung „dpa“. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte verletze mit der Verwendung der Abkürzung „dapd“ keine Firmen- und Markenrechte der Klägerin. Es bestehe keine Gefahr, dass relevante Teile des angesprochenen Publikums hinter der Bezeichnung „dapd“ die „dpa“ vermuten könnten. Zwar seien hier für die Annahme einer Verwechslungsgefahr eher geringe Anforderungen an die Zeichenähnlichkeit zu stellen, denn die Parteien vertrieben unter ihren Vergleichszeichen identische Dienstleistungen; außerdem verfügte die langjährig genutzte Marke dpa über eine deutlich gesteigerte Kennzeichnungskraft. Dennoch bestehe im Ergebnis keine Verwechslungsgefahr. Eine klangliche Verwechslung werde schon dadurch ausgeschlossen, dass eine dreisilbige Buchstabenfolge („depeah“) einer viersilbigen Folge („deahpede“) gegenüberstehe. Im Schriftbild begönnen beide Vergleichszeichen mit dem Buchstaben „d“. Die besondere Bedeutung eines übereinstimmenden Zeichenanfangs für die Verwechslungsgefahr werde aber dadurch gemindert, dass das „d“ in „dpa“ bekanntlich für “deutsche“ und damit den Sitz und die Tätigkeit der Klägerin in Deutschland stehe. Die Übereinstimmung der Bezeichnungen deute hier also lediglich auf denselben Sitz bzw. Tätigkeitsbereich hin. Im Übrigen stimme das ebenfalls für die Verwechslungsgefahr besonders bedeutsame Ende der Vergleichszeichen nicht überein. Weiter unterschieden sich sowohl die Zeichenlänge als auch Buchstabenabfolge. Und schließlich sei auch die übereinstimmende durchgehende Verwendung von Kleinbuchstaben im Geschäftsleben allgemein und speziell im Bereich der Nachrichtenagenturen (rtr, epd, ddp) weit verbreitet und daher wenig markant. Wer von einer unter „dapd“ betriebenen Nachrichtenagentur erfahre, werde zwar vielfach an die Klägerin denken, dies aber nicht aufgrund der Ähnlichkeit der Vergleichszeichen, sondern weil die Klägerin die bekannteste deutsche Nachrichtenagentur betreibe. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Sollte die Klägerin Berufung gegen das Urteil einlegen, wäre hierfür das Hanseatische Oberlandesgericht zuständig.
Quelle: Pressemitteilung des LG Hamburg v. 28.08.2012
Im o.g. Verfahren vor dem Landgericht Hamburg (324 O 406/12) hat der Antragsteller (Papst Benedikt XVI.) seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgenommen. Damit ist das Verfahren beendet. Der für den 31. August anberaumte Termin ist aufgehoben worden.
Quelle: Pressemitteilungen v. 29.08.2012 und v. 30.08.2012
Das Gericht ist der Auffassung, dass der Abdruck einer Gegendarstellung in der Zeitung zum Schutze von originären Mandatsrechten nicht erforderlich war. Zwar kann eine herabsetzende Berichterstattung Anlass für ein presserechtliches Verfahren sein. Das löst einen an die Kommune gerichteten Kostenerstattungsanspruch für eine Gegendarstellung aber erst dann aus, wenn auf die Ausübung des Mandates in einer Weise eingewirkt wird, dass die kommunalpolitische Tätigkeit nicht mehr aufgrund der inneren Willensbildung des Ratsmitgliedes erfolgt, sondern maßgeblich durch die erwartete Berichterstattung motiviert ist. Diese Grenze sah das Gericht im vorliegenden Fall nicht überschritten. Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück, 1. Kammer, vom 21.08.2012 zum Az. 1 A 70/12; die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des VG Osnabrück v. 22.08.2012
Die Klägerin, ein Telekommunikationsunternehmen, begehrte die Begleichung offener Verbindungsentgelte. Der Beklagte verweigerte jedoch die Zahlung, weil trotz Antragstellung die Klägerin eine Übernahme der Rufnummer nicht durchgeführt habe.
Ein solches Verhalten berechtige den Kunden zur außerordentlichen Kündigung, so dass er grundsätzlich ab diesem Zeitraum keine Entgelte schulde. Entsprechend Treu und Glauben müsse er jedoch die Leistungen bezahlen, die er in Anspruch genommen habe. Da der Beklagte über das Festnetz diverse Telefonate in das Ausland und in fremde Netze geführt habe, könne er sich nicht gleichzeitig auf das Vorliegen eines Zurückbehaltungsrechts berufen. Denn dies würde ein widersprüchliches und rechtsmissbräuchliches Verhalten darstellen.
Der Beklagte meldete der GEMA, dass er die Vervielfältigung von 2.000 CDs mit Musikstücken plane. Dabei benannte er bei einem Musikwerk als Urheber lediglich ein Pseudonym und berief sich darauf, dass das Stück unter einer Creative Commons-Lizenze veröffentlicht sei. Dies ließ das AG Frankfurt a.M. nicht ausreichen. Die GEMA-Vermutung schreibe der GEMA nicht unwiderleglich die Verwertungsrechte an allen Werken der Tanz- und Unterhaltungsmusik zu, sondern räume ihr angesichts der umfassenden Wahrnehmung von Rechten eine Erleichterung bei der Durchsetzung der Urheberrechte ein. Dies diene dem Schutz der Interessen der Urheber, deren Rechte von der GEMA umfangreich wahrgenommen werden Selbst dass, wie der Beklagte einwendet, mehrere Hunderttausende von Musiktiteln frei von einer Verwertungsgesellschaft zugänglich gemacht würden, reiche nicht aus, um den Bestand der GEMA-Vermutung als solcher in Frage zu ziehen. So sei es bereits unzureichend, dass der Beklagte lediglich die Musikgruppeals Inhaber der Rechte angab, nicht aber einen oder mehrere Urheber mit Namen benennt. Aus diesem Vortrag lasse sich nicht entnehmen, dass die unter dem Pseudonym angeblich handelnde Musikgruppe als solche Urheber sei, da als Urheber nur eine oder mehrere natürliche Personen in Betracht komme.
Mit der Angabe nur eines Pseudonyms bleibe der angebliche Urheber anonym und mache es der Beklagte der Klägerin unmöglich, die Urheberschaft und die Inhaberschaft an den Rechten und der Verwertungsbefugnis zu überprüfen.
Der Kläger nahm seit 2 Jahren an dem Online-Spiel der Beklagten teil. Mitte 2011 kündigte der Anbieter den Vertrag, weil es seiner Ansicht nach zu Unregelmäßigkeiten gekommen war. Gegen diese Kündigung klagte der Nutzer. Das AG Karlsruhe entschied, dass der Anbieter eines kostenloses Online-Spiels den Nutzungsvertrag jederzeit kündigen könne. Entsprechend der bei der Anmeldung akzeptierten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten könne dieser Spielenutzungsvertrag von beiden Parteien jederzeit ordentlich mit sofortiger Wirkung gekündigt werden, so die Richter. Dabei müsse noch nicht einmal geprüft werden, warum der Anbieter gekündigt habe, denn dieses Recht stehe ihm grundsätzlich zu.
Der User habe somit keinen Anspruch auf weitere Teilnahme an dem Online-Spiel.
Die Kammer sah es als erwiesen an, dass der Beamte sich des Verschaffens und Besitzes kinderpornographischer Dateien schuldig gemacht hat, indem er seit 2005 in über 20 Fällen über das Internet in seiner Wohnung Videofilme mit kinderpornographischem Inhalt auf seinem Computer gespeichert hat. Damit habe der Beamte sich achtungs- und vertrauensunwürdig verhalten und das Ansehen der Polizei geschädigt. Von einem Polizeibeamtem müsse erwartet werden, dass er sich in diesem Bereich auch außerhalb des Dienstes in jeder Hinsicht gesetzestreu verhalte. Einem Polizeibeamten, der sich im privaten Bereich kinderpornographisches Material verschaffe, könne kein Vertrauen mehr entgegengebracht werden. Im konkreten Falle wiege der festgestellte Verstoß besonders schwer, da der Beamte sich kontinuierlich über mehrere Jahre Dateien mit schwerem und damit besonders verwerflichem sexuellem Missbrauch an Kleinstkindern beschafft habe; dies selbst nachdem er bereits in das Visier disziplinar- und strafrechtlicher Ermittlungen geraten war. Darüber hinaus habe der beklagte Polizeibeamte über Jahre hinweg das ihm zur Verfügung gestellte Dienstkraftfahrzeug zu privaten Zwecken genutzt, sodass insgesamt ein Charaktermangel offenbar werde, der von Pflichtvergessenheit zeuge und der die Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme, bei einem Beamten im Ruhestand die Aberkennung des Ruhegehaltes, rechtfertige. Der seitens des Landes erhobene weitere Vorwurf, der Beamte habe als „Therapeut“, „Heiler“ bzw. „Geistheiler“ Kontakt zu hilfesuchenden Frauen geknüpft, denen er sich unter Ausnutzung des aus der vorgegebenen Therapeuteneigenschaft resultierenden Vertrauensverhältnisses zu sexuellen Kontakten genähert habe, stelle sich zwar als moralisch verwerfliches Vorgehen dar, beschränke sich jedoch auf die private Lebensführung und erreiche als außerdienstliches Verhalten nicht die Schwelle zum Dienstvergehen. Gegen die Entscheidung steht den Beteiligten innerhalb eines Monats die Berufung an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu. VG Trier, Urteil vom 14. August 2012 – 3 K 195/12.TR -
Quelle: Pressemitteilung des VG Trier v. 30.08.2012
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