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Newsletter vom 05.10.2016 |
Betreff: Rechts-Newsletter 40. KW / 2016: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: Bildberichterstattung über den damaligen Bürgermeister Klaus Wowereit rechtmäßig _____________________________________________________________ Der Kläger, ehemaliger Regierender Bürgermeister der Stadt Berlin, wendet sich gegen die Veröffentlichung von drei Bildern in der Berlin-Ausgabe der von der Beklagten verlegten "BILD"-Zeitung unter der Überschrift "Vor der Misstrauensabstimmung ging´s in die Paris-Bar ...". Die Bilder zeigen den Kläger beim Besuch dieses Restaurants, einem bekannten Prominenten-Treff in Berlin, ferner einen Freund, den ""Bread & Butter"-Chef", und dessen Frau am Vorabend der Misstrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus von Berlin. Diese war wegen des in die Kritik geratenen Managements beim Bau des neuen Berliner Flughafens (BER) beantragt worden. Im Bildtext heißt es unter anderem: "Der Regierende wirkt am Vorabend der Abstimmung im Parlament ersichtlich entspannt ... und genehmigt sich einen Drink in der Paris-Bar (Kantstraße)". Die Bilder sind eingeschoben in einen Artikel über die politische Vita des Klägers mit der Überschrift "Vom Partybürgermeister zum Bruchpiloten", in dem über die Amtsjahre des Klägers und seinen "Absturz in 11,5 Jahren" berichtet wird. Das Landgericht hat der Klage auf Unterlassung der Veröffentlichung der genannten Bilder stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Revision der Beklagten hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nunmehr die Klage abgewiesen. Im Streitfall waren die veröffentlichten Fotos dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG) zuzuordnen und durften von der Beklagten deshalb auch ohne Einwilligung des Klägers (§ 22 KunstUrhG) verbreitet werden, da berechtigte Interessen des Abgebildeten damit nicht verletzt wurden. Das Berufungsgericht hatte bei der Beurteilung des Zeitgeschehens den Kontext der beanstandeten Bildberichterstattung nicht hinreichend berücksichtigt und deshalb rechtsfehlerhaft dem Persönlichkeitsrecht des Klägers den Vorrang vor der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Pressefreiheit eingeräumt. Im Zusammenhang mit der Presseberichterstattung über ein bedeutendes politisches Ereignis (hier: Misstrauensabstimmung im Berliner Abgeordnetenhaus) kann die ohne Einwilligung erfolgende Veröffentlichung von Fotos, die den davon betroffenen Regierenden Bürgermeister am Vorabend in einer für sich genommen privaten Situation zeigen, durch das Informationsinteresse der Allgemeinheit gerechtfertigt sein. Die Bilder zeigten, wie der - von ihm unbeanstandet - als "Partybürgermeister" beschriebene Kläger in der Öffentlichkeit am Vorabend des möglichen Endes seiner politischen Laufbahn mit dieser Belastung umging und zwar - wie im Kontext beschrieben - entspannt "bei einem Drink" in der Paris-Bar. Durch die beanstandete Bildberichterstattung wurden auch keine berechtigten Interessen des abgebildeten Klägers im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG verletzt. Sie zeigte den Kläger in einer eher unverfänglichen Situation beim Abendessen in einem bekannten, von prominenten Personen besuchten Restaurant. Er konnte unter diesen Umständen - gerade am Vorabend der Misstrauensabstimmung - nicht damit rechnen, den Blicken der Öffentlichkeit und der Presse entzogen zu sein. Vorinstanzen: Urteil vom 27. September 2016 – VI ZR 310/14 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 27.09.2016
§ 23 Absatz 1 Nr. 1 KunstUrhG lautet: § 23 Absatz 2 KunstUrhG lautet: Der Kläger in der Sache X ZR 107/15 buchte bei der beklagten Reiseveranstalterin für seine Eltern eine einwöchige Reise von Hamburg nach Dubai zu einem Gesamtpreis von 1.398 €. Die Luftbeförderung zum Reiseziel sollte nach dem Vertrag mit einer Linienfluggesellschaft erfolgen. Wegen einer Erkrankung seiner Mutter erkundigte sich der Kläger zwei Tage vor Abflug nach den Bedingungen eines Eintritts zweier anderer Personen in den Reisevertrag. Die Beklagte teilte ihm am nächsten Tag mit, dass eine Umbuchung entweder den Erwerb von Business-Class-Tickets mit Mehrkosten in Höhe von 1.850 € pro Person oder neuer Economy-Class-Tickets mit einer anderen Abflugzeit und Mehrkosten in Höhe von 725 € pro Person erfordere. Der Kläger trat daraufhin vom Reisevertrag zurück. In der Sache X ZR 141/15 buchten die Klägerin und ein vorgesehener Mitreisender, der der Klägerin seine Ansprüche abgetreten hat, bei der beklagten Reiseveranstalterin eine zehntägige Reise von Berlin nach Phuket (Thailand) zu einem Gesamtpreis von 2.470 €. Die Luftbeförderung zum Reiseziel sollte wiederum mit einer Linienfluggesellschaft erfolgen. Wegen einer Erkrankung des Mitreisenden bat die Klägerin zwei Tage vor Abflug um den Eintritt zweier anderer Personen in den Reisevertrag. Die Beklagte teilte ihr am nächsten Tag mit, dass eine Umbuchung den Erwerb neuer Flugtickets mit Mehrkosten in Höhe von 1.648 € pro Person erfordere. Die Klägerin und ihr Mitreisender traten daraufhin vom Reisevertrag zurück. In beiden Fällen stellte der Reiseveranstalter den Kunden eine Rücktrittsentschädigung in Höhe von 85 bzw. 90 % des Reisepreises in Rechnung und zahlte nur den restlichen Reisepreis zurück. Die Kläger verlangen jeweils Rückzahlung des vollen Reisepreises. Sie waren damit beim Amtsgericht erfolglos, das Berufungsgericht hat hingegen den Klagen stattgegeben. Es hat angenommen, dem Reiseveranstalter sei ein Anspruch auf angemessene Entschädigung für den Verlust des Anspruchs auf den Reisepreis infolge des vom Kläger erklärten Rücktritts nach § 651i Abs. 2 und 3 BGB* zu versagen, da die Beklagte den Rücktritt durch eine schuldhafte Verletzung ihrer Vertragspflichten verursacht habe. Mit dem Angebot, den Vertrag nur gegen erhebliche Mehrkosten auf andere Reisende zu übertragen, sei die Beklagte ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach § 651b Abs. 1 BGB** nicht nachgekommen, dem Reisenden eine solche Übertragung zu ermöglichen. Weder die - auf den von der Beklagten mit den Luftverkehrsunternehmen getroffenen Vereinbarungen beruhenden - höheren Kosten einer Beförderung in der Business Class noch die Kosten für den Erwerb neuer Economy-Class-Tickets gehörten zu den Mehrkosten, die der Reiseveranstalter nach § 651b Abs. 2 BGB** bei Eintritt eines Dritten in den Reisevertrag verlangen könne. Auf die Revision der beklagten Reiseveranstalter hat der für das Reiserecht zuständigen X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Berufungsurteile aufgehoben und die klageabweisenden erstinstanzlichen Urteile wiederhergestellt. Der Reiseveranstalter muss dem Kunden zwar nach § 651b Abs. 1 BGB** die Übertragung des Anspruchs auf die Reiseleistungen auf einen Dritten ermöglichen. Hierdurch entstehende Mehrkosten muss er jedoch nicht selbst tragen, sondern kann den Kunden und den Dritten damit belasten, die hierfür als Gesamtschuldner haften. Er ist auch nicht gezwungen, die vertraglichen Reiseleistungen so zu gestalten, dass sie für den Kunden möglichst kostengünstig auf einen Dritten übertragbar sind. Für den Streitfall bedeutet dies, dass der Reiseveranstalter den Anspruch des Kunden auf Flugbeförderung im Rahmen der gebuchten Pauschalreise auch dadurch erfüllen kann, dass er für diesen bei einem Luftverkehrsunternehmen einen Flug zu einem Tarif bucht, der einen nachträglichen Wechsel der Person des Fluggastes nicht zulässt und typischerweise zu einem niedrigeren Preis erhältlich ist als Tarife, die eine größere Flexibilität gestatten. Der Reiseveranstalter bleibt gleichwohl verpflichtet, dem Dritten auch in einem solchen Fall den Eintritt in den Reisevertrag zu ermöglichen. Die Kosten für den notwendigen Erwerb eines neuen Flugscheins sind dann jedoch Mehrkosten im Sinne des § 651b Abs. 2 BGB**. Auch wenn sie insbesondere den Eintritt eines Dritten kurz vor Reisebeginn, wie er in den Streitfällen in Rede stand, wirtschaftlich unattraktiv machen können, rechtfertigt dieser Umstand es nicht, derartige Mehrkosten den Reiseveranstalter tragen zu lassen.
AG München – Urteil vom 21. November 2014 – 121 C 25717/13 und
AG München – Urteil vom 20. Februar 2015 – 281 C 9715/14 Urteile vom 27. September 2016 - X ZR 107/15 und X ZR 141/15 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 27.09.2016
* § 651i BGB - Rücktritt vor Reisebeginn
(2) Tritt ein Dritter in den Vertrag ein, so haften er und der Reisende dem Reiseveranstalter als Gesamtschuldner für den Reisepreis und die durch den Eintritt des Dritten entstehenden Mehrkosten.
Zum Hintergrund Auf die Haftbeschwerde K.s hob das OLG Karlsruhe den Haftbefehl am 29.7.2010 auf. Bis dahin hatte sich K. knapp vier Monate in Untersuchungshaft befunden. In dem anschließenden Strafverfahren vor dem Landgericht Mannheim wurde K. im Mai 2011 freigesprochen, weil die von der Beklagten behauptete Vergewaltigung nicht bewiesen werden konnte. Mit der vorliegenden Klage fordert K. von der Beklagten Ausgleich eines Teils des Schadens, der ihm durch die Untersuchungshaft entstanden ist. K. macht geltend, dass er zur Verteidigung im Haftbeschwerdeverfahren mehrere Sachverständige habe beauftragen müssen, um die Glaubwürdigkeit der Beklagten sowie die von ihr vorgezeigten Verletzungen zu entkräften. Insoweit hat K. mit der Klage zunächst Kostenerstattung in Höhe von rund 13.400 € verlangt. In der Berufung hat er die Klage bis auf rund 7.100 € zurückgenommen.
Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch wegen Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft sei jedoch, dass es sich um eine wahrheitswidrige Anzeige gehandelt habe. Der Beklagten könnte aber nicht vorgeworfen werden, dass sie K. vorsätzlich wahrheitswidrig einer Vergewaltigung bezichtigt habe mit dem Ziel, diesen seiner Freiheit zu berauben. Es sei möglich, dass die Beklagte durch „nicht-intentionale Verfälschungs- und Verzerrungseffekte" subjektiv der festen Überzeugung gewesen sei, Opfer einer Vergewaltigung gewesen zu sein, obwohl dies objektiv nicht der Fall war. Das Berufungsverfahren und die Entscheidung des OLG Gegen die Klageabweisung hat K. Berufung zum OLG eingelegt. Das OLG hat eine Beweisaufnahme durch Einholung eines rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens angeordnet, insbesondere zu der Frage, ob sich die Beklagte die im Zuge der Strafanzeige festgestellten Verletzungen selbst zugefügt haben kann. Mit dem heutigen Urteil hat das OLG die Entscheidung des Landgerichts abgeändert und K. den begehrten Schadenersatz zugesprochen, soweit er die Klage nicht zurückgenommen hat. Zur Begründung führt das OLG aus: Die Beklagte habe sich gegenüber K. schadenersatzpflichtig gemacht, weil sie wissentlich eine unwahre Strafanzeige erstattet und so - wie von ihr beabsichtigt - die Anordnung der Untersuchungshaft gegen K. herbeigeführt habe. Hierdurch habe sich die Beklagte der Freiheitsberaubung schuldig gemacht. Die erlittene Freiheitsentziehung beruhe zwar unmittelbar auf dem Haftbefehl; die Beklagte müsse sich jedoch das staatliche Handeln im Wege der mittelbaren Täterschaft zurechnen lassen, da sie die Ermittlungsbehörden durch die wahrheitswidrige Anzeige und falsche Aussagen vorsätzlich getäuscht habe. Die Überzeugung, dass die Beklagte K. vorsätzlich der Wahrheit zuwider der Vergewaltigung bezichtigt habe, gründe sich auf das Ergebnis der in der Berufung durchgeführten Beweisaufnahme. Hiernach habe sich die Behauptung K.s bestätigt, die Beklagte habe sich die festgestellten Verletzungen selbst zugefügt. So spreche das Verletzungsbild in der Gesamtschau und unter Berücksichtigung der Schilderungen der Beklagten nach den Feststellungen des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Frankfurt am Main für eine Selbstbeibringung. Bedeutsam sei ferner, dass die Schilderungen der Beklagten zum angeblichen Vergewaltigungsgeschehen nicht mit den Verletzungen in Übereinstimmung zu bringen seien und ihre Aussagen für sich genommen erhebliche Plausibilitätsdefizite aufwiesen. Zudem habe die Beklagte im Ermittlungsverfahren unstreitig teilweise falsch ausgesagt. Die Beklagte habe auch mit direktem Vorsatz gehandelt. Aus den Gesamtumständen ergebe sich, dass es ihr gerade darauf angekommen sie, die Verhaftung des K. herbeizuführen. Für ausgeschlossen hielt das OLG, dass bei der Beklagten eine "Autosuggestion" vorlag, die dazu geführt habe, dass sie nur glaubte, vergewaltigt worden zu sein. Die entsprechende Annahme des Landgerichts sei nicht nur spekulativ, sondern nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach sich die Beklagte die Verletzungen selbst zufügte, auch widerlegt. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.9.2016, Aktenzeichen 18 U 5/14 Hintergrundinformation Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 29.09.2016
Die Klage war darauf gestützt, dass die „Tagesschau App“ gegen eine Regelung im Rundfunkstaatsvertrag (RStV) verstoße. Nach § 11d RStV ist es den öffentlich-rechtlichen Anbietern untersagt, „nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote“ in Telemedien zu verbreiten. Das Verbot hat zumindest auch den Zweck, die Presseverlage vor weitgreifenden Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Internet schützen. Zunächst hatte das Oberlandesgericht Köln die Klage abgewiesen, weil der Rundfunkrat des federführenden NDR in einem Telemedienkonzept die „Tagesschau App“ als nicht presseähnlich eingestuft und freigegeben hatte (Urteil vom 20.12.2013 – Az. 6 U 188/12). Der Bundesgerichtshof hatte die Bindungswirkung der Entscheidung des Rundfunkrates verneint und dem Oberlandesgericht Köln sodann aufgegeben, selbst zu überprüfen, ob das Angebot der App „presseähnlich“ sei. Dabei dürfe, so der Bundesgerichtshof, das Angebot der App nicht durch „stehende“ Texte und Bilder geprägt sein, sondern müsse den Schwerpunkt in einer hörfunk- oder fernsehähnlichen Gestaltung haben. Diese Überprüfung hat der Senat nunmehr vorgenommen und die Pressähnlichkeit der App bejaht. Dabei hatte der 6. Zivilsenat nur darüber zu entscheiden, ob das Angebot der „Tagesschau App“ am 15. Juni 2011 als „presseähnlich“ einzustufen war. Denn nur der Inhalt dieses Tages ist von den Klägern zum Streitgegenstand gemacht worden. Der Senat hat auch die von den Klägern in Papierform vorgelegte Dokumentation dieses Angebots als ausreichend angesehen, um die vom Bundesgerichtshof geforderte Überprüfung vornehmen zu können. Der Senat hat dabei die Gesamtheit der nichtsendungsbezogenen Inhalte bewertet. Schon die Start- und Übersichtsseiten der App, die den Nutzern bestimmungsgemäß als erste gegenübertreten, bestünden ausschließlich aus Text und Standbildern und sie enthielten überwiegend Verweise auf - ggf. bebilderte - Textseiten. Auch auf den nachgelagerten Ebenen sei die Gestaltung der dokumentierten Beiträge mit wenigen Ausnahmen dadurch geprägt, dass es sich um in sich geschlossene Nachrichtentexte handelte, die aus sich heraus verständlich und teilweise mit Standbildern illustriert seien. Insgesamt stünden Texte und Standbilder bei der Gestaltung im Vordergrund. Dies sei nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs als presseähnlich zu qualifizieren. Die Revision wurde nicht zugelassen, da nach der Klärung der grundsätzlichen Rechtsfragen durch den Bundesgerichtshof nunmehr nur die die konkreten Umstände des Einzelfalles zu würdigen waren. OLG Köln, Urteil vom 30.09.2016, Az. 6 U 188/12
Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln v. 30.09.2016
Die Parteien stritten um die rechtliche Einordnung eines Privatfernsehen-Abos, Inhaltlich ging es um "Sky online", das auch über das Internet bestellt werden konnte. Grund der Auseinandersetzung war die gesetzliche Regelung des § 356 Abs. 5 BGB, die lautet: "(5) Das Widerrufsrecht erlischt bei einem Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten auch dann, wenn der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat, nachdem der Verbraucher Die Frage war nun, ob "Sky online" unter das Tatbestandsmerkmal der digitalen Inhalte zu fassen war, mit der Konsequenz, dass das Widerrufsrecht erloschen war. Die Klägerin war der Ansicht, dass die Regelung grundsätzlich nicht auf Dauerschuldverhältnisse wie Abonnements anzuwenden sei, da die Bestimmung nur bei einer einmaligen Leistungserbringung greife. Zudem stelle der Anbieter bei "Sky online" die Videos zum Streaming permanent bereit, ein einmaliger Download auf den eigenen PC sei nicht möglich. Diesem Standpunkt hat das OLG München eine klare Absage erteilt. Auch Privatfernsehen-Abonnement - wie hier Sky online" - fielen in den Anwendungsbereich der Norm. Es gebe keinen sachlichen Grund, den Begriff der digitalen Inhalte so restriktiv auszulegen wie die Klägerin dies tue. Im Ergebnis führe dies zu einer nicht angemessenen, einseitigen Belastung des Unternehmers.
Auch die Entstehungsgeschichte und die Gesetzessystematik legten nicht die Interpretation der Klägerin nahe.
Der Sohn und der Vater betrieben jeweils eigenständige KfZ-Fahrschulen unter der gleichen Adresse. In seinem Facebook-Auftritt warb der Sohn mit der Ausbildung zu bestimmten Klassen. Hierfür hatte jedoch nur der Vater die Erlaubnis und nicht der Sohn. Als der Sohn abgemahnt wurde, wandte er ein, dass er lediglich die Dienstleistungen seines Vaters umworben habe, nicht jedoch seine eigenen. Dieser Ansicht erteilte das LG Aschaffenburg eine klare Absage. Im Impressum des Facebook-Auftritts sei der Sohn mit seinem Namen, seiner Telefonnummer und E-Mail-Adresse genannt. Es sei an keiner Stelle erkennbar, dass der Sohn die Webseite für jemand Drittes, insbesondere nicht für seinen Vater, betreibe.
Insofern sei offensichtlich, dass der Beklagte hier eigene Leistungen bewerbe, die er aber mangels Erlaubnis nicht durchführen könne. Insofern liege eine wettbewerbswidrige Irreführung vor.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Unterlassung weiterer Werbe-Mails und verlangte zudem den Ausgleich angefallener Abmahnkosten. Die Klägerin war Kundin der Webseite "Spam-Krokodil.de". Auf "Spam-Krokodil.de" konnten Kunden dort unerwünschte E-Mail-Werbung melden. "Spam-Krokodil.de" beauftragte daraufhin Anwälte und finanzierte diese Verfahren voll, der Kunde trug keine Kosten. Nach außen trat der Kunde als Kläger auf und sollte den Anwälten eine Vollmacht erteilen. Im Gegenzug erhielt "Spam-Krokodil.de" Zahlungen aus möglichen späteren Vertragsstrafen. Das LG Berlin stufte ein solches Verhalten als klar rechtsmissbräuchlich ein. Es sei anerkannt, dass ein Rechtsmissbrauch dann vorliege, wenn im Zusammenwirken von Anwalt und Prozessfinanzierer dem Mandanten eine kostenfreie Verfolgung von Unterlassungsansprüchen angeboten werde und der Kläger dem Prozessfinanzierer gegenüber Ansprüche aus späteren Vertragsstrafen einräume. Die Richter beziehen sich dabei ausdrücklich auf eine frühere Entscheidung des KG Berlin (Beschl. v. 03.08.2010 - Az.: 5 U 82/08). In einer ausführlichen Stellungnahme bewerten die Robenträger die einzelnen Umstände ausführlich und stufen das Geschäftsmodell als Verstoß gegen Treu und Glauben ein.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, die Berufung wurde zugelassen.
Der Schuldner hatte in der Vergangenheit wegen Wettbewerbsverstößen eine Unterlassungserklärung abgegeben. Als er aktuell diese nicht einhielt, klagte der Gläubiger auf Zahlung einer Vertragsstrafe. Die Frage, welches Gericht örtlich für diese Ansprüche zuständig ist, ist umstritten und höchstrichterlich bislang nicht geklärt. Nach der einen Ansicht soll das Gericht am Sitz des Schuldners ausschließlich zuständig sein. Nach der anderen Meinung gelten die allgemeinen UWG-Grundsätze, d.h der Gläubiger kann sich den Gerichtsstand aussuchen (sog. fliegender Gerichtsstand). Das LG Frankfurt a.M. schlioss sich nun dieser zweiten Ansicht an und bejahte den fliegenden Gerichststand.
Die gesetzlichen UWG-Regelungen seien weit auszulegen, so dass auch Klagen auf Zahlung einer Vertragsstrafe hierunter fallen würden.
Der Kläger aus Saudi-Arabien lernte während eines beruflichen Aufenthalts in München im Jahr 2011 eine Münchnerin kennen, die im Jahr 2012 eine Tochter zur Welt brachte. Die Münchnerin behauptet in der Folgezeit immer wieder auch über soziale Medien, dass der Kläger der Vater ihrer Tochter sei. Über soziale Medien veröffentlichte sie Bilder des Klägers und Bilder ihrer Tochter, die sie mit ?Tochter des (Name des Klägers)? untertitelte. Der Kläger bestreitet, der Vater zu sein und fühlt sich durch die Veröffentlichungen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Dieses verurteilte die beklagte Münchnerin. Sie darf nicht mehr die Behauptung aufstellen, dass der Kläger der Vater ihrer Tochter ist und sie darf keine Abbildungen des Klägers in den sozialen Medien veröffentlichen und muss ihre Behauptung widerrufen. Das Urteil begründet die zuständige Richterin wie folgt: Die Behauptung, der Kläger sei der Vater des Kindes, sei eine Tatsachenbehauptung, die auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen ist. Die Beweislast dafür habe die Münchnerin. ?Einen Nachweis über die Vaterschaft des Klägers hat die Beklagte jedoch nicht erbracht?, so das Urteil. ?Die Äußerung berührt hingegen die Privatsphäre des Klägers. Hierbei handelt es sich um denjenigen Lebensbereich, zu dem andere Menschen nach der sozialen Anschauung nur insoweit Zugang haben, als ihnen der Betroffene Einblick gewährt? Im Rahmen der zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 GG und der Meinungsfreiheit der Beklagten nach Art. 5 GG überwiegt? ersteres, da die Beklagte die Wahrheit ihrer Behauptung nicht nachgewiesen hat und ein öffentliches Interesse an der Verbreitung der Behauptung nicht besteht? so das Gericht weiter. Bei der Äußerung handele es sich nicht um einen einmaligen Ausrutscher, sondern um eine mehrmals begangene Verletzung. ?Nach Ansicht des Gerichts besteht daher die begründete Besorgnis, dass in Zukunft gegen eine bestehende Unterlassungspflicht wiederholt verstoßen wird.? Zu dem Verbot der Veröffentlichung von Bildern des Klägers führt das Gericht aus: ?Durch die Veröffentlichung bzw. Verbreitung der streitgegenständlichen Abbildungen des Klägers ohne dessen Einwilligung in verschiedenen sozialen Medien hat die Beklagte eine Rechtsverletzung begangen.? Bildnisse dürften nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden, es sei denn, er Abgebildete ist eine Person der Zeitgeschichte. ?Umfasst wird insbesondere die Befugnis des Einzelnen, generell selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenze persönliche Sachverhalte offenbart werden, und selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen?, zitiert das Urteil eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Das Urteil stellt zu dem Recht auf Widerruf der Behauptung fest: ?Der Kläger kann von der Beklagten den Widerruf bzw. die Löschung der von ihr gemachten Äußerung, der Kläger sei Vater ihrer Tochter?, verlangen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Unterlassungspflicht sich nicht in bloßem Nichtstun erschöpft. Vom Schuldner kann vielmehr verlangt werden, mögliche und zumutbare Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands vorzunehmen?. Urteil des Amtsgerichts München vom 12.04.2016, Aktenzeichen 161 C 31397/15
Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 30.09.2016
In der Erklärung heißt es: "Facebook und WhatsApp sind selbstständige Unternehmen, die die Daten ihrer jeweiligen Nutzer auf Grundlage ihrer eigenen Nutzungs- und Datenschutzbedingungen verarbeiten. Nach dem Erwerb von WhatsApp durch Facebook vor zwei Jahren haben sie öffentlich zugesichert, dass die Daten der Nutzer nicht miteinander ausgetauscht werden. Johannes Caspar, der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit dazu: "Die Anordnung schützt die Daten der ca. 35 Millionen WhatsApp-Nutzer in Deutschland. Es muss ihre jeweilige Entscheidung sein, ob sie eine Verbindung ihres Kontos mit Facebook wünschen. Dazu muss Facebook sie vorab um Erlaubnis fragen. Dies ist nicht geschehen. Eine der wichtigsten Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist die, welches Recht überhaupt Anwendung findet. Erst vor wenigen Monaten hat das OVG Hamburg (Beschl. v. 29.06.2016 - Az.: 5 Bs 40/16) eine andere Anordnung des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten gegen Facebook aufgehoben. Damals ging es um die Klarnamenpflicht von Facebook. Die Behörde wollte diesen Zwang verbieten, unterlag aber im einstweiligen Verfügungsverfahren. Das OVG Hamburg hatte erhebliche Zweifel, ob überhaupt deutsches Recht auf den Fall anzuwenden sei.
Die neue Maßnahme stützen die Datenschützer auf eine danach ergangene Entscheidung des EuGH (Urt. v. 28.07.2016 - Az.: C-191/15), wonach unter bestimmten Umständen doch nationales Recht gelten soll.
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