Zurück |
Newsletter vom 05.10.2022 |
Betreff: Rechts-Newsletter 40. KW / 2022: Kanzlei Dr. Bahr |
|
Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: eBay-Bewertung "Versandkosten Wucher!!" ist zulässige Meinungsäußerung _____________________________________________________________ Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über die Frage entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Verkäufer, der ein Produkt über die Internetplattform eBay verkauft, einen Anspruch gegen den Käufer auf Entfernung einer von diesem abgegebenen negativen Bewertung hat.
Sachverhalt: "§ 8 Bewertungen Nach Erhalt der Ware bewertete der Beklagte das Geschäft in dem von eBay zur Verfügung gestellten Bewertungsprofil der Klägerin mit dem Eintrag "Ware gut, Versandkosten Wucher!!".
Bisheriger Prozessverlauf: Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Beklagten antragsgemäß zur Entfernung der Bewertung und zum Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Aus Sicht des Berufungsgerichts habe der Beklagte eine nachvertragliche Nebenpflicht verletzt (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB). Die Bewertung verstoße gegen das Sachlichkeitsgebot aus § 8 Nr. 2 Satz 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay (nachfolgend: eBay-AGB). Daraus ergebe sich ein über die Abwehr von Schmähkritik hinausgehender Schutz. Bei der Bewertung "Versandkosten Wucher!!" handele es sich um eine überspitzte Beurteilung ohne sachlichen Bezug, die nicht gerechtfertigt sei, weil für einen objektiven Leser nicht erkennbar sei, warum sich die Versandkosten aus Sicht des Käufers als "Wucher" darstellten. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Anders als das Berufungsgericht es gesehen hat, enthält die Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 2 der eBay-AGB über die bei Werturteilen ohnehin allgemein geltende (deliktsrechtliche) Grenze der Schmähkritik hinaus keine strengeren vertraglichen Beschränkungen für die Zulässigkeit von Werturteilen in Bewertungskommentaren. Zwar ist der Wortlaut der Klausel nicht eindeutig. Für das Verständnis, dem Sachlichkeitsgebot in § 8 Abs. 2 Satz 2 der eBay-AGB solle gegenüber dem Verbot der Schmähkritik ein eigenständiges Gewicht nicht zukommen, spricht aber bereits der Umstand, dass hier genaue Definitionen zu dem unbestimmten Rechtsbegriff "sachlich" in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen fehlen. Es liegt in diesem Fall im wohlverstandenen Interesse aller Beteiligten, die Zulässigkeit von grundrechtsrelevanten (Art. 2 Abs. 1, Art. 12 GG [beim Verkäufer], Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG [beim Käufer]) Bewertungen eines getätigten Geschäfts an den gefestigten Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Schmähkritik auszurichten und hierdurch die Anforderungen an die Zulässigkeit von Bewertungskommentaren für die Nutzer und eBay selbst möglichst greifbar und verlässlich zu konturieren. Zudem hätte es der gesonderten Erwähnung der Schmähkritikgrenze nicht bedurft, wenn dem Nutzer schon durch die Vorgabe, Bewertungen sachlich zu halten, eine deutlich schärfere Einschränkung hätte auferlegt werden sollen. Außerdem würde man der grundrechtlich verbürgten Meinungsfreiheit des Bewertenden von vorherein ein geringeres Gewicht beimessen als den Grundrechten des Verkäufers, wenn man eine Meinungsäußerung eines Käufers regelmäßig bereits dann als unzulässig einstufte, wenn sie herabsetzend formuliert ist und/oder nicht (vollständig oder überwiegend) auf sachlichen Erwägungen beruht. Eine solche, die grundrechtlichen Wertungen nicht hinreichend berücksichtigende Auslegung entspricht nicht dem an den Interessen der typischerweise beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Verständnis redlicher und verständiger Vertragsparteien. Die Grenze zur Schmähkritik ist durch die Bewertung "Versandkosten Wucher!!" nicht überschritten. Wegen seiner das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG beschränkenden Wirkung ist der Begriff der Schmähkritik nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll. Daran fehlt es hier. Bei der Bewertung "Versandkosten Wucher!!" steht eine Diffamierung der Klägerin nicht im Vordergrund. Denn der Beklagte setzt sich - wenn auch in scharfer und möglicherweise überzogener Form - kritisch mit einem Teilbereich der gewerblichen Leistung der Klägerin auseinander, indem er die Höhe der Versandkosten beanstandet. Die Zulässigkeit eines Werturteils hängt nicht davon ab, ob es mit einer Begründung versehen ist. Urteil vom 28. September 2022 - VIII ZR 319/20
Vorinstanzen:
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 28.09.2022
Inhaltlich ging es um ein verwaltungsrechtlichen Verfahren. Der Kläger hatte u.a. vorgetragen, dass der in Tschetschenien lebende Zeuge bestimmte Umstände bestätigen können.
Das Gericht lehnte diesen Antrag ab, da ein Zeuge sich grundsätzlich vor Ort befinden müsse:
"In der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass die fernmündliche Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen nicht mit dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zu vereinbaren und daher unzulässig ist (BFH, Beschl. v. 17. August 2001 - IX B 20.01 -, juris Rn. 2; BSG, Urt. v. 9. Februar 1956 - 1 RA 57.55 -, juris Rn. 8). Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber vor einigen Jahren die Möglichkeit der Videokonferenz eingeführt habe: "Dass die Vernehmung eines Zeugen unter Nutzung der Foto- oder Videographiefunktion von Whats-App unzulässig ist, folgt auch aus § 102a VwGO. Diese Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Intensivierung des Einsatzes der Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren vom 25. April 2013 (BGBl. I S. 935) mit Wirkung vom 1. November 2013 in die Verwaltungsgerichtsordnung eingefügt. Mit ihr hat der Gesetzgeber den Grundsatz der Unmittelbarkeit gelockert, indem er - um die Einbeziehung von Personen an einem anderen Ort in die mündliche Verhandlung zu ermöglichen - nun die Nutzung von Videokonferenztechnik in der mündlichen Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig erachtet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7. April 2020 - 5 B 30.19 D -, juris Rn. 31). zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 3. OLG Celle: Aktien-Anleger haben keinen Schadensersatzanspruch gegen Porsche wegen nicht erfolgter VW-Übernahme _____________________________________________________________ Die Porsche SE hatte ab dem Jahr 2005 ihre Beteiligung an der Volkswagen AG ausgebaut und versucht, diese zu übernehmen. Nachdem sie am 26. Oktober 2008 ihre Absicht mitgeteilt hatte, diese Beteiligung bei stimmigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Laufe des Jahres 2009 auf über 75 Prozent zu erhöhen, stieg der Kurs der Volkswagen-Stammaktie zeitweilig auf das fünffache seines vorherigen Wertes. Anleger, die auf fallende Kurse gesetzt hatten, erlitten hierdurch – nach ihrem Vortrag – Schäden in Höhe von mehreren Milliarden Euro. Ersatz hierfür haben sie zuletzt vor dem Landgericht Hannover eingeklagt. Das Landgericht hat diese Verfahren ausgesetzt und dem Oberlandesgericht Celle verschiedene Vorfragen zur Entscheidung vorgelegt. Diese Feststellungsziele hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Celle mit Beschluss vom heutigen Tag überwiegend zurückgewiesen und damit den Beklagten – der Porsche SE und der Volkswagen AG – recht gegeben (Az.: 13 Kap 1/16). Die Kläger stützen ihre Ansprüche zum einen darauf, dass Porsche und Volkswagen den Kapitalmarkt spätestens ab März 2008 genauer über die Übernahmeabsicht und den Abschluss von Aktienoptionen zur Absicherung und Finanzierung der beabsichtigten Übernahme hätten aufklären müssen. Die Voraussetzungen dieser Ansprüche liegen nach der Entscheidung des Senats nicht vor. Porsche hatte mitgeteilt, seinen Anteil an Volkswagen im Laufe des Jahres 2008 auf über 50 % aufstocken zu wollen. Soweit Porsche die Absicht dementiert hatte, insgesamt mehr als 75 % der Aktien erwerben und einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag schließen zu wollen, hatte es dies damit erklärt, dass dem die „Realitäten in der Aktionärsstruktur“ entgegenstünden. Tatsächlich hätte ein Erwerb von 75 % der Aktien aufgrund von Besonderheiten des sog. VW-Gesetzes den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages nicht ermöglicht. Auch war die Finanzierung eines derart weitgehenden Anteilserwerbs noch nicht gesichert. Vor diesem Hintergrund war es nach der Entscheidung des Senats zumindest nicht grob unrichtig und nicht verwerflich, dass Porsche mögliche weitergehenden Ziele nicht veröffentlicht hatte. Der Senat hat dabei eine Vielzahl weiterer Gesichtspunkte berücksichtigt: Porsche hatte seine Beteiligung an Volkswagen im Einklang mit den gesetzlichen Meldepflichten veröffentlicht. Die von Porsche abgeschlossenen Aktienoptionen, die weitere Aktienkäufe absichern und finanzieren sollten, waren nach damaliger Rechtslage nicht offen zu legen. Dem Kapitalmarkt war aber ohnehin bekannt, dass Porsche solche Optionen in einem großen Umfang besaß. Es war auch bekannt, dass Porsche die dargestellte Sonderregelung des VW-Gesetzes politisch bekämpfte. Hieraus schlussfolgerte u.a. die Wirtschaftspresse auch ohne eine ausdrückliche Bestätigung, dass Porsche seinen Anteil an Volkswagen auf deutlich mehr als 50 % ausbauen wolle. Die Kläger stützen ihre Ersatzansprüche weiter darauf, dass Porsche schließlich am 26. Oktober 2008 seine Übernahme- und Beherrschungsabsicht mitgeteilt hatte. Sie sind der Auffassung, dass Porsche zu diesem Zeitpunkt keine Möglichkeit mehr gesehen hätte, diese Absichten umzusetzen. Die Mitteilung habe allein dem Zweck gedient, den Kurs der Volkswagen-Aktie explodieren zu lassen, weil ansonsten die Insolvenz gedroht hätte. Auch diese Pressemitteilung war nach der Entscheidung des Senats nicht unrichtig und nicht verwerflich. Die in der Mitteilung dargestellten Umstände trafen zu. Anhaltspunkte für eine konkret drohende Insolvenz lagen nach der Auffassung des Senats nicht vor. Auch sonst habe Porsche nicht annehmen müssen, dass die beabsichtigte Übernahme nach damaligem Stand gescheitert gewesen sei. Porsche hatte die Mitteilung ausdrücklich unter den Vorbehalt passender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen gestellt. Tatsächlich hatte Porsche den mitgeteilten Übernahmeplan in der Folgezeit weiter verfolgt und erst nach einem Vorstandswechsel Mitte 2009 aufgegeben, nachdem sich auch Aussichten auf eine Änderung des VW-Gesetzes zerschlagen hatten. Volkswagen haftet nach der Entscheidung des Senats bereits deshalb nicht, weil sein Vorstand keine Kenntnis von den Übernahmeplänen hatte und sämtliche Aufsichtsratsmitglieder, die diese Kenntnis aus ihrer Tätigkeit bei Porsche hatten, zur Verschwiegenheit verpflichtet waren. Der Musterentscheid kann von den Klägern innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung mit der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof angegriffen werden.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle v. 30.09.2022
Der Kläger war gemeindlicher Vollzugsbeamter. Die verklagte Zeitung hatte ein Foto erstellt und online veröffentlicht, die den Kläger in Uniform während eines PKW-Abschleppvorgangs zeigte. Der Kläger war der Ansicht, er werde durch die Publikation in seinen Rechten verletzt.
Das OLG Dresden folgte dieser Ansicht nicht, sondern bewertete die Veröffentlichung als erlaubt. Denn es handle sich um ein Ereignis des Zeitgeschehens:
"Mit dem Landgericht ist (...) davon auszugehen, dass dessen identifizierbare Abbildung im hier vorliegenden Kontext nach § 23 Abs. 1 Nr. 1, 2 KUG gerechtfertigt ist. Es ist dabei von der einhelligen höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgegangen, wonach der Begriff des Zeitgeschehens (...) nicht zu eng verstanden werden darf. Auf den konkreten Fall übertragen, äußert sich das Gericht weiter: "Schon dieser umfassende Abwägungsvorbehalt steht der pauschalen Annahme der Berufung entgegen, Beamte dürften bei dienstlichen Routineeinsätzen niemals erkennbar dargestellt werden. Vielmehr kommt es auf eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles an (...) zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 5. OLG Frankfurt a.M.: Verzicht auf Urheberbenennung in AGBs eines Microstock-Portals ist wirksam _____________________________________________________________ Microstock-Portale für Lichtbilder/Videos sprechen aufgrund geringer Lizenzgebühren und eines geringen Abwicklungsaufwands einen großen Nutzerkreis an. Wegen dieses Geschäftsmodells stellt ein in den Lizenzbedingungen eines Microstock-Portals enthaltener Verzicht der Urheber auf ihr Benennungsrecht keine unangemessene Benachteiligung dar. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche eines Berufsfotografen wegen unterlassener Urheberbenennung zurückgewiesen. Der Kläger ist Fotograf und zählt zu den erfolgreichsten Bildanbietern weltweit. Er schloss mit dem Betreiber des Portals Fotolia einen so genannten Upload-Vertrag. Damit räumte er dem Portalbetreiber eine Lizenz zur Nutzung der von ihm eingestellten Fotografien ein sowie das Recht, Unterlizenzen an Kunden des Portals zu erteilen. Fotolia war laut Urteil eine der „führenden europäische Microstock Bildagenturen“ mit Millionen Bildern/Videos und Mitgliedern. Die Kunden können eingestellte Lichtbilder zu „äußerst günstigen Lizenzen“ nutzen. Dies führt zu einer hohen Anzahl eingeräumter Lizenzen und einer starken Verbreitung der eingestellten Werke. Der Kläger vermarktet seine Werke ausschließlich über Microstock-Portale. Die Beklagte ist eine Kundin des Portals. Sie verwendete ein Lichtbild des Klägers auf ihrer Webseite als Hintergrund, ohne ihn als Urheber zu benennen. Der Kläger verlangt von der Beklagten u.a., es zu unterlassen, das Lichtbild ohne Urheberbenennung zu nutzen und wegen der bereits erfolgten Verletzung Schadensersatz an ihn zu zahlen. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Der Kläger habe wirksam auf das Recht zur Urheberbenennung im Rahmen des Upload-Vertrags mit Fotolia verzichtet, führt das OLG zur Begründung aus. Gemäß der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen habe „sowohl Fotolia als auch jedes herunterladende Mitglied, welches ein Werk über Fotolia bezieht, das Recht aber nicht die Verpflichtung (...), das hochladende Mitglied als Quelle seiner Werke kenntlich zu machen“. Diese Formulierung und insbesondere der Begriff „Quelle“ seien bei verständiger Würdigung dahin auszulegen, dass der Urheber damit auf sein Urheberbenennungsrecht verzichte. Dieser Verzicht sei auch wirksam vereinbart worden. Er verstoße nicht gegen das Transparenz- und Verständlichkeitsgebot. Der Verzicht werde ausdrücklich und klar erklärt. Die Klausel führte auch nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der Urheber. Ein Urheber entscheide sich willentlich für die Nutzung von Microstock-Portalen. Damit vermeide er eigenen zeitlichen und finanziellen Vermarktungsaufwand. Die fehlende Verpflichtung zur Urheberbenennung habe für die Attraktivität des Angebots von Fotolia für die Kunden und damit für die große Verbreitung erhebliche Bedeutung. Dies räume auch der Kläger ein. „Der Verzicht auf die Pflicht zur Urheberbenennung ermöglicht mithin (auch) die große Reichweite des Microstock-Portals und die große Anzahl von Unterlizenzen, was dem Urheber zugutekommt und so die geringe Lizenzgebühr für die Unterlizenzen kompensiert“, vertieft das OLG. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat wegen der klärungsbedürftigen Frage, ob ein Urheber in AGBs für jede Verwendungsart gegenüber einem Microstock-Portal wirksam auf sein Urheberbenennungsrechts verzichten kann, die Revision zum BGH zugelassen.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.9.2022, Az. 11 U 95/21
Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 29.09.2022
Inhaltlich ging es um die Wirksamkeit der öffentlichen Auslegung eines Bebauungsplans. Bei den Unterlagen befanden sich auch Unterlagen von Privatpersonen, die entsprechende Einwendungen gegen die bauliche Maßnahmen vorgebracht hatten, u.a. Name, Anschrift und elektronische Adresse.
Dies stufte das Gericht als DSGVO-Verstoß ein, denn es bestünde kein notwendiger Grund für die Veröffentlichung der personenbezogenen Daten:
"Daraus folgt allerdings nicht zwingend, dass die Stellungnahmen stets vollständig, d. h. ohne Anonymisierungen, ausgelegt werden müssen. § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB lässt Raum für eine Auslegung unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Bestimmungen. Da die Daten im vorliegenden Fall nicht hätten veröffentlicht werden dürfen, liege eine Datenschutzverletzung vor.
Zwar führten derartige Verstöße nicht automatisch zur Unwirksamkeit eines Bebauungsplans:
"Etwaige Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen im Rahmen der Bauleitplanung führen als solche nicht zur Rechtswidrigkeit eines Bebauungsplans (...). Verstöße gegen das Datenschutzrecht unterliegen einem eigenständigen Rechtsfolgenregime. Eine solche Konstellation sah das Gericht als gegeben an, sodass die Auslegung des Bebauungsplans unwirksam sei. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. VerfG NRW: Partei eines Gerichtsverfahrens hat keinen DSGVO-Auskunftsanspruch auf Gerichtsakte _____________________________________________________________ Die Partei eines Gerichtsverfahrens hat nach Abschluss des Verfahrens keinen DSGVO-Auskunftsanspruch auf kostenlose Übermittlung der Gerichtsakte (VerfGH NRW, Beschl. v. 21.06.2022 - Az.: VerfGH 9/22.VB-3).
Nach Abschluss einer gerichtlichen Auseinandersetzung begehrte der Kläger Einsicht in die Gerichtsakte. Er schrieb daher unter Berufung auf Art. 15 DSGVO wie folgt an das Gericht:
"Bitte stellen Sie mir außerdem kostenfrei eine Kopie meiner bei Ihnen gespeicherten personenbezogenen Daten, d. h. insbesondere der Verfahrensakte zum Rechtsstreit des eingangs genannten Aktenzeichens, postalisch zur Verfügung." Das Gericht Beklagte erteilte hinsichtlich der Person die entsprechenden Auskünfte. Hinsichtlich der Verfahrensakte verwies sie auf das nach der ZPO übliche Akteneinsichtsrecht, das beim betreffenden Gericht geltend zu machen sei. Gegen diese Ablehnung ging der Kläger vor und verlor vor dem OLG Köln, das einen DSGVO-Auskunftsanspruch ablehnte, vgl. unsere Kanzlei-News v. 10.08.2022. Die datenschutzrechtliche Norm berechtigte nicht zur Übersendung einer vollständigen Gerichtsakte. Hiergegen legte die Partei vor dem Verfassungsgerichtshof (VerfGH) NRW nun Verfassungsbeschwerde ein.
Das Gericht wies die Beschwerde zurück:
"Nach Art. 15 Abs. 4 DSGVO darf das Recht auf Erhalt einer Kopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. LG Hamburg: Streitwert für DSGVO-Auskunftsanspruch bei 500,- EUR _____________________________________________________________ In einer aktuellen Entscheidung hat das LG Hamburg (Beschl. v. 01.07.2022 - Az.: 305 S 68/21) noch einmal klargestellt, dass der Streitwert für die Geltendmachung eines DSGVO-Auskunftsanspruchs bei 500,- EUR liegt und nicht höher. Die Rechtsprechung zum Streitwert bei DSGVO-Auskunftsbegehren ist nach wie vor außerordentlich chaotisch. Im Jahr 2018 hatte das OLG Köln (Beschl. v. 05.02.2018 - Az.: I-9 U 120/17) entschieden, dass der Streitwert für einen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch bei 500,- EUR liege. Ein Jahr später hieß es dann vom gleichen Gericht, auch 5.000,- EUR seien denkbar (OLG Köln, Beschl. v. 03.09.20219 - Az.: 20 W 10/18). Das LAG Nürnberg geht von 500,- EUR aus (LAG Nürnberg, Beschl. v. 28.05.2020 - Az.: 2 Ta 76/20), das LG Berlin (Beschl. v. 16.12.2019 - Az.: 35 T 14/19) hingegen von 2.000,- EUR.
Nun hat sich das LG Hamburg zu dieser Frage geäußert und geht von einem Wert von 500,- EUR aus:
"Das Berufungsgericht sieht auch bei Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 17.01.2022 (...) keine Veranlassung, von der - in erster Instanz auch unangegriffen gebliebenen - Festsetzung des Streitwertes auf 500,00 € abzuweichen. Das Interesse des Klägers an der umfassenden Auskunft nach Art. 15 DSGVO geht über ein reines Informationsinteresse nicht hinaus. Und weiter: "Das LG Bonn (Urt. v. 01.07.2021, Az. 15 O 355/20) führt in diesem Zusammenhang aus: zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 9. ArbG Berlin: Fristlose Kündigung eines Lehrers wegen YouTube-Video ("IMPFUNG MACHT FREI“) rechtmäßig _____________________________________________________________ Das Arbeitsgericht Berlin hat die fristlose Kündigung eines Lehrers des Landes Berlin als wirksam erachtet, der auf YouTube ein Video veröffentlicht hat, das eine Darstellung des Tores eines Konzentrationslagers mit der Inschrift „IMPFUNG MACHT FREI“ enthielt. Der Lehrer hat ein YouTube-Video unter dem Titel „Sie machen Tempo! Und Ich denke…“ veröffentlicht. Am Anfang des Videos wird für etwa 3 Sekunden ein Bild eingeblendet, auf dem das Tor eines Konzentrationslagers abgebildet ist. Der Originalschriftzug des Tores „ARBEIT MACHT FREI“ wurde durch den Text „IMPFUNG MACHT FREI“ ersetzt. Es folgt dann eine ebenfalls etwa 3 Sekunden lange Einblendung eines Tweets des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder, der eine Ausweitung der Impfangebote ankündigt und in dem er die Aussage „Impfen ist der Weg zur Freiheit“ trifft. Die Einblendungen zu Beginn des Videos werden weder durch Text noch durch mündliche Erklärungen näher erläutert. Abrufbar war das Video unter einem Standbild der ersten Einblendung des Videos. Das Land Berlin hat den Lehrer unter anderem wegen der Veröffentlichung dieses Videos fristlos, hilfsweise fristgemäß gekündigt. Der Lehrer setze in dem Video das staatliche Werben um eine Impfbereitschaft in der Pandemie mit der Unrechtsherrschaft und dem System der Konzentrationslager gleich. Damit verharmlose er die Unrechtstaten der Nationalsozialisten und missachte die Opfer. Der Lehrer habe seine Schüler aufgefordert, seinen außerdienstlichen Aktivitäten im Internet zu folgen und sich in anderen Videos auch als Lehrer des Landes Berlin vorgestellt. Der Lehrer sieht in dem Video keinen Grund für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Er habe mit dem privaten Video ausschließlich scharfe Kritik an der Äußerung des bayrischen Ministerpräsidenten üben und deutlich machen wollen, dass diese der menschen- und rechtsverachtenden Polemik des Nationalsozialismus nahekomme. Das Video sei durch das Grundrecht auf Meinungsäußerung und Kunstfreiheit gedeckt. Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage des Lehrers abgewiesen. Eine Auslegung des Inhalts des Videos ergebe nicht nur eine Kritik an der Äußerung des bayrischen Ministerpräsidenten, sondern auch an der allgemeinen, auch vom Land Berlin und der Schulsenatorin, getragenen Impfpolitik. Dabei überschreite der Lehrer durch den Vergleich des Bildes mit dem Text „IMPFUNG MACHT FREI“ mit der Impfpolitik das Maß der zulässigen Kritik. Die Kritik des Lehrers sei nicht mehr durch die Grundrechte der Meinungsfreiheit oder Kunstfreiheit gedeckt, sondern stelle eine unzulässige Verharmlosung des Holocausts dar. Eine Weiterbeschäftigung des Lehrers sei aus diesem Grund unzumutbar. Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 12. September 2022, Az. 22 Ca 223/22
Quelle: Pressemitteilung des ArbG Berlin v. 14.09.2022
Der zuletzt in Neuss lebende Angeklagte bot Ende Dezember 2021 auf einer Kleinanzeigen Verkaufsplattform im Internet mehrere iPhone 13 Pro Max zum Verkauf an. Der Geschädigte wurde mit dem Angeklagten einig, es kam zu einem Treffen in Wuppertal. Hier übergab der Angeklagte gegen Zahlung von 1.300 € jedoch kein echtes iPhone, sondern ein täuschend echt aussehendes, aber wertloses Imitat. Um den Schein eines seriösen Verkaufs zu erwecken und den Käufer in Sicherheit zu wiegen übergab der Angeklagten zudem eine gefälschte Rechnung, wonach das iPhone 13 Pro Max von einem großen Mobilfunkanbieter erworben worden sein sollte. Erst als der Verkäufer bereits weg war bemerkte der Geschädigte, dass es sich bei dem übergebenen iPhone um eine Attrappe handelte. Er durchsuchte daraufhin das Verkaufsportal nach weiteren Anzeigen des Angeklagten und fand schließlich eine identische Anzeige, die der Angeklagte unter einem anderen Namen erstellt hatte. Der Geschädigte spiegelte erneut Kaufinteresse vor und vereinbarte ein Treffen zur Übergabe des iPhones in München. Sodann erstattete er Anzeige bei der Polizei in Bochum, die sich mit den Münchner Kollegen in Verbindung setzte.
Zu dem Treffen erschien dann nicht der Geschädigte, sondern zwei Münchner Polizeibeamte. Als der Angeklagten auch diesen eine Attrappe eines iPhone 13 Pro Max und gefälschte Rechnungen übergab, wurde er unmittelbar vor der Übergabe des Geldes festgenommen.
Der Angeklagte räumte in der mündlichen Verhandlung die Tatvorwürfe vollumfänglich ein und entschuldigte sich bei dem Geschädigten.
Die Strafrichterin begründete die Verurteilung wie folgt:
„(…) Der Strafrahmen war jeweils den § 263 Abs. 3 StGB und § 267 Abs. 3 StGB zu entnehmen, welche beide eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 10 Jahre vorsehen. Urteil des Amtsgerichts München vom 31.05.2022
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 23.09.2022
|