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Newsletter vom 05.12.2007 |
Betreff: Rechts-Newsletter 49. KW / 2007: Kanzlei Dr. Bahr |
Die Kläger sind alternative Teilnehmernetzbetreiber (sog. City-Carrier). Für die "letzte Meile" sind sie auf den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung der Deutschen Telekom angewiesen. Mit Beschluss der Bundesnetzagentur vom 20. April 2005 wurde der bundesweite Markt für Teilnehmeranschlussleitungen reguliert. Danach umfasst dieser Markt den Zugang zum Teilnehmeranschluss in Form der Kupferdoppelader, aber nicht in Form der reinen Glasfaserleitung. In Bezug auf den so definierten Markt wurden der marktbeherrschenden Deutschen Telekom bestimmte Verpflichtungen auferlegt, die einen chancengleichen Wettbewerb fördern sollen. Dabei handelt es sich insbesondere um die Pflicht, in ihren Räumen die erforderlichen technischen Einrichtungen der Wettbewerber zu gestatten (sog. Kollokation), die Entgeltgenehmigungspflicht sowie die Pflicht, ein einheitliches Standardangebot für Zugangsleistungen abzugeben. Die klagenden Unternehmen, denen die so ausgestaltete Marktregulierung nicht weit genug geht, verlangten deren Ergänzung um zusätzliche Verpflichtungen der Telekom (Ausbau der vorhandenen Kapazität, Kooperationsmöglichkeiten, getrennte Rechnungsführung). Außerdem forderten sie die Einbeziehung der Teilnehmeranschlussleitung aus reiner Glasfaser in den regulierten Markt. Die Klagen blieben schon in erster Instanz ohne Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht wies jetzt die Revisionen der Kläger zurück. Während die Abgrenzung des regulierungsbedürftigen Marktes (hier: Kupfer, aber nicht Glasfaser) allein im öffentlichen Interesse liegt, stellte das Bundesverwaltungsgericht klar, dass die Auferlegung von Verpflichtungen auf einem so definierten Markt auch Rechte der Wettbewerber des marktmächtigen Unternehmens berührt. Die unterschiedlichen von einer Regulierungsmaßnahme betroffenen Interessen zu ermitteln und in einen angemessenen Ausgleich zu bringen, ist aber in erster Linie Aufgabe der zu diesem Zweck geschaffenen Regulierungsbehörde (Bundesnetzagentur). Deshalb ist es zwingend erforderlich, einen auf die Auferlegung von (zusätzlichen) Regulierungsmaßnahmen gerichteten Antrag zuerst an die Bundesnetzagentur zu richten, damit diese ihn eingehend prüfen und über ihn in Ausübung des ihr zustehenden Regulierungsermessens entscheiden kann. Da sich die klagenden Unternehmen stattdessen unmittelbar an das Verwaltungsgericht gewandt hatten, waren ihre Klagen unzulässig. BVerwG 6 C 42.06, 6 C 43.06, 6 C 44.06, 6 C 45.06, 6 C 46.06 – Urteil vom 28. November 2007 Quelle: Pressemitteilung Nr. 73/2007 des BVerwG v. 29.11.2007
Das Berufungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass ein entgeltlicher Vertrag der Parteien, sein Zustandekommen einmal unterstellt, jedenfalls wegen Verstoßes gegen das Presserecht nichtig sei. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin ihren Entgeltanspruch zunächst weiterverfolgt. In der mündlichen Verhandlung vor dem X. Zivilsenat hat die Klägerin ihre Revision zurückgenommen, nachdem der Senat darauf hingewiesen hatte, dass er schon das Zustandekommen eines entgeltlichen Vertrages für problematisch halte, vor allem aber dazu neige, mit dem Berufungsgericht einen Verstoß gegen die Pflicht des Verlegers, entgeltliche Veröffentlichungen als Anzeige zu bezeichnen (Kennzeichnungspflicht nach § 10 NW PresseG), anzunehmen, der zur Nichtigkeit des etwaigen Vertrages wegen Gesetzesverstoßes (§ 134 BGB) führen könne. Ohne Entscheidung, da Rücknahme des Rechtsmittels - X ZR 133/06 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 27.11.2007
Bei diesen Rabatten handelt es sich zum einen um sog. Anteils- bzw. Share-Rabatte. Dabei werden den Media-Agenturen erhebliche Rabatt- und sonstige Rückvergütungen gewährt, wenn diese bestimmte hohe Anteile ihres Werbebudgets bei der jeweiligen Sendergruppe platzieren. Die Media-Agenturen haben aufgrund dieser Rabatte einen starken wirtschaftlichen Anreiz, die entsprechenden Anteile ihres Budgets bei den beiden großen Vermarktern und nicht bei kleineren Sendern zu platzieren, zumal die Rabatte rückwirkend für das gesamte Budget – d.h. retroaktiv – und nicht nur für den Teil, der über den Rabattschwellen liegt, gewährt werden. Durch diese Sogwirkung wird der Fernsehwerbemarkt für die kleineren, marktschwächeren Sender abgeschottet und der Marktzugang insgesamt erschwert. Zum anderen handelt es sich bei den kartellrechtswidrigen Rabatten auch um retroaktive Mengenrabatte mit den entsprechenden negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb. Angesichts eines gemeinsamen Marktanteils von über 80% auf dem hier betroffenen Fernsehwerbemarkt verstößt das von RTL und Pro7Sat.1 praktizierte Rabattsystem gegen deutsches und europäisches Kartellrecht. Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Durchsuchung der beiden Werbezeitenvermarkter sowie einer Reihe von Media-Agenturen am 19. Juni 2007. Bei der Aktion konnte umfangreiches Beweismaterial sichergestellt werden, das die kartellrechtswidrigen Vereinbarungen belegt hat. RTL und Pro7Sat.1 haben bereits Anfang Oktober 2007 angekündigt, die Geldbußen zu akzeptieren. Beide Sendergruppen haben mittlerweile neue Rabattsysteme eingeführt. Quelle: Pressemitteilung des BKartA v. 30.11.2007
Die Lotto Rheinland-Pfalz GmbH verfügt mit ihren Lotterieprodukten wie Zahlenlotto, Spiel 77, Super 6, Keno und GlücksSpirale, die sie über mehr als 1.200 Annahmestellen vertreibt, auf dem rheinland-pfälzischen Lotteriemarkt über eine marktbeherrschende Stellung. Mit der Nord- und der Süddeutschen Klassenlotterie, den beiden Fernsehlotterien Aktion Mensch und ARD-Fernsehlotterie sowie über die gewerblichen Spielvermittler existiert auf diesem Markt nur ein geringer Restwettbewerb. Zudem bestehen wegen der starken Regulierung von Lotterien durch den geltenden Lotteriestaatsvertrag und den zukünftigen Glücksspielstaatsvertrag, der am 1. Januar 2008 in Kraft treten soll, hohe rechtliche und tatsächliche Marktzutrittsschranken. Durch die Mehrheitsbeteiligung des Landes Rheinland-Pfalz wäre es zu einer Verstärkung dieser marktbeherrschenden Stellung gekommen. Stärkster Wettbewerber auf dem rheinland-pfälzischen Lotteriemarkt ist die Süddeutsche Klassenlotterie, die von den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen getragen wird. Durch den Zusammenschluss wäre eine strukturelle Verbindung zwischen Lotto Rheinland-Pfalz GmbH und Süddeutscher Klassenlotterie entstanden, die den bisher bestehenden Wettbewerb weitgehend beseitigt hätte. Da die Trägerländer der Süddeutschen Klassenlotterie mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz zudem die jeweiligen Landeslottogesellschaften kontrollieren, wäre auch der aktuelle und potenzielle Wettbewerb zwischen der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH und den Landeslottogesellschaften dieser Trägerländer vermindert worden. Dies hätte nicht nur die marktbeherrschende Stellung der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH auf dem rheinland-pfälzischen Lotteriemarkt weiter abgesichert, sondern auch zu einer Verstärkung der marktbeherrschenden Stellungen der Landeslottogesellschaften der fünf anderen Trägerländer auf den jeweiligen Landeslotteriemärkten geführt. Das Bundeskartellamt hat mit dieser Entscheidung erneut deutlich gemacht, dass auch stark regulierte Bereiche wie das Glücksspielwesen keine "wettbewerbsfreien Zonen" sind. Das Kartellrecht, hier die Fusionskontrolle, ist ohne Einschränkungen anwendbar. Quelle: Pressemitteilung des BKartA v. 29.11.2007
Ein Spieler klagt gegen eine niedersächsische Spielbank auf Auszahlung seines Gewinns. Gegen ihn liegt eine Sperrmitteilung aus einem anderen Bundesland aus dem Jahre 1989 vor. Dennoch ließ ihn die Spielbank, deren Leiter persönlich mit dem Kläger bekannt ist, jahrelang ungehindert spielen und zahlte auch Gewinne an ihn aus. Nachdem er eine größere Summe gewann, verweigerte die Spielbank die Auszahlung unter Berufung auf die Sperrmitteilung und eine entsprechende Vorschrift in ihrer Hausordnung. Auf die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe durch das Landgericht Hannover hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle der Klage nun Erfolgsaussicht eingeräumt. Zwar darf eine Spielbank in ihrer Hausordnung allgemeine Kriterien festlegen, nach denen Spielverträge mit bestimmten Personen nicht zustande kommen sollen. Es reicht hierfür aber nach Auffassung des Senats nicht aus, dass ihr eine Sperrmitteilung von einer anderen Spielbank in Deutschland oder Österreich vorliegt. Der Spieler könne in einem solchen Fall nicht erkennen, ob eine solche Sperrmitteilung ergangen ist, ob der Spielbetrieb hiervon Kenntnis hat und ob er im Ergebnis tatsächlich ausgeschlossen ist. Zudem handele ein Spielbetrieb dann treuwidrig, wenn er den Spieler jahrelang unkontrolliert hat spielen lassen und gegen Vorlage des Personalausweises auch Gewinne ausgezahlt hat, sich dann aber bei einem größeren Gewinn "aus heiterem Himmel" auf die über 15 Jahre alte Sperre berufen will. Beschluss vom 20. November 2007, Aktenzeichen: 4 W 206/07 Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle v. 27.11.2007
Auf der Titelseite ihres Prospekts warb eine badische Leuchtenfirma mit dem Zusatz „Das Original“ für ihre kugelförmigen Leuchten, die unmittelbar auf dem Boden aufgestellt werden können. Bei den übrigen Produkten, die in dem Prospekt beworben werden, fehlte dieser Zusatz. Eine konkurrierende Firma aus Hennef hielt die Verwendung dieser Bezeichnung in der Prospektwerbung für irreführend, weil dies ihre eigenen, auf eine längere Herstellertradition zurückgehenden Leuchten als Kopie oder Nachahmung abwerte. Dieser Ansicht ist der 20. Zivilsenat gefolgt. Er hat in der Gestaltung der Titelseite des Prospekts einen Wettbewerbsverstoß gesehen. Die badische Firma wurde dazu verurteilt, ihre Kugelleuchten künftig nicht mehr mit dem Zusatz „Das Original“ zu bewerben und der Leuchtenfirma aus Hennef außerdem den möglicherweise aus der irreführenden Werbung entstandenen Schaden zu ersetzen. Da diese Annahme aber nicht zutreffe, weil kugelförmige Leuchten der fraglichen Art bereits früher auf dem Markt vorhanden waren, würden die Konkurrenzprodukte aus Hennef zu Unrecht als Nachahmerprodukte hingestellt. Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf v. 03.12.2007
Geklagt hatte eine Lehrerin, da sie sich in ihren Rechten verletzt fühlte. Zu Unrecht wie nun die Kölner Richter entschieden. Grundsätzlich sei ein solches Bewertungsportal von Lehreren rechtlich nicht zu beanstanden, wenn dort nur wahre Tatsachenbehauptungen oder zulässige Meinungsäußerungen veröffentlicht würden. Auch der Umstand, dass die Bewertungen anonym abgegeben würden, führe zu keiner anderen Bewertung: "Ohne Erfolg macht die Verfügungsklägerin geltend, dass die Bewertung schon deshalb unzulässig sei, weil sie anonym erfolge. Dass im Medium des Internets User nicht mit ihrem vollen Namen und Adresse auftreten, ist dem Internet immanent. Auch Meinungen, die lediglich unter einer E-Mail-Adresse oder auch anonym im Internet abgegeben werden, genießen jedoch den Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG (...). Darüber hinaus erfolgen Evaluationen im Hochschul- oder Schulbereich regelmäßig nicht unter voller namentlicher Nennung der Studenten oder Schüler, wodurch auch einer gewissen Furcht vor möglichen Sanktionen Rechnung getragen werden kann." Und auch die Nennung von persönlichen Daten der Lehrer ist dann erlaubt, wenn die Daten anderweitig öffentlich zugänglich sind, z.B. auf der Webseite der betreffenden Schule: "Der Name der Verfügungsklägerin, ihre berufliche Tätigkeit und die von ihr unterrichteten Fächer sind mit ihrem Einverständnis auf der Homepage ihrer Schule bereits ins Internet eingestellt worden. Sie sind daher ohne Mühe aus einer allgemein zugänglichen Quelle zu entnehmen und im Schülerportal (…) unstreitig korrekt wiedergegeben worden."
"Der Gebührenstreitwert ist seitens der Kläger weit übersetzt angenommen worden. Es ist den Klägern zwar zuzugeben, dass der Gebührenstreitwert bei Markenrechtsstreitigkeiten oft EUR 50.000,00 überschreitet. Dies ist jedoch nicht zwingend, denn der Streitwert für den Unterlassungsanspruch der Kläger ist (...) unter Berücksichtung aller Umstände, hier insbesondere des Interesses der Kläger an dem Die von den Klägern zitierte Entscheidung des BGH bezüglich eines Regelstreitwertes von EUR 50.000,00 (...) gibt für die von den Klägern vertretene Auffassung nichts her, weil sie sich nicht auf einen Unterlassungsanspruch, sondern auf ein Löschungswiderspruchsverfahren bezieht. In einem solchen Verfahren ist das Interesse des Markeninhabers an der Aufrechterhaltung seiner Marke zu bewerten. Dieses Interesse steht aber im vorliegenden Falle jedenfalls bezüglich der Abmahnung nicht im Streit." Das LG Berlin erteilt damit einem Regelstreitwert von 50.000,- EUR bei reinen Markenverletzungen eine klare Absage. Es schließt sich damit der Meinung des OLG Nürnberg an, das ebenfalls einen solchen Regelstreitwert ablehnt, vgl. die Kanzlei-Infos v. 07.09.2007. Die Berliner Richter kommen hier zu einem Streitwert von 20.000,- EUR Streitwert. In der Praxis bedeutet dies: Anstatt 1.380,- EUR Abmahnkosten sind nunmehr "nur noch" 860,- EUR zu bezahlen.
Denn - so die Richter - es liege kein Fall der Mitstörerhaftung vor, da der Access-Provider weder eine Verkehrspflicht verletze noch es ihm rechtlich und tatsächlich möglich sei, die rechtswidrigen Handlungen auf der fremden Webseite zu unterbinden: "Selbst wenn eine Wettbewerbshandlung vorliegend zu bejahen wäre, würde der Verfügungsanspruch daran scheitern, dass kein Verstoß gegen eine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht seitens der Beklagten angenommen werden kann. Eine solche Verkehrspflicht setzt voraus, dass die Beklagte (...) durch ihr Handeln im geschäftlichen Verkehr in einer ihr zurechenbaren Weise die ernst zu nehmende Gefahr der Interessenverletzung der Klägerin begründet hat. Der geschäftlichen Tätigkeit der Beklagten (...) ist eine solche Gefahr jedoch nicht immanent. Weder betreibt die Beklagte (...) die Website, noch steht sie in irgendeiner vertraglichen Beziehung zu deren Betreiberin. Die Website befindet sich nicht auf den Servern der Beklagten, die Beklagte (...) bietet auch keine Plattform, auf der Mitbewerber der Klägerin Gelegenheit erhalten, unlautere die Klägerin beeinträchtigende Handlungen (...) zu begehen. Damit hat sie nicht in ihr zurechenbarer Weise die Gefahr begründet, dass geschützte Interessen von Marktteilnehmern verletzt werden. Nur derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft, muss Maßnahmen und Vorkehrungen treffen, die zur Abwendung der daraus Dritten drohenden Gefahren notwendig sind. Die Gefahren, die von der Website (…) ausgehen, liegen nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten, so dass unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht eine Haftung der Beklagten nicht in Betracht kommt."
Seit dem 1. Dezember gibt es die 8. Folge "Das weiße Rauschen" mit dem Jura-Thema Haftung von Internet-Foren.
Inhalt: Das Gesetz definiert den Begriff der personenbezogenen Daten als „Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person“. Zerlegt man diesen Satz in seine Einzelteile, dann müssen drei Voraussetzungen gegeben sein, damit das BDSG überhaupt Anwendung findet: - Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse Aufgrund des großen Umfangs ist der Podcast in zwei Teile geteilt. Heute hören Sie den ersten Teil. Der zweite Teil erscheint nächste Woche. Der heutige Teil beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse und der Frage nach der Bestimmbarkeit einer Person.
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