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Newsletter vom 06.09.2023 |
Betreff: Rechts-Newsletter 36. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: Voraussetzungen für zulässige identifizierende Verdachtsberichterstattung durch Presse _____________________________________________________________ Der BGH hat seine bisherige Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Verdachtsberichterstattung verfeinert (BGH, Urt. v. 20.06.2023 - Az.: VI ZR 262/21).
Der amtliche Leitsatz lautet:
"Für eine identifizierende Verdachtsberichterstattung ist jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen, erforderlich. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. BGH: Neukunden-Bonus muss auch von insolventem Unternehmen berücksichtigt werden _____________________________________________________________ Ein insolventes Unternehmen, das seinen Kunden einen Neukunden-Bonus ausgelobt hat, muss diesen auch im Falle der Insolvenz berücksichtigen (BGH, Urt. v. 27.07.2023 - Az.: IX ZR 267/20). Der Insolvenzverwalter des zahlungsunfähigen Energieunternehmens schickte den Kunden eine Rechnung, hatte dabei jedoch den versprochenen Neukunden-Bonus nicht berücksichtigt, wenn nicht eine Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr erreicht war. Vielmehr seien etwaige Forderungen zur Insolvenz-Tabelle anzumelden.
Die Klausel lautete:
"Grundpreis: […] €/Monat (inkl. 19% MWst) Der BGH stufte das Verhalten des Insolvenzverwalters als rechtswidrig ein. Der Neukunden-Bonus sei bei sämtlichen Regelungen zu berücksichtigen, eine Änderung durch die Insolvenz sei nicht eingetreten.
1. Keine Mindestvertragslaufzeit:
"Aus der Sicht eines verständigen und redlichen Verbrauchers ergibt sich aus dem Wortlaut der Klauselwerke der Schuldnerin kein greifbarer Anhaltspunkt dafür, dass der Neukundenbonus an eine Mindestlaufzeit des Vertrags geknüpft wäre. Nach Nr. 7.4 Satz 1 der AGB-Strom der Schuldnerin - insoweit inhaltsgleich mit Nr. 7.4 Satz 1 der AGB-Gas der Schuldnerin - bietet die Schuldnerin, sofern im jeweiligen Tarif vereinbart, als Abschlussprämie für den Abschluss des Vertrags einen einmaligen Prämienbetrag (Bonus). (...) 2. Keine Änderung durch Insolvenz: Es sei auch keine Änderung durch die Insolvenz eingetreten. "Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das Oberlandesgericht den von der Schuldnerin eingeräumten Neukundenbonus zutreffend nicht als eigenständige Forderung, sondern nur als Berechnungsfaktor bei der Ermittlung des Jahresverbrauchspreises angesehen, gegenüber dem kein insolvenzrechtliches Aufrechnungsverbot eingreift. Und weiter: "(2) Auch die jeweiligen Regelungen in Nr. 7.5 der AGB-Strom und der AGB-Gas der Schuldnerin, wonach der Bonus weder bei den Abschlusszahlungen noch bei unterjährigen Abrechnungen zu berücksichtigen ist, begründen keine rechtliche Selbständigkeit des Bonus. Damit ist nur bestimmt, dass der Bonus auf die vorläufige Bemessung der Abschlagszahlungen und unterjährigen Abrechnungsbeträge ohne Einfluss ist und die Abschlussprämie erst in die Endabrechnung einfließt." zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 3. OLG Dresden: GmbH kann sich gegen "Betrugs"-Vorwürfe juristisch wehren _____________________________________________________________ Eine juristische Person (hier: GmbH) kann sich gegen Vorwürfe, sie habe einen Betrug begangen, juristisch wehren und auf Unterlassung klagen (OLG Dresden, Urt. v. 25.07.2023 - Az.: 4 U 125/23).
Es ging um folgende Äußerung des Beklagten, die er in einer E-Mail geäußert hatte:
"(...) ausweislich des Ihnen bekannten Urteils des OLG war der von Ihnen vorsätzlich vorgenommene Mietzinseinbehalt ab Mai 2017 rechts- und treuwidrig. Nach Auswertung aller Unterlagen ergibt sich, dass sowohl Ihr als auch das Agieren des Herrn (...) darauf hinzielte, uns das Pflegeheim auf diese Weise wegzunehmen. Ich verweise insoweit auch auf Ihren "Kooperationsvertrag" aus welchem sich dieses Ansinnen sehr deutlich ergibt. Neben der Auseinandersetzung der Innen-GbR werde ich unsere Schadensersatzansprüche auch gegen Sie persönlich geltend machen und kündige Ihnen dies hiermit an. Darüber hinaus stellt dies auch einen Betrug dar, da Sie uns bei Ihrer vermeintlich großzügigen Kreditvergabe massiv getäuscht haben, mit dem Ziel sich unser Pflegeheim anzueignen (...)." Die betroffene Firma wehrte sich gegen diese Äußerung und verlangte Unterlassung.
Das OLG Dresden stellte fest, dass ein solches Vorgehen grundsätzlich möglich sei:
"Der Anspruch der Klägerin (...) scheitert allerdings nicht bereits an dem Umstand, dass es sich bei ihr um eine GmbH und damit um eine juristische Person des Privatrechts handelt. Im Ergebnis verneinte das Gericht aber einen Anspruch, weil die Passagen eine Tatsachenbehauptung und im Rahmen der berechtigten Interessen vorgenommen seien: "Aus dem Zusammenhang wird deutlich, dass sich die Bezeichnung des Handelns der Kläger als „Betrug“ auf zwei konkrete Sachverhalte bezieht, nämlich auf die Einbehaltung des gesamten Mietzinses durch die Kläger ab Mai 2017 und auf einen von den Klägern mit dem Ziel des Abschlusses mit der Beklagten entworfenen Kooperationsvertrag. Es handelt sich hierbei um einen im Tatsächlichen wurzelnden Sachverhalt: Um welches Urteil des Oberlandesgerichts Dresden es sich hierbei handelt, ist dabei für den Empfängerkreis der Mail klar erkennbar, ebenso wie dessen Streitgegenstand und Inhalt. Ob - wie die Beklagte behauptet - der von den Klägern vorgenommene Mietzinseinbehalt in diesem Urteil als „rechts- und treuwidrig“ bezeichnet wurde, ist ohne weiteres einem Beweis durch Augenschein zugänglich.(...) zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 4. OLG Hamm: Werbe-Nachrichten über Social-Media-Dienste wie Xing, LinkedIn oder X sind ebenfalls unzulässiger Spam _____________________________________________________________ Werbe-Nachrichten, die über Online-Portale oder Social-Media-Dienste (z.B. Xing, LinkedIn oder X) an Empfänger versendet werden, sind ebenfalls rechtswidriger Spam, wenn keine Einwilligung vorliegt (OLG Hamm, Beschl. v. 03.05.2023 - Az.: 18 U 154/22). Im Rahmen einer zivilrechtlichen Klage hatte das OLG Hamm zu überprüfen, ob die Werbe-Maßnahmen der Klägerin rechtmäßig waren. Die Klägerin war Dienstleisterin für Immobilienmakler und vermittelte u.a. gegen Entgelt Erstkontakte zu potentiellen Verkäufern von Grundstücken. Der Beklagte war Immobilienmakler und schloss mit der Klägerin einen Vertrag. U.a. war eine Vergütung für die Nennung von Datensätzen vereinbart worden, die der Beklagte über unterschiedliche Online- und Social-Media-Dienste (wie z.B. Xing, LinkedIn oder X) direkt kontaktieren konnte. Eine Einwilligung lag nicht vor.
Dies stufte das OLG Hamm als rechtswidrigen Spam ein:
"Auch hinsichtlich der Dienstleistung Chiffre-Kontakt liegt eine unzulässige geschäftliche Handlung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. vor. Und weiter: "Kontaktaufnahmen seitens der Klägerin, die darauf gerichtet sind, den Inserenten Maklerdienste anzubieten, sind auch bei Vorliegen eines grundsätzlichen Interesses des potentiellen Immobilienverkäufers an einer Kontaktaufnahme nicht von einer entsprechenden Einwilligung gedeckt. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 5. LG Cottbus: Verlängerung einer befristeten Online-Rabattaktion grundsätzlich wettbewerbswidrig _____________________________________________________________ Die Verlängerung einer befristeten Online-Rabattaktion ist grundsätzlich wettbewerbswidrig, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor. Ein Wettbewerbsverstoß liegt insbesondere dann vor, wenn von vornherein eine Verlängerung der Aktion beabsichtigt war (LG Cottbus, Urt. v. 14.06.2023 - Az.: 11 O 13/23).
Die Beklagte warb online mit einer zeitlich befristeten Reduzierung für Brillen:
"Bei einer Terminbuchung bis zum 20.01.2023 bekommst Du bei uns (...)." Nach Auslaufen der Aktion warb die Beklagte mit der identischen Reduzierung wie folgt: "Mit Last Minute Termin bis 28.02.2023 bekommst Du (...)" Dies stufte das LG Cottbus als wettbewerbswidrige Verlängerung einer befristeten Rabatt-Maßnahme an. Zudem ging das Gericht davon aus, dass die unzulässige Erweiterung von vornherein geplant sei: "Die Werbung der Verfügungsbeklagten mit den Newslettern vom 09.01.2023 und 30.01.2023 ist (...) irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG. Die Verfügungsbeklagte hat die Verbraucher im Streitfall über die Dauer der angekündigten Sonderaktion und die von vornherein bestehende Absicht der Verlängerung der Aktion getäuscht. Und weiter: "Hierfür spricht auch der Umstand, dass dem Newsletter vom 30.01.2023 ein Link zu einer Landingpage beigefügt war, auf der das Ende der Aktion in einer Fußnote bereits mit dem 31.03.2023 benannt war. In dem Newsletter selbst wird dagegen deutlich und einführend mit den Worten „mit Last Minute Termin bis zum 28.02.2023 bekommst du“ geworben. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 6. SG Hamburg: Betroffener kann in unverschlüsselte E-Mail-Übersendung von Sozialdaten einwilligen _____________________________________________________________ Ein Betroffener kann in eine unverschlüsselte E-Mail-Übersendung seiner Sozialdaten einwilligen, sodass die betreffende Behörde zu einer Übermittlung auf diese Weise verpflichtet ist (SG Hamburg, Urt. v. 30.06.2023 - Az.: S 39 AS 517/23). Der Kläger war schwerbehindert und bezog Sozialleistungen. Er begehrte von der Behörde die Zustellung der Bescheide und des sonstigen Schriftverkehrs per unverschlüsselter E-Mail. Aufgrund von datenschutzrechtlichen Bedenken unter Hinweis auf Art. 32 DSGVO lehnte das Amt dies ab.
Zu Unrecht, wie nun das SG Hamburg urteilte und dem Betroffenen Recht gab:
"Die vom Beklagten vorgetragenen datenschutzrechtlichen Bedenken gegen die Übersendung der Bescheide und Formulare als PDF-Dokument mit unverschlüsselter E-Mail greifen nicht durch. Denn der Kläger hat in die Verarbeitung eingewilligt (dazu unter aa)), eine Abwägung nach Art. 32 Abs. 1 DSGVO steht einer Übersendung nicht entgegen (dazu unter bb)) (...). Und weiter: "bb) Gemäß Art. 32 Abs. 1 DSGVO treffen unter Berücksichtigung des Stands der Technik, der Implementierungskosten und der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung sowie der unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere des Risikos für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter geeignete technische und organisatorische Maßnahmen, um ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten; diese Maßnahmen schließen gegebenenfalls unter anderem die Verschlüsselung personenbezogener Daten ein (lit. a) Alt. 2). Und: "Es leuchtet dem Gericht nicht ein – auch weil der Beklagte etwaige technische Nachweise innerhalb der gesamten Verfahrensdauer von einem Jahr nicht vorgebracht hat –, aus welchem Grund der Schutz der Daten des Klägers – in dessen unverschlüsselte Übermittlung er zur Durchsetzung seines Rechtes auf Gleichbehandlung längst eingewilligt hat (s.o.) – dem Recht übergeordnet werden soll, nicht benachteiligt zu werden. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. VG Minden: Pressevertreter darf auch über Gerichtsverfahren gegen sich selbst berichten _____________________________________________________________ Ein Journalist ist auch dann Teil der Presse, wenn er über ein anhängiges Gerichtsverfahren, bei dem er Partei ist, berichten will (VG Minden, Beschl. v. 16.08.2023 - Az.: 1 L 729/23). Der Kläger wollte über ein Gerichtsverfahren berichten, das ihn selbst betraf. Das zuständige Gericht teilte mit, dass es ihm nicht erlaubt sei, entsprechende technische Geräte für eine Berichterstattung in das Gericht mitzubringen, da er im vorliegenden Fall nicht Teil der Presse sei. Dagegen wehrte sich der Journalist mit Erfolg.
Auch wenn die Presse über rechtliche Streitigkeiten von sich selbst berichte, unterfalle dies in den presserechtlichen Schutzbereich:
"Die Absicht eines Vertreters der Presse, über ein ihn selbst betreffendes Gerichtsverfahren zu berichten, schließt eine Berufung auf die Pressefreiheit nicht aus. Und weiter: "Für das Gericht ist auch nicht erkennbar, dass ein Bericht über eine die Presse selbst betreffende Angelegenheit - wie der Antragsgegner meint - gegen den Pressekodex verstößt. Ziffer 6 des Pressekodex (Trennung von Tätigkeiten), auf die sich der Antragsgegner bezieht, lautet: "Journalisten und Verleger üben keine Tätigkeiten aus, die die Glaubwürdigkeit der Presse in Frage stellen könnten." Und schließlich: "d. Die weiteren vom Antragsgegner vorgebrachten Argumente stehen dem Erlass der einstweiligen Anordnung ebenfalls nicht entgegen. Ob für den vom Antragsteller geplanten Beitrag ein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht, ist rechtlich unerheblich. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. März 2010 - 1 BvR 1891/05 -, NJW-RR 2010, 1195, Rn. 29. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. LG München I: Kein Rückzahlungsanspruch bei erfolgloser Partnervermittlung _____________________________________________________________ Die 29. Zivilkammer des Landgerichts München I hat die Klage einer Kundin gegen eine Agentur zur Vermittlung von Partnerschaften auf Rückabwicklung ihres Partnervermittlungsvertrags abgewiesen (29 O 11980/22). Die Klägerin hatte die Rückzahlung der Vermittlungssumme von 7.400 Euro gefordert mit dem Argument, die Agentur hätte ihr – anders als vertraglich vereinbart - keinerlei adäquate Partner vorgeschlagen. Nachdem die Klägerin sich bei der Beklagten aufgrund einer Anzeige in einer Fachzeitschrift gemeldet hatte, suchte eine Mitarbeiterin der Beklagten die Klägerin zu einem persönlichen, mehrstündigen Beratungsgespräch auf. In dem Gespräch wurde die berufliche und private Situation der Klägerin thematisiert. Auch wurden ihre Wünsche und Vorstellungen hinsichtlich des zukünftigen Partners besprochen. Die Klägerin erhielt nach dem sich anschließenden Abschluss eines Partnervermittlungsvertrags innerhalb einer Woche 20 Partnervorschläge, insgesamt bekam sie von der Beklagten 31 Partnervorschläge. Die Klägerin beschwerte sich mehrfach bei der Beklagten darüber, dass die Partnerauswahl für sie nicht stimmig sei. Im Juli 2022 erklärte sie den Rücktritt vom Vertrag und machte hilfsweise die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch die Beklagte geltend. Die Klägerin erklärte, dass die Mitarbeiterin der Beklagten ihr versichert habe, sie sei ihrem Aussehen, ihrem Bildungsgrad und Beruf, sowie ihrer Umgebung nach leicht zeitnah zu vermitteln. Allerdings habe keiner der übermittelten Partnervorschläge ihrem Anforderungsprofil entsprochen. Die private und berufliche Situation der Klägerin sei überhaupt nicht berücksichtigt worden. Sie habe deutlich und mehrfach angegeben, dass sie sowohl zeitlich als auch örtlich unflexibel sei. Der Partnervorschlag sollte daher zwingend in München oder dem näheren Münchner Umland stattfinden. Auch sei der Klägerin insbesondere ein Alter von maximal bis 50 wichtig gewesen. Die Figur sollte groß, schlank und insbesondere sehr sportlich sein. Dabei habe sie auch in dem persönlichen Gespräch mehrfach herausgestellt, dass ihr die Optik sehr wichtig sei. Eine genau auf die Klägerin abgestimmte und handverlesene Partnersuche sei trotz der immer wieder hervorgehobenen Exklusivität der Beklagten nicht erkennbar. Die Dokumente der Beklagten seien nichtssagend und pauschal gewesen. Das Anforderungsprofil werde bewusst vage gehalten. Der Klägerin seien völlig unzureichende, nicht passende und willkürlich wirkende Vermittlungsvorschläge gemacht worden. Nach informatorischer Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung und Einvernahme der Mitarbeiterin der Agentur zur Vermittlung von Partnerschaften als Zeugin, kam das Gericht zu der Überzeugung, dass weder eine Rückabwicklung des Vertrags möglich sei noch ein Verstoß gegen die guten Sitten oder eine arglistige Täuschung der Klägerin vorliege. Ein grobes Missverhältnis zwischen der geforderten Bezahlung und den von der Beklagten erbrachten Partnervorschlägen, sei nicht zu erkennen. Zudem schulde die Beklagte der Klägerin nach dem Vertrag keine erfolgreiche Vermittlung. Die von der Klägerin im Formular „So stelle ich mir meinen Partner vor“ gegenüber der Beklagten gemachten Angaben seien nach Überzeugung des Gerichts in den vorgelegten Partnervorschlägen enthalten gewesen. Weder der Vertrag noch die ausgefüllten Kundenformulare oder die Gesprächsnotizen ließen zudem eine Vereinbarung dahingehend erkennen, dass lediglich Partner aus München und dem näheren Umkreis in Betracht kämen. Vielmehr führte die Vermittlerin der Beklagten für das Gericht glaubhaft aus, Ortswünsche der Klägerin seien damals besprochen worden. Die Klägerin habe zu ihr gesagt, dass sie am liebsten etwas in München hätte. Diesbezüglich habe sie mit der Klägerin aber auch besprochen, dass die Klägerin flexibler sein solle, weil Männer gegebenenfalls bereit sind, ihre Örtlichkeit aufzugeben und zu ihr zu ziehen. Wenn das nämlich ein Ausschlusskriterium sei, dann könne sie die Kundin oder den Kunden auch nicht in die Datenbank der Beklagten mitaufnehmen, weil das örtlich zu spezifisch sei. Vor diesem Hintergrund befand das Gericht die Vermittlungsvorschläge der Beklagten insgesamt nicht in einem solchen Maße ungeeignet, dass sie bei wertender Betrachtung einer Nichtleistung gleichzusetzen seien. Die Partnervorschläge seien zumindest nicht völlig unbrauchbar gewesen. Das Urteil vom 31.08.2023 ist nicht rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 01.09.2023
Auf Basis der vertraglichen Regelung sollte dem Kläger nach Ablauf des Vertrages – bereits vor Erreichen des Rentenalters – ein Ruhegeld gezahlt werden, ohne dass der Kläger hierfür eine Leistung hätte erbringen müssen. Das Ruhegeld errechnet sich auf der Grundlage des Vergütungsanspruchs des Klägers in Höhe von zuletzt ca. 20.900 EUR brutto monatlich. Daneben sollte der Kläger weitgehend auch aus anderen Quellen Einkünfte oder Versorgungen beziehen können, ohne dass diese auf das Ruhegeld anzurechnen gewesen wären. Das Arbeitsgericht sah hierin in der Gesamtbetrachtung ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des Ruhegelds gehe weit über eine Kompensation für das Arbeitsplatzrisiko aufgrund der Befristung des Dienstvertrages für die Amtsdauer des Klägers als Verwaltungsdirektor hinaus. Die Vereinbarung des Ruhegelds widerspreche außerdem den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, an die die Beklagte gebunden sei. Schließlich gefährde der Vorwurf der Verschwendung von Rundfunkgebühren den Ruf und die Existenz des öffentlichen Rundfunks. Aufgrund der Nichtigkeit des Dienstvertrages habe der Kläger keinen Anspruch auf Ruhegeldzahlungen und Hinterbliebenenversorgung. Die Widerklage der Beklagten hat das Gericht überwiegend abgewiesen. Ein Anspruch auf Rückzahlung der ARD-Prämie für den ARD-Vorsitz bestehe nur im Umfang von einem Drittel. Im Übrigen treffe die Beklagte ein Mitverschulden für das Zustandekommen der Vereinbarung. Auch könne die Beklagte die Entgeltfortzahlung, die sie während der Arbeitsunfähigkeit des Klägers in der Zeit des nichtigen Arbeitsvertrages geleistet hat, nicht zurückfordern. Gegen diese Entscheidung ist für beide Parteien das Rechtsmittel der Berufung zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gegeben. Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 01.09.2023, Az. 21 Ca 1751/23
Quelle: Pressemitteilung des ArbG v. 01.09.2023
Inhaltsangabe: Die Leadgenerierung ist ein zentraler Bestandteil des Online-Marketings. Allerdings birgt sie auch rechtliche Fallstricke, die bei falscher Handhabung zu erheblichen Problemen führen können. In dieser Folge diskutieren Corc und Sabrina gemeinsam mit dem erfahrenen Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr darüber, wie du bei der Leadgenerierung rechtssicher agieren kannst, um Fehler und Ärger zu vermeiden. Von der Einholung der Zustimmung bis zur transparenten Kommunikation haben wir für euch die wichtigsten Punkte begleitet von praktischen Beispielen zusammengefasst. |