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Die Themen im Überblick:
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1. BGH: Ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz
2. OLG Hamburg: Vollstreckung d. ISP-Auskunftsanspruch trotz Datenschutz-Verletzung?
3. OLG Hamburg: Verbot d. Weiterverkaufs von Fussball-Eintrittskarten
4. OLG Hamburg: „Geiz ist geil“ genießt wettbewerbsrechtlichen Schutz
5. LG Berlin: Urheberrechtsschutz von Songtexten und MP3
6. LG Düsseldorf: Weiteres "Pseudo"-Suchmaschinen-Urteil liegt vor
7. AG Frankfurt: Online-Blockade gegen Lufthansa ist Nötigung
8. AG Darmstadt: IP-Flarate-Speicherung durch DTAG rechtswidrig
9. AG Hamburg: Anforderungen an Einwendungen bei Telefon-Rechnung
10. LMK RP: Unzulässige Gewinnspiele bei SAT.1
11. Neuer Aufsatz: "Handelsvertreter-Ausgleich - Ein Faß ohne Boden für Merchants?""
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1. BGH: Ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz
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Der BGH (Urt. v. 24.3.2005 - Az.: I ZR 131/02 - PDF = http://shink.de/5g9v1m) hat die Voraussetzungen konkretisiert, unter denen ein ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz besteht.
Normalerweise regeln die betreffenden Spezialgesetze (z.B. MarkenG oder UrhG) die Ansprüche, die der Rechteinhaber hat, abschließend. Nur in wenigen Ausnahmefällen ist ein Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätze des Wettbewerbsrechts möglich. Andernfalls würden die Wertungen der Spezialgesetze durch das UWG unterlaufen.
Die höchsten deutschen Zivilrichter haben nun ausgeführt, unter welchen besonderen Voraussetzungen ein solcher Rückgriff auf das UWG ausnahmsweise erlaubt ist:
"Nach den (...) entwickelten Grundsätzen (...) können Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz begründet sein, wenn bei dem Vertrieb von Nachahmungen eines wettbewerblich eigenartigen Erzeugnisses die Gefahr einer Herkunftstäuschung besteht und der Nachahmer zumutbare und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlassen hat (...).
Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (...). Die wettbewerbliche Eigenart kann sich auch aus Merkmalen ergeben, die durch den Gebrauchszweck bedingt, aber willkürlich wählbar und austauschbar sind (...)
Für das Vorliegen der wettbewerblichen Eigenart ist eine Bekanntheit des betreffenden Erzeugnisses nicht Voraussetzung."
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2. OLG Hamburg: Vollstreckung d. ISP-Auskunftsanspruch trotz Datenschutz-Verletzung?
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Das OLG Hamburg (Beschl. v. 30.09.2004 - Az.: 5 W 120/04) hatte darüber zu entscheiden, ob der mittels einer einstweiligen Verfügung erwirkte urheberrechtliche Auskunftsanspruch gegen einen Internet-Service-Provider (ISP) auch dann durchgesetzt werden kann, wenn dieser sich dadurch strafbar machen bzw. ordnungswidrig verhalten oder gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen würde.
Mit deutlichen Worten haben die Hamburger Richter dies bejaht:
"Selbst wenn sich die Schuldnerin durch die Erfüllung der ihr abverlangten Auskunftsverpflichtung strafbar machen bzw. ordnungswidrig verhalten oder gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen würde, entbindet sie dies nicht von ihrer Verpflichtung zur Beachtung eines verbindlichen gerichtlichen Gebots, so weit und so lange dieses nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung uneingeschränkt vollstreckbar ist."
Und weiter:
"Etwas anderes mag dann gelten, wenn die Zwangsvollstreckung aus der gerichtlichen Anordnung gem. §§ 719 Abs. 1, 707 ZPO einstweilen eingestellt worden ist. Eine solche Situation liegt jedoch nicht vor und ist auch nicht absehbar, denn die Schuldnerin hat ihre Berufung (...) gegen das landgerichtliche Urteil nicht mit einem entsprechenden Antrag verbunden.
Bei einer derartigen Situation ist die Schuldnerin verpflichtet, entweder der Auskunftspflicht nachzukommen oder das verhängte Zwangsgeld zu zahlen. Im konkreten Fall sind Umstände, auf Grund derer sich die Zwangsmittelvollstreckung für die Schuldnerin als unzumutbare Härte erweisen könnte, weder ersichtlich noch vorgetragen.
Bei der Schuldnerin handelt es sich um eine juristische Person in Form einer Aktiengesellschaft mit erheblicher Kapitalausstattung, welche die Zahlung eines Zwangsgeldes ohne weiteres ermöglicht. Die konkreten Gefahr einer – sich u.U. rückblickend als ungerechtfertigt erweisenden – Vollstreckung von Ersatzzwangshaft besteht nicht. Sofern der Vollstreckungstitel zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben werden sollte, stehen der Schuldnerin nach allgemeinen Grundsätzen Ansprüche auf Rückforderung des bereits geleisteten Zwangsgeldes zur Seite. Auch vor diesem Hintergrund sind dauerhafte, nicht anderweitig auszugleichende Nachteile nicht zu erwarten."
Der urheberrechtliche Auskunftsanspruch gegen den ISP, der diesem Fall zugrunde liegt, wurde zwar in der 1. Instanz vor dem LG Hamburg bejaht, in der Berufungsinstanz vor dem OLG Hamburg aber schließlich verneint, vgl. die Kanzlei-Infos v. 17.05.2005 = http://shink.de/ac7414
Im vorliegenden Fall ging es ausschließlich um die Frage, ob das verhängte Ordnungsgeld angemessen war, weil die Schuldnerin sich auch nach Verkündung des Urteils der 1. Instanz geweigert hatte, die entsprechende Auskunft zu erteilen.
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3. OLG Hamburg: Verbot d. Weiterverkaufs von Fussball-Eintrittskarten
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Das OLG Hamburg (Urt. v. 03.02.2005 - Az: 5 U 65/04 = http://shink.de/8p8nze) hatte zu beurteilen, ob das Verbot eines Anbieters in seinen Kunden-AGB, erworbene Fussball-Eintritsskarten nicht gewerblich weiterzuveräußern, rechtlich wirksam ist.
Der Antragsteller vertrieb exklusiv die Eintrittskarten für die Fussball-Bundesliga-Mannschaft des HSV. In seinen AGB hatte er die nachfolgende Passage aufgenommen:
"Der Vertrag kommt mit Aushändigung der Eintrittskarte an den Kartenerwerber zustande. Dabei sagt der Erwerber verbindlich zu, die Eintrittskarte(n) ausschließlich für private Zwecke zu nutzen. Jeglicher gewerblicher und kommerzieller Weiterverkauf der erworbenen Tickets ohne vorherige Zustimmung durch den Veranstalter ist verboten. Für jeden Verstoß gegen das vorgenannte Verbot zahlt der Verursacher dem Veranstalter eine Vertragsstrafe i.H.v. € 2.500.-. Weiterhin behält es sich der Veranstalter vor, Personen, die gegen das vorstehend aufgeführte Verbot verstoßen, in Zukunft vom Ticketerwerb auszuschließen.“
Der Antragsgegner hielt sich nicht an dieses Verbot, sondern veräußerte dennoch Eintrittskarten gewerblich. Die Eintrittskarten hatte er zuvor entweder direkt vom Antragsteller oder von dritten Personen erworben.
Die Hamburger Richter haben diese Passage rechtlich nicht beanstandet. Mit keinem einzigen Wort wird auf eine etwaige Unangemessenheit iSd. § 307 BGB eingegangen, vielmehr scheint das OLG unproblematisch von der Wirksamkeit einer solchen Regelung auszugehen.
Die Juristen gehen sogar soweit, einen Unterlassungsanspruch anzunehmen, wenn der Antragsgegner die Karten von einer dritten Person erwirbt, unabhängig davon, ob im Verhältnis zwischen Antragsteller und dieser dritten Person die AGB wirksam mit einbezogen sind:
"Denn insoweit ist den Antragsgegnern eine Ausnutzung fremden Vertragsbruchs zu eigenen Wettbewerbszwecken - und zwar zu Lasten des Antragstellers - entgegenzuhalten. Allerdings ist das bloße Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs (...) erst wettbewerbswidrig, wenn besondere Umstände hinzutreten (...).
Diese erweiterten Voraussetzungen sind gegeben. Die besonderen wettbewerblichen Umstände, die eine Unlauterkeit begründen, liegen darin, dass die Antragsgegner ein ihnen selbst auferlegtes Verbot durch das systematisches Ausnutzen eines vertragswidrigen Verhaltens Dritter ignorieren und damit das seitens des Antragstellers ihnen gegenüber zum Ausdruck gebrachte Weiterveräußerungsverbot gezielt zu unterlaufen versuchen.
Ein solches Verhalten ist auch auf der Grundlage des neuen UWG unzulässig und stellt sich als sittenwidriges Wettbewerbshandeln dar."
Als Rechtfertigung für die Zulässigkeit dieses extrem reichweitenden Verbots werden insbesondere zwei Gründe angeführt. Erstens:
"Da der Erwerb von Eintrittskarten zudem weder persönlich noch notwendigerweise unter Angabe des Klarnamens zu erfolgen hat, stehen dem Antragsteller letztlich keinerlei wirksame Mittel zur Verfügung, mit denen er beim Einzelverkauf von Karten solche Personen ausschließen kann, die sich in der Vergangenheit vertragsbrüchig verhalten haben.
Zur Durchsetzung seiner Rechte ist der Antragsteller deshalb darauf angewiesen, in bekannt gewordenen Missbrauchsfällen gerichtliche Verbote zu erzielen, um die betreffenden Geschäftspartner für die Zukunft wirkungsvoll auf die Einhaltung der bei den Kartenverkauf zu Grunde zu legenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verpflichten."
Und zweitens:
"Indem sie etwa zu einem relativ frühen Zeitpunkt Kartenkontingente für Heimspiele des HSV aufkaufen, spekulieren sie auf eine Verknappung des Kartenangebots in zeitlicher Nähe zur Austragung des Spiels. Die sich hieraus ergebende faktische „Zwangslage“ von Interessenten, die auf dem normalen Markt keine Karten mehr erhalten können, nutzen die Antragsgegner für sich aus.
Nur vor diesem Hintergrund kann es ihnen überhaupt gelingen, gegenüber dem ursprünglichen Kartenpreis erhöhte Verkaufsbeträge zu realisieren. Ein derartiges Geschäftsverhalten, das eine Art „Schwarzmarkt“ aufbaut, beeinträchtigte den Wettbewerb des Antragstellers in geradezu klassischer Weise."
Das Urteil ist eines der ersten, das sich mit rechtlichen Zulässigkeit beschäftigt, dem Erwerber von Eintritts- oder sonstigen Berechtigungskarten den Weiterverkauf zu verbieten.
Diese Fragen wurden jüngst im Rahmen des LIDL-Angebots der Deutschen Bahn (DB) kontrovers diskutiert. Die DB hatte für 49,90 EUR über den Discounter besondere Fahrscheine veräußert, die wenig später bei eBay für weitaus höhere Preise gehandelt wurden. Die Bahn war der Ansicht, ein solcher eBay-Handel verstoße gegen ihre Rechte, weil die Weiterveräußerung ausdrücklich ausgeschlossen sei. Das gleiche Probleme tat und tut sich bei dem Tickets für die Fussball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland auf.
Es bestehen insgesamt erhebliche Zweifel, ob sich auch andere Gerichte der sehr restriktiven Ansicht des OLG Hamburg anschließen werden. Die Frage bleibt somit spannend.
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4. OLG Hamburg: „Geiz ist geil“ genießt wettbewerbsrechtlichen Schutz
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Das OLG Hamburg (Urt. vom 17.02.2005 - Az.: 5 U 53/04) hatte zu entscheiden, ob die Verwendung des Werbeslogans „Geiz ist geil, wenn Sie an der Kasse merken, dass wir an der Werbung sparen“ durch ein Unternehmen, welches mit dem Vertrieb von Elektroartikeln und Gegenständen der Unterhaltungselektronik befasst ist (Beklagte), wettbewerbswidrig ist, wenn bekanntermaßen bereits seit Oktober 2002 der Saturn- Konzern mit der Werbeaussage „Geiz ist geil“ wirbt und sich diese Werbeaussage markenrechtlich hatte schützen lassen.
Das OLG Hamburg entschied zugunsten von Saturn. Es handele sich hier um vergleichende Werbung (§ 6 UWG).
Den angesprochenen Verbrauchern bleibe nicht verborgen, dass mit der streitgegenständlichen Werbeaussage auf die Saturn- Kampagne angespielt werde. Zudem sei durch die konkrete Benennung von Waren und Preisen im Anschluss an die angegriffene Aussage auch eine vergleichende Bezugnahme auf die Waren und Preise der Unternehmen der Saturn- Gruppe, die ihre Produkte in demselben Warensegment anbiete, unverkennbar.
Darüber hinaus sei die Werbeaussage auch unlauter.
„Die Beklagte setzt die Qualität ihrer Waren oder Leistungen – konkret: deren Preisgünstigkeit bzw. Preiswürdigkeit – mit der weithin bekannten Bewerbung der Klägerin für ihre Konkurrenzerzeugnisse ohne rechtfertigenden Grund in Beziehung, um die Bekanntheit der klägerischen Werbeaussage als Vorspann für eigene wirtschaftliche Zwecke auszunutzen, insbesondere zur Empfehlung der eigenen Ware.“
Zu dieser Überzeugung gelangte das Gericht unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Slogan einer Vielzahl von Verbrauchern in Deutschland bekannt sei und sofort mit dem Saturn- Konzern in Verbindung gebracht werde.
„Die Beklagte macht sich dementsprechend das Produkt der klägerischen Werbebemühungen für ihren eigenen Produktabsatz zu Nutze (…).
Die Beklagte hat den für die Klägerin geschützten und mit ihr in Verbindung gebrachten Werbeslogan nicht nur für die Klägerin entwertet, sondern dessen positive Aussagekraft zugleich auf sich und ihre Produkte umgeleitet.“
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5. LG Berlin: Urheberrechtsschutz von Songtexten und MP3
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Das LG Berlin (Urt. v. 14.06.2005 - Az.: 16 O 229/05 - PDF = http://shink.de/d9z0y8) hatte über den Urheberrechtsschutz von Songtexten und MP3-Musikdateien zu entscheiden.
Die Antragsgegnerin betrieb im Internet ein Portal, auf dem der User mittels kostenpflichtiger Einwahl-Software urheberrechtswidrige MP3 und - später - Songtexte herunterladen konnte. Die Antragsgegnerin stellte zu diesem Service jedoch nur einen Link zur Verfügung und erklärte zudem im Rahmen eines Disclaimers auf ihrer Webseite ausdrücklich, dass sie für den Inhalt fremder Seiten, auf die sie verlinke, nicht hafte.
Das LG Berlin hat mit deutlichen Worten erklärt, dass die Antragsgegnerin für die Verlinkung hafte, da dies mit Wissen und Wollen geschehe:
"Das gesamte Geschäftsmodell der Antragsgegnerin scheint vielmehr auf Urheberverfetzungen geradezu angelegt zu sein, weil allein die Menge der abrufbar gehaltenen Musiktitel der Überprüfung der Rechteinhaberschaft und der Einholung einer ordnungsgemäßen Lizenz entgegensteht.
Wer ein solches Geschäftsmodell entwickelt, nimmt daher mögliche Urheberrechtsverletzungen sehenden Auges in Kauf. Außerdem dürfte auch die wirtschaftliche Verwertung der Intemetseite bei ordnungsgemäßer Entrichtung von Lizenzgebühren nicht mehr gegeben sein."
Hinsichtlich des Disclaimers führt das Gericht aus:
"Aus dem Haftungsausschluss folgt nichts anderes. Auch diese Klausel ist ihrem Inhalt nach auf Schadenersatzansprüche zugeschnitten, die hier nicht geltend gemacht sind. Die Antragsgegnerin kann daraus für sich kein Recht auf Fortsetzung einer als unrechtmäßig erkannten Handlungsweise ableiten."
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6. LG Düsseldorf: Weiteres "Pseudo"-Suchmaschinen-Urteil liegt vor
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Die Entscheidung des LG Düsseldorf (Urt. v. 30.03.2005 - Az.: 2a O 10/05 = http://shink.de/za57qi) hat vor kurzem in der SEO-Branche für viel Aufsehen gesorgt, vgl. die Kanzlei-Infos v. 21.04.2005 (= http://shink.de/3pwh). Dort wurde einem Suchmaschinen-Betreiber verboten, fremde Marken zu verwenden.
Wenig später hatte eine andere Kammer des LG Düsseldorf (Urt. v. 27.04.2005 - Az.: 34 O 51/05 = http://shink.de/qnl0tl) eine artverwandte Konstellation zu entscheiden und kam zu einem anderen Ergebnis: Da der Suchmaschinen-Betreiber den Begriff nicht kennzeichenmäßig verwende, liege keine Markenverletzung vor. Ihm könne daher die Benutzung des Kennzeichens nicht untersagt werden.
Nun liegt ein weiteres Urteil des LG Düsseldorf (Urt. v. 30.03.2005 - Az.: 2a O 21/05 = http://shink.de/qz5rgx) vor. Es ist die gleiche Kammer, die auch den anderen Anspruch bejaht hatte. Es handelte sich ebenfalls um den identischen Antragsgegner, so dass es wenig verwundert, dass das Gericht hier ebenfalls einen Anspruch bejaht.
Es überrascht somit auch nicht, dass die entscheidenden Passagen der Entscheidungsgründe absolut deckungsgleich sind:
"Der Verfügungsbeklagte nutzt die Bezeichnung "Impuls" auf der streitgegenständlichen Unterseite seiner Website auch kennzeichenmäßig. (...)
Zwar verwendet der Verfügungsbeklagte das Unternehmenszeichen der Verfügungsklägerin nicht zur Kennzeichnung seiner eigenen Dienstleistungen, sondern offen zur Bezeichnung der von der Verfügungsklägerin selbst angebotenen Dienstleistungen. Dennoch handelt es sich um eine rechtsverletzende Benutzung.
Es handelt sich nämlich bei der durch den Verfügungsbeklagten erfolgten Form der Benutzung nicht um die bloße Erwähnung der geschäftlichen Bezeichnung der Verfügungsklägerin zu redaktionellen Zwecken (...). Um eine bloße Nennung der geschäftlichen Bezeichnung wie in einem Telefon- oder Branchenbuch würde es sich nämlich nur dann handeln, wenn die verschiedenen Anbieter privater Krankenversicherungsvergleiche in der Datenbank in einer bestimmten Reihenfolge geordnet nacheinander gleichwertig aufgeführt würden. Dies ist vorliegend indes nicht der Fall.
Zwar gelangt man zu den von dem Verfügungsbeklagten in die Datenbank aufgenommenen Anbietern von Vergleichen im Hinblick auf privaten Krankenversicherungen gleichermaßen dadurch, dass man die neben der blickfangmäßig hervorgehobenen geschäftlichen Bezeichnung der Verfügungsklägerin geschalteten Links "zurück" bzw. "weiter" anklickt. Allein deshalb kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um die bloße Wiedergabe der Kennzeichen wie in einem Telefon- oder Branchenbuch handelt."
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7. AG Frankfurt: Online-Blockade gegen Lufthansa ist Nötigung
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Das AG Frankfurt a.M. (Urt. v. 01.07.2005 - Az.: 991 Ds-6100 Js 226314/01) hat entschieden, dass eine Online-Blockade unter bestimmten Umständen als strafbare Nötigung iSd. § 240 StGB anzusehen sein kann. Das Gericht betritt damit juristisches Neuland.
Der Angeklagte hatte im Juni 2001 dazu online aufgerufen, die Webseiten der Lufthansa aufzurufen, um so den Lufthansa-Server zu überfordern und zum Absturz zu bringen (DDoS-Attacken). Anlass dieses Aufrufes war für den Angeklangten die Tatsache, dass die deutsche Fluggesellschaft abgeschobene Flüchtlinge ausflog.
Die schriftlichen Urteilsgründe stehen noch aus. Der Angeklagte selber dokumentiert das Verfahren ausführlich online = http://shink.de/ne3855
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8. AG Darmstadt: IP-Flarate-Speicherung durch DTAG rechtswidrig
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Das AG Darmstadt (Az.: 300 C 397/04) hat entschieden, dass die Speicherung von IP-Daten bei Flatrate-Kunden durch die Deutsche Telekom AG (DTAG) rechtswidrig ist.
Das aktuelle Verfahren hat eine lange Vorgeschichte: Der jetzige Kläger war von in der Vergangenheit von der DTAG-Datenspeicherung betroffen. Gegen ihn fand im Januar 2003 ein Strafprozess statt, weil er sich im Internet satirisch - und deshalb, so der Vorwurf, missverständlich - zu Krieg und Terror geäußert hatte. Das Verfahren endete mit einem Freispruch, aber im Prozessverlauf kam ans Licht, dass T-Online seine Verbindungsdaten ohne jeglichen Tatverdacht gespeichert und später an das Gericht weitergegeben hatte.
Schon in der Vergangenheit war die Flatrate-IP-Speicherung Gegenstand zahlreicher Diskussionen. So entschied das Regierungspräsidiums Darmstadt (Schreiben vom 14.01.2003 = http://shink.de/7eox89) Anfang des Jahres 2003, dass das T-Online-Verhalten rechtmässig sei. Diese Entscheidung wurde jedoch von mehreren Datenschützern und zahlreichen kritischen Stimmen aus der juristischen Lehre als äußerst zweifelhaft bzw. falsch angesehen. Der jetzige Kläger hatte damals auch Strafanzeige gestellt. Siehe dazu auch den Artikel "IP-Speicherung durch Webseiten-Betreiber rechtlich zulässig?" von RA Dr. Bahr = http://shink.de/pguypd
Nun hatte das AG Darmstadt im Rahmen eines zivilgerichtlichen Verfahrens über die IP-Speicherung zu entscheiden und kam zu dem Ergebnis, dass die Speicherung von Daten nicht notwendig sei, da grundsätzlich nach einem Pauschal-Tarif abgerechnet werde.
Aus der Presseerklärung des Klägers:
"Die T-Online AG speichert von ihren Kundinnen und Kunden, mit welcherInternetadresse ("dynamische IP-Adresse") sie sich jeweils im Internet bewegen. Diese Daten werden mehrere Monate lang (80 Tage nach Rechnungsversand) aufbewahrt.
Diese Speicherung von Verbindungsdaten ist illegal. Das entschied am gestrigen Donnerstag das Amtsgericht Darmstadt 1) mit Bezug auf geltende Datenschutzbestimmungen 2).
Geklagt hatte ein 32jähriger T-Online-Kunde aus Münster. Der sah die Speicherung der dynamischen IP-Adressen als unzulässige Überwachung an, die er nicht länger hinnehmen wollte. Unterstützt wurde er in dieser Auffassung durch den Bundesdatenschutzbeauftragten, von dem das Gericht
eine Stellungnahme eingeholt hatte.
Die T-Online AG konnte das Gericht nicht von ihrer Darstellung überzeugen, nach der die Speicherung der IP-Adressen für den technischen Betrieb sowie für Abrechnungszwecke erforderlich sei. Der Kläger verwies darauf, dass andere Internetanbieter auch ohne Speicherung dieser Daten arbeiten und abrechnen können. Die T-Online AG konnte nicht darlegen, warum das in ihrem Fall anders sei.
Weiter hatte die T-Online AG argumentiert, die Internetadressen für Missbrauchs- und Störungsfälle zu benötigen. Dass eine Speicherung der IP-Adressen in solchen Fällen allerdings zulässig sein kann, hatte der Kläger gar nicht bestritten. Diese Einzelfälle seien im Gesetz auch geregelt 3). Eine Vorratsdatenspeicherung, bei der unabhängig von einem konkreten Anlass pauschal die Adressen aller Kunden und Kundinnen gespeichert würden, sei aber illegal. Auch dieser Argumentation schloss sich Richter Kirchhoff in seiner mündlichen Urteilsbegründung an.
Abgewiesen wurde allerdings der Antrag des Klägers, auch die Zeiten und die Datenmengen seiner Internetverbindungen nicht mehr zu speichern: Diese Informationen seien beim Pauschaltarif ("Flatrate") des Kunden tatsächlich für die Abrechnung nicht erforderlich, könnten aber in eventuellen Rechtsstreitigkeiten über Internetrechnungen wichtig werden.
Außerdem seien Nutzungszeiten und Datenmengen datenschutzrechtlich nicht so problematisch wie die IP-Adressen. Die schriftliche Urteilsbegründung steht noch aus.
Weil der Klage nicht in allen Punkten stattgegeben wurde, muss der Kläger die Gerichts- sowie seine Anwaltskosten selbst zahlen."
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9. AG Hamburg: Anforderungen an Einwendungen bei Telefon-Rechnung
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Das AG Hamburg-St.Georg (Urt. v. 16.06.2005 - Az.: 913 C 75/05 - PDF = http://shink.de/nopqm8) hatte zu entscheiden, ob es ausreicht, wenn der Anschluss-Inhaber einer Telefon-Rechnung nicht ausdrücklich widerspricht, sondern lediglich einen bestimmten Teil bewusst nicht bezahlt.
Der Kläger, ein Netz-Betreiber, wollte von der Beklagten Zahlung der angefallenen Telefon-Kosten. Die Beklagte trug vor, sie habe rechtzeitig der Rechnung widersprochen, so dass die Klägerin für die Richtigkeit der Telefon-Rechnungen die Beweislast trage.
Das Hamburger Gericht folgte der Ansicht der Beklagten:
"Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Beklagte im vorbeschriebenen Sinne Einwendungen gegen die Rechnung der Klägerin erhoben, und zwar durch die zielgerichtete Nichtbegleichung der Position Nr. 12 „4 Verbindungen zum Service 190x".
Zwar vermag das Gericht in dieser Hinsicht der sehr weitgehenden Auffassung des OLG Dresden (Urteil vom 25.1.2001, Az. 9 U 2729/00), schon die bloße Nichtzahlung einer Telefonrechnung sei als „konkludente Einwendung gegen die Abrechnung aufzufassen", nicht zu folgen. Vielmehr dürfte auch im Fall der Nichtzahlung stets eine Erklärung zu fordern sein, der wenigstens andeutungsweise zu entnehmen ist, daß der Kunde Beanstandungen spezifisch im Hinblick auf die Verbindungspreise geltend macht. (...)
Eine solche Erklärung liegt hier indes vor: Die Beklagte nämlich hat nicht etwa die gesamte Rechnung nicht beglichen, wofür tatsächlich vielfältige Ursachen in Betracht gekommen wären. Sie hat vielmehr ganz gezielt die Position der 190er-Nummern zzgl. Mehrwertsteuer vom Rechnungsbetrag in Abzug gebracht und eine entsprechende Teilzahlung geleistet. Unter diesen Umständen aber ist der (...) geforderte „Bezug mit den Verbindungsentgelten" hinreichend erkennbar, „ein Rückschluß auf eine Erklärung des Kunden" durchaus zulässig und geboten."
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10. LMK RP: Unzulässige Gewinnspiele bei SAT.1
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Die Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK RP) teilt mit (= http://shink.de/zh10il), dass sie zwei Gewinnspiele beim privaten Fernsehsender SAT.1 für unzulässig hält.
Der Veranstalter verstieße - so die LMK RP - in seinem Programm gegen den Grundsatz der Trennung von Werbung und Programm sowie gegen das Schleichwerbeverbot:
"In der Zeit vom 8. bis 24. März 2005 führte SAT.1 in Kooperation mit einem Süßwarenunternehmen „Das große Goldhasen-Gewinnspiel“ durch. Im Rahmen dieses Gewinnspiels wurden die Zuschauer aufgefordert, innerhalb bestimmter Serien, Filme und Unterhaltungssendungen die dort eingeblendeten Osterhasen zu zählen.
Grundsätzlich konnte der Veranstalter im Rahmen seines redaktionellen Programms ein österliches Gewinnspiel durchführen. Im vorliegenden Fall wurde allerdings der Goldhase eines Süßwarenunternehmens in den Mittelpunkt des Gewinnspiels gerückt, wodurch dieses einen deutlich werblichen Charakter erhielt. Eine Trennung und Kennzeichnung einzelner Gewinnspielelemente als Werbung fand nicht statt. Dies führte im Ergebnis zu einer unzulässigen Vermischung von Werbung und Programm.
Die Intensität des Verstoßes hat die Versammlung der LMK dazu veranlasst, über das Aussprechen einer Beanstandung hinaus weitere Maßnahmen zu beschließen. Danach soll SAT.1 in einer so genannten Beanstandungsveröffentlichung den Zuschauern im Abendprogramm den von der LMK festgestellten Verstoß bekannt geben.
Die Versammlung der LMK hat zudem einen Verstoß gegen das Schleichwerbeverbot festgestellt. In der Sendung „Frühstücksfernsehen“ strahlte SAT.1 am 8. Februar 2005 einen Trailer zu einem Gewinnspiel aus. In der ersten Hälfte dieses Clips wurde ausschließlich für das Online-Gewinnspiel „Internet Auto Award“ und den hier ausgelobten Sachpreis geworben. Ein erkennbarer Zusammenhang zum Gewinnspiel des Frühstücksfernsehens bestand nicht.
(Quelle: Pressemitteilung der LMK RP v. 27.06.2005)"
Seit kurzem ist auch das neue Buch von RA Dr. Bahr "Glücks- und Gewinnspielrecht" erschienen. Dort findet sich in einem eigenen Abschnitt eine ausführliche Erläuterung zur Problematik der Schleichwerbung und dem Verbot der redaktionellen Werbung = http://www.Gewinnspiel-und-Recht.de
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11. Neuer Aufsatz: "Handelsvertreter-Ausgleich - Ein Faß ohne Boden für Merchants?"
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Es gibt einen neuen Aufsatz von RA Dr. Bahr aus der Affiliate & Recht-Reihe:
"Der Handelsvertreter-Ausgleich - Ein Faß ohne Boden für Merchants?"
http://www.affiliateundrecht.de/affiliate-handelsvertreter-ausgleichsanspruch.html
Dabei geht es vor allem um die Frage, ob und unter welchen Umständen dem Affiliate ein Handelsvertreterausgleich zusteht. Und welche finanziellen und rechtlichen Risiken eine solche Konstellation für den Merchant hat.
Die Kanzlei Dr. Bahr unterhält mit Affiliate & Recht ein eigenes Info-Portal zum Bereich der Affiliates, Merchants und Affiliate-Netzwerke = http://www.AffiliateundRecht.de
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