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Newsletter vom 07.03.2012 |
Betreff: Rechts-Newsletter 10. KW / 2012: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. EuGH: Fussball-Spielpläne weder urheber- noch datenbankrechtlich geschützt _____________________________________________________________ Ein Spielplan für Fußballbegegnungen kann nicht urheberrechtlich geschützt werden, wenn seine Erstellung durch Regeln oder Zwänge bestimmt wird, die für künstlerische Freiheit keinen Raum lassen Die Tatsache, dass für die Erstellung des Spielplans ein bedeutender Arbeitsaufwand und bedeutende Sachkenntnis des Urhebers erforderlich waren, rechtfertigt als solche nicht den urheberrechtlichen Schutz des Spielplans Durch die Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Datenbanken werden diese urheberrechtlich geschützt, wenn die Auswahl oder Anordnung des Stoffes eine eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers darstellt. Die Datenbanken können auch durch das Schutzrecht „sui generis“ geschützt sein, wenn für die Beschaffung, die Überprüfung oder die Darstellung ihres Inhalts eine wesentliche Investition erforderlich ist. Die britische Gesellschaft Football Dataco, die mit dem Schutz der an den Spielen der englischen und der schottischen Fußballligen erworbenen Rechte betraut ist, und die Organisatoren dieser Ligen werfen im Ausgangsverfahren Yahoo! UK, Stan James (Buchmacher) und Enetpulse (Sportinformationsdienst) vor, diese hätten ihre Rechte des geistigen Eigentums an den Fußballspielplänen verletzt, indem sie Letztere ohne Erbringung einer finanziellen Gegenleistung verwendet hätten. Die Spielpläne für die Begegnungen werden nach bestimmten Regeln, den sogenannten „goldenen Regeln“, ausgearbeitet. Das Verfahren zur Ausarbeitung der Spielpläne ist teilweise automatisiert, erfordert aber dennoch einen bedeutenden Arbeitsaufwand und bedeutende Sachkenntnis, um der Vielzahl der Anforderungen der Beteiligten unter Einhaltung der Regeln gerecht zu werden. Das nationale Gericht hat einen Schutz „sui generis“ dieser Spielpläne bereits im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs2 ausgeschlossen. Dagegen ist es sich nicht sicher, ob die Spielpläne für einen urheberrechtlichen Schutz in Betracht kommen. Es bittet daher den Gerichtshof, zu klären, welche Voraussetzungen für die Gewährung dieses Schutzes erfüllt sein müssen. Der Gerichtshof antwortet zunächst, dass der durch die Richtlinie gewährte urheberrechtliche Schutz die „Struktur“ der Datenbank und nicht deren „Inhalt“ zum Gegenstand hat. Dieser Schutz erstreckt sich nicht auf die Daten selbst. In diesem Kontext bedeuten die Begriffe „Auswahl“ und „Anordnung“ im Sinne der Richtlinie die Auswahl und Anordnung von Daten, durch die der Urheber der Datenbank dieser ihre Struktur verleiht. Dagegen umfassen diese Begriffe nicht die Erzeugung der in der Datenbank enthaltenen Daten. Folglich können die geistigen Anstrengungen und die Sachkenntnis, die für die Erzeugung der Daten aufgewandt wurden, bei der Beurteilung, ob die diese Daten enthaltende Datenbank für den urheberrechtlichen Schutz nach der Richtlinie in Betracht kommt, nicht berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall betreffen die Anstrengungen und die Sachkenntnis, die für die Erstellung der Spielpläne erforderlich sind, die Erzeugung der in der Datenbank enthaltenen Daten selbst. Folglich sind diese Anstrengungen und diese Sachkenntnis jedenfalls ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob die betreffenden Spielpläne für Fußballbegegnungen für den urheberrechtlichen Schutz nach der Richtlinie in Betracht kommen. Weiter führt der Gerichtshof aus, dass der Begriff der „geistigen Schöpfung“, die eine notwendige Voraussetzung für den urheberrechtlichen Schutz ist, allein auf das Kriterium der Originalität verweist. In Bezug auf die Erstellung einer Datenbank ist dieses Kriterium der Originalität erfüllt, wenn der Urheber über die Auswahl oder die Anordnung der in ihr enthaltenen Daten seine schöpferischen Fähigkeiten in eigenständiger Weise zum Ausdruck bringt, indem er freie und kreative Entscheidungen trifft. Dagegen ist dieses Kriterium nicht erfüllt, wenn die Erstellung der Datenbank durch technische Erwägungen, Regeln oder Zwänge bestimmt wird, die für künstlerische Freiheit keinen Raum lassen. Für die Beurteilung der Originalität, die erforderlich ist, damit die Datenbank urheberrechtlich geschützt werden kann, ist es gleichgültig, ob den Daten durch ihre Auswahl oder ihre Anordnung in der Datenbank eine „wesentliche Bedeutung hinzugefügt“ wird. Ebenso reicht die Tatsache, dass für die Erstellung der Datenbank unabhängig von der Erzeugung der darin enthaltenen Daten ein bedeutender Arbeitsaufwand und bedeutende Sachkenntnis des Urhebers erforderlich waren, als solche nicht aus, um einen urheberrechtlichen Schutz der Datenbank zu rechtfertigen, wenn durch diesen Arbeitsaufwand und diese Sachkenntnis keinerlei Originalität bei der Auswahl oder Anordnung der Daten zum Ausdruck kommt. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand der vom Gerichtshof angeführten Aspekte zu beurteilen, ob die betreffenden Spielpläne für Fußballbegegnungen Datenbanken sind, die die Voraussetzungen für einen urheberrechtlichen Schutz erfüllen. Der Gerichtshof führt jedoch weiter aus, dass die vom nationalen Gericht geschilderten Einzelheiten der Erstellung der Spielpläne nicht ausreichen, damit diese durch das in der Richtlinie vorgesehene Urheberrecht geschützt werden können, wenn sie nicht durch Faktoren ergänzt werden, durch die Originalität bei der Auswahl oder Anordnung der in diesen Spielplänen enthaltenen Daten zum Ausdruck gebracht wird. Schließlich stellt der Gerichtshof fest, dass im Hinblick darauf, dass die Richtlinie den urheberrechtlichen Schutz von Datenbanken harmonisiert, nationale Rechtsvorschriften, durch die Datenbanken unter anderen Voraussetzungen als denen der Richtlinie urheberrechtlicher Schutz gewährt wird, mit dem Unionsrecht unvereinbar sind. Urteil in der Rechtssache C-604/10 Football Dataco Ltd u. a. / Yahoo! UK Ltd u. a. Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 01.03.2012 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. OLG Frankfurt a.M.: Vorangegangene private Abmahnung macht anwaltliche Abmahnung entbehrlich _____________________________________________________________ Die Kosten für eine anwaltliche Abmahnung sind nicht erstattungsfähig, wenn durch eine vorangegangene Eigenabmahnung der angestrebte Zweck bereits erreicht wurde (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 10.01.2012 - Az.: 11 U 36/11). Die Beklagte hatte auf ihrer Internetseite einige Artikel aus einem von der Klägerin verlegten Magazin veröffentlicht. Die Klägerin übersandte der Beklagten daraufhin ein Schreiben, in welchem sie auf die urheberrechtlich geschützten Inhalte sowie auf ihre Vertriebsrechte hinwies. Sie forderte von der Beklagten Auskunft über die Anzahl der Seitenabrufe sowie eine Erklärung, dass die Beklagte zukünftig keine weiteren Artikel der Klägerin ohne deren Zustimmung verwenden werde. Des weiteren bot sie der Beklagten den Abschluss eines Lizenzvertrags für die genannten Inhalte an. Die Beklagte antwortete mit anwaltlichem Schreiben. Zwar bestehe ihrer Auffassung nach kein Anspruch auf Abgabe einer Unterlassungserklärung, sie werde gleichwohl künftig auf die Veröffentlichung von Artikeln aus dem Magazin der Klägerin verzichten und sei bereit, für die Vergangenheit eine der Nutzung entsprechende Vergütung zu zahlen. Daraufhin ließ die Klägerin noch einmal anwaltlich abmahnen. Die Frankfurter Richter stuften diese Kosten als nicht erstattungsfähig ein. Der Zweck einer Abmahnung sei vorliegend bereits durch das eigene Schreiben der Klägerin erreicht worden. Eine Wiederholung derselben Aufforderung durch ein Anwaltsschreiben sei daher objektiv nicht erforderlich gewesen. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 3. OLG München: Haftung des Host-Providers ab Kenntnis _____________________________________________________________ Ein Host-Provider haftet ab Kenntnis für rechtswidrige Forums-Einträge auf einer Webseite, die von ihm gehostet wird (OLG München, Beschl. v. 21.09.2011 - Az.: 6 W 155/11). In einem Online-Forum, das von dem verklagten Provider gehostet wurde, schrieb ein Dritter ehrverletzende Äußerungen ("Dummschwätzer") über den Kläger. Der Kläger wies den Beklagten auf die Postings hin. Der antwortete: "Hallo, es nicht mein Kunde, ich hoste es kostenfrei. Werde es trotzdem weiterleiten..." Zudem erklärte der Anbieter über keinerlei Admin-Rechte für das Forum zu verfügen. Der Kläger ging daraufhin gegen den Beklagten vor. Die Münchener Richter bejahten den geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Da das Hosting-Unternehmen von den eindeutig rechtswidrigen Einträgen Kenntnis habe, sei es verpflichtet gewesen, aktiv zu werden. Dieser Verpflichtung sei es nicht nachgekommen. Der Anbieter könne sich nicht darauf berufen, dass er lediglich der Provider ohne jegliche Administrationsrechte sei. Denn er habe nicht ausreichend dargelegt, dass er, aufgrund seiner Stellung als Provider, nicht in der Lage gewesen sei, auf den Inhalt der in das Forum eingestellten Inhalte Einfluss zu nehmen. Es fehle an jeder nachvollziehbaren Ausführung hierzu. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 4. OLG Nürnberg: Unzulässiges Gewinnspiel in Apotheken-Zeitschrift _____________________________________________________________ Ein Gewinnspiel in einer Fachzeitschrift für Apothekenpersonal verstößt gegen das Heilmittelwerbegesetz, wenn die teilnehmenden Fachkreise nicht im Interesse des Veranstalters eine adäquate, wirtschaftliche Gegenleistung erbringen. Für eine Gesundheitsgefährdung im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes ist ausreichend, dass diese mittelbar über das Apothekenpersonal beim Kunden hervorgerufen wird (OLG Nürnberg, Urt. v. 29.11.2011 - Az.: 3 U 1429/11). In einer Ausgabe der Zeitschrift "PTA heute", die sich an Personal von Apotheken wendete, legte die Beklagte, die Arzneimittel herstellte, einen Faltprospekt bei, der sich mit einem von der Beklagten vertriebenen Arzneimittel befasste. In dem Prospekt war darüber hinaus ein Gewinnspiel enthalten. Als "Belohnung" wurden 25 Cityshopper und 100 x 5,00 EUR Douglasgutscheine verlost. Der Kläger nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Er vertrat die Auffassung, dass es sich bei dem Gewinnspiel um eine gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG) verstoßende unzulässige Werbung handele. Diese Ansichten teilten die Nürnberger Richter. Die von der Beklagten herausgegebene Broschüre enthalte Werbung im Sinne des HWG. Es bestehe auch der erforderliche Zusammenhang zwischen den ausgelobten Zuwendungen und der Werbung für das Arzneimittel der Beklagten. Die Auslobung von Taschen und Gutscheinen im Rahmen eines Preisausschreibens, das Bestandteil des an das Apothekenpersonal gerichteten Faltprospekts für die Bewerbung des Arzneimittels der Beklagten sei, stelle das Anbieten oder Versprechen eines materiellen Vorteils dar. Ein derartiger Vorteil sei auch geeignet, ein wirtschaftliches Interesse an der Abgabe dieses Arzneimittels zu wecken. Die Durchführung des Preisausschreibens sei nicht vom HWG gedeckt, da die teilnehmenden Fachkreise nicht im Interesse der Beklagten eine adäquate, wirtschaftliche Gegenleistung erbrächten. Der Teilnehmer an dem Preisausschreiben habe unstreitig, um eine Gewinnchance zu erhalten, nichts weiter zu tun, als drei von der Beklagten in einem Multiple-Choice-Verfahren gestellte Fragen zu beantworten. Die Unzulässigkeit der Werbung scheitere auch nicht am Fehlen einer Gesundheitsgefährdung durch die beanstandete Werbemaßnahme. Es bestehe die Gefahr, dass durch das Preisausschreiben beeinflusste Apothekenangestellte das beworbene Mittel einem Kranken empfählen, obwohl im Zweifelsfall die Konsultation eines Arztes zur Vermeidung gesundheitlicher Nachteile angezeigt gewesen wäre. Ein Kunde werde nämlich der fachkundigen und vermeintlich nicht unsachlich beeinflussten Beratung durch Apothekenangestellte in vielen Fällen folgen. Damit könne die dargestellte Beeinflussung von Apothekenpersonal durchaus zu einer mittelbaren Gesundheitsgefährdung führen. Ob es sich bei den ausgelobten Werbegaben um geringwertige Kleinigkeiten handele, bedürfe keiner Beantwortung. Denn die im HWG enthaltene diesbezügliche Einschränkung der Unzulässigkeit des Anbietens oder Gewährens von Zuwendungen finde bei Werbegaben an Angehörige der Heilberufe keine Anwendung. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 5. OLG Nürnberg: "Bio-Mineralwasser" unter bestimmten Bedingungen zulässig als Werbeaussage _____________________________________________________________ Die Bewerbung eines natürlichen Mineralwassers als "Bio-Mineralwasser" ist zulässig, wenn sich dieses Mineralwasser von anderen Mineralwässern insbesondere dadurch unterscheidet, dass es sich im Hinblick auf Gewinnung und Schadstoffgehalt abhebt (OLG Nürnberg, Urt. v. 15.11.2011 - Az.: 3 U 354/11). Der Beklagte war Inhaber einer Brauerei. Er vertrieb ein natürliches Mineralwasser mit der Bezeichnung "Bio-Mineralwasser". Die Etikettierung wies eine dem Ökokennzeichen nachgemachte Kennzeichnung auf. Die Nürnberger Richter stuften die Verwendung der Bezeichnung "Bio-Mineralwasser" als zulässig ein. Der Verbraucher erwarte im Hinblick auf die Bezeichnung "Bio", dass sich dieses Mineralwasser von anderen Mineralwässern insbesondere dadurch unterscheide, dass es sich im Hinblick auf Gewinnung und Schadstoffgehalt von normalen Mineralwässern abhebe. Genau dies sei bei dem Bio-Mineralwasser des Beklagten der Fall. So habe der Beklagte einen Kriterienkatalog vorgelegt, aus dem sich ergebe, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte für Inhaltsstoffe bei dem Bio-Mineralwasser erheblich unterschritten würden. Rechtswidrig sei hingegen die Verwendung des dem Ökozeichens nachgemachten Emblems. Es bestünde die Gefahr, dass der Verbraucher angesichts der Ähnlichkeit davon ausgehe, es handle es sich um eine offizielle Kennzeichnung. Dadurch werde der Verbraucher in die Irre geführt. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 6. LG Berlin: Lockvogel-Angebot von Amazon wettbewerbswidrig _____________________________________________________________ Nach einer Pressemitteilung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes hat das LG Berlin (Urt. v. 01.03.2012 - Az.: 91 O 27/11) entschieden, dass Amazon nur dann mit Tiefstpreisen für Angebote online werben darf, wenn die Waren mindestens 30 Minuten lang verfügbar sind. Amazon hatte vor zwei Jahren die Aktion "Cyber Monday 2010" ausgerufen. Im Zwei-Stunden-Takt bot das Online-Unternehmen jeweils fünf unterschiedliche Waren an, die im Preis erheblich reduziert waren. Die angebotenen Produkte waren bereits Wochen vorher bekannt. Nach Meinung der Verbraucherschützer waren die reduzierten Verkaufsgegenstände bereits nach wenigen Augenblicken ausverkauft. Amazon habe für keine ausreichende Bevorratung gesorgt und somit irreführend gehandelt. Nach Darstellung der Klägerseite sahen die Berliner Richter dies ebenso und verurteilten Amazon entsprechend. Ein Unternehmen müsse mindestens im ersten Viertel des Bewerbungszeitraumes (hier also 30 Minuten) über einen ausreichend Warenbestand verfügen. Da dies nicht der Fall gewesen sei, habe Amazon wettbewerbswidrig gehandelt. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. LG Düsseldorf: Kein Unterlassungsanspruch von Dr. Oetker gegen Aldi _____________________________________________________________ Die 14c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf hat den Eilantrag der Dr. Oetker KG zurückgewiesen, für den von der Aldi Einkauf GmbH & Co. OHG vertriebenen Schoko-Vanille-Pudding “Flecki“ ein europaweites Verkaufsverbot auszusprechen. Das Gericht sieht weder die Verletzung eines von Dr. Oetker eingetragenen europäischen Designrechts (Gemeinschaftsgeschmacksmusters) noch die von Dr. Oetker behaupteten Wettbewerbsverstöße. Das Aldi-Produkt “Flecki“ weise in seiner Gestaltung ausreichende Unterschiede zu Dr. Oetkers “Paula“ auf. Die Gestaltung des Puddings “Flecki“ verletze zunächst keine Rechte aus einem für Dr. Oetker im Jahr 2005 eingetragenen Geschmacksmuster. Zwischen dem Geschmacksmuster und der Gestaltung von “Flecki“ ergebe sich kein übereinstimmender Gesamteindruck. Zwar sei das Produkt “Flecki“ in der Seitenansicht ähnlich gefleckt wie das Geschmacksmuster, in der Draufsicht jedoch - vom Geschmacksmuster deutlich abweichend - nahezu einfarbig. Auch sieht die Kammer im Vertrieb von “Flecki“ keinen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht, so etwa durch eine vermeidbare Herkunftstäuschung oder eine Rufausbeutung. Zwar habe Dr. Oetker mit seiner kuhfellähnlichen Gestaltung der Vanille-Schoko-Anteile im Pudding “Paula“ ein innovatives Produkt auf den Markt gebracht, dass durch intensive Werbung sehr bekannt gemacht worden sei und über eine hohe wettbewerbliche Eigenart verfüge. Aber selbst wenn man zu dem Ergebnis käme, dass “Flecki“ aufgrund seiner ähnlichen Gestaltung und Zielgruppenansprache das Puddingprodukt “Paula“ von Dr. Oetker nachahme, erfolge dies nicht in unlauterer und damit unzulässiger Weise. Zu beachten sei, dass ein Konkurrenzprodukt nicht so gestaltet sein dürfe, dass der Kunde in vermeidbarer Weise über dessen tatsächliche Herkunft getäuscht werde. Die Gestaltung des Produktes dürfe deshalb nicht darauf abzielen, dass der Kunde glauben soll, statt “Flecki“ eigentlich “Paula“ zu kaufen. Eine solche Herkunftstäuschung sei vorliegend vor allem deshalb besonders zu prüfen gewesen, weil allgemein bekannt sei, dass Aldi auch Produkte namhafter Hersteller unter anderem Namen und dann auch in abweichender Produktaufmachung vertreibe (Zweitmarke). Selbst wenn aber einzelne Kunden glauben könnten, statt “Flecki“ eigentlich “Paula“ zu erwerben, sei dies Aldi nicht vorwerfbar. Bei der Gestaltung von “Flecki“ sei das Erforderliche getan worden, um eine Herkunftstäuschung zu vermeiden. Grundsätzlich müsse es einem Wettbewerber möglich sein, ein Milchprodukt zur kindgerechten Gestaltung in die Nähe einer Kuh und deren Fell zu bringen. Gleichzeitig müsse er aber Maßnahmen ergreifen, um eine Herkunftstäuschung zu vermeiden. Dies sei im Streitfall durch die abweichende Detailgestaltung des Produkts geschehen. So unterscheide sich bereits die Maserung der Puddingmassen von “Flecki“ und “Paula“. “Paula“ weise sich durch klar abgegrenzte Flecken aus, die inselartig in einer andersartigen Masse lägen und einander nicht berührten. Bei “Flecki“ handle es sich hingegen eher um einzelne Felder, die miteinander durch Stege in Verbindung stünden. Auch unterscheide sich die Aufmachung und Verpackung erheblich. Während “Paula“ nur in Viererpacks angeboten werde, gebe es “Flecki“ ausschließlich in Zweierpacks. Erhebliche Unterschiede bestünden aber auch zwischen den namensgebenden, auf den Becherdeckeln und den Pappverpackungen abgebildeten Kühen. Bei der Kuh “Flecki“ handele es sich um eine eher magere, weiße Kuh mit Kuhglocke, die vor der Kulisse eines Bauernhofes vom Rand her ins Bild schaue und bei der Produktgestaltung nicht im Mittelpunkt stünde. Im Gegensatz dazu stehe “Paula“. Diese zeichne sich durch besondere Individualität aus. Ihre stilisierte Zeichnung und ihre “Coolness“ suggerierende Sonnenbrille stünden im Mittelpunkt des Produktes, ohne dass ihr weiteres Umfeld eine relevante Rolle spiele. Entsprechend befände sich die Kuh “Paula“ auch im Mittelpunkt sämtlicher Produktwerbung, so der Verpackung, den TV-Spots, dem eigens auf sie ausgerichteten Kinderlied und der Homepage, auf der Informationen und Spiele in Bezug auf die Kuh angeboten werden. Urteil vom 01.03.2012, Az.: 14c O 302/11 Quelle: Pressemitteilung des LG Düsseldorf v. 01.03.2012 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. LG Kassel: Xing-Profil kann bereits Verstoß gegen Wettbewerbsverbot sein _____________________________________________________________ Ein Finanzberater, der als Handelsvertreter in einem Finanzdienstleistungsunternehmen tätig ist, hat eine Konkurrenztätigkeit bis zur Beendigung seines Vertrags zu unterlassen. Eine solche Konkurrenztätigkeit kann bereits darin liegen, dass er ein Profil bei Xing anlegt und Kontakte sucht (LG Kassel, Urt. v. 24.08.2011 - Az.: 9 O 983/11). Der verklagte Finanzberater war für die Klägerin tätig. Als der Klägerin noch vor Vertragsende bekannt wurde, dass der Beklagte in einem Xing-Profil eingetragen war und in diesem als freier Makler interessante und anspruchsvolle Kontakte suchte, nahm sie den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch. Das Gericht gab dem Unternehmen Recht. Der Beklagte schulde ein Unterlassen der Konkurrenztätigkeit. Dieser Pflicht sei er nicht nachgekommen. Im Gegenteil, der Interneteintrag bei Xing beweise, dass sich der Beklagte in den einschlägigen Kreisen bekannt mache und geschäftlich tätig werden wolle. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 9. LG München: Apple-Scroll-Funktion für Mobilfunkgeräte patentrechtlich geschützt _____________________________________________________________ In zwei Urteilen ging es um ein Patent betreffend die Fotoverwaltung auf Mobiltelefonen bzw. Tablet-Computern, nämlich das Weiterscrollen von einem Bild zum nächsten. Das Gericht erkannte jedenfalls beim Weiterverschieben vergrößert angezeigter Bilder bei allen angegriffenen Ausführungsformen eine Patentverletzung. Bereits am 16.02.2012 hatte die 7. Zivilkammer zwei Urteile betreffend Apple-Patente verkündet (Az.: 7 O 19716/11, 7 O 11395/11). In diesen beiden Fällen war es um Mechanismen zur Entsperrung des Bildschirms gegangen. Die Geräte des von Apple verklagten Konkurrenten bedienten sich verschiedener Ausführungen zum Entsperren des Bildschirms, von denen das Gericht die bei Mobiltelefonen verwendeten Varianten als Patentverletzung wertete. Hinsichtlich des Entsperrmechanismus eines Tablet-Computers wurde die Klage dagegen abgewiesen. Urteile vom 02.03.2012, Az.: 7 O 16692/11 und 7 O 16695/11 Quelle: Pressemitteilung des LG München v. 02.03.2012 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 10. LG Oldenburg: Online-Autoverkaufs-Vertrag von mobile.de rechtswidrig _____________________________________________________________ Das LG Oldenburg (Urt. v. 01.02.2012 - Az.: 6 O 2527/11) hat entschieden, dass der Autoverkaufs-Vertrag, den der Anbieter "mobile.de" seinen Nutzern online zur Verfügung stellt, rechtswidrig ist. Die Klägerin erwarb beim privaten Verkäufer einen gebrauchten PKW. Der Beklagte verwendete dazu den Musterverkaufs-Vertrag der Online-Plattform "mobile.de". In diesem Dokument stand u.a.: "II. Gewährleistung Als der Wagen kurze Zeit später Mängel aufwies, wollte die Klägerin den PKW zurückgeben. Der Beklagte verwies hingegen auf den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss. Die Oldenburger Richter sahen die Klausel als unwirksam an. Mit der Regelung, dass "das Fahrzeug (…) unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung" verkauft werde, werde inhaltlich zum Ausdruck gebracht, dass für alle Schäden, die ihren Grund in dem Bestehen eines Sachmangels hätten, die Haftung ausgeschlossen werde. Von dieser Regelung seien damit u.a. auch Folgeschäden wie Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit umfasst. Für die Wirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses von Satz 1 hätte es im Satz 2 des Zusatzes bedurft "dieser Ausschluss gilt nicht (…) bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit." Durch den fehlenden Zusatz, dass von dem Haftungsausschluss fahrlässig verursachte Körperschäden ausgenommen seien, sei der Gewährleistungsausschluss auch unwirksam, soweit er auf den Ausschluss des Nacherfüllungsanspruchs einschließlich darauf beruhenden Rücktrittsrechts gerichtet sei. Denn im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelte nach gefestigter Rechtsprechung der Grundsatz, dass eine (teilweise) unwirksame Klausel insgesamt als unwirksam zu betrachten sei. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 11. VG Oldenburg: Niedersächsische Medienaufsicht darf keine Verwaltungsgebühren für Beanstandungen erheben _____________________________________________________________ Die Niedersächsische Landesmedienanstalt darf für Beanstandungen, die sie ausspricht, keine Verwaltungsgebühren erheben (VG Oldenburg, Urt. v. 23.08.2011 - Az.: 1 A 2903/10). Der Kläger betrieb einen Internethandel von DVDs mit erotischen Inhalten. Die Niedersächsische Landesmedienanstalt beanstandete wegen verschiedener Gesetzesverstöße diesen Handel und erhob für ihren Bescheid Kosten in Höhe von 1.800,- EUR. Der Kläger war der Ansicht, die Gebührenerhebung sei fehlerhaft. Die Verwaltungsrichter teilten diese Ansicht. Denn es fehle an einer gesetzlichen Grundlage für die Gebühren. Weder das TMG noch der RfStV seien einschlägig. Auch aus anderen Vorschriften des Medienrechts lasse sich die Kostenpflicht für den Kläger nicht begründen, insbesondere nicht aus dem Landesmediengesetz. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 12. AG Frankfurt a.M.: Bei P2P-Urheberrechtsverletzungen kein fliegender Gerichtsstand _____________________________________________________________ In einem aktuellen Urteil hat das AG Frankfurt a.M. (Urt. v. 13.02.2012 - Az.: 2528/11 (17)) deutlich gemacht, dass es bei Klagen wegen P2P-Urheberrechtsverletzungen den fliegenden Gerichtsstand nicht mehr schrankenlos anwendet. Wie schon in seinem Hinweisbeschluss in diesem Verfahren (Beschl. v. 12.12.2011 - Az.: 2528/11 (17)) bleibt es bei seiner bisherigen Linie und lehnt dieses Rechtsinstitut ab. Der "fliegende Gerichtsstand" für unerlaubte Handlungen im Internet sei danach auf solche Gebiete zu beschränken, in denen sich die Verletzungshandlung bestimmungsgemäß auswirken sollte. Wenn dem Schädiger aber die Möglichkeit genommen werde, auf das Angebot beschränkend einzuwirken, überwögen nach dem Dafürhalten des Gerichts die allgemeinen zivilprozessualen Grundsätze zur örtlichen Zuständigkeit. Die technischen Besonderheiten rechtfertigten es nicht, die beklagte Partei den Nachteilen einer unbeschränkten Gerichtswahl auszusetzen. Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die ganz überwiegende Rechtsprechung bejaht die rechtliche Zulässigkeit des fliegenden Gerichtsstandes. Nur vereinzelt - wie jetzt das AG Frankfurt a.M. - lehnen Gerichte dieses Prinzip ab. Das AG Frankfurt a.M. hatte bereits in der Vergangenheit diesen Grundsatz verneint, wurde jedoch später in der Berufungsinstanz vom LG Frankfurt a.M. (Urt. v. 05.11.2009 - Az.: 2/3 S 7/09) mit deutlichen Worten wieder aufgehoben. Dies hat das AG Frankfurt a.M. (Urt. v. 01.12.2011 - Az.: 30 C 1849/11-25) jedoch nicht davon abgehalten, Anfang Dezember 2011 erneut die Zuständigkeit abzulehnen. Zum fliegenden Gerichtsstand allgemein siehe unser Law-Vodcast-Video "Zuständiges Gericht bei Internet-Verletzungen". zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 13. AG Lüdinghausen: Einsichtsrecht in Strafakte trotz urheberrechtlicher Bedenken _____________________________________________________________ Ein Verteidiger in einem Bußgeldverfahren kann Akteneinsicht auch in die Bedienungsanleitung des verwendeten Messgerätes verlangen. Das Urheberrecht tritt hinter dem gewichtigen Recht des Betroffenen auf Akteneinsicht, welches verfassungsrechtlich durch den Grundsatz auf rechtliches Gehör und den Grundsatz des fairen Verfahrens geschützt ist, zurück (AG Lüdinghausen, Beschl. v. 09.02.2012 - Az.: 10 OWI 19/12). Gegen den Kläger war ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen überhöhter Geschwindigkeit eingeleitet worden. Der Verteidiger des Klägers hatte bei der Kreispolizeibehörde Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung des Messgerätes in Form von Kopien beantragt. Diese wurde ihm unter Hinweis auf ein bestehendes Urheberrecht des Messgeräteherstellers und auf die Möglichkeit, die Bedienungsanleitung bei dem Hersteller kostenpflichtig zu erwerben, versagt. Das Gericht stufte dies als rechtswidrig ein. Zwar bestünden grundsätzlich urheberrechtliche Bedenken gegen eine Fertigung einer Kopie der Bedienungsanleitung. Diese Bedenken müssten jedoch im Ordnungswidrigkeitenverfahren zurückstehen. Denn jedem Hersteller von Geschwindigkeitsmessgeräten zur Verkehrsüberwachung sei bekannt, dass die mit den Geräten durchgeführten Messungen Gegenstand von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren seien und insofern der Prüfung auch durch Einsichtnahme in die Bedienungsanleitung unterlägen. Es sei zumindest von einer konkludenten Einräumung entsprechender Nutzungsrechte mit Erwerb des Messgerätes auszugehen, zumal andernfalls alle Messungen mangels Überprüfbarkeit unverwertbar und die Geräte des Herstellers damit letztlich unverkäuflich wären. Ein etwaiger Schutz des Urhebers müsse hinter dem gewichtigen Recht eines Betroffenen auf Akteneinsicht, welches verfassungsrechtlich durch den Grundsatz auf rechtliches Gehör und den Grundsatz des fairen Verfahrens geschützt sei, zurückstehen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 14. Kultur-Projekt der Kanzlei Dr. Bahr: Gewinner des Hamburger Graphic-Novel-Förderpreis AFKAT stehen fest! _____________________________________________________________ Tilo Richter ist der Gewinner des erstmalig verliehenen Hamburger Graphic-Novel-Förderpreises AFKAT. Seine Arbeit „Flash Preußen“ entstand in Zusammenarbeit mit dem Texter Jan Kottisch und überzeugte die Jury durch die schlichten, klaren Zeichnungen und den damit harmonisierenden, minimalistischen Text. Die Arbeit handelt von Flash Preußen, dem Superheld in Badehose, der sich, bevor er abtreten kann, in seine Vergangenheit begibt – auf der Suche nach etwas, das er als Kind verloren hat und das ihn seitdem nicht mehr loslässt. In der Begründung der Jury heißt es, dass „’Flash Preußen’ eine aufregende Bereicherung der deutschen Graphic Novel-Szene ist, die zeigt, dass es manchmal weniger Worte bedarf, um spannende Geschichten zu erzählen.“ (Tilo Richter & Jan Kottisch, Flash Preußen, ISBN 978-3-938539-23-1, VÖ April 2012, mairisch Verlag). Ebenfalls ausgezeichnet – und zwar mit dem kurzerhand ausgelobten Sonderpreis des AFKAT – wird die Illustratorin Karin Kraemer für ihren Beitrag „Das Mädchen ohne Hände“. Das Märchen erschien vor 200 Jahren im ersten Band der „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm, und passend zum offiziellen Brüder-Grimm-Jahr 2012 hat Kraemer den Text auf ihre ganz eigene, künstlerische Art illustriert und interpretiert. Da es sich bei ihrer Arbeit nicht um eine Graphic Novel im klassischen Sinne handelt, die Jury aber von den unterschiedlichen Mal- und Zeichentechniken der jungen Künstlerin fasziniert war, entschied man sich zur Vergabe eines Sonderpreises. Das Märchen handelt von einem armen Müller, der im Wald dem Teufel begegnet, der ihn reich machen will im Tausch gegen das, was sich hinter seiner Mühle befindet. Im Glauben, es handele sich um einen Apfelbaum, geht der Müller auf den Tausch ein und ahnt nicht, dass auch seine Tochter hinter der Mühle steht. (Karin Kraemer, Das Mädchen ohne Hände, ISBN 978-3-938539-22-4 | VÖ April 2012, mairisch Verlag) Der Förderpreis AFKAT wurde im Jahr 2011 von der Kanzlei Dr. Bahr ins Leben gerufen und richtet sich an begabte, bislang unentdeckte Nachwuchskünstler, die sich für das in Deutschland noch relativ junge Genre Graphic Novel begeistern. Der Förderpreis wird jährlich verliehen, dem Gewinner winkt ein Publikationsvertrag beim mairisch Verlag und somit die Buch-Veröffentlichung der eingereichten Graphic Novel.
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