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Newsletter vom 07.09.2016 |
Betreff: Rechts-Newsletter 36. KW / 2016: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: Voraussetzungen einer zulässigen Parodie-Bearbeitung bei Fotografien _____________________________________________________________ Die Karlsruher Richter hatten sich mit der Frage zu beschäftigen, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, dass im Rahmen einer zulässigen Parodie fremde Fotos bearbeitet und genutzt werden dürfen (BGH, Urt. v. 28.07.2016 - Az.: I ZR 9/15). Die Beklagte betrieb die Online-Seite "BZ News aus Berlin" und berichtete dort über den Wettbewerb einer anderen Webseite "Promis im Netz auf fett getrimmt". Bei diesem Wettbewerb sollten die Teilnehmer Fotos von Prominenten mit Hilfe eines Bildbearbeitungsprogramms am Computer so bearbeiten, dass die abgebildeten Personen als möglichst fettleibig erschienen. Im Bericht der Beklagten wurden insgesamt 32 bearbeitete Fotos von bekannten Persönlichkeiten gezeigt. Die Fotos waren von der Webseite des Veranstalters des Wettbewerbs übernommen. Der Kläger war Fotograf und besaß an einem der ursprünglichen Bilder, das verändert wurde, die entsprechenden Rechte. Er sah in der unerlaubten Bearbeitung und Übernahme eine Verletzung seiner Rechte und klagte. Die Vorinstanz, das OLG Hamburg, lehnte die Ansprüche ab, da es sich um eine zulässige Parodie und somit um eine freie Bearbeitung handle. Dieser Ansicht folgte der BGH nicht, sondern hob die Klageabweisung auf. Es liege zwar eine Parodie vor, so die Karlsruher Juristen. Jedoch hätten die Vorinstanz nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Art der Darstellung (möglicherweise) eine Entstellung des Ursprungswerkes darstelle. Auch fehle der unmittelbare Bezug zur Fotografie des Klägers.
Das Verfahren wurde an die Vorinstanz zur erneuten Prüfung zurück verwiesen.
Die Beklagte bot online Zahnreinigungen und Bleaching zu Festpreisen (Preise: 29,90 EUR bzw. 149,90 EUR). Die Frankfurter Richter sahen hierin einen Wettbewerbsverstoß. Es sei berufsrechtlich unzulässig, zahnärztliche Leistungen zu einem allgemeinen Pauschalpreis anzubieten. Zwar könne ein Zahnarzt durchaus im Einzelfall eine Pauschalvereinbarung treffen. Dies setze jedoch voraus, dass der Patient zuvor untersucht worden sei und so der Mediziner hinsichtlich der anfallenden Kosten sein Ermessen im Einzelfall ausüben könne.
Die Bewerbung eines pauschalen Einheitspreises wie im vorliegenden Fall sei jedoch nicht erlaubt.
Die Beklagte bewarb in ihrem Internet-Auftritt Heftsstreifen mit der Aussage "Heftstreifen Metall". Die Klägerin sah hierin eine wettbewerbswidrige Irreführung, da die Ware - unstreitig - nicht zu 100% aus Metall, sondern auch noch aus weiteren Materialien bestand. Die Richter folgten dieser Bewertung nicht und wiesen die Klage ab. Beurteilungsmaßstab sei im vorliegenden Fall der durchschnittliche Verbraucher, der Waren des täglichen Bedarfs im Internet bestelle. Dieser habe keine besonderen Fachkenntnisse und kenne sich insbesondere auch nicht mit den Einzelheiten des Produktes aus. Ein solcher Verbraucher erwarte bei der Angabe "Heftstreifen Metall" nicht, dass das Produkt vollständig aus Metall sei. Vielmehr rechne er selbstverständlich damit, dass auch andere, weitere Materialien verwendet würden.
Entscheidend für den Kunden sei vielmehr die Beschaffenheit des Heftstreifens. Er wähle Heftstreifen aus Metall, da er von diesen eine besondere Stabilität erwarte, anders als z.B. bei Heftstreifen aus Plastik.
Der klägerische Pressevertreter verlangte vom Grundbuchamt Auskünfte über eine bestimmte Liegenschaft. Ihm seien in den vergangenen Wochen Informationen zugegangen, nach denen der Eigentümer der Immobilie gewechselt habe. Inzwischen sei die (auf dem Grundstück befindliche) "Hütte" an die neonazistische Organisation "V.“ übergegangen. Diesen Verdacht wolle er überprüfen, dazu brauche er Klarheit über die aktuellen Eigentumsverhältnisse. Die aufgeworfene Frage sei von erheblichem öffentlichem Interesse. Der Verfassungsschutz führe die extrem rechte Skinheadgruppierung als Beobachtungsobjekt. Das Grundbuchamt lehnte die Auskunft an. Die von dem Kläger benannte Organisation sei weder als Eigentümer noch sonst irgendwie als Berechtigter eingetrageni. Eine weitergehende Auskunft könne nach derzeitigem Stand nicht erteilt werden. Der Kläger solle Namen von Mitgliedern der bezeichneten Gruppierung mitteilen, damit geprüft werden könne, ob eventuell eines der Mitglieder Erwerber des Grundstücks sei. Das OLG München stufte diese Weigerung als rechtswidrig ein. Der Pressevertreter habe einen Anspruch auf Auskunft. Der Kläger habe einen sachlichen Grund für sein Begehren vorgetragen, der in sich stimmig und nachvollziehbar sei. Der Kläger habe hinreichend zu den aktuellen Ereignissen vorgetragen, insbesondere dass aktuell die Räumlichkeiten durch die genannte Organisation genutzt würde.
Die von der Behörde verlangte Darlegung eines personellen Bezugs zwischen dem im Grundbuch Eingetragenen und dem der Organisation zuzurechnenden Personenkreis sei in diesem Fall für die Bejahung eines berechtigten Interesses nicht geboten. Ersichtlich solle der persönliche Zusammenhang zwischen der am Grundstück berechtigten Person und Gruppenmitgliedern erst durch die aus der Einsicht erwarteten Erkenntnisse hergestellt werden.
Das verklagte Unternehmen Eventim hatte u,a. folgende Regelungen in seinen AGB: "1. Premiumversand inkl. Bearbeitungsgebühr: 29,90 EUR Beide Bestimmungen stufte das LG Bremen als rechtswidrig ein.
Premiumversand:
ticketdirect: Die Beklagte bot Mobilfunkleistungen an und warb mittels AdWords mit dem Text "Alles Drin-Tarif 9,99 EUR/M". Neben dem monatlichen Entgelt fiel zusätzlich auch ein Einmal-Betrag von 9,99 EUR für die SIM-Karte an. Hiervon erfuhr der Kunde erst später auf der eigentlichen Landing-Page. Das Gericht bejahte eine Irreführung. Durch die Aussage "Alles Drin-Tarif 9,99 EUR/M" werde beim interessierten Leser der Eindruck erweckt, dass sämtliche relevanten Informationen zum Vertragsschluss in der Anzeige selbst bereits erwähnt seien. Zu diesen relevanten Informationen gehöre selbstverständlich auch der Preis.
Der Kunde werde daher in die Irre geführt, wenn die zusätzlichen Kosten für die SIM-Karte nicht mit benannt würden.
Der Fussball-Verein 1. FC Köln verlangte die Herausgabe der Domain "fc.de" vom Beklagten, da sie hierauf kennzeichenrechtlich einen Anspruch habe. Der Beklagte lehnte dies ab, da es sich bei den Buchstaben "fc" um einen allgemeine Abkürzung für Fussball-Club handle. Dies ließ das LG Köln nicht gelten und bejahte den Anspruch des 1. FC Köln auf die Domain. Seit vielen Jahren werde die Klägerin in der öffentlichen Berichterstattung als "FC" bezeichnet. Die Buchstabenfolge verfüge auch über eine ausreichende Unterscheidungskraft, da eine bestimmte beschreibende Verwendung nicht festgestellt werden könne. Dass dieses Kürzel sich auch in den Namen von anderen Fußballvereinen finde, stünde dem nicht entgegen. Denn andere Fußballvereine, die in ihrem vollen Vereinsnamen das Kürzel "FC" führten, würden regelmäßig nicht allein mit diesem Kürzel benannt, sondern durch weitere Buchstabenzusätze (Bayern München = FCB; FC Augsburg = FCA; usw.). Insoweit könne sich der Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das Kürzel in den angesprochenen Verkehrskreisen in Deutschland umgangssprachlich allgemein für "Fußballclub" verwendet werde bzw. auch für andere Begriffe stehe. Denn dazu fehle jedweder nachvollziehbare Vortrag.
Nach der Erfahrung der Kammermitglieder erscheine es vielmehr ausgeschlossen, dass umgangssprachlich das Kürzel "FC" außerhalb der Benennung bestimmter Fußballvereine an Stelle des Wortes "Fußballclub" trete.
Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hatte im April 2015 entschieden, die CD Sonny Black in die Liste der jugendgefährdenden Medien aufzunehmen. Dagegen hat Bushido geklagt und zur Begründung vorgetragen, die CD sei nicht jugendgefährdend. Die Verbreitung des Albums über die Webseite, den Twitter-Account und den Youtube-Kanal habe ausschließlich seine Fans erreicht, die mit den Eigenarten des Gangsta- und Battle-Raps vertraut seien. Diese Fans wüssten, dass es sich bei Sonny Black um die Inszenierung einer Kunstfigur handele. Die Bundesprüfstelle habe den Kunstgehalt des Werkes nicht genügend ermittelt. Insbesondere habe sie die übrigen am Werk beteiligten Künstler nicht angehört. Sie habe sich auch mit dem Kunstwert nicht ausreichend auseinandergesetzt. Dabei habe sie nicht beachtet, dass sein Gesamtwerk eine umfangreiche Beachtung erfahren habe. Das Gericht hat die Indizierungsentscheidung der Bundesprüfstelle bestätigt und ausgeführt, Inhalte der CD seien jugendgefährdend, also geeignet, jedenfalls labile und gefährdungsgeneigte Jugendliche in ihrer Erziehung und Entwicklung zu gefährden. Denn Gewalt werde als adäquates Mittel der Auseinandersetzung propagiert und Frauen und Homosexuelle würden diskriminiert. Die jugendgefährdende Wirkung bestehe auch, wenn man berücksichtige, dass es sich um die Inszenierung einer Rollenfigur handele. Der Gesichtspunkt der Kunstfreiheit stehe der Indizierung nicht entgegen. Denn die Interessen des Jugendschutzes seien hier höher zu gewichten als die Kunstfreiheit der Urheber. Dabei sei auch zu beachten, dass das Werk durch die Indizierung nicht vollständig verboten werde, sondern die Indizierung lediglich zur Folge habe, dass es Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden dürfe. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheidet. AZ: 19 K 3287/15
Quelle: Pressemitteilung des VG Köln v. 02.09.2016
Die Klägerin, die eine CAD-/CAM-Software vertrieb, begehrte von einem Zugangs-Provider die Auskunft über eine bestimmte IP-Adresse. Ein unbekannter Dritter hatte mittels einer illegalen Lizenzdatei versucht, auf dem Server der Klägerin die Software zu lizenzieren. Nun wollte die Klägerin Auskunft darüber, wer sich dahinter verbarg. Das Gericht lehnte den Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 9 UrhG ab. Das Gericht sah die Voraussetzungen als nicht gegeben. Denn die eigentliche Urheberrechtsverletzung sei bereits auf dem Rechner des unbekannten Dritten geschehen. Die Verletzungshandlung bestehe in einer Bearbeitung der Software dergestalt, dass der Nutzer die manipulierte Lizenzdatei an seinem Rechner verwende und es dadurch zu einer Veränderung des Quellcodes der Software gekommen sei. Diese rechtsverletzende Tätigkeit werde vom Verletzer auch nicht durch eine Nutzung der Internet-Dienstleistungen der Beklagten, also des Zugangs zum Internet, ausgeführt. Die Handlung sei bereits abgeschlossen, sobald es durch die Software automatisiert zu einem Verbindungsaufbau zum Lizenz-Server komme. Erforderlich sei aber, dass die Internet-Nutzung final zur eigentlichen Urheberrechtsverletzung verwendet werde. Dies sei im vorliegenden Sachverhalt aber gerade nicht der Fall.
Das Gericht ließ auch nicht gelten, dass die eigentliche Urheberrechtsverletzung bei der Übertragung noch andauere. Gebe es möglicherweise auch Veränderung an der Software, geschehe dies aber automatisiert durch das Zusammenspiel zwischen dem Server der Klägerin und der Software zustande. Der Nutzer müsse nicht noch einmal aktiv tätig werden.
Der Angeklagte hatte in fünf Fehlern online Microsoft-Software und den dazugehörigen Lizenzschlüssel verkauft, ohne dazu berechtigt zu sein. Es handelte sich dabei um DreamSpark-Lizenzen, die speziell für Schulungseinrichtungen und ihre Teilnehmer (z.B. Studenten, Schüler usw.) ausgegeben wurden. Ein Weiterverkauf untersagten die Bestimmungen ausdrücklich. Gleichwohl veräußerte der Angeklagte im Internet die Lizenzschlüssel.
Das Gericht nahm einen gewerbsmäßigen Betrug in Tateinheit mit gewerbsmäßig unerlaubter Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke an. Insgesamt sah es eine Strafe von 1 Jahr und 6 Monaten für tat- und schuldangemessen an. Die Robenträger setzten die Strafe zur Bewährung aus.
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