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1. EuGH: Auch Porträtfotos sind urheberrechtlich geschützt
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Die Medien dürfen eine solche Fotografie jedoch ohne Zustimmung ihres Urhebers veröffentlichen, wenn die Veröffentlichung im Rahmen kriminalpolizeilicher Ermittlungen der Polizei helfen soll, eine vermisste Person wiederzufinden.
Frau Painer ist selbständige Fotografin und fotografiert u. a. Kinder in Kindergärten und Horten. Im Rahmen ihrer Tätigkeit hat sie mehrere Fotografien von Natascha K. gemacht (und dabei den Hintergrund entworfen, die Position und den Gesichtsausdruck bestimmt, den Fotoapparat bedient und die Fotos entwickelt).
Nachdem Natascha K. 1998 im Alter von zehn Jahren entführt worden war, erließ die österreichische Polizei einen Fahndungsaufruf, für den die Fotos von Frau Painer verwendet wurden.
Nach der Flucht von Natascha K. im Jahr 2006 und vor ihrem ersten öffentlichen Auftreten veröffentlichten fünf Presseverlage – vier deutsche und ein österreichischer – diese Fotos in bekannten Zeitungen bzw. Zeitschriften und auf Internetseiten, jedoch ohne Angabe des Namens der Urheberin der Fotos bzw. unter Angabe eines anderen Namens als desjenigen von Frau Painer als Urheberin.
Mehrere dieser Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichten außerdem ein durch digitale Bearbeitung eines dieser Fotos hergestelltes Porträt, das, da es bis zu dem ersten öffentlichen Auftreten von Natascha K. keine aktuellen Fotos von ihr gab, ihr vermutetes Aussehen wiedergab.
Da Frau Painer der Auffassung war, dass mit der Veröffentlichung dieser Fotos ihr Urheberrecht verletzt worden sei, beantragte sie bei den österreichischen Gerichten, den Presseverlagen aufzugeben, es zu unterlassen, die Fotos und das Phantombild ohne ihre Zustimmung und ohne Angabe ihres Namens als Urheberin zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten.
Sie verlangte auch eine angemessenes Entgelt und Schadensersatz.
Das Handelsgericht Wien (Österreich), bei dem der Rechtsstreit anhängig ist, möchte vom Gerichtshof wissen, ob das Unionsrecht Porträtaufnahmen einen schwächeren urheberrechtlichen Schutz gewährt, weil sie „wirklichkeitsgetreu“ seien und geringere künstlerische Gestaltungsmöglichkeiten aufwiesen.
Ferner möchte das österreichische Gericht wissen, unter welchen Umständen die Medien solche Aufnahmen ohne Zustimmung ihres Urhebers für kriminalpolizeiliche Ermittlungen verwenden dürfen. Außerdem ersucht es den Gerichtshof um Klärung, unter welchen Umständen ein geschütztes Werk zitiert werden darf.
In seinem Urteil vom heutigen Tag führt der Gerichtshof zunächst aus, dass das Urheberrecht nur Objekte schützt, bei denen es sich um ein Original in dem Sinne handelt, dass es eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Eine eigene geistige Schöpfung des Urhebers liegt vor, wenn darin seine Persönlichkeit zum Ausdruck kommt. Dies ist dann der Fall, wenn der Urheber bei der Herstellung des Werks seine schöpferischen Fähigkeiten zum Ausdruck bringen konnte, indem er frei kreative Entscheidungen trifft.
Der Gerichtshof stellt fest, dass der Urheber einer Porträtfotografie bei deren Herstellung auf mehrfache Weise und zu unterschiedlichen Zeitpunkten frei kreative Entscheidungen treffen kann.
So kann er in der Vorbereitungsphase über die Gestaltung, die Haltung der zu fotografierenden Person oder die Beleuchtung entscheiden. Bei der Aufnahme des Porträts kann der Urheber den Bildausschnitt, den Blickwinkel oder auch die Atmosphäre wählen. Schließlich kann er bei der Herstellung des Abzugs unter den verschiedenen bestehenden Entwicklungstechniken diejenige wählen, die er einsetzen möchte, oder gegebenenfalls Software verwenden.
Der Urheber einer Porträtfotografie kann mit diesen unterschiedlichen Entscheidungen dem geschaffenen Werk somit seine „persönliche Note“ verleihen. Daher ist eine Porträtfotografie urheberrechtlich geschützt, wenn sie Ausdruck der schöpferischen Fähigkeiten ihres Urhebers ist.
Der Gerichtshof hebt außerdem hervor, dass dieser Schutz demjenigen entspricht, der anderen Werken, auch fotografischen Werken, zukommt. Sodann weist der Gerichtshof darauf hin, dass der Umfang des urheberrechtlichen Schutzes nach dem Unionsrecht ausnahmsweise eingeschränkt sein kann, wenn das geschützte Werk zu Zwecken der öffentlichen Sicherheit genutzt wird, insbesondere bei kriminalpolizeilichen Ermittlungen zur Wiederauffindung einer vermissten Person. Hierzu führt der Gerichtshof aus, dass nur Staaten – und nicht Presseverlage – als fähig und verantwortlich dafür anzusehen sind, die öffentliche Sicherheit durch passende Maßnahmen wie etwa einen Fahndungsaufruf sicherzustellen.
Es lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass ein Presseverlag im Einzelfall zur Erreichung eines Ziels der öffentlichen Sicherheit beitragen kann, indem er z. B. eine Fotografie einer gesuchten Person veröffentlicht.
Diese Initiative der Medien muss allerdings im Zusammenhang mit dem Vorgehen der nationalen Behörden stehen, und sie muss im Einvernehmen und in Absprache mit ihnen ergriffen werden, soll sie nicht deren Maßnahmen zuwiderlaufen. Der Gerichtshof weist aber auch darauf hin, dass bei Ermittlungen eine Fotografie von den Medien veröffentlicht werden kann, ohne dass zuvor ein konkreter, aktueller und ausdrücklicher Aufruf der Sicherheitsbehörden hierzu ergangen wäre.
Schließlich stellt der Gerichtshof zur Zitierung von geschützten Werken fest, dass Werke, die der Öffentlichkeit bereits rechtmäßig zugänglich gemacht worden sind, zitiert werden dürfen, sofern die Quelle, einschließlich des Namens des Urhebers angegeben wird, es sei denn, dass sich dies als unmöglich erweist.
In diesem Zusammenhang geht der Gerichtshof auf das Vorbringen der Presseverlage ein, sie hätten Frau Painers Fotos von einer Presseagentur erhalten, aber Schwierigkeiten gehabt, die Urheberin zu ermitteln, und ihren Namen auf den Fotos nicht angeben können.
Der Gerichtshof führt aus, dass die Presseagentur – sofern sie nicht rechtswidrig, d. h. ohne Zustimmung der Urheberin, in den Besitz dieser Fotos gelangt ist – den Verlagen den Namen der Urheberin mitteilen musste. Daher waren auch die Verlage gehalten, ihn in ihren Zeitungen anzugeben.
Es ist jedoch, so der Gerichtshof, auch möglich, dass es die nationalen Sicherheitsbehörden waren, die die Fotos von Frau Painer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben. Dabei musste der Name der Urheberin nicht angegeben werden. In diesem Fall ist, sofern der Name der Urheberin nicht angegeben wurde, nur die Angabe der Quelle dieser Fotografien, nicht aber die Angabe des Namens ihrer Urheberin erforderlich.
Urteil in der Rechtssache C-145/10 Eva-Maria Painer / Standard VerlagsGmbH, Axel Springer AG, Süddeutsche Zeitung GmbH, Spiegel-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co KG et Verlag M. DuMont Schauberg Expedition der Kölnischen Zeitung GmbH & Co KG
Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 01.12.2011
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2. BGH: Haftung bei missbräuchlicher Abhebung von Bargeld an Geldautomaten
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Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Grundsätze für eine Haftung des Karteninhabers bei missbräuchlichen Abhebungen von Bargeld an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl fortentwickelt sowie über die Auslegung von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen entschieden, die diese Haftung regeln.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall wurde dem Beklagten von der klagenden Bank eine Kreditkarte zur Verfügung gestellt, die zur Abhebung von Bargeld an Geldautomaten zugelassen war. In den zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat die Bank den Höchstbetrag für Bargeldauszahlungen auf 1.000 € pro Tag begrenzt. Weiter war danach der Karteninhaber verpflichtet, Verlust oder festgestellten Missbrauch der Karte der Bank unverzüglich anzuzeigen. Bis zum Eingang dieser Verlustmeldung sollte er grundsätzlich nur bis zu einem Höchstbetrag von 50 € haften.
In der Nacht vom 12. auf den 13. August 2009 kam es an Geldautomaten von Kreditinstituten in Hamburg zu insgesamt sechs Abhebungen zu je 500 €, wobei die persönliche Identifikationsnummer (PIN) des Beklagten verwendet wurde. Die Klägerin belastete das Girokonto des Beklagten mit den abgehobenen Beträgen im Lastschriftverfahren. Der Beklagte widersprach den Abbuchungen und kündigte den Kreditkartenvertrag.
Die klagende Bank begehrt von dem Beklagten im Wege des Schadensersatzes Ausgleich der Belastungsbuchungen und der Gebühren für Rücklastschriften sowie für die Erstellung eines Kontoauszugs in Höhe von insgesamt noch 2.996 €. Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe die Geheimhaltungspflicht hinsichtlich der verwendeten PIN verletzt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben.
Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision des Beklagten das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.
Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 – XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 314 f.; Senatsbeschluss vom 6. Juli 2010 – XI ZR 224/09, WM 2011, 924 Rn. 10) in Fällen, in denen an Geldausgabeautomaten unter Verwendung der zutreffenden Geheimzahl Geld abgehoben wurde, der Beweis des ersten Anscheins dafür sprechen, dass entweder der Karteninhaber die Abhebungen selbst vorgenommen hat oder – was hier nach der Feststellung des Berufungsgerichts allein in Betracht kam – dass ein Dritter nach der Entwendung der Karte von der Geheimnummer nur wegen ihrer Verwahrung gemeinsam mit der Karte Kenntnis erlangen konnte. Das setzt aber voraus, dass bei der missbräuchlichen Abhebung die Originalkarte eingesetzt worden ist, da bei Abhebung mithilfe einer ohne Kenntnis des Inhabers gefertigten Kartenkopie (z.B. durch Skimming) kein typischer Geschehensablauf dafür spricht, Originalkarte und Geheimzahl seien gemeinsam aufbewahrt worden. Den Einsatz der Originalkarte hat dabei die Schadensersatz begehrende Bank zu beweisen.
Weiter erfasst eine von der kontoführenden Bank im konkreten Fall in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendete Klausel, nach der bis zum Eingang einer Verlustmeldung der Karteninhaber nur bis zu einem Höchstbetrag von 50 EUR haften soll, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch die Haftung des Karteninhaber bei schuldhafter Verletzung seiner Sorgfaltspflichten. Der beklagte Karteninhaber kann sich damit auf die Haftungsgrenze von 50 Euro unabhängig davon berufen, ob er schuldhaft gehandelt hat.
Schließlich schützt ein in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank festgelegter Höchstbetrag für Bargeldauszahlungen pro Tag mit einer konkreten Karte auch den Karteninhaber, sodass dessen Haftung im Falle eines Kartenmissbrauchs auf diesen Betrag begrenzt sein kann, wenn die die Karte ausstellende Bank ihrer Pflicht, die Einhaltung dieses Höchstbetrags zu sichern, nicht genügt hat.
Urteil vom 29. November 2011 - XI ZR 370/10
Amtsgericht Göppingen - Urteil vom 23. April 2010 - 7 C 115/10 LG Ulm - Urteil vom 20. Oktober 2010 - 1 S 81/10
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 29.11.2011
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3. OLG Celle: Wettbewerbswidriges Verhalten durch Verstoß gegen PKW-EnVKV löst Streitwert von 5.000 EUR aus
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Ein Wettbewerbsverstoß gegen die PKW-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (PKW-EnVKV) kann einen Streitwert von 5.000,- EUR auslösen (OLG Celle, Urt. v. 11.11.2011 - Az.: 13 W 101/11).
Inhaltlich ging es um einen wettbewerbswidrigen Verstoß gegen die PKW-EnVKV.
Im Rahmen eines Streitwert-Beschwerdeverfahrens reduzierte das OLG den Betrag von ursprünglich 30.000,- EUR auf nun nur noch 5.000,- EUR.
Der Streitwert liege im freien Ermessen des Gerichts, so die Juristen. Dabei müsse das Interesse des Klägers an der Unterbindung weiterer Wettbewerbsverstöße berücksichtigt werden. Kriterien hierfür seien insbesondere die Art des Verstoßes, die Gefährlichkeit und der daraus resultierende Schaden sowie die Unternehmensverhältnisse beim Verletzer.
Nach dieser Maßgabe sei der Streitwert als eher gering zu beurteilen. Die vorliegenden Verstöße der PKW-EnVKV seien leicht zu erkennen und damit auch leicht zu verfolgen. Der Verstoß sei nicht besonders intensiv und löse beim Kläger keinen gravierenden Schaden aus.
Daher bewerteten die Robenträger einen Streitwert von 5.000,- EUR als angemessen.
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4. OLG Düsseldorf: Deutsche Post muss 1&1 doch nicht Postident-Verfahren anbieten
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Der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts hat heute entschieden, dass die Deutsche Post AG nicht für Konkurrenten das Postident-Identifizierungsverfahren anbieten muss.
Die Deutsche Post AG hatte sich 2010 geweigert, für ihre De-Mail-Konkurrenten 1&1-Internet AG und 1&1 Mail & Media GmbH Identifizierungsdienstleistungen, mit denen sich deren Kunden für den De-Mail-Dienst identifizieren lassen können, anzubieten. Auf eine Klage der beiden Unternehmen hatte das Landgericht Köln (Aktenzeichen 88 O (Kart.) 49/10) am 31.03.2011 entschieden, dass das Verhalten der Deutschen Post AG kartellrechtswidrig sei.
Die beklagte Post nutze missbräuchlich ihre marktbeherrschende Stellung als Anbieter von Identifizierungsleistungen nach dem De-Mail-Gesetz aus.
Auf die Berufung der Deutschen Post AG hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts die landgerichtliche Entscheidung abgeändert und die Klage der Post-Konkurrenten abgewiesen. Die Deutsche Post AG habe nicht kartellrechtswidrig gehandelt, weder missbräuchlich noch diskriminierend ihre Marktmacht ausgenutzt. Eine Abschottung des Ident-Marktes finde nicht statt, weil die beiden Post-Konkurrenten für den Identifizierungsservice jedenfalls auf einen anderen Identifizierungsdienstleister zurückgreifen könnten.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Gegen die Entscheidung können die klagenden Konkurrenten binnen eines Monats nach Zustellung der Entscheidung Nichtzulassungsbeschwerde einlegen, über die dann der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 14/11, Urteil des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30.11.2011
Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf v. 30.11.2011
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5. OLG Köln: Grenzen der zulässigen Presse-Berichterstattung in Strafverfahren
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Das Oberlandesgericht Köln hat mit drei am 15. November 2011 verkündeten Urteilen die Grenzen einer zulässigen Berichterstattung in Straf- und Ermittlungsverfahren näher festgelegt. Geklagt hatte in allen drei Verfahren ein wegen des Verdachts der Vergewaltigung einer Ex-Freundin angeklagter, im Strafverfahren freigesprochener
Fernsehmoderator.
Das Ermittlungs- und Strafverfahren war in den Medien mit großer Aufmerksamkeit und ausführlichen Berichterstattung begleitet worden. Der Kläger hat die Beklagten, welche eine Tageszeitung und deren Online-Ausgabe herausgeben, auf Unterlassung der Verbreitung verschiedener Bilder und Textpassagen in Anspruch genommen.
Der zuständige 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln entschied, dass die heimlich aufgenommenen Fotos, die den Kläger im Gefängnishof der Justizvollzugsanstalt zeigen, in welcher der Kläger während der Untersuchungshaft inhaftiert war, nicht hätten veröffentlicht werden dürfen. Es habe zum damaligen Zeitpunkt kein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit bestanden, welches in Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht des Klägers überwogen habe.
Der Kläger habe sich nicht im öffentlichen Raum bewegt; vielmehr habe er erwarten können, während seiner Inhaftierung in der JVA nicht behelligt zu werden (Az: 15 U 62/11).
Als zulässig hat das Gericht dagegen die Berichterstattung über den Fund eines Messers angesehen, an welchem nach damaliger Darstellung die DNA des Klägers gefunden worden sein soll. Das Landgericht hatte der Klage auf Unterlassung noch stattgegeben mit der Begründung, dass es sich um eine unzulässige Verdachtsberichterstattung gehandelt habe.
Das Oberlandesgericht war auf die von den Beklagten eingelegte Berufung hin jedoch der Auffassung, dass die Grenzen der zulässigen Verdachtsberichterstattung nicht berschritten seien: es sei stets hinreichend klargestellt worden, dass aus Sicht der Staatsanwaltschaft genug Beweise für eine Anklageerhebung vorlagen, ohne dass aber bereits im Sinne einer Vorverurteilung der Ausgang des Strafverfahrens als sicher vorherzusagen dargestellt worden sei (Az: 15 U 61/11).
Das dritte Verfahren bezog sich auf die Veröffentlichung einer privaten E-Mail, welche der Kläger an seine ehemalige Freundin „Isabella M.“ gesandt hatte sowie auf die darauf bezogene Berichterstattung. Nach Ansicht des Landgerichts, die vom Oberlandesgericht bestätigt wurde, ist hierdurch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt
worden.
Das Berichterstattungsinteresse überwiege in diesem Fall nicht das Recht des Klägers auf Schutz seiner Privatsphäre. Wie sich der Kläger im Jahr 2004 gegenüber einer seiner Freundinnen/ Geliebten verhalten habe, weise nur einen schwachen Bezug zu der ihm vorgeworfenen Straftat und den Umständen ihrer Entstehung auf (Az: 15 U 60/11).
Die Revision wurde vom Oberlandesgericht in keinem der drei Fälle zugelassen; die jeweils unterlegene Partei kann hiergegen binnen eines Monats die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln v. 24.11.2011
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6. OLG Köln: Sprachliche Voraussetzungen einer Gewinnzusage
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Für die Begründung einer Gewinnzusage ist maßgeblich, wie ein Durchschnittsempfänger die Gewinnmitteilung des Zusagenden - auch im Gesamtkontext betrachtet - auffassen musste. Die Aussage "Dem Gewinner, Herr W., werden 17.300,00 Euro per Scheck ausbezahlt" begründet einen Gewinnanspruch (OLG Köln, Urt. v. 10.11.2011 - Az.: 7 U 72/11).
Dem Kläger war von Seiten der Beklagten eine Mitteilung zugegangen, die den optisch hervorgehobenen Passus enthielt:
"Dem Gewinner, Herr W., werden 17.300,00 Euro per Scheck ausbezahlt!"
Weiter enthielt die Mitteilung ein sog. Ziehungsprotokoll, das den Kläger als "nominierten" Gewinner auswies, sowie die Aussagen:
"… es ist tatsächlich geschafft, Herr W.!"
und
"Herzlichen Glückwunsch! Sie, Herr W., haben 17.300,00 € gewonnen!"
Der letzte Passus war wiederum besonders abgesetzt und fett gedruckt.
Das Gericht bejahte die Voraussetzungen einer Gewinnzusage und sprach dem Kläger den Anspruch zu.
Die Nachricht sei auszulegen, und zwar aus Sicht eines durchschnittlichen Bürgers.
Danach sei von dem Gewinn des Preises auszugehen. Denn der Kläger werden zu einem Gewinn von 17.300,- EUR beglückwunscht, was bedeute, dass die Ziehung der Gewinnnummern bereits erfolgt sei.
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7. LG Berlin: Online-Auktionshaus muss Auskunft über Kundendaten geben
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Im Fall von Markenrechtsverletzungen kann der Betroffene von einem Online-Auktionshaus Auskunft darüber verlangen, wie der Name und die Anschrift des Inhabers des Verkäuferkontos lautet, über welches die Rechtsverletzungen begangen worden sind (LG Berlin, Urt. v. 06.10.2011 - Az.: 16 O 417/10).
Die Klägerin verfügte über die Lizenzen an bestimmten eingetragenen Marken. Die Beklagte betrieb ein Online-Auktionshaus, auf dem Dritte Angebote einstellten und dabei Markenrechtsverletzungen begingen. Die Klägerin verlangte nun von der Beklagten Auskunft über die Person der Verkäufer.
Das Gericht gab der Klage nur teilweise stattfand.
In den Fällen, wo die Markenrechtsverletzungen offensichtlich seien, stehe der Klägerin ein Auskunftsanspruch zu.
In den anderen Konstellationen, in denen die Rechtsverstöße nicht derartig eindeutig seien, treffe hingegen das Online-Auktionshaus keine Pflicht zur Namensnennung.
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8. VG Berlin: Bundestag muss Einsicht in "UFO-Unterlagen" gestatten
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Der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gilt auch für Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages. Dies hat nunmehr das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.
Der Kläger hatte gemäß dem IFG begehrt, ihm Einblick in die im November 2009 vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages erstellte Ausarbeitung „Die Suche nach außerirdischem Leben und die Umsetzung der VN-Resolution A/33/426 zur Beobachtung unidentifizierter Flugobjekte und extraterrestrischen Lebensformen“ zu geben.
Der Deutsche Bundestag hatte dieses Ersuchen mit der Begründung abgelehnt, das IFG sei auf den Deutschen Bundestag nur anwendbar, soweit er öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehme. Die Zuarbeit der Wissenschaftlichen Dienste sei der Man-datsausübung der Abgeordneten zuzurechnen und daher als Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten vom Informationszugang ausgenommen. Im Übrigen gelte für die Arbeiten des Wissenschaftlichen Dienstes der Schutz geistigen Eigentums.
Das Verwaltungsgericht Berlin ist dieser Ansicht nicht gefolgt und hat der Klage stattgegeben. Die Aufgabe des Parlamentes bestehe im Wesentlichen in der Gesetzgebung und der Kontrolle der Regierung. Dazu gehöre nicht die Arbeit des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, da dieser lediglich Fragen der Abgeordneten beantworte und Gutachten erstelle. Diese Vermittlung von Information und Wissen bilde die Grundlage für die parlamentarische Arbeit der Abgeordneten, sei aber nicht selbst parlamentarische Arbeit.
Eine Verletzung des Schutzes geistigen Eigentums sei selbst dann nicht zu befürchten, wenn man davon ausgehe, dass es sich bei der Ausarbeitung um ein „Werk“ im Sinne des Urheberrechts handele. Der Bundestag als Inhaber des Urheberrechts sei in seinem Erstveröffentlichungsrecht nicht betroffen, weil nur der Kläger Einblick erhalte, nicht jedoch die Allgemeinheit. In seinem Verbreitungsrecht sei der Bundestag nicht betroffen, weil der Kläger nicht die Absicht habe, die Ausarbeitung in den Verkehr zu bringen, sondern sie lediglich lesen wolle.
Die Kammer hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen.
Urteil der 2. Kammer vom 1. Dezember 2011 (VG 2 K 91.11)
Quelle: Pressemitteilung des VG Berlin v. 01.12.2011
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9. LG Hamburg: Wettbewerbsverstoß durch unwahre Tatsachenbehauptungen Dritter auf Hotelbewertungsportal
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Es ist von einem Wettbewerbsverstoß auszugehen, wenn User eines Hotelbewertungsportals geschäftsschädigende Äußerungen in Form von unwahren Tatsachenbehauptungen veröffentlichen. Das Online-Portal haftet für das Publizieren der fremden Kritiken und das Bereithalten der Bewertungsfunktion, wenn die Kommentare manuell und durch vorherige Überprüfung freigeschaltet werden (LG Hamburg, Urt. v. 01.09.2011 - Az.: 327 O 607/10).
Bei der Klägerin handelte es sich um die Betreiberin eines Hotels. Zielgruppe der Klägerin waren Reisende, die eine einfache und standardisierte Leistung zu einem günstigen Preis suchten. Die Beklagte vermittelte über ihre Webseite Reisen. Zugleich bot sie ihren Kunden die Möglichkeit, in einem Bewertungsportal Kommentare über die Hotels abzugeben. Über das Hotel der Klägerin wurde eine Vielzahl negativer Bewertungen veröffentlicht.
Die Richter bejahten eine Verantwortlichkeit der Beklagten für die fremden, unwahren Kritiken.
Bei den Äußerungen handle es sich um geschäftsschädigende Äußerungen, die den Betrieb der Klägerin massiv schädigen würden. Das Bereithalten der Bewertungsfunktion und das Publizieren fremder Hotelbewertungen stellten eine geschäftliche Handlung dar. Die Parteien sind Mitbewerber.
Die Beklagte hafte auch für die fremden Erklärungen. Denn sie überprüfe mittels einer speziellen Software die Kommentare und gebe sie erst nach dieser Prüfung frei. Damit mache sie sich die Bewertungen zu eigen.
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10. LG Hamburg: Programmbegleitendes Magazin zu ARD-TV-Sendung zulässig
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Die Herausgabe eines programmbegleitenden Magazins zur ARD-TV-Sendung "ARD-Buffet" ist grundsätzlich zulässig und verstößt nicht gegen das rundfunkrechtliche Verbot, nicht programmbezogene Druckerzeugnisse anzubieten. Dies gilt zumindest für den Fall, dass die ARD selbst nicht als Anbieter des Magazins auftritt (LG Hamburg, Urt. v. 19.09.2011 - Az.: 315 O 410/10).
Bei der Klägerin handelte es sich um die Herausgeberin verschiedener Zeitschriften. Sie ging gegen die Beklagte, die Sendeanstalt ARD, vor. Die ARD produzierte seit Jahren das TV-Magazin "ARD-Buffet", in dem u.a. Haushaltstipps und Rezepte vorgestellt wurden. Zu der TV-Sendung erschien ein programmbegleitendes Magazin, welches die aktuellen Themen der Sendungen beinhaltete. Verleger und Herausgeber dieses Magazin war nicht die ARD, sondern ein externer Verlag.
Die Klägerin war der Ansicht, dass die ARD gegen das rundfunkrechtliche Verbot, nicht programmbegleitende Magazine anzubieten, verstoße und begehrte daher Unterlassung.
Das Gericht bestätigte zwar, dass der Rundfunkstaatsvertrag vorschreibe, dass sich Sendeanstalten auf ihre Programmaktivitäten zu konzentrieren hätten. Einen Verstoß konnten die Robenträger jedoch nicht erkennen.
Die ARD trete nicht als Herausgeber auf, sondern vielmehr der eigenständige Verlag. Es sei nicht ersichtlich, dass die ARD Einfluss auf die verlegerische Tätigkeit habe. Die gesamten Leistungen hinsichtlich des Magazins würden durch den externen Verlag gewährleistet, so dass die ARD nicht als Anbieter des Magazins zu qualifizieren sei.
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11. LG München: Keine Prüfungspflicht der Spiegel-Redaktion bei Fantasienamen
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Die Redaktion des Nachrichten-Magazins "Der Spiegel" ist nicht verpflichtet, im Rahmen ihrer Berichterstattung bei der Wahl von Fantasienamen zu überprüfen, ob eine Person dieses Namens tatsächlich existiert (LG München, Urt. v. 11.08.2010 - 9 O 21882/09).
Im Spiegel erschien ein Artikel über den Einsatz eines deutschen Bundeswehrsoldaten in Afghanistan. Der Name des Soldaten war von der Redaktion in "R(…) F(…)" geändert und die Änderung - wie üblich - mit einem Sternchen gekennzeichnet worden. Dass tatsächlich ein R(…) F(…) existierte, auf den die Beschreibung des Spiegel zutraf, war der Redaktion nicht bekannt.
Der Kläger sah sich in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und klage auf Zahlung einer Geldentschädigung.
Die Münchener Richter wiesen die Klage.
Aufgrund der Sternchen-Kennzeichnung sei für jeden Leser erkennbar, dass eben gerade nicht der Kläger gemeint sei.
"Der Spiegel" habe auch nicht gegen seine journalistischen Sorgfaltspflichten verstoßen. Er sei nicht verpflichtet gewesen, vor der Wahl des Fantasienamens bei der Deutschen Bundeswehr nachzufragen, ob eine Person dieses Namens tatsächlich existiert.
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12. LG Stuttgart: Inhaber von Domain haftet für werbefinanzierte Links
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Der Inhaber einer Domain ist für die Werbeeinblendungen Dritter, die auf seiner Webseite geschehen, spätestens ab Kenntnis verantwortlich. Er haftet daher auch für "Sponsored Links" und damit einhergehende Rechtsverletzungen (LG Stuttgart, Beschl. v. 11.11.2011 - Az.: 17 O 706/11).
Die Klägerin ging im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen den Beklagten vor. Bei dem Unterlassungsanspruch stützte sich die Klägerin auf ihr Markenrecht. Der Beklagte hatte eine verwechslungsfähige Domain registriert, auf der "Sponsored Links" des Domain-Parking-Anbieters Sedo platziert waren.
Als der Beklagte auf die außergerichtliche Aufforderung nicht reagierte, beschritt die Klägerin den Gerichtsweg.
Es bestehe erhebliche Verwechslungsgefahr, da die Domain klanglich der klägerischen Marke sehr ähnlich sei. Dadurch seien die ausschließlichen Rechte der Klägerin verletzt.
Der Domaininhaber sei grundsätzlich für den abrufbaren Inhalt verantwortlich, wenn er Kenntnis habe. Dies gelte auch für die Fälle, in denen Dritte Werbeeinblendungen vornehmen würden.
Das Anbieten von werbefinanzierten Links stelle ein Handeln im geschäftlichen Verkehr dar. Der Beklagte sei für die Markenrechtsverletzungen verantwortlich.
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13. AG Charlottenburg: Vollständige Übermittlung von TK-Verbindungsdaten an Zessionar rechtswidrig
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Die Abtretung von Forderungen aus einem Telekommunikationsvertrag ist unzulässig, wenn die vollständige Übermittlung von Verbindungsdaten damit einhergeht. Denn dadurch besteht die Gefahr, dass möglicherweise sensible Kundendaten an eine unbegrenzte Zahl Dritter gelangen (AG Charlottenburg, Urt. v. 24.10.2011 - Az.: 9 C 430/11).
Die Klägerin erhielt von einem Telekommunikationsunternehmer die Ansprüche aus dem Telefonvertrag abgetreten. Um den Anspruch geltend machen und beweisen zu können, erhielt sie auch ungeschwärzte Einzelverbindungsnachweise.
Das Gericht lehnte einen Zahlungsanspruch der Klägerin ab.
Der Abtretungsvertrag sei nichtig, da er das Fernmeldegeheimnis verletze und somit gegen geltendes Recht verstoße.
Würde man die Abtretung als zulässig erachten, so könnten sensible Kundendaten an eine Vielzahl unbekannter Unternehmen grenzenlos weitergegeben werden. Einer unkontrollierten Datenweitergabe würden somit keine Grenzen gesteckt werden.
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14. Verbraucherzentrale mahnt Electronic Arts wegen Battlefield 3 ab
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Wir hatten or kurzem ausführlich über den Umstand berichtet, dass das neue Computerspiel "Battlefield 3" von Electronic Arts (EA) in der PC-Fassung rechtswidrig Daten seiner Kunden sammelt.
Nun hat der Verbraucherzentrale Bundesverband Electronic Arts wegen der Software abmahnt, wie die Verbraucherschützer in einer Pressemitteilung mitteilen.
Beanstandet werden dabei:
- die fehlende Transparenz, dass für die Nutzung des Spiels eine dauerhafte Internetverbindung notwendig ist
- mangelnde Aufklärung über Funktion und Reichweite des Zusatztools Origin
- Nichteinbeziehung der AGB in den Vertrag
- einzelne Vertragsklauseln
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15. Law-Podcasting: Zulässigkeit von Restaurant-Online-Kritiken und die Haftung der Portal-Betreiber
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Auf Law-Podcasting.de, dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es heute einen Podcast zum Thema "Zulässigkeit von Restaurant-Online-Kritiken und die Haftung der Portal-Betreiber".
Inhalt:
Ein Großteil der Bevölkerung liebt es, Restaurants und neue Lokale zu testen. Und da fast genauso viele unter ihnen glücklicherweise recht mitteilsam sind, finden sich im Internet zahlreiche Restaurant-Bewertungsportale. Inwieweit die Äußerungen über Speis und Trank zulässig sind und wann ein Portalbetreiber bei Rechtsverstößen haftet, erörtern wir im heutigen Podcast.
Dabei wird insbesondere eine aktuellen Entscheidung des AG Hamburg (Urt. v. 18.08.2011 - Az.: 34a C 148/11) besprochen, wonach kritische Äußerungen über ein Lokal von dem Internet-Portal "Restaurant-Kritik.de" nicht zu löschen sind.
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