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Newsletter vom 08.03.2017 |
Betreff: Rechts-Newsletter 10. KW / 2017: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. EuGH: 0180-Service-Hotlines dürfen keine Zusatzkosten verursachen _____________________________________________________________ Die Kosten eines Anrufs unter einer Kundendiensttelefonnummer dürfen nicht höher sein als die Kosten eines gewöhnlichen Anrufs Das deutsche Unternehmen comtech vertreibt Elektro- und Elektronikartikel. Es wies auf seiner Website auf einen telefonischen Kundendienst hin, dessen Telefonnummer eine sogenannte 0180 - Nummer ist, wie sie in Deutschland allgemein für Service-Dienste verwendet wird und für die ein deutschlandweiter Tarif gilt. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main (Deutschland) hat comtech vor dem Landgericht Stuttgart (Deutschland) auf Unterlassung dieser – ihrer Ansicht nach unlauteren – Geschäftspraxis verklagt. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht den Gerichtshof ersucht, vorab die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher auszulegen. Nach dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die Verbraucher nicht verpflichtet sind, für Anrufe über eine Telefonleitung, die der Unternehmer eingerichtet hat, um im Zusammenhang mit mit Verbrauchern geschlossenen Verträgen kontaktiert zu werden, mehr als den Grundtarif zu zahlen. Der Begriff „Grundtarif“ wird in der Richtlinie jedoch nicht definiert. Mit seinem heutigen Urteil antwortet der Gerichtshof, dass der Begriff „Grundtarif“ dahin auszulegen ist, dass die Kosten eines auf einen geschlossenen Vertrag bezogenen Anrufs unter einer von einem Unternehmer eingerichteten Service-Rufnummer die Kosten eines Anrufs unter einer gewöhnlichen geografischen Festnetznummer oder einer Mobilfunknummer nicht übersteigen dürfen.
Nach Ansicht des Gerichtshofs entspricht der „Grundtarif“ im gewöhnlichen Sprachgebrauch den Kosten für einen gewöhnlichen Anruf. Sowohl der Zusammenhang, in dem dieser Begriff in der Richtlinie verwendet wird, als auch der Zweck der Richtlinie, der darin besteht, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, bestätigen, dass der Begriff in diesem üblichen Sinn zu verstehen ist.
Wäre es dem Unternehmer gestattet, höhere Tarife zu berechnen als den Tarif für einen gewöhnlichen Anruf, könnten die Verbraucher nämlich davon abgehalten werden, die Service-Rufnummer zu nutzen, um Informationen zu einem Vertrag zu erhalten oder ihre Rechte, namentlich in den Bereichen Gewährleistung oder Widerruf, geltend zu machen.
Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 02.03.2017
Das verklagte Online-Unternehmen warb für seine Produkte mit der Aussage "Individuelle Gleitsichtbrillen von L. , bestehend aus einer modischen Kunststofffassung und Premium-Gleitsichtgläsern in Optiker-Qualität". Der Kunde wählte auf der Webseite sein Brillen-Modell aus und gab die in seinem Brillenpass stehenden Werte ein. Daraufhin erhielt er das Produkt per Paket zugesandt. Der BGH stufte dies als irreführend ein. Aufgrund des Werbetextes werde der Verbraucher davon ausgehen, dass er die gleiche Qualität bei der Beklagten wie bei einem im stationären Handel tätigen Optiker erhalte. Dies sei jedoch nicht der Fall, da die Beklagte die Brille ausschließlich auf Basis der vom Kunden eingegebenen Brillenpass-Daten anfertige. Im stationären Optiker-Handel hingegen würden weitere individuelle Faktoren (z.B. Gesichts-Physiognomie, Hornhautscheitelabstand, Fassungsvorneigung und Einschleifhöhe) berücksichtigt.
Insofern erbringe die Beklagte nicht die identischen Leistungen wie im stationären Augenoptiker-Laden und dürfe daher auch nicht in dieser Art und Weise werben.
Es ging um die Frage, ob ein Facebook-User die Inhalte, die er teilt, sich zueigen macht und für die dortigen rechtswidrigen Inhalte haftet. Das OLG Dresden hat diese Frage verneint. In dem bloßen Teilen sei lediglich ein Hinweis auf fremde Inhalte zu sehen, nicht mehr. Die Rechtslage verändere sich jedoch dann, wenn der User die geteilten Inhalte positiv kommentier oder in sonstiger Weise zum Ausdruck bringee, dass er sich mit ihnen identifiziere. Im vorliegenden Fall hatte der Facebook-User geschrieben, dass die betreffende Webseite des Schriftsstellers "zu erwägenswert, um ihn zu unterschlagen". Damit habe der User zum Ausdruck gebracht, dass er sich mit den fremden Inhalten identifizieren, so dass ein Zueigenmachen vorliege, so die Richter.
Die Entscheidung liegt auf einer Linie mit dem Urteil des OLG Frankfurt a.M. (Urt. v. 26.11.2016 - Az.: 16 U 64/15), das ebenfalls im bloßen Facebook-Teilen noch keine Zueigenmachung sieht.
Der Beklagte war Heilpraktiker und warb mit der Aussage, dass er "Heilpraktiker für Psychotherapie" sei. Die Klägerin sah darin eine irreführende Werbung. Der Verkehr gehe bei dieser Art der Darstellung davon aus, dass der Beklagte neben seiner Heilpraktiker-Erlaubnis über eine Zusatzqualifikation im Bereich der Psychotherapie verfüge, was aber unstreitig nicht der Fall sei. Erstinstanzlich hatte das LG Wuppertal die Klage abgewiesen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Verbraucher aufgrund der gewählten Bezeichnung davon ausgehe, dass der Beklagte neben seiner Heilpraktiker-Zulassung noch über weitere, besondere Zusatzqualifikation verfüge.
Dieser Ansicht schloss sich das OLG Düsseldorf nun an. Die Werbeaussage sei zwar mehrdeutig, jedoch objektiv richtig und somit durch die erteilte Erlaubnis gedeckt.
Bei Eingabe des rechtlich geschützten Begriffs "XY" erschien nachfolgende Google AdWords-Anzeige: "XY Werbeartikel - XY mit Ihrem Firmenlogo Das Unterverzeichnis der beworbenen Landing-Page enthielt ebenfalls die Bezeichnung "XY". Auf dieser Seite konnte der Verbraucher jedoch zum größten Teile nicht die Produkte des Herstellers "XY" erwerben, sondern die Waren von anderen Unternehmen. Dies stuften die Frankfurter Richter als irreführend ein. Wer eine solche AdWords-Anzeige schalte und zudem einen spezifischen Namen für das Unterverzeichnis wähle, erwecke beim User den Eindruck, dass er an dieser Stelle überwiegend die Produkte der Firma XY erhalte.
Da dies jedoch objektiv nicht der Fall sei, werde der Kunde wettbewerbswidrig in die Irre geführt.
Die Beklagte, ein Unternehmen, verwendete die fremde Marke im Rahmen ihrer geschäftlichen Handlungen ("Reparatur mittels A") ohne darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um das Kennzeichen eines Dritten handelte. Dies ließen die Frankfurter Richter für eine Markenverletzung ausreichen. Eine markenmäßige Benutzung liege immer dann vor, wenn der betreffende Begriff zur Kennzeichnung der eigenen Leistungen verwendet werde. Eine solche Markennutzung bedürfe grundsätzlich der Zustimmung des Markeninhabers. Eine bloße Markennennung hingegen sei gegeben, wenn der Begriff lediglich dazu verwendet werde, die fremde Ware oder Dienstleistung zu erwähnen.
Im vorliegenden Fall wertete das Gericht das Auftreten der Beklagten als Markennutzung, da das Kennzeichen zur Bezeichnung der eigenen Leistungen gebraucht werde.
Angeklagt war der Betreiber eines Schlüsseldienstes. Dieser war von einem Mann gerufen worden, der sich an einem Samstagnachmittag versehentlich aus seiner Wohnung ausgeschlossen hatte. Nach nur einer Minute öffnete der Schlüsseldienst die Wohnungstür mit einer Plastikkarte. Hierfür rechnete er rund 320 Euro ab. Die Staatsanwaltschaft war der Auffassung, dass die Arbeiten allenfalls einen Wert von 130 Euro gehabt hätten und klagte den Schlüsseldienstbetreiber wegen Wuchers gem. § 291 StGB an. Amts- und Landgericht hatten den Schlüsseldienstbetreiber vom Vorwurf des Wuchers freigesprochen. Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts hat den Freispruch bestätigt. Für eine Strafbarkeit wegen Wuchers sei erforderlich, dass der Angeklagte eine Zwangslage ausbeute. Das sei vorliegend nicht der Fall. Allein das Ausgesperrtsein reiche als Zwangslage im Sinne des Strafgesetzes nicht aus. Es müssten zusätzliche Umstände hinzukommen. Anders als in Vergleichsfällen, bei denen z.B. ein Kind in der Wohnung eingesperrt ist, Wasser aus einer verstopften Rohrleitung austritt oder wegen eingeschalteter elektrischer Geräte Brandgefahr besteht, habe vorliegend keine dringende Notsituation bestanden, die die sofortige Beauftragung des Angeklagten unabweisbar erscheinen ließe. Daher sei es dem Ausgeschlossenen zumutbar gewesen, sich vor Beauftragung des Schlüsseldienstes nach den Preisen zu erkundigen und gegebenenfalls Alternativangebote einzuholen, zumal ein Nachbar Hilfe angeboten hatte. Denn im Wirtschaftsleben sei es zunächst Sache des Auftraggebers, sich nach den Kosten für eine benötigte Leistung zu erkundigen. Außerdem sei der zivilrechtliche Schutz des Geschädigten zu beachten. Wird vor der Tätigkeit des Schlüsseldienstes kein Preis vereinbart, müsse der Auftraggeber ohnehin nur die übliche Vergütung und keine überhöhte Rechnung bezahlen. Kann der Schlüsseldienst wegen der Notlage einen Wucherpreis durchsetzen, ist das Rechtsgeschäft nichtig. Über die zivilrechtliche Frage des Entgelts war in dem Strafverfahren aber nicht zu entscheiden. Urteil des Oberlandesgericht Köln vom 22.11.2016, Az. 1 RVs 210/16
Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln v. 01.03.2017
Vor einigen Jahren hat eine Entscheidung des OLG München (Urt. v. 27.09.2012 - 29 U 1682/12) die Online-Welt erschüttert, wonach bereits die Check-Mail Spam sein soll. Siehe hierzu ausführlich unsere Anmerkung und Bewertung in den News v. 21.12.2012. Nun hatte ein anderer Senat des OLG München erneut über diese Konstellation zu entscheiden und vertritt dabei eine differenzierte Ansicht. Dass nämlich Check-Mails durchaus zulässig sein können. Wörtlich heißt es dort: "Wenn ein Unternehmen auf eine Nachfrage eines Kunden reagiert und nachfragt, ob er tatsächlich mit der Kontaktaufnahme einverstanden ist, mag dies als bloße Nachfrage nicht unter den Begriff der Werbung fallen." Im Ergebnis lässt das Gericht diese umstrittene Frage jedoch bewusst offen, da aus inhaltlichen Gründen bereits der Anspruch zu bejahen war.
Ob mit dem vorliegenden Urteil also eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung verbunden ist, ist damit also keineswegs sicher.
Die Angeklagten erwarben u.a. OEM-Versionen und legten diesen Software-Echtheitszertifikaten bei, die von anderen Computer-Programmen stammte. Diese Ware verkauften sie dann über eBay an die Allgemeinheit. Die Frankfurter Richter stuften dies als strafbare Markenverletzung nach § 143 MarkenG ein. In einem solchen Handeln liege bereits eine Veränderung der Ware, die der jeweilige Markenrechtsinhaber nicht dulden müsse. Denn hierdurch werde die Herkunfts- und Garantiefunktion des Zeichens berührt. Erforderlich sei nicht, dass Datenträger und Zertifikat körperlich miteinander verbunden seien. Der Rechteinhaber habe ein gesteigertes Interesse, dass die von ihm in Verkehr gebrachten auch nur mit den von ihr angebrachten oder diesem Datenträger zugeordneten Echtheitszertifikaten vertrieben würde, so das Gericht. Denn ein solches Echtheitszertifikat garantiere nämlich gerade die Echtheit der auf dem Datenträger gespeicherten Software.
Vorliegend sei durch die Verbindung der unzutreffende Eindruck, der Rechteinhaber habe gerade diese Produkteinheit autorisiert bzw. das Produkt als echt zertifiziert und stehe für die Echtheit dieses Produkts ein. Genau dies sei aber nicht der Fall.
Die Klägerin war Rechteinhaberin an elektronischen Zeitschriften (ePapers) und machte gerichtlich Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte geltend. Die Beklagte bot Dienstleistungen im Bereich der Medienanalyse an (u.a. Corporate Reputation, CEO Reputation, Hotspots & Events, Issue Analyse sowie Social Media Analyse). Sie bezog auf vertraglicher Grundlage die ePapers der Klägerin. Die Klägerin wies außergerichtlich die Beklagte darauf hin, dass ihr Abo sie nicht berechtige, Dienstleistungen im Bereich Medienbeobachtung und Pressespiegel vorzunehmen. Hierfür bedürfe es einer Änderung des bestehenden Vertrages. Ein Mitarbeiter der Beklagten schrieb darauf hin per E-Mail an die Beklagte: "Die (...) stellt für unser Tagesgeschäft ein essentielles Medium dar(...)“ Es kam zu keiner Veränderung der Vertragsbedingungen, sondern die Beklagte kündigte das ePaper-Abonnement. Die Klägerin erhob daraufhin Klage vor und machte Unterlassungsansprüche geltend. Das LG Köln wies das Begehren vollständig ab. Es fehle bereits an der ausreichenden Darlegung einer Urheberrechtsverletzung durch die Beklagte. Es obliege dem Kläger eines Anspruchs nachzuweisen, dass es zu einem Rechtsverstoß in der Vergangenheit gekommen sei. Die Klägerin habe im vorliegenden Fall allenfalls Indizien und Mutmaßungen vorgetragen, die jedoch nicht ausreichten. Alleine der Umstand, dass die Beklagte im Bereich der Medienanalyse tätig sei, führe nicht zwingend zur der Annahme, dass die bezogenen ePapers urheberrechtswidrig genutzt oder an Dritte weitergeleitet würden.
Auch aus der Mitarbeiter-Äußerung der Beklagten ("Die (...) stellt für unser Tagesgeschäft ein essentielles Medium dar(...)“) lasse sich nichts Gegenteiliges herleiten.
Die Beklagte bot online Markisen an. Das streitgegenständliche Produkt hatte einen UVP von 2.990,- EUR. Hier kam es jedoch zu einem Komma-Fehler, so dass die Ware anstatt zu 2990,- EUR zu einem Preis von 29,90 EUR angeboten wurde. Die Klägerin bestellte vier von den Produkten. Als die Beklagte die Lieferung verweigerte und sich auf die falsche Preisauszeichnung berief, ging die Klägerin vor Gericht. Zu Unrecht wie das AG Dortmund nun entschied. Ein günstiges Angebot in einem Internetshop nutzen zu wollen sei grundsätzlich nicht zu beanstanden und auch nicht treuwidrig, so das Gericht. Angesichts des enormen Preisunterschieds zum angegebenen UVP des Herstellers und vergleichbarer Angebote musste für die Klägerin allerdings offensichtlich gewesen sein, dass es sich bei der Preisgestaltung nur um einen Fehler handeln konnte.
Das Festhalten der Klägerin an der Vertragsgestaltung sei daher unbillig und rechtsmissbräuchlich, sodass der Händler gemäß Treu und Glaube nicht zur Lieferung verpflichtet sei.
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