Newsletter
Zurück |
Newsletter vom 09.05.2012 |
Betreff: Rechts-Newsletter 19. KW / 2012: Kanzlei Dr. Bahr |
|
Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. EuGH: Funktionalität eines Computerprogramms + Programmiersprache nicht urheberrechtlich geschützt _____________________________________________________________ Der Erwerber einer Programmlizenz ist grundsätzlich berechtigt, das Funktionieren des Programms zu beobachten, zu untersuchen oder zu testen, um die ihm zugrunde liegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln Die SAS Institute Inc. entwickelte das SAS-System, einen integrierten Satz von Programmen, der es den Nutzern ermöglicht, Aufgaben im Bereich der Datenverarbeitung und -analyse zu verrichten und insbesondere statistische Analysen durchzuführen. Der zentrale Bestandteil des SAS-Systems ist die sogenannte Base SAS. Sie ermöglicht den Nutzern, Anwendungsprogramme (auch als „Skripte“ bekannt) zu schreiben und zu verwenden, die in der SAS-Programmiersprache geschrieben sind und eine Datenverarbeitung ermöglichen. Die World Programming Ltd (WPL) sah eine potenzielle Marktnachfrage nach alternativer Software, die in der Lage wäre, in der SAS-Sprache geschriebene Anwendungsprogramme auszuführen. Sie erstellte daher das World Programming System (WPS). Dieses bildet einen großen Teil der Funktionalitäten der SAS-Komponenten in dem Sinne nach, dass WPL sicherzustellen versuchte, dass derselbe Input (Dateneingabe in das System) zu demselben Output (Datenausgabe) führte. Dies sollte den Nutzern des SAS-Systems ermöglichen, die für die Verwendung mit dem SAS-System entwickelten Skripte unter dem WPS auszuführen. Für die Erstellung des WPS erwarb WPL rechtmäßig Kopien der Lernausgabe des SAS-Systems, die mit einer Lizenz geliefert wurden, nach der die Rechte des Lizenznehmers auf nichtproduktive Zwecke beschränkt waren. WPL benutzte und untersuchte diese Programme, um ihr Funktionieren zu verstehen, doch weist nichts darauf hin, dass sie Zugang zum Quellcode der SAS-Komponenten hatte oder diesen vervielfältigt hätte. SAS Institute erhob Klage beim High Court of Justice (Vereinigtes Königreich) auf Feststellung, dass WPL die Handbücher und Komponenten des SAS-Systems vervielfältigt und damit die Urheberrechte von SAS Institute und die Lizenzbestimmungen der Lernausgabe verletzt hat. Vor diesem Hintergrund befragt der High Court den Gerichtshof zum Umfang des rechtlichen Schutzes, den das Unionsrecht Computerprogrammen gewährt, und möchte insbesondere wissen, ob sich dieser Schutz auf die Funktionalität und die Programmiersprache erstreckt. Der Gerichtshof weist erstens darauf hin, dass die Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen1 den urheberrechtlichen Schutz auf alle Ausdrucksformen der eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers eines Computerprogramms erstreckt2. Dagegen sind Ideen und Grundsätze, die irgendeinem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, nicht im Sinne der Richtlinie urheberrechtlich geschützt. Somit ist nur die Ausdrucksform dieser Ideen und Grundsätze urheberrechtlich zu schützen. Der durch die Richtlinie 91/250 geschaffene Schutzgegenstand bezieht sich auf das Computerprogramm in allen seinen Ausdrucksformen wie Quellcode und Objektcode, die seine Vervielfältigung in den verschiedenen Datenverarbeitungssprachen erlauben. Auf der Grundlage dieser Erwägungen entscheidet der Gerichtshof, dass weder die Funktionalität eines Computerprogramms noch die Programmiersprache oder das Dateiformat, die im Rahmen eines Computerprogramms verwendet werden, um bestimmte Funktionen des Programms zu nutzen, eine Ausdrucksform darstellen. Daher genießen sie keinen urheberrechtlichen Schutz.
Ließe man nämlich zu, dass die Funktionalität eines Computerprogramms urheberrechtlich geschützt wird, würde man zum Schaden des technischen Fortschritts und der industriellen Entwicklung die Möglichkeit eröffnen, Ideen zu monopolisieren. Im vorliegenden Fall ist jedoch den Ausführungen des vorlegenden Gerichts zu entnehmen, dass WPL keinen Zugang zum Quellcode des Programms von SAS Institute hatte und den Objektcode dieses Programms nicht dekompiliert hat. Sie hat das Verhalten des Programms nur beobachtet, untersucht und getestet und auf dieser Grundlage seine Funktionalität vervielfältigt, wobei sie dieselbe Programmiersprache und dasselbe Dateiformat verwendet hat. Zweitens stellt der Gerichtshof zum einen fest, dass nach der Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen der Erwerber einer Softwarelizenz berechtigt ist, das Funktionieren eines Computerprogramms zu beobachten, zu untersuchen oder zu testen, um die einem Programmelement zugrunde liegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln. Vertragliche Bestimmungen, die im Widerspruch zu diesem Recht stehen, sind unwirksam. Zum anderen ist die Ermittlung dieser Ideen und Grundsätze im Rahmen der von der Lizenz gestatteten Handlungen möglich. Daher kann der Inhaber des Urheberrechts an einem Computerprogramm nicht unter Berufung auf den Lizenzvertrag verhindern, dass der Erwerber der Lizenz das Funktionieren dieses Programms beobachtet, untersucht oder testet, um die einem Programmelement zugrunde liegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln, wenn dieser von der Lizenz umfasste Handlungen sowie Handlungen zum Laden und Ablaufen vornimmt, die für die Benutzung des Programms erforderlich sind, und unter der Voraussetzung, dass der Erwerber die Ausschließlichkeitsrechte des Inhabers des Urheberrechts an diesem Programm nicht verletzt. Der Gerichtshof stellt außerdem fest, dass kein Verstoß gegen das Urheberrecht vorliegt, wenn wie im vorliegenden Fall der rechtmäßige Erwerber der Lizenz keinen Zugang zum Quellcode des Computerprogramms hatte, sondern sich darauf beschränkt hat, dieses Programm zu untersuchen, zu beobachten und zu testen, um seine Funktionalität in einem zweiten Programm zu vervielfältigen. Schließlich entscheidet der Gerichtshof, dass die in einem Computerprogramm oder in einem Benutzerhandbuch für dieses Programm erfolgte Vervielfältigung bestimmter Elemente, die in dem urheberrechtlich geschützten Benutzerhandbuch eines anderen Computerprogramms beschrieben werden, eine Verletzung des Urheberrechts an dem letztgenannten Handbuch darstellen kann, sofern diese Vervielfältigung die eigene geistige Schöpfung des Urhebers des Benutzerhandbuchs zum Ausdruck bringt. Hierzu führt der Gerichtshof aus, dass im vorliegenden Fall die Schlüsselwörter, die Syntax, die Befehle und die Kombinationen von Befehlen, die Optionen, die Voreinstellungen und die Wiederholungen aus Wörtern, Zahlen oder mathematischen Konzepten bestehen, die einzeln betrachtet keine geistige Schöpfung des Urhebers des Computerprogramms sind. Erst mit Hilfe der Auswahl, der Anordnung und der Kombination dieser Wörter, Zahlen oder mathematischen Konzepte bringt der Urheber seinen schöpferischen Geist in origineller Weise zum Ausdruck. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren behauptete Vervielfältigung die eigene geistige Schöpfung des Urhebers des Benutzerhandbuchs für das Computerprogramm zum Ausdruck bringt, die urheberrechtlich geschützt ist. Urteil in der Rechtssache C-406/10 SAS Institute Inc. / World Programming Ltd
Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 02.05.2012
Das am 9. Februar 2012 vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Reglungen, dem der Bundesrat am 10. Februar 2012 zugestimmt hat, erstreckt die Preisansagepflicht des § 66b Abs. 1 TKG auch auf sog. Call-by-Call-Gespräche. Die Anbieter von Call-by-Call-Gesprächen müssen zukünftig vor Beginn eines solchen Gesprächs über den geltenden Tarif informieren. Im Falle eines Tarifwechsels während eines laufenden Gesprächs muss der Kunde hierüber aufgeklärt werden. Die Neuregelung soll einen Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten. Der Bundespräsident hat das Gesetz am 3. Mai 2012 ausgefertigt.
Die Beschwerdeführerin bietet Telekommunikationsdienste, u. a. Call-by-Call-Gespräche, an. Mit ihrer bereits im Februar 2012 erhobenen Verfassungsbeschwerde und ihrem gleichzeitig gestellten Eilantrag rügt sie eine Verletzung ihrer Grundrechte auf freie Berufsausübung, auf Eigentum und auf wirtschaftliche Handlungsfreiheit dadurch, dass die Eine Implementierung der vorgeschriebenen Preisansagen sei ihr bis zu dem zu erwartenden Zeitpunkt des Inkrafttretens nicht möglich. Die Pflicht zur Preisansage vor Beginn eines Gesprächs könne sie frühestens Ende März 2012 und diejenige vor einem Tarifwechsel frühestens im August 2012 erfüllen.
Der Eilantrag der Beschwerdeführerin hat überwiegend Erfolg. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat im Wege der einstweiligen Anordnung entschieden, dass die durch die Neufassung des § 66b Abs. 1 TKG eingeführte Preisansagepflicht bei Call-by-Call-Gesprächen nicht vor dem 1. August 2012 in Kraft tritt. Die Entscheidung ist im Hinblick auf die unmittelbar bevorstehende Verkündung des Gesetzes zunächst ohne
Quelle: Pressemitteilung des BVerfG v. 04.05.2012
Beide Parteien vertrieben über das Internet Waren. Auf der klägerischen Web-Seite befand sich nachfolgende Widerrufsbelehrung: "Widerrufsbelehrung Dies hielt die Beklagtenseite für rechtswidrig, da es sich um eine unklare und unverständliche Formulierung handle. Der Satz lasse den Leser im Unklaren darüber, ob der Käufer selbst Verbraucher sei oder nicht. Der BGH hat dieser Ansicht nunmehr eine klare Absage erteilt. Die Formulierung sei hinreichend deutlich. Auch würde durch den Zusatz nicht die fernabsatzrechtliche Widerrufsbelehrung verwässert. Vielmehr handle es sich um einen zulässigen, erläuternden Zusatz.
Dies gelte um so mehr, wenn - wie hier - die Anmerkung sich auch noch außerhalb des gesetzlichen Musters befinde.
Geklagt hatte eine GmbH & Co. KG, die die Verpflichtung zur elektronischen Datenübermittlung als verfassungswidrig ansah und die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung in Papierform verlangte. Der Bundesfinanzhof stufte die Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung in elektronischer Form hingegen als verfassungsgemäß ein. Die elektronischen Daten könnten von den Finanzämtern automatisch weiterverarbeitet werden.Dies diene u.a. der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und erleichtere die notwendige Kontrolle.
Die berechtigten Belange der Steuerpflichtigen seien in ausreichendem Maße berücksichtigt, da Härtefallregelungen für die entsprechende Verhältnismäßigkeit sorgten. Hohes Alter und mangelnde Computererfahrung fielen nach Auffassung der Richter jedoch nicht unter die Härtefallregelung.
Eine Kundin der beklagten 1&1 Internet AG hatte einen Vertrag über die Leistung von Telefon- und Internetdiensten ordnungsgemäß gekündigt. Im Zuge der Kündigung telefonierte ein Mitarbeiter der Beklagten mit der Kundin und bot ihr statt des ursprünglich vereinbarten Sicherheitspakets 1&1 Serve-Flat 6000 DSL das als 1&1 Doppel-Flatrate 16.000 beschriebene DSL-Paket an. Die Kundin nahm das Angebot an. Mit E-Mail vom gleichen Tag bestätigte die Beklagte der Kundin die Stornierung der Kündigung und bestätigte zudem in einer weiteren Mail den beauftragten Tarifwechsel. Mit E-Mail vom gleichen Tag nahm die Kundin "die Stornierung ihrer Kündigung" zurück. Die Beklagte lehnte die "Stornierung" mit der Begründung ab, es handele sich nicht um einen Neuabschluss, sondern lediglich um einen Tarifwechsel, bei dem kein Widerrufsrecht bestehe. Dies sahen die Koblenzer Richter anders. Bei dem neuen Tarif handele es sich um einen neuen Leistungsgegenstand, da wesentliche Vertragsinhalte gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung geändert worden seien. Die "Tarifanpassung" stelle sich mithin als Abschluss eines neuen Dienstleistungsvertrages dar. Dieser ausschließlich unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln abgeschlossene Vertrag sei ein Fernabsatzvertrag, so dass der Kundin ein Widerrufsrecht zustehe, über das die Beklagte hätte unterrichten müssen.
Das Widerrufsrecht entfalle auch nicht ausnahmsweise, weil die Verbraucherin bereits Kundin bei der Beklagten gewesen sei. Dies wäre allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn die Kundin die notwendigen Informationen anlässlich persönlicher Kontakte bei einem früheren gleichartigen Vertragsschluss erhalten habe oder sie während der Vorverhandlungen über alle für den Vertragsschluss wesentlichen Umstände informiert worden und der Vertrag in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit diesem persönlichen Kontakt zustandegekommen sei.
Geklagt hatte die in Nordrhein-Westfalen mit behördlicher Erlaubnis agierende Veranstalterin der Fußballwette "TOTO". Die Wortmarke "TOTO" war zugunsten der Klägerin in das Markenregister eingetragen. Die Beklagte betrieb im Internet ein Angebot zur Beteiligung an Sportwetten, insbesondere Fußballwetten. Eine der Fußballwetten wurde mit "Supertoto" bezeichnet. Die Klägerin nahm die Beklagte wegen Verletzung ihrer Marke "TOTO" auf Unterlassung in Anspruch, scheiterte jedoch vor dem Oberlandesgericht Köln. Die Verwendung der Angabe "Supertoto" sei zwar mit der Klagemarke "TOTO" verwechslungsfähig. Die geltend gemachten Ansprüche bestünden gleichwohl nicht, da es sich bei der Angabe "Supertoto" lediglich um beschreibende Angaben handele. Die angesprochenen Verkehrskreise wüssten, dass es sich bei "TOTO" und damit auch bei "Supertoto" um die Beschreibung eines bestimmten Ausspielverfahrens und nicht um eine (Fantasie-) Bezeichnung handele, die den Zweck habe, gleichartige Spielsysteme verschiedener Anbieter voneinander zu unterscheiden.
Die Bezeichnung "Supertoto" verstoße auch nicht gegen die guten Sitten, insbesondere stelle das angegriffene Zeichen für sich genommen nicht allein durch seinen Bestandteil "Super" schon einen Vergleich zu "TOTO" dar und setze diesen Begriff erst recht nicht herab.
In Streit stand insbesondere eine Klausel, die es klarmobil ermöglichte, Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohne jegliche Beteiligung des Kunden vorzunehmen. Der Kunde sollte lediglich per E-Mail oder SMS über die Änderungen informiert werden. Die vom BGH aufgestellten Anforderungen an eine Änderungsmöglichkeit, namentlich der Eintritt nachträglicher Äquivalenzstörungen oder einer Vertragslücke, weil die Rechtsprechung eine bestimmte Klausel für unwirksam erklärt habe, lägen hier nicht vor. Im Gegenteil habe klarmobil nicht einmal ein berechtigtes Interesse an beliebigen Änderungen dargetan. Die Klausel sei aber auch dann unzulässig, wenn die Bestimmung nur die Möglichkeit zur Preisänderung zum Gegenstand gehabt habe. Der Vertragspartner des Verwenders müsse den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen bereits bei Vertragsschluss aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer von dem Klauselverwender vorgenommenen Erhöhung an der Ermächtigungsklausel selbst messen können. Des weiteren beanstandeten die Richter eine Klausel, ausweislich derer klarmobil für die Auszahlung eines Restguthabens nach Beendigung des Vertrages ein Entgelt sollte verlangen können. Die Auszahlung stelle keine echte Leistung dar. Jede Vertragspartei habe vielmehr die Verpflichtungen aus dem Vertrag zu erfüllen, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Gleiches galt für die Rücklastschriften- und Mahngebühren. In der konkreten Ausgestaltung stellten diese Schadensersatz in Gestalt von Pauschalen dar und seien geeignet, den Verbraucher zu täuschen. Denn sie seien unter der Überschrift „Sonstige Preise (einmalig)“ aufgeführt und erweckten den Eindruck, es handele sich um ein reines Entgeltverzeichnis.
Auch werde dem Kunden nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich geringer als die Pauschale.
Der klagende Wettbewerbsverein nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Die Hanauer Richter gaben dem Kläger Recht (LG Hanau, Urt. v. 28.09.2011 - Az.: 5 O 52/11). Die Werbung sei irreführend. Dem angesprochenen Verkehr werde suggeriert, dass das beworbene iPhone 4 zu einem Kaufpreis von 99 EUR erworben werden könne, was tatsächlich nicht der Fall gewesen sei. Es fehle ein eindeutiger Hinweis, dass eine Abgabe des beworbenen Mobiltelefons nur unter der Bedingung des gleichzeitigen Abschlusses eines weitere Kosten auslösenden Mobilfunkvertrages erfolge.
Die Beklagte habe auch ihrer Verpflichtung zur Angabe anderer Preisbestandteile nach der Preisangabenverordnung verstoßen. Danach sei es notwendig, dass die Angaben über die Kosten des zusätzlich abzuschließenden Mobilfunkvertrages räumlich eindeutig dem blickfangmäßig herausgestellten Preis für das Mobiltelefon iPhone 4 zugeordnet seien.
Der Antragsteller ist Inhaber einer von der Stadt Kaiserslautern ausgestellten Reisegewerbekarte für das Gewerbe Handel mit Flohmarktartikeln, Lederwaren, Textilien, Schuhen und Modeschmuck. Er wurde im August 2011 vom Amtsgericht Regensburg wegen Kennzeichenverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Anlass dafür war die Einreise des Antragstellers im April 2011 von Tschechien über den Grenzübergang Waldsassen nach Bayern, bei der er - zusammen mit einem Mitreisenden - insgesamt 175 gefälschte Bekleidungsstücke (T-Shirts, Sweat-Shirts und Jeans u.a. der Marken „Ed Hardy“, „Dolce & Gabbana“, „Nike“, „Diesel“ oder „Bench“) mit sich führte. Das Amtsgericht Regensburg begründete die Verurteilung damit, dem Antragsteller sei bewusst gewesen, dass es sich bei den Textilien um Falsifikate gehandelt habe. Er habe die nachgemachten Artikel in Tschechien gekauft und eingeführt, um sie gewinnbringend weiterzuverkaufen. Nachdem die Stadt Kaiserslautern hiervon Kenntnis erlangt hatte, widerrief sie die dem Antragsteller erteilte Reisegewerbekarte unter Verweis auf dessen Unzuverlässigkeit und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung an. Dagegen suchte der Antragsteller um Eilrechtsschutz nach und berief sich darauf, er sei sich der Strafbarkeit seines Handelns nicht bewusst gewesen. Es habe sich um eine erst- und einmalige Verfehlung gehandelt. Die 4. Kammer des Gerichts lehnte den Eilantrag ab. Zur Begründung führten die Richter aus: Unter Berücksichtigung der besonderen Gefahren des Reisegewerbes für die Allgemeinheit sei der Antragsteller unzuverlässig. Es sei davon auszugehen, dass er die in Tschechien erworbenen Textilien habe mit einem deutlichen Preisaufschlag auf Flohmärkten im Bundesgebiet als Originale weiterverkaufen wollen. Mithin liege es nahe, dass es beim Vertrieb der gefälschten Markenware auch zu Betrugshandlungen gegenüber den Endverbrauchern gekommen wäre. Aber auch wenn sich die Käufer auf den Flohmärkten im Klaren darüber sein sollten, dass die vom Antragsteller angebotenen Waren keine Originalprodukte darstellten, sei der Weiterverkauf gefälschter Markenwaren bereits eine strafbewehrte Schädigung der Markenherstellern. Die Behauptung des Antragstellers, er sei sich der Strafbarkeit seines Handelns nicht bewusst gewesen, sei nicht glaubhaft. So seien Informationen darüber, dass in Tschechien nahe dem bayerisch-tschechischen Grenzübergang Waldsassen ein großes Areal existiere, wo zu günstigen Preisen Plagiate aller Art verkauft würden, bereits für das breite Publikum per Internet mühelos verfügbar. Es sei daher ausgeschlossen, dass dies gerade dem Antragsteller als gewerblichem Textilhändler nicht bekannt gewesen sei. Ob es sich - wie behauptet - um eine erstmalige Verfehlung gehandelt habe, sei unerheblich: Die feststehende strafbare Verfehlung betreffe den Kernbereich des vom Antragsteller ausgeübten Reisegewerbes – den Verkauf von Textilien auf Flohmärkten, bei dem der nachträgliche Schutz von Verbrauchern vor überteuerter und gefälschter Ware sich faktisch besonders schwer realisieren lasse. Dadurch erhalte die Verfehlung besonderes Gewicht. Gegen die Entscheidung steht den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu. Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 18. April 2012 - 4 L 282/12.NW -
Quelle: Pressemitteilung des VG Neustadt v. 26.04.2012
Die Beklagte hatte im Internet für eine Internetflatrate "Internet Flat 500" mit der Angabe "Mit der Internet Flat 500 können Sie unbegrenzt und ohne Folgekosten für nur 9,95 € pro Monat im Internet Surfen… ." und mit der Aussage "Unbegrenzt Internet Surfen" geworben. In einem ansonsten verborgenen Text fand sich bei Anklicken des Links "rechtliche Hinweise" der Hinweis: "Ab einem genutzten Datenvolumen von 500 MB pro Monat kann die Geschwindigkeit auf GPRS gedrosselt werden." Weitere Drosselungen wurden ab 5000 MB und ab 200 MB avisiert. Die Richter sahen hierein eine irreführende geschäftliche Handlung der Beklagten. Die Entscheidung der Verbraucher werde dadurch beeinflusst, dass die Beklagte Informationen vorenthalte, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände wesentlich seien. Die Information, ab welchem Datenvolumen eine Drosselung der Übertragungsgeschwindigkeit erfolgen dürfe, sei eine wesentliche, kaufentscheidende Information.
Hierüber hätte die Beklagte daher in ihrer Werbung in deutlicher Weise informieren müssen. Es könne nicht generell als bekannt vorausgesetzt werden, dass mit der Tarifbezeichnung „500“ die Drosselung ab einem Datenvolumen von 500 MB gemeint sei. Auch könne der Leser nicht sicher erkennen, welche Datengrenze für den Tarif Internet Flat 500 einschlägig sein solle, nachdem sich unter den rechtlichen Hinweisen unterschiedliche Datenbegrenzungen fänden.
Der Kläger war als Vertriebsingenieur bei der Beklagten tätig. Nach einem Freizeitunfall war er in 2009 mehrere Monate arbeitsunfähig krank. Nach seiner Gesundung befand er sich – neben anderen Kollegen – seit November 2009 in Kurzarbeit Null. Die Arbeitgeberin versuchte, den Kläger zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu bewegen und bot ihm eine Abfindung an. Eine Einigung erfolgte nicht. Im Februar 2011 kündigte die Arbeitgeberin mit der Begründung, zwei eng mit dem Kläger zusammenarbeitende Arbeitskollegen aus dem Vertrieb, die für hohen Umsatz sorgten, hätten gedroht, bei einer Weiterbeschäftigung des Klägers selbst zu kündigen. Die Arbeitgeberin kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis im März 2011 fristgemäß. Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt. Die Berufung der Arbeitgeberin hatte insoweit keinen Erfolg. Berufe sich ein Arbeitgeber im Fall einer Kündigung auf eine Drucksituation, so müsse er darlegen, welche konkreten Maßnahmen er ergriffen habe, um die Drucksituation in den Griff zu bekommen. Der Hinweis auf allgemeine Gespräche reiche nicht aus. Die Arbeitgeberin hat dann aber vor dem Landesarbeitsgericht einen Antrag gestellt, das Arbeitsverhältnis gegen den Willen des Klägers durch das Gericht gegen Zahlung einer geringen Abfindung aufzulösen, weil eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr erwartet werden könne. Der Kläger hatte nämlich bereits im Zusammenhang mit der Anordnung von Kurzarbeit im November 2009 gegenüber der Bundesagentur für Arbeit geäußert, er werde durch die Arbeitgeberin mit Kurzarbeit bestraft, weil er keiner Trennung zugestimmt habe. So gehe sie immer vor. Die Arbeitgeberin nutze nur die Kurzarbeitsleistungen als Zusatzgeschäft. Während des Kündigungsschutzverfahrens schrieb er nochmals an diese Behörde, die Arbeitgeberin missbrauche gezielt die Kurzarbeitsleistungen. Daraufhin erstattete die Agentur für Arbeit eine Strafanzeige gegen die Arbeitgeberin. Dieses führte zu einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegen sie mit hier unbekanntem Ausgang. Das Landesarbeitsgericht gab dem Auflösungsantrag statt. Der Kläger habe zunächst eine Klärung mit der Beklagten im Betrieb versuchen müssen. Eine gedeihliche weitere Zusammenarbeit sei hier aber nicht zu erwarten, wenn der Arbeitnehmer sofort eine Anzeige erstatte. Es sei nicht notwendig, dass die Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft gerichtet sei. Vielmehr reiche es aus, wenn die Anzeige zu Ermittlungen gegen den Arbeitgeber führe. Quelle: Pressemitteilung des LAG Schleswig-Holstein v. 24.04.2012
Die Richter verkannten nicht, dass eine grobe Beleidigung des Ausbildenden grundsätzlich geeignet sein kann, eine fristlose Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses zu rechtfertigen. Dem Arbeitgeber sei es hier aber zumutbar gewesen, durch eine Abmahnung oder Kritikgespräche zunächst zu versuchen, eine Änderung des Verhaltens des Auszubildenden und eine entsprechende Einsicht hinsichtlich des Fehlverhaltens herbeizuführen.
Die ausgesprochene außerordentliche Kündigung sei somit unverhältnismäßig gewesen.
Hintergrund war ein Posting des Ehemannes der Klägerin bei Facebook. Dieser hatte betreffend die Vorstände der Beklagten geschrieben: "Naja, irgendwann stehen alle Schweine vor einem Metzger". Des weiteren hatte er eine piktographische Fischdarstellung veröffentlicht, bei der das Mittelstück des Fisches durch das Sparkassensymbol dargestellt war. Neben dem Piktogramm fand sich die Anmerkung: "Unser Fisch stinkt vom Kopf". Unter dem Kommentar "Gefällt mir" stand der Name der Klägerin. Das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau (Urt. v. 21.03.2012 - Az.: 1 Ca 148/11) sah die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht als gegeben an. Soweit die Beklagte sich auf die von dem Ehemann der Klägerin bei Facebook geposteten Erklärungen stütze, treffe die Klägerin für diese grundsätzlich keine Verantwortung. Die Beklagte habe nicht beweisen können, dass die Klägerin den "Gefällt mir"-Button selbst gedrückt habe. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, rechtfertige dies nicht den Ausspruch einer fristlosen Verdachtskündigung. Der Beklagten würde durch den einmaligen Pflichtverstoß die Fortsetzung des ohnehin zu Ende Juni 2012 endenden Arbeitsverhältnisses nicht unzumutbar gemacht, zumal das Arbeitsverhältnis seit 25 Jahren unbeanstandet bestanden habe.
Das Betätigen des "Gefällt mir"-Buttons habe allenfalls eine Abmahnung gerechtfertigt.
Der Beklagte hatte ein Musikalbum mit den darauf enthaltenen elf Tonaufnahmen in einem P2P-Netzwerk im Internet anderen Teilnehmern zum Download angeboten. Eine Einwilligung der Klägerin lag nicht vor. Das Hamburger Gericht hielt einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.500,- EUR für angemessen. Dies folge zwar nicht aus den GEMA-Tarifen, da diese die vorliegend zu beurteilende Nutzungshandlung nicht erfassten. Zu berücksichtigen sei aber, dass die Anzahl der Downloads nicht bekannt und Filesharing-Programme nicht auf eine Erfassung der Anzahl der Downloads angelegt seien. Die Zahl möglicher Tauschbörsenteilnehmer und Downloads sei unkontrollierbar. Die Ermöglichung des Downloads in einem solchen Umfeld führe mittelbar zu einer Vervielfältigung, da die Filesharing-Programme in ihren Grundeinstellungen vorsähen, dass eine heruntergeladene Datei ihrerseits wieder zum Abruf bereitgehalten werde. Vor diesem Hintergrund sei die Annahme eines Schadensersatzanspruchs in Höhe von insgesamt 2.500,- EUR nicht überzogen. Da der Beklagte außergerichtlich bereits 250,- EUR gezahlt habe, bleibe ein zu zahlender Restbetrag iHv. 2.250,- EUR.
Zudem sprach das Gericht Abmahnkosten iHv. knapp 1.400,- EUR zu, wobei es einen Streitwert von 50.000,- EUR zugrunde legte. Eine Deckelung der Abmahn-Entgelte auf 100,- EUR verneinte das Gericht, da durch die unbegrenzte Zurverfügungsstellung des Werkes in einem P2P-Netzwerk keine unerhebliche Rechtsverletzung mehr vorliege.
Inhalt:
Dieser Podcast zeigt die aktuelle Rechtsprechung hinsichtlich der Schadensersatzermittlung im Bereich des Filesharings auf und was der Urheber bei der Geltendmachung beachten sollte.
Das OLG Köln ist inzwischen von der im Podcast erwähnten Ansicht (teilweise) abgerückt und hat aktuell (Urt. v. 23.03.2012 - Az.: 6 U 67/11) entschieden, dass bei P2P-Urheberrechtsverletzungen pro Werk ein Schadensersatz von 200,- EUR zu leisten ist.
|