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Newsletter vom 09.07.2008 |
Betreff: Rechts-Newsletter 28. KW / 2008: Kanzlei Dr. Bahr |
Im vorliegenden Fall unterlag die Adelige, da nach Auffassung der Bundesrichter der Beitrag, dem das Foto beigefügt war, „zu einer Debatte von öffentlichem Interesse führen“ könne (Urt. v. 01.07.2008 - Az. VI ZR 67/08). Die verklagte Zeitschrift hatte einen Artikel über die Vermietung der Villa des Gatten der Prinzessin gebracht und diesen mit einem Foto des Ehepaares illustriert. Nachdem sich der BGH bereits einmal mit dieser Veröffentlichung befasst hatte, landete das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Verfassungshüter hatten dabei festgestellt, dass sich der Artikel damit beschäftige, „dass auch die Reichen und Schönen ein gewandeltes Konsumverhalten zeigten und nicht genutzte Immobilien vermieten, hier für 1.000 US-Dollar täglich“. Prozessual folgte dann die Zurückverweisung an den BGH, der nunmehr auf Grundlage der Vorgabe des Bundesverfassungsgericht die Klage abgewiesen hat. Zur Begründung verwies das oberste deutsche Zivilgericht eben auf die Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts und kam zu dem Ergebnis, dass ein Artikel über die entgeltliche Vermietung ungenutzter Villen von Prominenten zu einer Diskussion von öffentlichem Interesse führen könne. Dies rechtfertigte dann auch eine entsprechende Bildveröffentlichung.
Die Klärung dieser Voraussetzungen ist deshalb von Bedeutung, weil die Urheber der GEMA zwar die Aufführungsrechte an Werken der Tonkunst übertragen, sich aber das Recht zur bühnenmäßigen Aufführung dramatisch-musikalischer Werke vorbehalten. Auf diese Weise behalten sie die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wem sie unter welchen Bedingungen das Recht zur bühnenmäßigen Aufführung ihrer Werke einräumen. Die Klägerin, die Disney Enterprises Inc., ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an den Musicals "Die Schöne und das Biest", "Der Glöckner von Notre Dame", "Der König der Löwen" und "Aida". Die Beklagte ist eine deutsche Konzertagentur, die im Rahmen von Tourneen bundesweit Aufführungen unter dem Titel "The Musical Starlights of Sir Andrew Lloyd Webber and The Disney Musical Productions" veranstaltet. Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte führe bei diesen Veranstaltungen die Disney-Musicals bühnenmäßig auf, ohne hierzu berechtigt zu sein. Sie hat die Beklagte daher auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Er hat entschieden, dass eine bühnenmäßige Aufführung lediglich erfordert, dass nicht nur der Eindruck von zusammenhanglos aneinandergereihten Handlungselementen und Musikstücken entsteht, sondern ein sinnvoller Handlungsablauf erkennbar wird. Dabei kommt es für eine Aufführung des geschützten Werkes - so der BGH - nicht darauf an, ob einem Betrachter der Handlungsablauf des benutzten Werkes insgesamt oder zumindest großteils vermittelt wird. Vielmehr reicht es aus, wenn das Publikum den gedanklichen Inhalt eines Bestandteils, also etwa einer Szene dieses Werkes, erkennen kann. Diese Voraussetzungen waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall erfüllt. Danach hatte die Beklagte in ihrer Show einige der wichtigsten Schlüsselszenen und die bekanntesten Songs der Disney-Musicals zusammengestellt und unter Verwendung von Kostümen und Bühnenbildern szenisch dargestellt. Dadurch hatte sich für das Publikum ein geschlossenes Bild des Gesamtwerks oder eines abgrenzbaren Bestandteils des Gesamtwerks ergeben. LG Frankfurt am Main - Urteil vom 2. Februar 2005 - 2/6 O 27/04 - OLG Frankfurt - Urteil vom 1. November 2005 - 11 U 7/05 - Urteil vom 3. Juli 2008 - I ZR 204/05 - Musical-Starlights - Quelle: Pressemitteilung Nr. 128/08 des BGH v. 04.07.2008
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Damit ist die Lehrerin erneut vor dem Oberlandesgericht unterlegen, nachdem derselbe Senat bereits am 27.11.2007 ihre Berufung im vorgeschalteten einstweiligen Verfügungsverfahren verworfen hatte. Das heute verkündete Urteil bestätigt die Vorinstanz in vollem Umfang und liegt auch in seiner Begründung auf der bereits im November vorgezeichneten Linie. Auf dem sog. Community-Portal "Spickmich.de" können Schüler ihre Lehrer zu verschiedenen Kategorien benoten, etwa zu "fachlich kompetent," "gut vorbereitet," "faire Noten" etc., aber auch zu "cool und witzig," "menschlich" oder "beliebt." Die klagende Lehrerin hatte damals im Gesamtergebnis die Note 4,3 erhalten, worauf sie im Mai 2007 eine einstweilige Verfügung gegen die Veröffentlichung ihres Namens und der von ihr unterrichteten Fächer beantragte und nach deren Ablehnung ihre Ansprüche im "normalen" Klageverfahren weiterverfolgte, wobei sie einen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz sowie die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend machte. In der Begründung des heutigen Urteils führt der Senat aus, es liege kein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin vor. Sämtliche Bewertungskriterien des Schülerportals "spickmich.de" stellten Werturteile dar, so dass das Forum dem Schutzbereich des Grundrechts auf Meinungsfreiheit gemäß Artikel 5 Abs. 1 des Grundgesetzes unterfalle. Im Rahmen der danach gebotenen Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und den Persönlichkeitsrechten der Lehrerin ergebe sich im Ergebnis kein unzulässiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gymnasiallehrerin. Soweit es um berufsbezogene Kriterien wie "guter Unterricht", "fachlich kompetent", "motiviert", "faire Noten", "faire Prüfungen" und "gut vorbereitet" gehe, sei die Lehrerin nicht in ihrem Erscheinungsbild oder ihrer allgemeinen Persönlichkeit betroffen, sondern allein in der konkreten Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit. Eine beleidigende Schmähkritik sei damit nicht verbunden, auch unter Berücksichtigung der Namensnennung werde die Lehrperson durch die Schülerbewertung nicht an den Pranger gestellt. Bei seiner Abwägung hat der Senat erneut berücksichtigt, dass auf "spickmich.de" gerade kein "uneingeschränkt öffentliches" Bewerten der Lehrerinnen und Lehrer stattfinde und kein allgemeiner Zugang zu diesen Bewertungen gegeben sei. Die Namen und Bewertungen der Lehrer könnten nicht über Internet-Suchmaschinen ermittelt werden, sondern würden lediglich unter den einzelnen Schulen aufgeführt, die im Wesentlichen von interessierten Schülern oder Eltern eingegeben und aufgerufen werden dürften. Die Gefahr von Manipulationen der Bewertung erachtet der Senat angesichts der Zugangskriterien und weiterer Sicherungen als gering. Auch die mehr personenbezogenen Bewertungen zu den Kriterien "cool und witzig", "menschlich", "beliebt" und "vorbildliches Auftreten" seien letztlich weder als Angriff auf die Menschenwürde noch als Schmähung einzustufen. Im Vordergrund stehe nicht eine Diffamierung oder Herabsetzung der Person als Ziel der Äußerung, sondern die Bewertung von Eigenschaften, die sich jedenfalls auch im schulischen Wirkungskreis spiegeln. Dabei sei bei der Diktion und Formulierung der Kriterien auch auf den Sprachgebrauch von Schülern und Jugendlichen abzustellen, so dass auch die Bewertung zum Merkmal "cool", dem der Begriff "peinlich" gegenübergestellt wird, die Grenze zur Schmähung oder Diffamierung nicht überschreite. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit schütze die Meinungskundgabe unabhängig davon, ob die Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird. Auch die Anonymität der Bewertung mache diese nicht unzulässig, wie der Senat weiter meint; sie sei dem Medium des Internets immanent. Meinungen, die lediglich unter einer E-Mail-Adresse oder auch anonym im Internet abgegeben werden, genössen ebenfalls den Schutz des Art. 5 des Grundgesetzes. Auch im schulischen Bereich liege aufgrund des Über- Unterordnungsverhältnisses zwischen Lehrer und Schüler nahe, dass letztere bei Veröffentlichung ihres Klarnamens aus Furcht vor negativen Konsequenzen auf eine Kundgabe ihrer Meinung verzichten würden, was der Freiheit des durchaus wünschenswerten breiteren Kommunikationsprozesses über die Qualität der Bildungsarbeit zuwiderlaufe. Auch die - korrekte - Einstellung von Zitaten der Lehrerin im Bewertungsmodul sei ähnlich wie deren Wiedergabe in Schülerzeitungen erlaubt. Zitate der bewerteten Lehrer würden in dienstlicher Funktion und im Rahmen ihrer Berufsausübung Dritten gegenüber getätigt. Es handele sich daher um Äußerungen, die nicht etwa dem Privatbereich unterfallen, sondern im Rahmen des beruflichen Wirkungskreises der Sozialsphäre zuzuordnen seien. Schließlich könne die Klägerin Unterlassungsansprüche auch nicht aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) herleiten. Es handele sich bei der Angabe von Name, Schule und Unterrichtsfächern nicht um besonders sensible Daten; diese seien zudem aus einer allgemein zugänglichen Quelle, nämlich der Homepage der Schule entnommen worden. Der Senat hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe und er eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung für erforderlich hält. Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln v. 03.07.2008
Die Beklagte - ein Verein, der die Interessen von Markt- und Sozialforschungsinstituten vertritt - hatte die Telefonnummer des Klägers gespeichert, um entsprechende telefonische Umfragen bei diesem zu machen. Da der Kläger nicht angerufen werden wollte, sperrte die Beklagte die Rufnummer jedoch nur, löschte diese aber nicht. Der Kläger wollte jedoch die Löschung. Zunächst stellt das Gericht fest, dass es sich auch bei der Speicherung einer reinen Telefonnummer - ohne jede weitere Daten - um personenbezogene Daten iSd. BDSG handelt. "Nach der Definition in § 3 Abs. 1 BDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Eine Person ist "bestimmbar", wenn sie zwar nicht durch die Daten allein (eindeutig) identifiziert wird, jedoch mithilfe anderer Informationen festgestellt werden kann (...). Entgegen der Ansicht des Beklagten ist der Kläger aufgrund der gespeicherten Telefonnummern bestimmbar in diesem Sinne. Daran ändern die Umstände nichts, dass die Telefonnummern des Klägers nicht im amtlichen Telefonbuch gespeichert sind und dass weder der Beklagte noch seine Mitglieder beabsichtigten, den Kläger anzurufen, um seine Identität herauszufinden, sondern die Identität des Klägers nur durch dessen Kontaktaufnahme bekannt wurde. Zur Erreichung eines umfassenden Datenschutzes können nicht schwer überprüfbare subjektive Zielsetzungen und Absichten des speichernden Unternehmens maßgeblich sein. Entscheidend allein ist vielmehr die Frage, ob der Betroffene anhand der Daten im konkreten Fall objektiv bestimmbar ist (...). Dies ist vorliegend der Fall, da sich die Identität des Klägers durch einen Telefonanruf ermitteln ließe." Hinsichtlich der Frage, ob die nun Daten nun nur einfach gesperrt oder doch gelöscht hätten werden müssen, führt das Gericht aus: "Dem Transparenzgebot und der Forderung nach objektiver Überprüfbarkeit des Verwendungszwecks wird aber nur dann Rechnung getragen, wenn sowohl der Zweck als auch die dazugehörigen Maßnahmen zum Schutz gegen missbräuchliche Verwendung objektiv überprüfbar vor Erhebung der Daten festgelegt, d.h. schriftlich ausformuliert und verbindlich niedergelegt werden." Mit anderen Worten: Es muss noch vor Beginn der Speicherung klar und eindeutig geregelt sein, zu welchem Zweck die gesperrten Daten noch verwendet werden dürfen. Ist dies unklar oder nicht eindeutig geregelt, führt dies zur Unwirksamkeit der Sperrung und die Daten müssen gelöscht werden. So auch im vorliegenden Fall des LG Frankfurt a.M., wo die Beklagte eine solche klare Regelung nicht vorweisen konnte und das Gericht auf Löschung der Daten entschied.
Die Beklagte, ein Inkassounternehmen, betrieb im Internet eine Webseite, auf der sie personenbezogene Daten einzelner Schuldner (u.a. Name, Geburtstag, Anschrift, E-Mail-Adresse usw.) veröffentlichte. Auf der Seite stand u.a. als Werbetext: "Keine Chance für Leute mit schlechter Zahlungsmoral bei Anbietern von elektronischen Dienstleistungen per Internet dank (...)." Die Klägerin war in diesem Online-Verzeichnis als Schulderin gelistet. Die Koblenzer Richter haben eine solche Eintragung als rechtswidrig erachtet: "Darüber hinaus (...) stellt auch der Umstand an sich, dass die Beklagte die Personendaten der Klägerin ohne deren Zustimmung auf einer Internetseite mit der Bezeichnung (...) veröffentlicht hat, bereits einen rechtswidrigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Klägerin dar. Denn die streitgegenständlichen Angaben auf der Webseite erschöpfen sich nicht in einer bloßen Tatsachenmitteilung. Vielmehr ist mit der Veröffentlichung ein negatives Werturteil über die Klägerin verbunden. Dies folgt allein schon aus der Bezeichnung der Webseite mit (...). In Anbetracht der auf der Internetseite der Beklagten zudem angegebenen Zielsetzungen wird die Klägerin als säumige Schuldnerin mit schlechter Zahlungsmoral dargestellt und kritisiert. So wirbt die Beklagte auf ihrer Startseite mit "das große Onlineverzeichnis säumiger Schuldner und führt weiter aus: "keine Chance für Leute mit schlechter Zahlungsmoral bei Anbietern von elektronischen Dienstleistungen per Internet dank (...)"." Und weiter: "Alle auf der Seite verzeichneten angeblichen Schuldner werden damit pauschal als "schwarze Schafe" im Wirtschaftsverkehr gebrandmarkt, die zu einer Erhöhung der Kosten im elektronischen Geschäftsverkehr zum Nachteil aller Nutzer beitragen. Offensichtlich nutzt die Beklagte ihre Homepage dazu, die angeblichen Schuldner ihrer Kunden durch die Anprangerung im Internet unter Druck zu setzen, um so eine Begleichung der Forderungen ihrer Kunden zu erreichen. Dieser Druck wird noch dadurch verstärkt, dass sie den Besuchern der Webseite suggeriert, das von ihr erstellte Verzeichnis säumiger Schuldner stehe ihren Vertragspartnern, bei denen es sich um Onlineanbieter von elektronischen Dienstleistungen, Online-Versicherungen, Telekommunikationsunternehmen, Payment-Anbieter und Online-Banken handele, zur Verfügung. Hierdurch wird der Eindruck erweckt, die in dem Onlineverzeichnis eingetragenen angeblichen Schuldner müssten künftig mit Nachteilen im elektronischen Geschäftsverkehr rechnen, wenn sie nicht umgehend ihre angeblichen Schulden begleichen."
Ein anderer Rechtsanwalt hat sich umfangreich auf diversen "... & Recht"-Portalen der Kanzlei Dr. Bahr bedient und zahlreiche Urteile und Leitsätze 1:1 ungefragt übernommen. Die außergerichtliche Abmahnung wies er zurück und begehrte wegen angeblich unberechtigter Abmahnung Kostenersatz. Das LG Köln hat darauf beiliegenden Beschluss erlassen, da es die Online-Urteile als datenbankrechtlich und die übernommenen Leitsätze als urheberrechtlich geschützt ansieht. Einen schönen Gruß an den betreffenden Kollegen, der hier ebenfalls mitliest: Irgendwann ist ja auch mal Schluß mit lustig.
Hinsichtlich der Rechtskosten sind sich die Richter aber nicht einig. Der Diskussion über die Höhe für eine Klage wegen Spam fügt das AG Burgwedel nunmehr eine weitere Entscheidung bei. Da eine einzelne Reklame-Mail keine hohe Beeinträchtigung des Account-Inhabers darstelle, sei der Streitwert lediglich mit 500 Euro anzusetzen (Urt. v. 07.02.2008 - Az. 70 C 161/06). Als Hauptargument für den niedrigen Streitwert führte das Gericht an, dass es immer nur auf den konkreten Einzelfall ankomme und nicht auf den "volkswirtschaftlichen Schaden unerlaubter E-Mail-Werbung". Hinsichtlich der Belästigung stufte der Richter diese als gering ein, da "das Aussortieren von Werbemails einen verschwinden geringen Aufwand verursachen dürfte". Anmerkung von RA Noogie C. Kaufmann, Master of Arts Die Streitwertfestlegung mit 500 Euro wegen angeblich geringer Belästigung ist schon wunderlich. Was aber so richtig erstaunt, ist die Tatsache, dass der Anwalt überhaupt ein Honorar erhalten hat. Schließlich lehnt der BGH den Ersatz von Abmahnkosten ab, wenn ein Rechtsanwalt bei ungebetener Reklame in eigener Sache tätig wird (Urt. v. 12.12.2006 - Az. VI ZR 175/05).
Für eine ausgesprochene Abmahnung wollte die Klägerin die Kosten einklagen. Sie hatte den Blog-Betreiber, der von der Kanzlei Dr. Bahr vertreten wurde, abgemahnt, weil in den Kommentaren jemand Drittes polemisierende Äußerungen über die Klägerin verbreitete. Das AG Hamburg kam gar nicht mehr zu der umstrittenen Frage der Mitstörerhaftung, sondern lehnte den Anspruch deswegen ab, weil es sich um eine zulässige Meinungsäußerung handelte: "Nach allgemeiner Ansicht sind rufschädigende Äußerungen jedoch nur dann unzulässig, wenn es sich um Schmähkritik handelt. Das ist erst der Fall, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die bloße Diffamierung der Person im Vordergrund steht (...) Die Schwelle zur unzulässigen Schmähkritik wird wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts lediglich unter besonders restriktiv zu handhabenden Voraussetzungen überschritten. Der Begriff der Schmähkritik ist deshalb stets eng auszulegen. Auch eine überzogene ungerechte, ausfällige oder gar polemisierende Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur unzulässigen Schmähung (...). Soweit es die Passage über die „Hitler-Jugend" bzw. eine mögliche Mitgliedschaft im „BDM" betrifft, ist zu sagen, dass es sich hierbei um eine mit dem Lebensalter der Klägerin zusammenhängende - also einen sachlichen Bezug aufweisende - Äußerung handelt. (...) Die folgenden Äußerungen unter den Rubriken „z.B. Nachhilfe ..." und „z.B. Hilfe beim Einkaufen ..." sind zwar unschön, die Klägerin mag sie sicherlich auch als ärgerlich empfinden, sie überschreiten jedoch bei weitem noch nicht die Schwelle zur Schmähkritik. Und schließlich fällt weiter entscheidend ins Gewicht, dass es ja nicht die Beklagte gewesen ist, welche den Beitrag ins Netzt gestellt hat. Sie mag ihn sich zurechnen lassen müssen, sie selber hat jedoch zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, sich in irgendeiner Art und Weise „überspitzt" gegenüber der Klägerin zu äußern. Unter diesen Umständen aber scheidet eine Inanspruchnahme der Beklagten wegen unzulässiger Schmähkritik aus."
In derartigen Fällen besteht weiterhin das 14-tägige Widerrufsrecht, soweit die Ware tatsächlich für zu Hause gekauft wurde. Dies hat jüngst das AG Hamburg-Wandsbek entschieden und einen Shop-Betreiber dazu verurteilt, die bestellte Ware nach Ausspruch des Widerrufs zurückzunehmen und dem Kunden den Kaufpreis zurückzuzahlen (Urt. v. 13.06.2008 - Az. 716A C 11/08). Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin, die von der Kanzlei Dr. Bahr vertreten wurde, online mehrere Lampen gekauft und sowohl für die Lieferungs- als auch für die Rechnungsanschrift die Adresse ihres Arbeitgebers angegeben. In dieser Angabe sah der Verkäufer die Eigenschaft als Unternehmer, dem gerade kein Widerrufsrecht zusteht. Die Amtsrichterin hingegen sah dies nach der Zeugenvernehmung jedoch völlig anders. Sowohl der Arbeitgeber als auch die Sekretärin konnten bestätigen, dass die Lampen für den Haushalt der Klägerin bestellt und auch tatsächlich abends mit nach Hause genommen wurden. Anmerkung von RA Noogie C. Kaufmann, Master of Arts Soweit ein Verbraucher im Web etwas kauft, steht ihm bekanntermaßen ein Widerrufsrecht von 14 Tagen zu, wobei er keine Gründe für seinen Sinneswandel angeben muss. Dieses Recht steht Unternehmern hingegen nicht zu. Kniffelig wird es aber dann, wenn der Shop-Betreiber anhand äußerer Umstände davon ausgehen muss, dass es sich bei seinem Kunden um einen Unternehmer handelt. So etwa, wie im vorliegenden Fall. Hier ist durchaus nachvollziehbar, dass der Verkäufer davon ausgeht, dass es sich bei seinem Gegenüber um einen Unternehmer handelt. Das Amtsgericht stellt hingegen nicht auf die Sicht des Unternehmers, sondern auf die objektive Sachlage ab. Kauft der Kunde die Ware für den Privatgebrauch, ist er Verbraucher. Schlusspunkt, aus. Ob die Entscheidung der Weisheit letzter Schluss ist, soll dahingestellt sein. Es gibt durchaus nachvollziehbare Gründe, warum ein Shop-Betreiber nur mit Unternehmen und nicht mit Verbrauchern Verträge abschließen will.
Im neuen Blog der Kanzlei Dr. Bahr "Freiheit für Kreative" ist die Beschwerde nunmehr im Volltext erhältlich. Verfasser und Prozessbevollmächtigter ist Rechtsanwalt Noogie C. Kaufmann, Master of Arts, aus der Kanzlei Dr. Bahr. Neben der Verfassungsbeschwerde im Original listet unter anderem ein Kurzbeitrag die wesentlichen Punkte der Benachteiligungen und die Folgen für die Urheber auf. Besonders hart hat es dabei freie Regisseure, Drehbuchautoren und Tonmeister getroffen, denen der Gesetzgeber - im Gegensatz zu allen anderen Kreativen - nicht einmal ein Widerrufsrecht für eingeräumte unbekannte Nutzungsarten zubilligt.
Inhalt: In der vergangenen Woche im 1. Teil wurden die neuen Informationspflichten der Versicherungsvermittler und die Pflichtangaben bei Geschäftsbriefen und E-Mails behandelt. Der heutige Podcast greift zwei weitere Fälle auf, in denen erhebliches Gefährdungspotenzial für Abmahnungen steckt.
Inhalt: Das Video skizziert in satten 11 Minuten in leicht augenzwinkernder Form ;-) die wichtigsten Neuerungen im Überblick.
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