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Die Themen im Überblick:
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1. BGH: Jägermeister-Symbol auf Ferrari markenrechtlich erlaubt?
2. BGH: Hörfunkrechte an Bundesligaspielen
3. BGH: „Gewinn-Auskünfte“ mittels 0190-Telefonnummer wettbewerbswidrig - VOLLTEXT
4. OLG Karlsruhe: Werbung mit scheinbaren Endpreisen wettbewerbswidrig
5. OLG München: Umlaut-Domains oesterreich.de ./. österreich.de
6. LG Köln: Mitstörerhaftung des Merchants für seinen Affiliate
7. AG Köln: Umlaut-Domains goerg.de ./. görg.de
8. AG München: Pflicht zur Korrektur bei veralteten News auf Homepage?
9. Erneute Forums-Abmahnung / Antrag auf einstweilige Verfügung - UPDATE
10. Neuer Aufsatz von RA Dr. Bahr: "Haftung des Merchants für seine Affiliates"
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1. BGH: Jägermeister-Symbol auf Ferrari markenrechtlich erlaubt?
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Der u.a. für Marken- und Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hatte auf Klage eines Herstellers von Luxussportwagen darüber zu entscheiden, ob eine Markenverletzung bzw. ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn eine Zeitschrift zusammen mit einem Hersteller für Kräuterlikör ein Preisrätsel veranstaltet, bei dem ein teurer Sportwagen einer bekannten Marke gewonnen werden kann, wobei an dem abgebildeten Fahrzeug das ebenfalls bekannte Emblem des Kräuterlikörherstellers angebracht war.
Anders als das Landgericht hatte das Berufungsgericht Ansprüche des Sportwagenherstellers verneint. Die hiergegen eingelegte Revision blieb ohne Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat Ansprüche aus dem Markengesetz abgelehnt, weil die Markenrechte durch den Verkauf des Fahrzeugs an den Kräuterlikörhersteller erschöpft seien. Durch den im Markengesetz geregelten Erschöpfungsgrundsatz werde dem Markeninhaber zwar die Entscheidung über das erstmalige Inverkehrbringen zugewiesen, die (markenrechtliche) Kontrolle des weiteren Vertriebsweges aber im Ergebnis untersagt. Markenrechtliche Ansprüche seien nach Veräußerung nur dann anzunehmen, wenn berechtigte Interessen des Markeninhabers der weiteren Verwendung entgegenstünden.
Der Bundesgerichtshof stellt in seiner Entscheidung darauf ab, dass die Auslobung einer fremden Ware im Rahmen eines Preisrätsels für sich allein kein berechtigtes Interesse des Markeninhabers berühre. Dem lauteren Vertrieb der Markenware sei auch ein solcher Nutzen vielmehr eigen. Daher komme es in dem Fall maßgeblich darauf an, ob die Gestaltung der Werbung, insbesondere die Anbringung des Kennzeichens des Sponsors, eine andere Beurteilung erforderlich mache.
Dies habe das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Die Herkunfts- und Garantiefunktion der Marke sei in keiner Weise beeinträchtigt worden. Eine unlautere Rufausbeutung liege ebenfalls nicht vor. Der Verkehr sehe in dem aufgebrachten Emblem des Unternehmens lediglich den Hinweis, dass dieses als generöser Sponsor auftrete. Diesem sachlich zutreffenden Eindruck wohne eine unlautere Ausbeutung des guten Rufs der Marke des Sportwagenherstellers nicht inne.
Weder die Werbeanzeige noch das Emblem auf dem Fahrzeug hätten einem verständigen Durchschnittsverbraucher den Eindruck vermittelt hat, es liege ein gemeinsames Sponsoring des Preisrätsels oder eine vertragliche Beziehung zwischen dem Sportwagenhersteller und den Veranstaltern des Preisrätsels vor.
Urteil vom 3. November 2005 – I ZR 29/03
Quelle: Pressemitteilung Nr. 152/2005 des BGH v. 04.11.2005
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2. BGH: Hörfunkrechte an Bundesligaspielen
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Fußballvereine (im Streitfall handelte es sich um den HSV und den FC St. Pauli) sind berechtigt, auch von Hörfunksendern (hier: Radio Hamburg) für die Berichterstattung über Bundesligaheimspiele ein besonderes Entgelt zu verlangen, wenn diese Berichterstattung aus den Stadien der Vereine erfolgt. Dies hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs heute entschieden.
Der HSV und FC St. Pauli sind, wie alle lizenzierten Vereine und Kapitalgesellschaften, deren Mannschaften den Fußball-Lizenzligen angehören, Mitglied im sogenannten Ligaverband. Der DFB hat dem Ligaverband die „Vermarktungsrechte“ an der Bundesliga überlassen. Der Ligaverband hat diese Rechte seinerseits auf die DFL Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL) übertragen. Anders als bei Fernsehübertragungen verlangten die Fußballvereine für die Radioberichterstattung aus den Stadien bis zur Saison 1999/2000 kein Entgelt. Inzwischen hat die DFL für ihre Mitglieder Vermarktungskonzepte entwickelt, die die entgeltliche Vergabe von Verwertungsrechten an Bundesligaspielen nicht nur für die Fernseh-, sondern auch für die Radioberichterstattung sowie das Internet vorsehen. Danach sollen die Sender in jeder Bundesligasaison für die Radioberichterstattung aus den Stadien vom Umfang der Berichterstattung abhängige Pauschalzahlungen leisten.
Radio Hamburg begehrt u.a. die Feststellung, dass dem HSV, dem FC St. Pauli und der DFL keine „Hörfunkrechte“ an den Bundesligaheimspielen (der FC St. Pauli spielte in der Saison 2001/2002 in der 1. Bundesliga und 2002/2003 in der 2. Bundesliga) zustehen. Ferner will der Sender geklärt wissen, ob die verklagten Fußballvereine für die Nutzung der Presseplätze, die Teilnahme an allen Pressekonferenzen, den Zutritt zu Mixed-Zonen, einen Arbeitsplatz und technische Dienstleistungen, eine über die Summe der hierfür aufgewandten Kosten (Aufwendungsersatz) und über das sonst übliche Eintrittsentgelt hinausgehende Vergütung verlangen können. Das Landgericht Hamburg hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht Hamburg zurückgewiesen.
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat die Entscheidungen der Vorinstanzen im Ergebnis bestätigt und die von Radio Hamburg eingelegte Revision zurückgewiesen.
Nach dem Urteil dürfen die beklagten Fußballvereine als Veranstalter der Spiele bestimmen, dass mit dem Erwerb einer Eintrittskarte noch nicht die Befugnis zur Rundfunkberichterstattung aus dem Stadion erworben wird. Darin liegt weder ein Verstoß gegen das Behinderungs- und Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB noch gegen das Verbot, eine marktbeherrschende Stellung durch die Forderung von Entgelten mißbräuchlich auszunutzen, die von denjenigen Entgelten abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden (§ 19 Abs. 1, 2 Nr. 2 GWB). Den beklagten Fußballvereinen steht als (Mit-)Veranstaltern der Heimspiele ihrer Mannschaften das aus §§ 858 ff., 1004 BGB abzuleitende Hausrecht zur Seite. Das Hausrecht bildet eine ausreichende Grundlage dafür, den Zutritt von Hörfunkveranstaltern von der Entrichtung von Entgelten für die Hörfunkberichterstattung aus dem Stadion abhängig zu machen. Das Hausrecht ermöglicht seinem Inhaber, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem er die Örtlichkeit zugänglich macht und wem nicht. Dies schließt das Recht ein, den Zutritt – auch als Voraussetzung für die Radioberichterstattung - von Bedingungen wie der Zahlung eines Entgelts abhängig zu machen.
Die sachliche Rechtfertigung dafür, dass für die Möglichkeit zur Radioberichterstattung ein höheres Entgelt als der normale Eintrittspreis verlangt wird, sieht der Bundesgerichtshof darin, dass ein Hörfunkveranstalter den ihm gewährten Zutritt zum Stadion und zu dem dort veranstalteten Spiel intensiver nutzt als ein normaler Zuschauer oder auch Pressevertreter. Das wird auch an den Leistungen deutlich, die Radio Hamburg für seine Radio-Reporter in Anspruch nimmt (Presseplätze, Teilnahme an allen Pressekonferenzen, Zutritt zu den „Mixed-Zonen“, Arbeitsplatz und technische Dienstleistungen).
Die Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) verleiht Radio Hamburg nicht das Recht, den der Öffentlichkeit gewährten Zutritt zum Stadion und zum Spiel gegen bloßen Aufwendungsersatz zu nutzen. Denn die Veranstaltung der Bundesligaspiele steht ihrerseits unter dem verfassungsrechtlichen Schutz der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Müsste der Veranstalter Rundfunkübertragungen von Bundesligaspielen unentgeltlich ermöglichen, wäre ihm ein Teil der wirtschaftlichen Verwertung seiner Leistung genommen.
Der Senat weist allerdings darauf hin, dass die Vermarktung von „Hörfunkrechten“ nicht dazu führen darf, dass der Hörfunkveranstalter – etwa durch eine vertragliche Verpflichtung zur Verbreitung redaktioneller Beiträge zum Thema Fußball – in der freien Gestaltung seines Programms und der aktuellen und von Dritten unbeeinflussten Information seiner Hörer behindert wird.
Urteil vom 8. November 2005 – KZR 37/03
Quelle: Pressemitteilung Nr. 154/2005 des BGH v. 08.11.2005
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3. BGH: „Gewinn-Auskünfte“ mittels 0190-Telefonnummer wettbewerbswidrig - VOLLTEXT
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Die Kanzlei-Infos v. 24.09.2005 (= http://shink.de/ki0agz) hatten schon über die Pressemitteilung zum Urteil berichtet, nun liegen die Entscheidungsgründe im Volltext vor.
Der BGH (Urt. v. 09.06.2005 - Az.: I ZR 279/02 = http://shink.de/h9eymv) hat entschieden, dass die Nutzung von 0190-Telefonnummern bei Gewinnauskünften irreführend ist, wenn der Gewinner gar nicht die erwartete Information über seinen Gewinn erhält:
"1. Wird im Zusammenhang mit der Mitteilung, der angeschriebene Verbraucher habe einen der abgebildeten Gewinne auf jeden Fall gewonnen, auf eine "Gewinn-Auskunft" unter Angabe einer 0190-Telefonnummer hingewiesen, so ist dies irreführend, wenn dem Verbraucher unter der entgeltpflichtigen Telefonnummer nicht die erwartete Auskunft über seinen Gewinn erteilt wird, sondern die Gewinne nur allgemein beschrieben werden.
2. Eine Aufforderung, einen Kostenbeitrag zum Gewinnspiel zu leisten, rechnet zu dessen Teilnahmebedingungen. Dieser Teilnahmebedingung fehlt die gebotene Eindeutigkeit, wenn der Verbraucher nicht erkennen kann, wofür der angeforderte "Organisationsbeitrag" verwendet wird."
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4. OLG Karlsruhe: Werbung mit scheinbaren Endpreisen wettbewerbswidrig
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Das OLG Karlsruhe (Urt. v. 09.06.2005 - Az.: 4 U 164/04) hatte darüber zu entscheiden, ob ein Reisevermittler, der in einer Zeitungs-Anzeige für bestimmte Reisen wirbt, zur umfassenden Preisangabe verpflichtet ist.
Der Beklagte, ein Reisevermittler, hatte in der Anzeige mit dem Netto-Preis der Reise geworben, in einem kleinen Sternchen-Hinweis war angemerkt worden, dass zusätzlich noch eine Buchungsgebühr anfallen würde.
Dies sah die Klägerseite, ein Verbraucherverband, als rechtswidrig an. Die Verpflichtung, alle Preisbestandteile in den Endpreis einzurechnen, entfalle nur dann, wenn der betreffende Preisbestandteil zeit- oder verbrauchsabhängig sei und ein Endpreis deshalb nicht gebildet werden könne. Dies sei bei der Buchungsgebühr nicht der Fall, da diese stets und in gleicher Höhe anfalle.
Dem hat das OLG Karlsruhe Recht gegeben:
"Jede einzelne Urlaubsreise hat einen bestimmten Preis, da die Preisbestandteile insoweit jeweils grundsätzlich feststehen. Die Angaben sind dann nicht in dem Sinne variabel, dass es sich um verbrauchsabhängige Bestandteile handelt. Dies gilt im vergleichbaren Fall der Buchungsgebühr. (...)
Auch soweit die tatsächliche Anzahl der Personen, für die gebucht werden soll, zum Zeitpunkt der Werbung noch nicht feststeht, steht aber die Höhe der Gebühr, die auf eine Person entfällt, und damit der jeweilige Endpreis pro Person fest; bei einer Buchung für 2 Personen beträgt sie 9,00 EUR, für 3 Personen 6,00 EUR, für 4 Personen 4,50 EUR, für 10 Personen 1,80 EUR etc.
Wenn die Beklagte unter diesen Umständen mit Preisbestandteilen wirbt, hat sie grundsätzlich den im Einzelfall tatsächlich zu entrichtenden Endpreis anzugeben.
Dies bedeutet nicht, dass die Beklagte im Ergebnis auf Werbung für die von ihr angebotenen Reisen verzichten müsste (...). So kann sie z.B. in der Weise werben, dass sie Flüge und Urlaubsreisen "ab" einem bestimmten Preis anbietet und in der Werbung erläutert, warum ein bestimmter Preis nicht genannt wird."
Die Karlsruher Richter stellen auch noch einmal fest, dass diese Preisangabepflichten auch den bloßen Reisevermittler treffen:
"Die Beklagte kann, auch wenn sie, wie sie erstinstanzlich angedeutet hat, nur Vermittler gewesen sein sollte (...) gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV verstoßen haben, wenn sie in ihrer Anzeige für Reisen mit Preisangaben geworben hat, ohne die zu zahlenden Endpreise anzugeben."
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5. OLG München: Umlaut-Domains oesterreich.de ./. österreich.de
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Das OLG München (Urt. v. 20.10.2005 - Az.: 29 U 2129/05) hatte über die namensrechtliche Auseinandersetzung einer Umlaut-Domain zu entscheiden.
Die Klägerin war seit mehreren Jahren Inhaberin der Domain "oesterreich.de" und verfügte auch über einen entsprechenden Eintrag im Markenregister. Sie begehrte nun vom Beklagten die entsprechende Domain "österreich.de".
Zu Unrecht wie die Münchener Richter entschieden:
"[Es] gilt (...) zu berücksichtigen, dass der Werktitel der Klägerin „Österreich.de" zur Kennzeichnung ihres Homepage-Inhalts weitgehend beschreibender Natur ist und daher nur sehr geringe Kennzeichnungskraft genießt. Er weist darauf hin, dass unter der Homepage Informationen über sowie rund um das Land Österreich vorzufinden sind, gegebenenfalls in Zusammenhang mit entsprechenden Reiseangeboten. Dieser Umstand führt im Streitfall dazu, dass der Werktitel „Österreich.de" zwar nach § 5 MarkenG Kennzeichenschutz nach dem Markengesetz beanspruchen kann, sein Schutzumfang aber sehr gering ist.
Innerhalb dieses solchermaßen definierten Schutzumfangs der Kennzeichnung der Klägerin bewegt sich allerdings die angegriffene Bezeichnung „österreich.de" des Beklagten nicht mehr, wenn (...) die Webseite des Beklagten sich darin erschöpft, außer auf die Webseiten der Republik Österreich und der österreichischen Botschaft per Link auf Angebote diverser Reiseveranstalter hinzuführen, die keinen oder jedenfalls keinen speziellen Bezug zu Österreich haben (...).
Angesichts dieser Umstände des Einzelfalls ist unter Berücksichtigung der schwachen Kennzeichenkraft der klägerischen Bezeichnung „Österreich.de" von einer die Verwechslungsgefahr noch begründenden Werk- bzw. Produktähnlichkeit nicht mehr auszugehen.
Der Inhalt der klägerischen Homepage (...) unterscheidet sich vom Leistungsangebot des Beklagten solchermaßen, dass trotz erheblicher Zeichenähnlichkeit von einer Verwechslungsgefahr (...) nicht mehr ausgegangen werden kann."
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6. LG Köln: Mitstörerhaftung des Merchants für seinen Affiliate
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Das LG Köln (Urt. v. 06.10.2005 - Az: 31 O 8/05 = http://shink.de/ssm5c1) hat entschieden, dass ein Merchant für die von seinem Affiliate begangene Markenverletzung als Mitstörer haftet.
Die Haftung soll unabhängig davon eintreten, ob die Markenverletzung auf einer Webseite geschieht, die beim Partnerprogramm des Merchant angemeldet ist oder nicht. Auch werde die Mitstörerhaftung nicht dadurch unterbrochen, dass der Merchant in den AGB seines Partnerprogrammes ausdrücklich bestimmt, dass der Affiliate die Markenrechte Dritter einzuhalten hat.
Die Mitstörerhaftung würde - so die Kölner Richter - allenfalls dann unterbrochen, wenn der Merchant seinen Affiliates eine entsprechende Liste der relevanten Marken zur Verfügung stellen und die Verwendung dieser Begriffe ausdrücklich vertraglich verbieten würde. Die Erstellung einer solchen Liste ist problemlos möglich, da die Anzahl der betreffenden Firmen/Marken überschaubar ist.
"Sie hat ihre Werbung an diese delegiert, wobei es nicht den geringsten Unterschied macht, ob noch die affilinet GmbH zwischengeschaltet ist oder nicht. Die Beklagte haftet daher auch für alle Meta-Tags, die die 0 (...) GmbH setzt, und zwar auch auf Webseiten, die nicht Teil des Partnerprogramms sind. Schließlich ist es im Interesse der - provisionsabhängigen - 0 (...) GmbH, möglichst viel "Traffic" bei der Beklagten zu erzeugen. (...)
Der Einwand der Beklagten, sie könne nicht sämtliche Meta-Tags ihrer zahlreichen Werbepartner kontrollieren, überzeugt die Kammer nicht.
Verboten wird der Beklagten - und ihren Werbepartnern - im Kern nur eins: Die Verwendung der Firmen/Marken von direkten, großen Wettbewerbern als Meta-Tags. Die Anzahl dieser Firmen/Marken ist aber überschaubar; sie können leicht in einer Liste aufgezählt und als Anhang zu den Verträgen mit den Werbepartnern genommen werden.
Die Beklagte kann und muss also vertraglich sicherstellen, dass die Namen der Wettbewerber nicht als Meta-Tags genutzt werden. Die Beklagte geriert sich zudem schon jetzt so, als kontrolliere sie ihre Werbepartner."
Das Urteil verkennt vollkommen die tatsächlichen Gegebenheiten am Markt und überzeugt in keiner Weise. Sollte sich diese Rechtsansicht durchsetzen, dürfte dies das tatsächliche Aus der Affiliate-Szene in Deutschland sein, da der Merchant uferlos haften würde.
Die vom Gericht angebotene Alternative mit der Verwendung einer Markenliste ist fernab jeder Praxisnähe.
Erst vor kurzem hatte das LG Hamburg einen ähnlichen Fall zu entscheiden und hatte die Haftung des Merchants abgelehnt, vgl. die Kanzlei-Infos v. 12.10.2005 = http://shink.de/l522dq
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7. AG Köln: Umlaut-Domains goerg.de ./. görg.de
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Das AG Köln (Urt. v. 24.11.2004 - Az.: 136 C 161/04 = http://shink.de/gf67f) hatte über die namensrechtliche Auseinandersetzung einer Umlaut-Domain zu entscheiden.
Die Klägerin war seit fünf Jahren Inhaberin der Domain "goerg.de" und begehrte nun von der Beklagten auch die entsprechende Domain "görg.de".
Zu Recht wie das Kölner Gericht entschied:
"Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Beseitigung der durch die Registrierung der Domain (...) begangenen Namensrechtsverletzung aus § 12 S. 1 BGB zu, der auch den mit dem Namen identischen bzw. aus ihm abgeleiteten Domain-Namen schützt.
Die Registrierung der Domain (...) durch die Beklagte ohne weitere Zusätze ist unbefugt, da die Beklagte die älteren Namensrechte der Klägerin verletzt.
Die Klägerin hat durch die Registrierung und durch die nunmehr 5-jährige Benutzung der Domain (...) Namensrechte an dem Namen (...) und damit auch an der Domain (...) erlangt.
Die Schreibweise "oe" ist dabei nur ein Synonym für den Umlaut "ö", so dass die Domains (...) im deutschen Sprachgebrauch einheitlich betrachtet werden. Es besteht daher im Hinblick auf den Sprachgebrauch eine nicht unerhebliche Verwechslungsgefahr, die die Klägerin nicht hinnehmen muss."
Und weiter:
"Die Klägerin, die die Domain (...) seit 5 Jahren benutzt, kann von der Beklagten verlangen, dass diese alle zumutbaren Vorkehrungen trifft, um eine Verwechslungsgefahr möglichst zu mindern, was vorliegend durch den entsprechenden Zusatz "spedition" gewährleistet werden würde. Aufgrund der älteren Namensrechte kann der Klägerin nicht zugemutet werden, selbst zur Unterscheidung einen Zusatz zu verwenden.
Die Beklagte kann sich nicht im Hinblick auf die für sie erfolgte Registrierung auf das Prioritätsprinzip berufen, da zum 01.03.2004, 10:00 Uhr die Anträge beider Parteien vorlagen und es reiner Zufall war, dass ihr Antrag zuerst bearbeitet wurde."
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8. AG München: Pflicht zur Korrektur bei veralteten News auf Homepage?
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Das AG München (Urt. v. 14.09.2005 - Az.: 161 C 17453/04) hatte darüber zu entscheiden, ob für einen Homepage-Betreiber eine Korrektur-Pflicht bei veralteten News (hier: inzwischen verändertes Urteil in der 2. Instanz) besteht.
Der Kläger verlangte Schadensersatz aus einer Abmahnung. Er hatte den Beklagten abgemahnt, weil dieser auf seiner Homepage ein Urteil veröffentlicht hatte, das später in der 2. Instanz abgeändert wurde.
Zu Unrecht wie die Richter entschieden:
"Die Veröffentlichung der erstinstanzlichen, nicht rechtskräftigen Entscheidung ist nicht gleichzusetzen mit einer unwahren Tatsachenbehauptung.
Unstreitig ist die streitgegenständliche Entscheidung vor Verkündung des OLG-Urteils in die Homepage des Beklagten eingestellt worden. Dabei ist es auch nicht als eine unwahre Tatsachenbehauptung anzusehen, dass der Beklagte das Urteil nicht als nicht rechtskräftig gekennzeichnet hat. Vorliegend kann es dahinstehen, ob ein weiteres Belassen der LG-Entscheidung ohne Hinweis auf die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts eine Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers darstellen kann."
Und weiter:
"Im hier zu entscheidenden Rechtsstreit hatte der Beklagte jedenfalls zu dem Zeitpunkt, als das klägerische Abmahnschreiben verfasst wurde, noch keine Rechtspflicht, von sich aus die LG-Entscheidung aus der Urteilssammlung zu entfernen oder mit einem Hinweis auf die abweichende OLG-Entscheidung zu versehen. (...)
Dem Beklagten ist zuzubilligen, dass ihm nach Vorliegen des schriftlichen Urteils eine angemessene Zeit zur Überlegung bleibt, ob und ggf. wie er die abändernde Entscheidung in seine Urteilsdatenbank aufnimmt, bzw. ein Urteil der Vorinstanz damit ergänzt oder einen Hinweis auf das abändernde oder bestätigende Urteil gibt.
Als angemessen - auch unter dem Gesichtspunkt einer technischen Umsetzung unter den Bedingungen eines Kanzleibetriebs - wird man einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen ansehen können. Vorliegend geht es auch nicht darum, eine Tatsachenbehauptung zu widerrufen, die sich als unwahr erwiesen hat, sondern es geht um eine richterliche Entscheidung über Tatsachen und Rechtsfragen, die ein Rechtsmittelgericht in wesentlichen Punkten abgeändert hat.
Dies kann nicht gleichgesetzt werden mit der Behauptung von ehrverletzenden Tatsachen, wo sicherlich eine unverzügliche Reaktion erwartet werden kann. Die Klägerin hatte daher jedenfalls zum Zeitpunkt der Abmahnung keinen Anspruch auf sofortige Entfernung des LG-Urteils. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin durch unkommentiertes Belassen des abgeänderten Urteils auf der Homepage des Beklagten ist zumindest vor der Zustellung des schriftlichen OLG-Urteils nicht gegeben.
Da dem Beklagten keine angemessene Reaktionszeit eingeräumt worden war, sind die Kosten der Abmahnung vom 10. April 2002 nicht vom Beklagten als Schadensersatz zu ersetzen."
Eine Reaktionszeit von 14 Tagen hält auch das OLG Frankfurt a.M. (Beschl. v. 12.10.2005 - Az.: 16 W 16/05) für angemessen.
Leicht anderer Ansicht ist dagegen das LG Hamburg (Beschl. v. 17.08.2004 - Az.: 312 0 530/04), wonach unter gewissen Umständen auf die Vorläufigkeit einer gerichtlichen Entscheidung hingewiesen werden muss:
"Hier wurde durch die von der Antragstellerin beanstandete Formulierung im Newsletter in die solchermaßen geschützten Rechte der Antragsgegnerin eingegriffen.
Zwar ist die Aussage in dem Newsletter, die Antragstellerin sei in einem Prozess vor dem Landgericht Bonn gescheitert, für sich genommen richtig. Sie erweckt aber bei dem unbefangenen Leser den unzutreffenden Eindruck einer endgültigen und für die Antragstellerin negativen Klärung der Rechtslage.
Denn dadurch, dass dem Adressaten des Newsletters nicht zugleich mitgeteilt wurde, dass es sich um ein noch nicht rechtskräftiges und von der Antragstellerin mit der Berufung angegriffenes Urteil handelt, wurde ihm der für die Bewertung der Tatsachen wichtige Umstand verschwiegen, dass es sich nur um ein noch nicht gesichertes, also gleichsam nur vorläufiges Obsiegen der Antragsgegnerin handelt, das im weiteren Verlauf der gerichtlichen Auseinandersetzung noch in ein Unterliegen umgekehrt werden kann."
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9. Erneute Forums-Abmahnung / Antrag auf einstweilige Verfügung - UPDATE
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Die Kanzlei-Infos v. 24.10.2005 (= http://shink.de/rdhvu4) hatten darüber berichtet: Ein Unternehmen hatte die Antragsgegnerin, die ynnor systems GmbH, die von der Kanzlei Dr. Bahr vertreten wurde, wegen rechtswidriger Einträge in einem von der ynnor GmbH betriebenen Forum abgemahnt. Die ehrverletzenden Äußerungen wurden durch unbekannte Dritte vorgenommen.
Die Antragstellerin verlangte im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, wonach sich die Forums-Betreiberin verpflichten sollte, jedes rechtswidrige Posting stets innerhalb von 24 Stunden zu löschen. In ihrem Antrag stützt sie sich maßgeblich auf eine Entscheidung des AG Winsen, wonach ein Forum-Betreiber innerhalb weniger Stunden die Löschung vorzunehmen habe, vgl. die Kanzlei-Infos v. 18.06.2005 = http://shink.de/mam41j
Die Richter am LG Nürnberg-Fürth (Az.: 3 O 9695/05) merkten in der mündlichen Verhandlung an, dass den Betreiber eines Forums grundsätzlich keinerlei Überwachungs- oder Kontrollpflicht treffe (§ 8 Abs.2 S.1 TDG). Auch nenne das Gesetz in § 11 TDG ausdrücklich keine absolute Zeitfrist wie 24 Stunden, sondern spreche explizit nur von "unverzüglich".
Im konkreten Fall sah das Gericht eine Löschung von 2-3 Tage nach Kenntnisnahme noch als unverzüglich an, während es einem Zeitraum von 6 Tagen nach Kenntnisnahme als verspätet einstufte.
Der Beschluss des AG Winsen/Luhe wurde als "einsame Entscheidung" bewertet, die in keiner Weise überzeuge.
Das Verfahren endete im Vergleich.
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10. Neuer Aufsatz von RA Dr. Bahr: "Haftung des Merchants für seine Affiliates"
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Es gibt einen neuen Aufsatz von RA Dr. Bahr:
"Haftung des Merchants für seine Affiliates - oder: Der Untergang des Affiliate-Abendlandes?"
http://shink.de/zwsp7o
Er beschäftigt sich - angesichts der aktuellen Entscheidungen des LG Hamburgs und des LG Kölns - mit der Frage, wann und unter welchen Umständen ein Merchant für die von seinem Affiliate begangenen Rechtsverletzungen (mit-) haftet.
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