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Newsletter vom 10.04.2019 |
Betreff: Rechts-Newsletter 15. KW / 2019: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BVerfG: Zur Auskunftspflicht der Eltern über Familienmitglieder in P2P-Urheberrechtsverletzungen _____________________________________________________________ Das Grundrecht auf Achtung des Familienlebens aus Art. 6 Abs. 1 GG steht einer zivilprozessualen Obliegenheit der Inhaber eines Internetanschlusses nicht entgegen, zu offenbaren, welches Familienmitglied den Anschluss genutzt hat, wenn über den Anschluss eine Urheberrechtsverletzung begangen wurde. Mit dieser Begründung hat die 2. Kammer des Ersten Senats mit heute veröffentlichtem Beschluss die Verfassungsbeschwerde eines Elternpaares gegen eine Verurteilung zu Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten nicht zur Entscheidung angenommen, das zwar wusste, welches seiner Kinder Musikinhalte urheberrechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht hatte, dies aber im Zivilprozess nicht offengelegt hatte. Aus Art. 6 Abs. 1 GG ergibt sich danach zwar ein Recht, Familienmitglieder nicht zu belasten, nicht aber ein Schutz vor negativen prozessualen Folgen dieses Schweigens.
Sachverhalt: Das Landgericht verurteilte sie zur Zahlung von Schadensersatz und Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten wegen Urheberrechtsverletzung. Berufung und Revision blieben in der Sache erfolglos.
Wesentliche Erwägungen der Kammer: 1. Zwar liegt ein Eingriff in dessen Schutzbereich vor, der die Familie unter den besonderen Schutz des Staates stellt und auch das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern umfasst. Familienmitglieder sind danach berechtigt, ihre Gemeinschaft in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten. 2. Allerdings ist diese Beeinträchtigung gerechtfertigt. Die Auslegung der entscheidungserheblichen Normen - § 97 Abs. 2 Satz 1, § 85 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit § 138 ZPO - durch den Bundesgerichtshof und durch die Instanzgerichte verletzt nicht das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 6 Abs. 1 GG. Dem Schutz des Art. 14 GG, auf den sich die Klägerin als Rechteinhaberin berufen kann, kommt in Abwägung der widerstreitenden Grundrechtsgüter im Streitfall ebenfalls ein erhebliches Gewicht zu. Die Fachgerichte sind bei Abwägung der Belange des Eigentumsschutzes mit den Belangen des Familienschutzes den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht geworden. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs müssen die Beschwerdeführer zur Entkräftung der Vermutung für ihre Täterschaft als Anschlussinhaber ihre Kenntnisse über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung mitteilen und auch aufdecken, welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen hat, sofern sie davon Kenntnis erlangt haben. Diese Abwägung trägt dem Erfordernis praktischer Konkordanz ausreichend Rechnung und hält sich jedenfalls im Rahmen des fachgerichtlichen Wertungsrahmens. Die Ausstrahlungswirkung der von den Entscheidungen berührten Grundrechte ist bei der Auslegung von § 138 ZPO hinreichend beachtet. Zwar kennt das Zivilprozessrecht einen Schutz vor Selbstbezichtigungen und findet die Wahrheitspflicht einer Partei dort ihre Grenzen, wo sie gezwungen wäre, etwa eine von ihr begangene strafbare Handlung zu offenbaren. Entsprechendes dürfte gelten, wenn es um Belastungen von nahen Angehörigen geht. Den grundrechtlich gegen einen Zwang zur Selbstbezichtigung geschützten Prozessparteien und Verfahrensbeteiligten kann dann aber das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung auferlegt werden. Ein weitergehender Schutz ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Vielmehr ist auch der gerichtlichen Durchsetzung von Grundrechtspositionen - hier dem nach Art. 14 GG geschützten Leistungsschutzrecht des Rechteinhabers aus § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG - angemessen Rechnung zu tragen. Der Bundesgerichtshof berücksichtigt, dass Rechteinhaber zur Durchsetzung ihrer Rechte in Filesharing-Verfahren regelmäßig keine Möglichkeit haben, zu Umständen aus dem ihrem Einblick vollständig entzogenen Bereich der Internetnutzung durch den Anschlussinhaber vorzutragen oder Beweis zu führen. Zugunsten der Klägerin als Inhaberin des Art. 14 GG unterfallenden Leistungsschutzrechts berücksichtigt er damit deren Interesse an einer effektiven Durchsetzung ihrer urheberrechtlichen Position gegenüber unberechtigten Verwertungshandlungen. Die Beeinträchtigung der familiären Beziehungen der Beschwerdeführer hält er dabei in Grenzen. Denn Familienangehörige müssen sich nicht gegenseitig belasten, wenn der konkret Handelnde nicht ermittelbar ist. Vielmehr tragen sie nur das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung, wenn sie die Darlegungs- und Beweisanforderungen nicht erfüllen. Die Möglichkeit, innerfamiliäre Spannungen und Verhältnisse durch Schweigen im Prozess zu verhindern oder jedenfalls nicht nach außen tragen zu müssen, führt umgekehrt nicht dazu, dass dieses Schweigen eine Haftung generell - also ohne prozessuale Folgen - ausschließen müsste. Die zur Wahrung von Art. 6 GG gewährte faktische „Wahlmöglichkeit“ im Zivilprozess, innerfamiliäres Wissen zu offenbaren oder aber zu schweigen, kann bei der Tatsachenwürdigung keinen Vorrang vor der Durchsetzung des Art. 14 GG unterfallenden Leistungsschutzrechts beanspruchen. Der Schutz der Familie dient nicht dazu, sich aus taktischen Erwägungen der eigenen Haftung für die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums zu entziehen. Der bloße Umstand, mit anderen Familienmitgliedern zusammenzuleben, führt nicht automatisch zum Haftungsausschluss für den Anschlussinhaber. Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, es gebe bessere und im Verhältnis zu der Zivilrechtsprechung in ähnlich gelagerten Fällen konsistentere Lösungen für den Ausgleich zwischen den Rechtspositionen der Inhaber geistiger Eigentumsrechte und deren Nutzern, fällt dies verfassungsrechtlich nicht ins Gewicht. Ob es darüber hinaus gerechtfertigt wäre, dem Anschlussinhaber auch Nachforschungs- oder Nachfragepflichten aufzuerlegen, bedurfte keiner Entscheidung. 3. Aus den europäischen Grundrechten ergibt sich nichts anderes. Insbesondere steht das Recht der Europäischen Union nicht schon der Anwendbarkeit der Grundrechte des Grundgesetzes entgegen. Denn soweit das Unionsrecht nicht abschließend zwingende Vorgaben macht, bleiben die Grundrechte des Grundgesetzes anwendbar. In dem Rahmen, in dem den Mitgliedstaaten Umsetzungsspielräume belassen sind, sind die Fachgerichte folglich auch im Anwendungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie und der Durchsetzungsrichtlinie an die Grundrechte des Grundgesetzes gebunden. Dies ist für die Durchsetzung der urheberrechtlichen Ansprüche nach Maßgabe des nicht harmonisierten Zivilverfahrensrechts der Fall. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bildet die unionsrechtlichen Anforderungen zutreffend ab. Beschluss vom 18. Februar 2019 - Az.: 1 BvR 2556/17
Quelle: Pressemitteilung des BVerfG v. 03.04.2019
Der klagende Verein wurde 2002 gegründet. Zu seinen satzungsmäßigen Zwecken gehört die Förderung des Verbraucherschutzes durch Verbraucherberatung und -aufklärung auf dem Gebiet der geschlossenen Fondsmodelle und sonstigen Kapitalanlagemodelle. Seine Gründungsmitglieder gehörten mehrheitlich einer entsprechend spezialisierten Anwaltskanzlei an. 2010 beantragte der Verein die Eintragung in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 und 2 UKlaG. Vereine, die in diese Liste eingetragen sind, dürfen Ansprüche bei Verstößen gegen die in §§ 1 bis 2 UKlaG benannten Verbraucherrechte auch klageweise geltend machen. Das Bundesamt für Justiz lehnte den Antrag ab. Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, die Tätigkeit des Klägers diene in nennenswertem Umfang wirtschaftlichen Interessen der genannten Anwaltskanzlei. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Die Eintragung in die Liste der qualifizierten Einrichtungen setzt nach § 4 Abs. 2 UKlaG nicht nur voraus, dass es zu den satzungsmäßigen Aufgaben des Vereins gehört, Verbraucherinteressen durch nicht gewerbsmäßige Aufklärung und Beratung wahrzunehmen. Zusätzlich muss aufgrund der bisherigen Vereinstätigkeit gesichert erscheinen, dass die satzungsmäßigen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllt werden. Dazu muss die Aufklärung und Beratung bereits in der Vergangenheit tatsächlich im ausschließlichen Interesse der Verbraucher und nicht im wirtschaftlichen Interesse des Vereins oder Dritter erbracht worden sein. Daran fehlt es nach den Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts. Danach betreibt der Kläger seine Aufklärungs- und Beratungstätigkeit auch im wirtschaftlichen Interesse der Anwaltskanzlei. Diese bildet mit ihm eine Zweckgemeinschaft, die u.a. darauf ausgerichtet ist, Mandanten für die Kanzlei zu gewinnen. Der Kläger empfiehlt Mitgliedern, die rechtliche Beratung benötigen, ausschließlich diese Kanzlei. Er wirbt für deren Leistungen mit Honorarermäßigungen, die sie seinen Mitgliedern gewährt, und gibt die Ergebnisse seiner für die Mitglieder durchgeführten Recherchen ausschließlich an Anwälte dieser Kanzlei weiter. Urteil vom 03. April 2019 - BVerwG 8 C 4.18 -
Vorinstanzen:
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 04.04.2019
Die Medienanstalt hatte Internet-Video-Formate von bild.de, soweit diese als Live-Stream verbreitet werden, als zulassungspflichtigen Rundfunk eingestuft und deren Verbreitung ohne Rundfunkzulassung untersagt. Dabei handelt es sich um die – später über bild.de, Facebook und YouToube abrufbaren – Formate „Die richtigen Fragen“, „BILD-Sport – Talk mit Thorsten Kinnhöfer“ und „BILD –Live“. Gegen diesen Bescheid hatte sich die Muttergesellschaft des Axel-Springer-Konzerns gewandt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Erfolgsaussichten der beim Verwaltungsgericht anhängigen Klage unter Verweis darauf als „offen“ angesehen, dass die rechtliche Abgrenzung zwischen zulassungspflichtigem Rundfunk und zulassungsfreien Medien in der digitalen Welt bisher ungeklärt und höchst umstritten sei. Die in einem solchen Fall gebotene Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Bescheides und dem Interesse der Antragstellerin, die Vollziehung des Bescheides bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen, gehe zu Gunsten der Antragstellerin aus. Denn diese müsste im Falle der vorläufigen Einstellung des Live-Streamings einen erheblichen Verlust an (Publikums-)Reichweite hinnehmen. Das ergebe sich aus der Konzeption als Live-Angebot mit Kommentarfunktionen für die Empfänger, die bei laufender Sendung eine Diskussion bzw. eine direkte Kommunikation mit den Nutzern ermögliche. Demgegenüber reduziere sich das öffentliche Vollzugsinteresse darauf, ein Verbot durchzusetzen, dessen Anwendung vorliegend gerade streitig sei. Form und Inhalt der Formate seien nicht beanstandet worden. Beschluss vom 2. April 2019 – OVG 11 S 72.18 -
Quelle: Pressemitteilung des OVG Berlin-Brandenburg v. 04.04.2019
Eine Gemeinde veröffentlichte im Rahmen baurechtlicher Vorschriften bestimmte Unterlagen, die sie von Antragsteller der Baugenehmigung erhalten hatte. Es handelte sich dabei um ein Exposé zur Darlegung einer baurechtlich atypischen Fallgestaltung. Sie veröffentlichte dies entsprechend § 4a Abs.4 BauGB online. Die Dokumente enthielten auch einen Stadtplan, an dem die Klägerin die Nutzungsrechte besaß. Da die Gemeinde sich keine Lizenzrechte hatte einräumen lassen, klagte die Rechteinhaberin auf Unterlassung. Die Beklagte hingegen berief sich auf § 5 UrhG, wonach für amtliche Werke das Urheberrecht nicht gelte. Das OLG Zweibrücken überzeugte diese Argumentation nicht, sodass die Gemeinde zur Unterlassung verurteilt würde. § 5 UrhG sei im vorliegenden Fall weder direkt noch nach seinem Sinn und Zweck entsprechend anwendbar. Die Norm stelle amtliche Werke urheberrechtsfrei, um einem öffentlichen Informationsinteresse zu genügen. Die Öffentlichkeit solle Äußerungen von Hoheitsträgern, die für deren Amtsausübung bedeutsam seien, zur Kenntnis nehmen können, ohne daran durch urheberrechtliche Beschränkungen gehindert zu sein. Ein solcher Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Urheberrecht speise sich aus zwei Gedanken, so das Gericht weiter. Zum Ersten müsse ein allgemeines Bedürfnis dafür bestehen, dass nicht nur die Behörde, sondern jedermann berechtigt sein solle, das amtliche Werk zu nutzen. Zum Zweiten erhalte der regelmäßig im öffentlichen Dienst tätige Urheber für seine Leistung eine Besoldung dafür, dass er auch amtliche Werke verfasse bzw. mitverfasse. Beide Bedingungen seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Ein allgemeines Publizitätsinteresse an der Karte sei nicht erkennbar, denn diese hätte ohne weiteres entgeltlich auf dem Markt beschafft werden könne. Auch fehle es an der notwendigen Alimentierung. Denn im vorliegenden Fall handle es sich um kein Werk, das im Auftrag der Gemeinde erstellt worden sei. Vielmehr handle es sich um ein Dokument, das ursprünglich zu gewerblichen Zwecken von einem Dritten erstellt worden sei. Würde ein solches Handeln zulässig sein, liefe dies im Ergebnis darauf hinaus, einen privaten Anbieter wie die Klägerin dazu zu verpflichten, entgeltfrei Kartenmaterial zu erstellen und dies der öffentlichen Hand zur Verfügung zu stellen, unter Verzicht auf sämtlicher urheberrechtlichen Befugnisse.
§ 5 UrhG gewähre jedoch keine kostenfreien Zwangslizenzen, sondern schränke das Eigentum unter Zugrundelegung des Besoldungs- bzw. Vergütungsgedankens ein. Dies werde im Übrigen auch durch die in Absatz 3 der Vorschrift enthaltene Regelung bestätigt: Denn dort werde für private Werke eine Art von Zwangslizenz vorgesehen, allerdings "zu angemessenen Bedingungen“ und damit vergütungsabhängig.
Dazu wurde der Kunde in den Räumen einer ehemaligen Apotheke in Hüffenhardt über ein Videoterminal mit einem in den Niederlanden befindlichen Apotheker bzw. Pharmazeutisch-Technischen-Assistenten verbunden. Dieser entschied dann unter anderem nach Kontrolle des eingescannten ärztlichen Rezepts über die Ausgabe des von dem Kunden gewünschten Medikaments durch den mit einem Medikamentenlager verbundenen Arzneimittelautomaten. Mit Bescheid vom 21.04.2017 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Klägerin die weitere Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel sowie mit sofortiger Wirkung die weitere Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel mittels des Automaten. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium Karlsruhe im Wesentlichen aus, die Klägerin verstoße gegen das Arzneimittelgesetz, da sie apothekenpflichtige Arzneimittel außerhalb einer Apotheke und nicht im Rahmen ihres Versandhandels in den Verkehr bringe. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 26.04.2017 vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gestellt. Der Eilantrag wurde später wieder zurückgenommen. In der Begründung ihrer Klage vertrat die Klägerin insbesondere den Standpunkt, bei der Abgabe der Medikamente mittels Videochat handele es sich um eine Art des Versandhandels. Ihr Handeln sei deswegen von ihrer niederländischen Versandhandelserlaubnis gedeckt. Außerdem verstoße das behördliche Verbot gegen Europarecht. Das Verwaltungsgericht ist dieser Argumentation nicht gefolgt und hat die Klage mit Urteil vom gestrigen Tag abgewiesen. Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor. Das Urteil vom 04.04.2019 - 3 K 5393/17 - ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Zulassung der Berufung beantragen.
Quelle: Pressemitteilung des VG Karlsruhe v. 05.04.2019
In dem sechsseitigen Gutachten, dass im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums erstellt wurde, geht es um mögliche Krebsrisiken im Zusammenhang mit dem Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Die Webseite "FragDenStaat" hatte das Gutachten ohne Genehmigung auf ihrer Webseite für die Öffentlichkeit publiziert und war daraufhin vom Bundesinstitut für Risikobewertung abgemahnt worden. Als Antwort auf die Abmahnung erhob "FragDenStaat" eine negative Feststelllungsklage vor dem LG Berlin, über die bislang jedoch nicht verhandelt wurde. Das Bundesinstitut erwirkte nun eine einstweilige Verfügung, die dem Portal verbietet, das Gutachten weiterhin auf der Webseite zum Download anzubieten. Die Kölner Richter bejahen eine Urheberrechtsverletzung. Das Gutachten sei ein Sprachwerk und somit urheberrechtlich geschützt. Es gebe auch keine gesetzliche Schranke, die die Veröffentlichung rechtfertigen könnte.
Das Handeln sei auch nicht durch das Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) gedeckt, da die Regelung nicht für Informationen gelte, die Im Besitz von Bildungs- und Forschungseinrichtungen seien.
Der Antragsteller war 2011 wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden. Nachdem der Antragsteller gegenüber dem Jugendamt bestätigt hatte, dass er eine aus Syrien stammende allein erziehende Mutter und ihre vier Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren unterstütze, ihnen bei Behördengängen Hilfestellungen biete und die Kinder etwa auch zu Sportterminen bringe, teilte das Jugendamt dem Antragsteller die Absicht mit, die Kindesmutter über die Verurteilung des Antragstellers zu informieren. Den hiergegen gerichteten Eilantrag lehnte das Gericht nunmehr ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Die vom Jugendamt beabsichtigte Mitteilung über die Verurteilung des Antragstellers wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften greife zwar in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers ein. Dieser Eingriff werde sich aber nicht als rechtswidrig erweisen. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gefahren für ihr Wohl gehöre zum Kompetenzbereich des zuständigen Jugendamts. Dementsprechend beabsichtige das Jugendamt hier, im Rahmen seines ihm nach dem Grundgesetz obliegenden staatlichen Wächteramtes tätig zu werden, das verlange, dass der Staat Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schütze. Danach seien Warnhinweise durch das Jugendamt an Erziehungsberechtigte minderjähriger Kinder grundsätzlich zulässig, wenn gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung durch Dritte vorliegen. Derartige Anhaltspunkte seien dem Jugendamt hier bekannt geworden. Die persönlichen Umgangskontakte des Antragstellers zu den vier minderjährigen Kindern im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Verurteilung des Antragstellers wegen der Verbreitung von kinderpornographischen Schriften seien ausreichend gewichtige Anhaltspunkte für die Annahme einer Gefährdung des Wohls der Kinder. Denn es lasse sich nicht von vorneherein ausschließen, dass die ärztlich diagnostizierte Pädophilie des Antragstellers zu Beeinträchtigungen bei den Kindern führen könnte. Die beabsichtigte Mitteilung der strafrechtlichen Verurteilung des Antragstellers sei auch nicht als unsachlich anzusehen, da sie den Tatsachen entspreche. Sie sei auch nicht unverhältnismäßig. Das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit habe ein größeres Gewicht als das Recht des Antragstellers auf eigene Außendarstellung und auf Schutz der eigenen Daten. Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden. (Az.: 6 L 211/19 – nicht rechtskräftig)
Quelle: Pressemitteilung des VG Münster v. 05.04.2019
Die Webseite Happy Cheeze stellte vegane Cashew-Produkte her und warb dafür mit unterschiedlichen Statements. Unter anderem verwendete das Unternehmen die Aussagen
"Cheeze" und "vegane Käse-Alternative" und "gereifte Käse-Alternative". Auf die außergerichtliche Abmahnung der Wettbewerbszentrale hin, gab die Firma eine Unterlassungserklärung hinsichtlich des Bestandsteil "Cheeze" ab, sodass vor Gericht nur noch über die Bezeichnung "Käse-Alternative" gestritten wurde. Das LG Stade sah darin keine Irreführung, da durch die Wahl des Wortes "Alternative" für den Verbraucher hinreichend deutlich werde, dass es sich um etwas anderes als Käse handle. Der Begriff bezeichne gerade etwas Anderes als das, zu dem die Alternative in Beziehung gesetzt werde.
Daher werde der Kunde auch nicht in die Irre geführt.
Beschreibung: Die Urheberrechtsreform ist in aller Munde. Uploadfilter, Linksteuer und Leistungsschutzrecht beherrschen die Netzdebatte seit einiger Zeit. Ist das Internet jetzt kaputt? Können wir nun bald keine Memes mehr hochladen? Gerät die Digitalwirtschaft zur Digitalwüste? Diese und viele weitere Fragen klären wir in unserem einstündigen Q&A-Webinar. Dabei haben wir vier Themenblocks ausgemacht, die für Unternehmen die größte Relevanz haben:
1. Überblick: Urheberrechtsreform
2. Art. 17: „Upload-Filter“
a) Wie war bislang die Rechtslage in Deutschland?
4. Regelungen zugunsten der Urheber
Wer nicht dabei war: Wir stellen in Kürze das Video für alle online.
Das betroffene Unternehmen, die Bisnode Polska, ist die nationale Tochter der weltweit tätigen Firma Bisnode AB. Bisnode ist ein großer Anbieter für digitale Wirtschaftsinformationen und stellt vor allem Kreditauskünfte und sonstige Informationen über Unternehmen zur Verfügung. Der Unternehmensverbund erwirtschaftete 2017 einen Umsatz von ca. 3,6 Milliarden Schwedischen Kronen. Die Bisnode Polska verarbeitete ca. 6 Mio. Datensätz aus öffentlich zugänglichen Quellen, einschließlich aus dem Zentralregister und Informationen über die Wirtschaftstätigkeit (CEiDG). Bei sämtlichen Betroffenen handelte es sich um Unternehmer, Verbraucherdaten waren nicht betroffen. Bisnode Polska informierte nicht sämtliche 6 Mio. Betroffene, sondern benachrichtete nur ca. 680.000 Personen, von denen eine E-Mail-Adresse vorlag, auf elektronischem Wege. Alle anderen Personen erhielten keine Nachricht. Bisnode Polska stufte eine Benachrichtigung per Briefpost oder Telefon als unverhältnismäßig ein und sah von der Erfüllung der Informationspflicht nach Art. 14 DSGVO ab, veröffentlichte aber eine entsprechende Nachricht auf der eigenen Webseite. Das Unternehmen berief sich dabei auf Art. 14 Abs.5 DSGVO, der bei Unverhältnismäßigkeit eine Ausnahme vorsieht.
Die Norm lautet:
Art. 14 DSGVO: Informationspflichten Die polnische Datenschutzbehörde (UODO) ließ dieses Argument nicht gelten. In ihrer Stellungnahme schreibt die Aufsicht, dass das Unternehmen verpflichtet gewesen sei, auch die anderen knapp 6 MIo. Betroffenen zu informieren. Dies hätte per Briefpost oder telefonisch erfolgen können: "In the opinion of the President of the Personal Data Protection Office, such action was insufficient – while having the contact data to particular persons, the controller should have fulfilled the information obligation in relation to them, that is it should have informed them inter alia on: their data, the source of their data, the purpose and the period of the planned data processing, as well as the data subjects’ rights under the GDPR. Die Behörde stufte das Handeln des Unternehmens als vorsätzlich ein und verhängt daher ein Bußgeld iHv. ca. 220.000,- EUR: "The President of the Personal Data Protection Office found that the infringement of the controller was intentional, because - as it was established during the proceedings - the company was aware of the obligation to provide relevant information, as well as the need to directly inform persons." Bisnode Polska hat auf ihrer Webseite eine entsprechende Stellungnahme veröffentlicht und angekündigt, sich gegen die Maßnahme der Behörde gerichtlich zu wehren.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Sollte sich die Rechtsansicht der Behörde durchsetzen, wäre dies das faktische Ende jeder Wirtschaftsauskunftei, die Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen erhebt. Denn das Verlangen der Behörde ist aus mehreren Gründen nicht erfüllbar. Zum einen scheitert es bereits an den wirtschaftlichen Gegebenheiten. Denn die Kosten für die postalische Benachrichtigung der 6 Mio. Betroffenen dürfte locker im siebenstelligen EUR-Bereich liegen und damit in keiner Weise mehr wirtschaftlich angemessen sein. Wenn dies keinen Fall von "unverhältnismäßigem Aufwand" darstellt: Was soll sonst darunter fallen? Zum anderen stellt sich auch die Frage, ob eine Benachrichtigung per E-Mail oder Telefon (wie von der Behörde verlangt) wettbewerbs- und zivilrechtlich zulässig ist. Dies würde nämlich bedeuten, dass das Unternehmen befugt wäre, ungefragt elektronische Nachrichten an die Betroffenen zu versenden bzw. diese ohne vorherige Erlaubnis anzurufen. Dies wird man wohl eher verneinen müssen, denn Art. 14 DSGVO stellt sicherlich ausreichende keine gesetzliche Rechtsgrundlage für solche Handlungen da. Die Behörde verkennt grundlegend, dass die Daten nur Unternehmer betreffen und zudem auch noch aus allgemein zugänglichen Quellen stammen. Es erschließt sich noch nicht einmal im Ansatz, welche Schutzbedürftigkeit hier besteht, die Betroffenen über die Speicherung zu informieren, wenn die Daten für Gott und die Welt frei zugänglich publiziert werden. Es ist mehr als erfreulich, dass sich Bisnode Polska gegen diese ungerechtfertige Behördenmaßnahme gerichtlich wehren wird. Alles andere wäre nämlich der Anfang vom Ende von Wirtschaftsauskunfteien und des gewerblichen Adresshandels.
Es kann nur als verfrühter April-Scherz aufgefasst werden, wenn die Behörde sogar noch ausführt, dass sie nichts Unmögliches verlange, da sie die Benachrichtigung mittels eingeschriebenen Postbrief ja gar nicht verlange:
"In the opinion of the UODO’s President, the provisions do not impose an obligation on the controller to send such correspondence by registered mail, which was raised by the company as an excuse for not fulfilling an expensive obligation." zurück zur Übersicht |