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Der Oberste Gerichtshof (Österreich), der mit dem Rechtsstreit befasst ist, hat den Gerichtshof dazu um Auslegung der Richtlinie über die Rechte der Verbraucher1 ersucht.
Der Gerichtshof antwortet, dass dem Verbraucher das Recht, einen Fernabsatzvertrag zu widerrufen, bei einem Abonnementvertrag, der anfangs einen kostenlosen Zeitraum vorsieht und sich, wenn dieser Vertrag nicht gekündigt wird, automatisch verlängert, grundsätzlich nur ein einziges Mal zukommt.
Wurde der Verbraucher bei Abschluss des Abonnements nicht klar, verständlich und ausdrücklich darüber informiert, dass dieses Abonnement nach einem kostenlosen Anfangszeitraum kostenpflichtig wird, muss er jedoch über ein neuerliches Widerrufsrecht verfügen.
Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-565/22 | Sofatutor
Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 05.10.2023
Für die Werbung mit Garantien stellt § 479 BGB bestimmte Mindestpflichten auf, insbesondere hinsichtlich Inhalt und Umfang.
Nun stellte sich die Frage, ob auch eine Zufriedenheitsgarantie unter diesen Begriff fiel.
Die Garantie lautete wie folgt:
Der vor kurzem in Kraft getretene Digital Services Act sieht umfangreiche Pflichten für bestimmte große Online-Plattformen ("Very Large Online Platform") vor.
Die EU-Kommission hatte dazu mehr als ca. 20 Firmen benannt, die unter diese Regelungen fielen. Benannt war u.a. auch Amazon.
Die Luxemburger wehrten sich nun gegen diese Einschätzung und bekamen - vorläufig - vor dem EuG Recht.
Das Gericht entschied, dass Amazon bis zu endgültigen Klärung im Hauptsacheverfahren nicht alle Pflichten für große Online-Plattformen einzuhalten habe.
Die Transparenzpflichten aus Art. 39 DSA (= erweiterte Info-Pflichten bei Online-Werbung) entfielen bis auf weitere. Andere Vorgaben, u.a. Art. 38 DSA, würden hingegen weiterhin zur Anwendung kommen:
n the second place, the applicant submits that there is a less onerous alternative, in so far as the objective of facilitating supervision and research into emerging risks brought about by the distribution of advertising online could be achieved by making a reasonably structured register available to authorised regulators and researchers of the type referred to in Article 40(8) of Regulation 2022/2065, subject to appropriate provisions for the protection of trade secrets.
This, it argues, would guarantee the objective of supervision and research, while protecting confidential information in the repository by not making it available to the general public."
Folglich muss das von der Klägerin geltend gemachte Interesse das Interesse an der Abweisung des Antrags auf einstweilige Anordnung überwiegen, erst recht, wenn der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung nur auf die Aufrechterhaltung des Status quo für eine begrenzte Zeit hinausläuft."
Der Kläger verlangte gegen die Beklagte, eine Auskunftei, Schadenersatz auf Basis der DSGVO, da diese fehlerhafte Daten zu ihm gespeichert hatte. Der Negativeintrag beruhte auf einer irrtümlichen Meldung eines Vertragspartners.
Das OLG Brandenburg wies die Klage ab, da die Auskunftei kein Verschulden treffe und somit für den Schaden nicht verantwortlich sei (Art. 82 Abs,3 DSGVO):
Die Beklagte erhielt von ihrer Vertragspartnerin unrichtige Informationen: Die Forderung wurde am 05.01.2021 mit eben diesem Datum der Forderung gemeldet. Sie wurde am 11.01.2021 gegenüber der Beklagten als „erledigt“ infolge Zahlung gemeldet. Zutreffenderweise hätte der Eintrag nicht aufgenommen werden dürfen bzw. umgehend gelöscht werden müssen, weil die Forderung infolge der durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg - Insolvenzgericht - vom 08.03.2017 - 36w IN 5066/10 - gewährten Restschuldbefreiung nicht durchsetzbar war. Der Kläger teilte diesen Umstand der Beklagten am 28.01.2021 mit. Sodann hat die Beklagte die Löschung veranlasst.
Es ist nicht festzustellen, dass der Beklagten bei Anmeldung der Forderung andere Erkenntnisse über den Zeitpunkt der Entstehung der Forderung vorlagen oder dass sie Anlass hatte, eine inhaltliche Prüfung der Anmeldung vorzunehmen. Aufgrund der Mitteilung des Klägers trat die Beklagte mit der („Firma 02“) in Kontakt und erhielt die Information, dass die Titulierung im Jahr 2005 vorgenommen wurde. Sie veranlasste am 09.02.2021 die Löschung und informierte die („Firma 02“), die die Eintragung veranlasst hatte und auf die Mitteilung der Beklagten einräumte, dass bei der Anmeldung „ein Büroversehen“ vorgelegen habe. Sodann informierte die Beklagte den klägerischen Prozessbevollmächtigten am 18.02.2021 über die Löschung.
Die Beklagte war aufgrund des von der („Firma 02“) angegebenen Forderungsdatums, der von dort ebenfalls veranlassten Mitteilung der „Erledigung durch Zahlung“ und infolge der nach Ablauf von drei Jahren gelöschten Eintragung der Mitteilung über die Restschuldbefreiung nicht für die unzulässige Verarbeitung der Daten des Klägers verantwortlich."
Es liege auch keine gemeinsame Verantwortlichkeit vor, die möglicherweise eine Haftung begründen könnte:
Der Gegenstand der Datenverarbeitung wird hier zwar von der Beklagten mit ihren Vertragspartnern zwar insoweit festgelegt, als vertraglich vereinbart wird, welche Daten mitzuteilen sind. Auch kann davon ausgegangen werden, dass auch die Vertragspartner der Beklagten den Zweck der Datenverarbeitung der Beklagten teilen, eine umfassende Auskunft über Wirtschaftsteilnehmer zu ermöglichen und die hierfür benötigten Daten aktuell und zutreffend zusammenzufassen.
Allerdings trifft die einliefernde Stelle allein die Entscheidung, welche Daten sie der Beklagten mitteilt; ebenso entscheidet die Beklagte in eigener Verantwortung, ob und in welchem Umfang sie die ihr gemeldeten Daten in die Datenbank aufnimmt. Eine Verwendung gemeinsamer Mittel der Datenverarbeitung ist damit nicht verbunden.
Die Beklagte koordiniert und organisiert die Datenverarbeitung durch ihre Vertragspartner auch nicht. Gemeinsame Datenverarbeitung kann begründet sein, wenn eine Stelle sich anderer Personen bedient und deren Tätigkeit fördert, organisiert und koordiniert um zu einem gemeinsamen Zweck Daten zu erheben und zu verwenden (EuGH, „Jehovan todstajat“, Urteil vom 10.07.2018 - C-25/17, Rn. 70 ff). Die Beklagte organisiert die Datenerhebung ihrer Vertragspartner nicht. Vielmehr werden die Daten dort jeweils in eigener Verantwortung erhoben und über die Weiterleitung an die Beklagte entschieden."
Erstinstanzlich war dem Kläger vor dem LG Leipzig ein Schadensersatzanspruch von 1.500,- EUR zugesprochen worden, weil eine SCHUFA-Eintragung unbegründet war. Der Kläger verlangte nun in der Berufung eine höhere Summe.
Dies lehnte das OLG Dresden in einem Hinweisbeschluss ab:
Hierbei ist Folgendes zu berücksichtigen: Was die Kündigung des Dispositionsrahmens (...) betrifft, so ist hier aufgeführt, dass der bestehende Dispositionsrahmen von 13.700,00 € zum einen erst ab dem 30.10.2022 reduziert wurde und außerdem in monatlichen Schritten je 500,00 €. Dies bedeutet, dass der Kläger ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung mindestens noch 27 Monate Zeit hatte, um der Absenkung des Dispositionsrahmen auf 100,00 € entgegenzutreten.
In Bezug auf das Girokonto (...) und dessen Kündigung (...) ist anzumerken, dass die Kündigung erst mit Wirkung zum 18.09.2022 ausgesprochen wurde, nach den insoweit unangefochtenen Ausführungen im angegriffenen Urteil (dort Seite 8 unten) die rechtswidrige Störungsmeldung aber nur für etwa ein halbes Jahr, beginnend ab dem 03.01.2022 anhielt. Zwar impliziert die Formulierung „bis mindestens zum 26.07.2020“ dass die Störung unter Umständen auch länger angedauert haben könnte. Die Kündigung zum 18.09.2022 hat damit den Kläger aber nicht in existenziellen Druck gebracht, „von heute auf morgen“ seine gesamten Konten umzudisponieren.
Was die mit der Führung des Geschäftsbetriebes verbundenen Unannehmlichkeiten betrifft ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach dem Inhalt des unstreitigen Tatbestandes des Urteils sein Unternehmen, dass sich mit der Vermietung von Fotoboxen befasst, nur im Nebengewerbe betreibt. Die mit der Führung dieses Unternehmens verbundenen Unannehmlichkeiten betreffen also nicht den Hauptteil seiner beruflichen Tätigkeit. Die Beeinträchtigung eines anderen Geschäftes oder eines anderen Berufs hat der Kläger indessen nicht dargelegt."
Schließlich führt auch der Verweis des Klägers auf diverse landgerichtliche Urteile zu keiner anderen Beurteilung. Das vom Kläger zitierte Urteil des Landgerichts Mainz vom 12.11.2021 hat bei einem unberechtigten Schufa-Eintrag einen immateriellen Schadensersatz von 5.000,00 € zuerkannt, weil der Kläger im Kern unbestritten dargelegt habe, durch den Schufa-Eintrag eine „massive Beeinträchtigung seines sozialen Ansehens“ erlitten zu haben.
Da die massive Beeinträchtigung nicht näher konkretisiert wird, ist ein Vergleich mit dieser Entscheidung nicht möglich. Dem zitierten Urteil des Landgerichts Hannover vom 14.02.2022 - 13 O 129/21 lag ein besonders hartnäckiger mehrjähriger Verstoß zugrunde, bei dem noch nicht einmal nach Erlass eines Anerkenntnisurteils die Negativeinträge gelöscht wurden und bei der der Kläger mehrjährig in seinem Hauptberuf als Inhaber einer Physiotherapiepraxis Bloßstellungen erdulden musste. Das vom Kläger zitierte Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 18.05.2022 - 5 U 2141/21 hat schließlich bei einem falschen Schufa-Eintrag einen Schadensersatz nach DSGVO in Höhe von lediglich 500,00 € zuerkannt."
Die Beklagte betrieb eine Software-Plattform, über die die Ausstellung von sogenannten Folgerezepten für verschreibungspflichtige Arzneimittel über das Internet durch Ärzte, die den Patienten zuvor noch nicht behandelt hatten, möglich war.
In der 1. Instanz hatte das LG Hamburg einen Wettbewerbsverstoß bejaht und die Beklagte zur Unterlassung verurteilt.
Im Rahmen der Berufung schloss sich das OLG Hamburg nun dieser Ansicht in einem Hinweisbeschluss an:
Nach § 7 III der Berufsordnung der Ärzte in Hamburg beraten und behandeln Ärztinnen und Ärzte Patientinnen und Patienten im persönlichen Kontakt. Sie können dabei Kommunikationsmedien unterstützend einsetzen.
Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird.
Danach verstößt die hier gegenständliche Erteilung eines „Folgerezeptes“ für das verschreibungspflichtige Medikament „Candesartan“ gegen die ärztliche Sorgfalt, weil nicht sichergestellt ist, dass der Zweck der Verschreibungspflicht gewahrt wird. Insoweit kann bei einem Folgerezept zwar auch eine telefonische Rezeptanforderung ausreichen. Jedoch ist es hierbei notwendig, dass der das Rezept ausstellende Arzt den Patienten bereits zuvor behandelt hat und daher über seinen Gesundheitszustand und die Notwendigkeit der Verordnung dieses Arzneimittels orientiert ist.
Der Arzt muss auch bei Folgeverordnungen in gewissen Abständen bestimmte Untersuchungen des Patienten veranlassen, wie etwa beim antragsgegenständlichen Medikament „Candesartan“ Blutdruckmessungen. Gegen diese zutreffenden landgerichtlichen Wertungen bringt die Berufung der Beklagten spezifiziert nichts vor."
Der Kläger verlangte von seiner Bank die Rückzahlung einer Überweisung. Im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung stellt das Gericht fest:
Denn die für die Sicherheit des smsTAN-Verfahrens wesentliche Trennung der Kommunikationswege (Übermittlung des Zahlungsauftrages übers Internet am Computer und Mitteilung der TAN per SMS ans Mobiltelefon) wird damit aufgegeben, wobei der besondere Komfort dieses Verfahrens (gesamter Zahlungsvorgang ohne Zusatzgerät mit nur einem einzigen Mobilgerät) deren Verbreitung gefördert hat (vgl. insoweit Ellenberger/Bunte/Maihold, Bankrechtshandbuch Band 1 6. Aufl. 2022 Rz. 34 f und Rz.391 mit Verweisen auf wissenschaftliche Untersuchungen zum hohen Gefährdungspotential bei Verwendung nur noch zweier Apps auf einem Gerät statt Nutzung getrennter Kommunikationswege sowie Hinweisen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik und der Schlussfolgerung, deshalb liege keine Authentifizierung aus wenigstens zwei voneinander unabhängigen Elementen i.S.v. § 1 Abs. 24 ZAG vor)."
Die Parteien stritten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens um wettbewerbsrechtliche Ansprüche.
Der Gläubiger beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung, verschwieg jedoch, dass die Antragsgegnerin auf die außergerichtliche Abmahnung reagiert hatte.
Dieses Verschweigen bewertete das LG Karlsruhe als rechtsmissbräuchlichen Versuch, sich eine einstweilige Verfügung zu erschleichen:
Mit Blick auf die einschneidende Rechtsfolge des erfolgreichen Rechtsmissbrauchseinwands (...) ist zwar eine schematische Annahme des Rechtsmissbrauchs unangemessen und vielmehr eine gewisse Zurückhaltung angebracht. Es ist insoweit zu berücksichtigen, dass der in der Regel vorliegende Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht gem. § 138 Abs. 1 ZPO durchaus unterschiedliche Intensität haben kann: Es wird im Einzelfall schwerer wiegen, wenn ausdrücklich darüber gelogen wird, dass eine Antwort auf die Abmahnung erfolgt ist, als wenn vorgetragen wird, der Gegner habe sich auf die Abmahnung nicht unterworfen, ohne zu erwähnen, dass in der Antwort auf die Abmahnung umfangreich erwidert wurde oder (lediglich) ein telefonischer Kontakt mit der Gegenseite verschwiegen wird."
Die Antragstellerin hat mit Beantragung der einstweiligen Verfügung lediglich das Abmahnschreiben vom 05.05.2023 (...) eingereicht, jedoch verschwiegen, dass die Antragsgegnerin vor Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am 15.05.2023 bereits am 12.05.2023 inhaltlich auf die Abmahnung Stellung genommen hatte, nachdem der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 08.05.2023 gegenüber der Antragstellerin, auch insoweit verschwiegen, die Vertretung der Antragstellerin angezeigt hatte.
Vielmehr hat die Antragstellerin den Tatsachen zuwider behauptet, die Antragsgegnerin habe sich inhaltlich nicht zur Abmahnung geäußert, was ersichtlich zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht zutraf.
Die von der Antragstellerin gesetzte verlängerte Frist (...) hat die Antragsgegnerin zwar um vier Stunden und 15 Minuten überschritten (...).
Das geringfügige Überschreiten der von der Antragstellerin gesetzten Frist ist bei Würdigung der Umstände, ob der Antragstellerin ein Rechtsmissbrauch nach den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorgeworfen werden kann, jedoch nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, denn bei Einreichung des Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung lag diese Erwiderung der Antragstellerin jedenfalls vor.
Gleichwohl hat sie deren Existenz verschwiegen, vielmehr behauptet, bis 12.05.2023 sei keine inhaltliche Erwiderung eingegangen, was nicht den Tatsachen entsprach.
Diese Umstände rechtfertigen die Annahme des Rechtsmissbrauchs gemäß § 8 c Abs. 1 UWG, so dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits als unzulässig zu verwerfen war (...)."
Der Kläger hatte rund ein Jahr vor seinem Eintritt in den Polizeivollzugsdienst eine Bilddatei (sog. Sticker) in eine über 30 Mitglieder umfassende WhatsApp-Chatgruppe gepostet, auf der eine uniformierte Person zu sehen ist, die eine Gasmaske trägt und auf deren Uniform ein sichtbares Hakenkreuz abgebildet ist. Betitelt ist die Abbildung mit dem Schriftzug „Willste Spaß brauchste Gas“.
Als die Beklagte von diesem Vorgang erfuhr, entließ sie den Kläger Anfang des Jahres 2023 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aus dem Widerrufsbeamtenverhältnis. Das Versenden des Stickers begründe erhebliche Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers für den polizeilichen Vollzugsdienst.
Es stehe zu befürchten, dass er sich mit dem Gedankengut des Nationalsozialismus identifiziere und sich über die massenhafte Tötung von Menschen in Gaskammern während der Zeit des Nationalsozialismus lustig mache. Dies sei mit der Stellung eines Polizeibeamten und der damit verbundenen Stellung als Repräsentant eines demokratischen Rechtsstaats unvereinbar. Zudem habe der Kläger sich durch diesen Vorgang möglicherweise wegen Volksverhetzung sowie des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar gemacht.
Hiergegen erhob der Kläger zunächst Widerspruch und in der Folge Klage. Die Beklagte habe seine bisher überdurchschnittlichen dienstlichen Leistungen außer Acht gelassen. Bis auf das hier in Rede stehende singuläre Ereignis sei er weder durch dienstliches noch durch außerdienstliches Verhalten negativ aufgefallen. Der Sticker entspreche nicht seiner Gesinnung oder inneren Haltung und sei bewusst provokant und grenzüberschreitend.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Vielmehr sei der Kläger rechtsfehlerfrei aus dem Polizeivollzugsdienst entlassen worden, so das Gericht. Die Einschätzung der Beklagten, dem Kläger fehle die für den Dienst erforderliche charakterliche Eignung, sei gerichtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe auf das singuläre Ereignis vor Eintritt des Klägers in den Polizeivollzugsdienst abstellen dürfen.
Es sei auch nicht entscheidend, ob der Vorfall tatsächlich Ausdruck einer fremdenfeindlichen Gesinnung des Klägers sei. Dieser müsse den Aussagegehalt des Bildes so gegen sich gelten lassen, wie er objektiv zu verstehen sei, nämlich menschenverachtend, gewaltverherrlichend und antisemitisch. Mit dem Beruf eines Polizeibeamten sei es zudem unvereinbar, den Holocaust und damit die massenhafte Vernichtung menschlichen Lebens als geeignetes oder akzeptables Mittel einer humoristischen Grenzüberschreitung anzusehen und sich durch die innerhalb einer Chatgruppe vorherrschende Gruppendynamik zum Teilen solcher Inhalte verleiten zu lassen.
Gegen das Urteil können die Beteiligten die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.
(Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 12. September 2023, 2 K 354/23.KO)
Quelle: VG Kolenz v. 28.09.2023
In dem vom Landgericht Lübeck entschiedenen Fall hatte ein Social-Media-Konzern das Konto einer Nutzerin wegen angeblich unzulässiger Inhalte deaktiviert. Eine Vorwarnung gab es nicht.
Die Nutzerin beantragte eine Überprüfung durch das Unternehmen, erhielt aber keine Antwort. Sie suchte dann Hilfe bei einem Rechtsanwalt. Auch das half nicht. Der Anwalt erhielt auf sein Schreiben nur eine Standard-E-Mail, in der stand, dass das Unternehmen möglicherweise antworten wird – möglicherweise aber auch nicht. Hierauf rief der Anwalt das Landgericht Lübeck an und beantragte eiligen Rechtsschutz. Das Gericht solle dem Unternehmen schnellstmöglich verbieten, das Konto endgültig zu löschen.
Noch bevor das Gericht hierüber entscheiden konnte, gab das Unternehmen das Konto wieder frei.
Gerichts- und Anwaltskosten waren jetzt aber schon entstanden. Das Unternehmen sah keinen Grund, die Kosten zu bezahlen. Es habe u.a. gar nicht beabsichtigt, das Konto endgültig zu löschen. Es sei nicht nötig gewesen, vor Gericht zu gehen.
Das Gericht hat das nicht überzeugt. Es hat das Unternehmen dazu verurteilt, die Prozesskosten zu tragen.
Die Nutzerin habe wegen des intransparenten Verfahrens allen Grund gehabt, den endgültigen Verlust ihres Kontos samt aller Daten zu befürchten. Ob das Unternehmen „in Wirklichkeit“ gar nicht vorhatte, das Konto endgültig zu löschen, sei unwichtig. Es handle sich hierbei um rein interne Absichten und Prozesse, die für die Nutzerin nicht erkennbar gewesen seien.
Hinsichtlich der Frage, wann der richtige Zeitpunkt sei, um gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, hätten die Nutzer zudem einen gewissen Spielraum:
Quelle: Pressemitteilung des LG Lübeck v. 28.09.2023
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vom 11.10.2023
Betreff:
Rechts-Newsletter 41. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr
1. EuGH: Verbraucher hat kein zweites Widerrufsrecht, wenn sich kostenlose Probe-Abo automatisch in ein kostenpflichtiges verlängert
2. EuGH: Auch Zufriedenheitsgarantie ist Garantie nach § 479 BGB
3. EuG: Amazon ist keine "sehr große Online-Plattform" iSd. Digital Services Act
4. OLG Brandenburg: Kein DSGVO-Schadensersatzanspruch gegen Auskunftei bei fehlerhaften Meldungen durch Dritte
5. OLG Dresden: Für unberechtigten SCHUFA-Eintrag "nur" 1.500,- DSGVO-Schadensersatz
6. OLG Hamburg: Anbieten eines (Folge-) Rezepts über das Internet ohne vorherigen persönlichen Kontakt wettbewerbswidri
7. LG Heilbronn: Banking-App und puschTAN-App auf einem Handy ist unzureichend
8. LG Karlsruhe: Erschleichen einer einstweiligen Verfügung ist missbräuchlich iSv. § 8c Abs.1 UWG
9. VG Koblenz: Entlassung eines Polizisten wegen rechtsradikaler WhatsApp-Postings
10. LG Lübeck: Facebook muss bei zurückgenommener Kontosperre Prozesskosten tragen
Die einzelnen News:
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1. EuGH: Verbraucher hat kein zweites Widerrufsrecht, wenn sich kostenlose Probe-Abo automatisch in ein kostenpflichtiges verlängert
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Ein Verbraucher hat ein einziges Mal das Recht, ein im Fernabsatz abgeschlossenes Abonnement, das anfangs kostenlos ist und sich automatisch verlängert, zu widerrufen
Anderes gilt, wenn der Verbraucher nicht hinreichend über die Gesamtkosten des Abonnements informiert wurde
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2. EuGH: Auch Zufriedenheitsgarantie ist Garantie nach § 479 BGB
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Der EuGH hat entschieden, dass auch eine Zufriedenheitsgarantie eine rechtliche Garantie iSv. § 479 BGB ist (EuGH, Urt. v. 28.09.2023 - C-133/22).
"LACD-Garantie
Jedes LACD-Produkt ist mit unserer eigenen lebenslangen Garantie ausgestattet. Wenn Sie mit einem unserer Produkte nicht voll und ganz zufrieden sind, schicken Sie es bitte an den Händler zurück, bei dem Sie es erworben haben. Sie können es auch direkt an ‚LACD‘ zurückschicken, aber vergessen Sie nicht, uns mitzuteilen, wo und wann Sie es gekauft haben.“
Der EuGH entschied nun, dass auch für solche Zufriedenheitsgarantien diese Vorschriften anzuwenden sind:
"Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „gewerbliche Garantie“ als „andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen, die in der Garantieerklärung oder der einschlägigen Werbung, wie sie bei oder vor dem Abschluss des Vertrags verfügbar war, beschrieben sind“, eine von einem Garantiegeber dem betreffenden Verbraucher gegenüber eingegangene Verpflichtung umfasst, die sich auf in der Person des Verbrauchers liegende Umstände wie seine in sein eigenes Belieben gestellte Zufriedenheit mit der erworbenen Ware bezieht, ohne dass das Vorliegen dieser Umstände für die Geltendmachung der gewerblichen Garantie objektiv geprüft werden müsste."
Bedeutet: Auch wenn die Zufriedenheit des Kunden nicht objektiv nachprüfbar sei, falle sie unter diese Bestimmung.
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3. EuG: Amazon ist keine "sehr große Online-Plattform" iSd. Digital Services Act
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Amazon ist keine "sehr große Online-Plattform" iSd. Digital Services Act (DSA), so ein aktueller Beschluss des EuG (EuG, Beschl. v. 27.09.2023 - Az.: T-367/23).
"In the first place, the applicant states that the advertisement repository put in place pursuant to Article 39 of Regulation 2022/2065 reveals strategic and confidential information, such as campaign duration, campaign reach and targeting parameters, allowing competitors and the applicant’s advertising partners to draw market insights on an ongoing basis, to the detriment of the applicant and its advertising partners. The applicant takes the view that the obligation to compile and make publicly available an advertisement repository will, consequently, disrupt its current business relations with its advertising partners, which will make Amazon Store less attractive for advertisers and impose a significant implementation burden and ongoing costs.
Und weiter:
"Consequently, it must be concluded that, without prejudging the Court’s decision in the main action, that plea relied on by the applicant appears, prima facie, not to lack a serious basis and therefore calls for a detailed examination which cannot be carried out by the judge hearing the application for interim measures but must be conducted in the main proceedings. (...)
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4. OLG Brandenburg: Kein DSGVO-Schadensersatzanspruch gegen Auskunftei bei fehlerhaften Meldungen durch Dritte
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Eine Auskunftei, die fehlerhafte Schuldnerdaten in ihren Verzeichnissen hat, haftet hinsichtlich eines DSGVO-Schadensersatzes dann nicht, wenn die falschen Daten auf einer unzutreffenden Meldung durch einen Vertragspartner beruhen (OLG Brandenburg, Urt. v. 26.05.2023 - Az.: 7 U 166/22).
"Die Beklagte ist für die Verarbeitung der unrichtigen Daten nicht verantwortlich, Art. 82 Abs. 3 DSGVO.
"Die Beklagte ist auch nicht gemeinsam mit der („Firma 02“) für die Datenverarbeitung verantwortlich, Art. 26 Abs. 1 DSGVO. (...)
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5. OLG Dresden: Für unberechtigten SCHUFA-Eintrag "nur" 1.500,- DSGVO-Schadensersatz
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Für einen unberechtigten SCHUFA-Eintrag kann der Betroffene lediglich einen DSGVO-Schadensersatz iHv. 1.500,- EUR verlangen (OLG Dresden, Beschl. v. 29.08.2023 - Az.: 4 U 1078/23).
"Die mit der Berufung aufgeführten Umstände rechtfertigen einen höheren immateriellen Schadensersatz jedenfalls nicht.
Und weiter:
"Auch der generalpräventiven Funktion des immateriellen Schadensersatzes wird die vom Landgericht ausgeurteilte Summe angesichts der konkreten Umstände gerecht. Das Landgericht hat darauf abgestellt, dass bei einem Schmerzensgeld in etwa hälftiger Höhe der noch offenen Restforderung der Beklagten gegenüber dem Kläger eine hinreichend empfindliche Einbuße für die Beklagte zu sehen ist. Dies ist nicht zu beanstanden. Materielle Schäden aus der unberechtigten Störungsmeldung hat der Kläger nicht beziffert.
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6. OLG Hamburg: Anbieten eines (Folge-) Rezepts über das Internet ohne vorherigen persönlichen Kontakt wettbewerbswidrig
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Das Anbieten eines (Folge-) Rezepts über das Internet ohne vorherigen persönlichen Kontakt ist wettbewerbswidrig (OLG Hamburg, Beschl. v. 15.08.2023 - Az.: 5 U 93/22).
"Die antragsgegenständliche Erteilung von Rezepten für verschreibungspflichtige Arzneimittel durch Ärzte, die den Patienten zuvor nicht behandelt haben, verstößt - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - gegen ärztliche Berufspflichten, wie sie in § 7 III der Berufsordnung der Ärzte in Hamburg niedergelegt sind.
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7. LG Heilbronn: Banking-App und puschTAN-App auf einem Handy ist unzureichend
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Die Nutzung einer Banking-App und einer pushTAN-App auf ein und demselben Mobilfunkgerät ist technisch unzureichend und weist ein erhöhtes Gefährdungspotential auf (LG Heilbronn, Urt. v. 16.05.2023 - Az.: Bm 6 O 10/23).
"Abgesehen davon gilt nach Auffassung des Gerichts, dass nicht nur das klassische PIN/TAN-Verfahren, bei dem die jeweils zu verwendende TAN vom Zahlungsdienstnutzer selbst ausgewählt werden kann, die für einen Anscheinsbeweis erforderliche sehr hohe Wahrscheinlichkeit vermissen lässt (ähnlich LG Bonn 19.12.2003 - 2 O 472/03, MMR 2004, 179, 180 = CR 2004, 218), sondern auch das vorliegend zur Anwendung kommende pushTAN-Verfahren, in dem die TAN auf dem Mobiltelefon in einem anderen Programm (App) angezeigt wird, als demjenigen, das den Bankzugang ebenfalls mittels auf demselben Smartphone installierter BankApp (SecureGo-App) vermittelt.
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8. LG Karlsruhe: Erschleichen einer einstweiligen Verfügung ist missbräuchlich iSv. § 8c Abs.1 UWG
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Verschweigt der Antragsteller einer einstweiligen Verfügung eine Antwort des Abgemahnten, handelt er rechtsmissbräuchlich iSv. § 8c Abs.1 UWG, sodass kein Anspruch besteht (LG Karlsruhe, Beschl. v. 23.05.2023 - Az.: 15 O 29/23 KfH).
"Insofern kann zu berücksichtigen sein, dass der Antragsteller im auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Verfahren die Antwort des Antragsgegners auf eine vorgerichtliche Abmahnung nicht offenlegt und auf diese Weise dessen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 I GG) im Eilverfahren vereitelt.
Und weiter:
"Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Einwand des Rechtsmissbrauchs (...) begründet.
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9. VG Koblenz: Entlassung eines Polizisten wegen rechtsradikaler WhatsApp-Postings
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Die Entlassung eines im Dienst der beklagten Bundesrepublik Deutschland stehenden Polizeimeisteranwärters aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf ist rechtmäßig. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz.
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10. LG Lübeck: Facebook muss bei zurückgenommener Kontosperre Prozesskosten tragen
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Bei rechtswidrigen Kontosperren durch Social-Media-Konzerne können Sie eilige gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. Aber wer trägt die Prozesskosten, wenn das Profil schon freigegeben wird bevor das Gericht entscheiden kann?
„Dies folgt aus dem Umstand, dass der Plattformbetreiber zwar einerseits vorgerichtliche Abhilfemöglichkeiten anbietet, die Nutzerinnen und Nutzer dann jedoch sehr weitgehend im Unklaren lässt, wie, wann und ob überhaupt hierauf reagiert wird. Hinzukommt zudem, dass keine nachvollziehbaren Informationen vorgehalten werden, wie lange die persönlichen Daten nach einer Deaktivierung des Kontos noch vor einer Löschung „sicher“ sind und wann der Löschungsprozess eingeleitet wird.“
Die Entscheidung des Landgerichts Lübeck vom 2. Juni 2023 (Az. 15 O 2/23) wurde durch Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 26. August 2023 (Az.10 W 15/23) bestätigt und ist damit rechtskräftig.
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