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Newsletter vom 11.03.2009 |
Betreff: Rechts-Newsletter 10. KW / 2009: Kanzlei Dr. Bahr |
Der Kläger war Inhaber eines Ingenieurbüros, der Beklagte zu 1) war sein freier Mitarbeiter. Dessen zum Schadenszeitpunkt 12jähriger Sohn, der Beklagte zu 2), versuchte auf dem betrieblich genutzten Computer des Klägers ein Computerspiel zu installieren. Hierdurch wurde die Firmen-Software verändert, so dass die Daten nicht mehr aufgerufen werden konnten bzw. zerstört wurden. In einem Vorprozess auf Feststellung der Schadenersatzpflicht wurden die Beklagten zum Ersatz von 70% des entstandenen Schadens verurteilt. Der Kläger macht nunmehr den konkreten Schaden geltend und ermittelte als Gesamtsumme einen Betrag von etwa 600.000,- EUR. Das Berufungsgericht erkannte lediglich den Schaden für die Neuanschaffung einer Festplatte zu, denn die Wiederherstellung des Datenbestandes sei im Vergleich zu dem Wert der Daten mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden und den Beklagten nicht zumutbar. Die höchsten deutschen Zivilrichter hoben das Berufungsurteil auf und verwiesen die Sache zur Feststellung weiterer Tatsachen an die Vorinstanz zurück. Der BGH rügte dabei insbesondere die mangelnde Sachverhaltsaufklärung durch das Berufungsgericht. Dabei gingen die Richter anhand des Vortrags des Klägers davon aus, dass dieser durch seine eigenen Mitarbeiter ca. 10% der Daten bisher hatte erfolgreich rekonstruieren lassen können. Hieraus ergebe sich, dass ein Schaden bestimmbar bzw. durch das Berufungsgericht zu schätzen sei, der auch durch die Beklagten ersetzt werden müsse. Dieser gehe deutlich über den bloßen Ersatz der Festplatte hinaus.
Das höchste deutsche Gericht legt die Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vor: Die Frage, ob die Verwendung einer fremden Markenbezeichnung als Keyword bei Google AdWords zu dem Zweck, dass die eigene Werbung bei einer Suche nach der fremden Marke in der von den Suchergebnissen abgetrennten Anzeigenspalte erscheint, eine markenmäßige Benutzung darstellt, wird dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Siehe zu der Problematik von AdWords auch unseren Video-Beitrag "Markenrisiko Google AdWords" auf Law-Vodcast.de.
Die Brandenburger Richter stuften hier einen Betrag von 20,- EUR pro Bild als angemessen ein. Die Juristen setzen den Wert insbesondere deswegen so niedrig an, weil das Foto nur einmalig und lediglich für einen Privatverkauf benutzt wurde. Darüber hinaus stehe dem Urheber ein 100% Verletzerzuschlag zu, da er als Fotograf nicht genannt werde, so dass sich die Gesamtsumme pro Bild auf insgesamt 40,- EUR belaufe. Am Rande merkten die Robenträger zudem an, dass die ebenfalls eingeklagten Abmahnkosten durch die zum 01.09.2008 neu eingeführte Deckelung der Abmahnkosten in § 97 a Abs.2 UrhG auf 100,- EUR begrenzt würden. Zwar sei der Anspruch zeitlich vor dem Inkrafttreten entstanden, aber erst danach gerichtlich geltend gemacht worden.
Der Beklagte hatte sich außergerichtlich im Rahmen einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verpflichtet, keine unverlangte Fax-Werbung mehr zu versenden. Gleichwohl erwarb er wenig später Adressen von einem Drittunternehmen. In den Kaufverträgen war geregelt, dass sowohl aktuelle Kundenadressen als auch inaktive Kontaktdaten geliefert wurden. Der Kläger war der Auffassung, dass ein Verstoß gegen die Unterlassungserklärung vorliege, da die Faxwerbung unerlaubt und ohne Einwilligung der Empfänger vorgenommen worden sei. Die Düsseldorf Richter gaben dem Kläger Recht und verurteilten den Beklagten zur Zahlung einer Vertragsstrafe von insgesamt 20.000,- EUR. In fünf Fällen habe der Beklagte unverlangt Faxe versandt. Da jedes Schreiben höchst unterschiedlich gestaltet sei und den Kunden in ganz unterschiedlicher Weise anspreche, liege jeweils ein einzelner Verstoß vor, der auch einzeln geahndet werde. Das Unternehmen habe auch fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt. Denn es hätte sich vor Versendung der Schreiben in ausreichendem Maße darüber informieren müssen, ob tatsächlich auch Einwilligungen für die Zusendungen vorlagen. Alleine der Umstand, dass ein Drittunternehmen die Adressen veräußert hätte, sei nicht ausreichend, um von einer Erlaubnis auszugehen.
Dabei reicht es nicht aus, bloß den Link auf die urheberrechtswidrige Datei zu löschen. Vielmehr muss der Betroffene die Datei selbst vom Server löschen. Denn andernfalls bestünde die Gefahr, dass bei Kenntnis der direkten URL die Datei weiterhin der Öffentlichkeit zur Verfügung stünde. Identisch hat das LG Berlin entschieden, dass ebenfalls den bloßen physikalischen Datei-Aufruf ohne jede Verlinkung für eine Urheberrechtsverletzung ausreichen lässt, vgl. die Kanzlei-Infos v. 25.11.2008.
Die Inhaberin mehrerer Marken für Bekleidung mahnte einen Studenten, der bei eBay zwei gebrauchte T-Shirts anbot. wegen einer vermeintlichen Markenverletzung ab. Der Student hatte in einem Zeitraum von vier Jahren 25 Artikel bei eBay verkauft. Zum Zeitpunkt der Veräußerung der T-Shirts bot er einzelne, weitere gebrauchte Kleidungsstücke in der gleichen Größe an. Der Student verlangte nunmehr Ersatz der Kosten, die ihm für die Hinzuziehung eines Anwalts zur Abwehr der Ansprüche entstanden waren. Das OLG München gewährte ihm diesen Anspruch. Die Abmahnung sei im vorliegenden Fall unberechtigt gewesen, da der Student nicht im geschäftlichen Verkehr, sondern vielmehr privat gehandelt habe. Somit finde das MarkenG keine Anwendung. Die Markeninhaberin hätte dies auch bei ihrer Abmahnung leicht erkennen können, so die Richter. Daher treffe sie ein Übernahmeverschulden, was zur Ersatzpflicht führe.
Das verklagte Unternehmen bestimmte in seinen "Auswahlkriterien für Vertriebspartner": "Der Verkauf über eBay genügt nicht den Auswahlkriterien und ist daher nicht gestattet." Der Kläger, ein Vertriebspartner, hielt sich nicht daran und unterhielt gleichwohl einen Shop auf dem bekannten Online-Auktionshaus. Scout belieferte ihn daraufhin nicht weiter und führte ihn auch nicht mehr im offiziellen Internet-Händlerverzeichnis. Zu Unrecht wie die Berliner Richter nun entschieden. Es gebe keinen sachlichen Grund, eBay-Angebote zu verbieten, Online-Shops auf der Webseite des jeweiligen Vertriebspartners hingegen zuzulassen. Denn es existierten, so die Richter, keine qualitativen Unterschiede zu dem eigenen Internetangebot eines Händlers und einer eBay-Präsentation. Die Beklagte missbrauche daher ihre Marktstellung und sei verpflichtet, den Kläger weiterhin zu beliefern und ihn auch im offiziellen Internet-Händlerverzeichnis zu führen.
Der Beklagte hatte sich die Domains "anwalt-eBay.de", "rechtsberatung-ebay.de" und "eBay-recht.net" reserviert. Darin sah das bekannte Online-Auktionshaus eine Markenverletzung und klagte auf Unterlassung. Zu Recht wie die Hamburger Richter meinten. Durch die Verwendung des Domainnamens mit dem Wortbestandteil eBay werde ein erheblicher Teil der Internet-Nutzer den Eindruck erlangen, dass er sich auf einer von eBay autorisierten Webseite befinde. Es werde die Einschätzung erweckt, als ob der beklagte Anwalt mit eBay zusammenarbeite. Solange eine Kooperation mit eBay tatsächlich nicht bestehe, wie im vorliegenden Fall, sei durch die Verwendung dieser Domains eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr gegeben. Darüber hinaus werde das Unternehmenszeichens eBay ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt. Ein etwaiger sachlicher Grund scheitere jedenfalls an der Notwendigkeit der Benutzung, da dem Rechtsanwalt auch andere Möglichkeiten blieben, für seine spezialisierten Dienstleistungen zu werben. Rechtlich nicht zu beanstanden hatten die Richter dagegen, dass der Advokat den Begriff auf der Kanzlei-Homepage selbst verwendete. Hier werde das Kennzeichen lediglich in Form eines Tätigkeitsfeldes benutzt, was rechtlich zulässig sei.
Der Beklagte betrieb ein Blog im Internet. Ein Dritter stellte dort ungenehmigt eine Grafik-Karikatur ein. Der Urheber des Werkes nahm den Blog-Betreiber auf Unterlassung in Anspruch. Zu Recht wie die Hamburger Richter beschlossen. Der Beklagte hafte als Mitstörer, da er seine Prüfungspflichten verletzt habe. Denn wer wie der Beklagte aus dem Betreiben eines Blogs wirtschaftlichen Vorteil ziehe, z.B. durch Werbeeinnahmen, sei verpflichtet, den Inhalt des von ihm eröffneten Weblogs zu kontrollieren. Die Mithaftung ergebe sich insbesondere auch daraus, so die Richter, dass der Beklagte seinen Blog weder kontrolliert noch Hinweise auf der Internetseite eingefügt habe, dass das Einstellen urheberrechtlich geschützter Werke verboten sei.
Bei dem Pressebild handelte es sich um das weltbekannte Foto "Sprung in die Freiheit", das einen DDR-Grenzsoldat beim Sprung über den Stacheldrahtzaun nach Westberlin zeigte. Ein Künstler nahm diese Ablichtung zum Anlass und gestaltete eine Plastik-Statue danach. Das verklagte Presseunternehmen fotografierte diesen Künstler mit seinem Werk. Der Rechteinhaber des Bildnisses "Sprung in die Freiheit" sah dadurch seine Rechte verletzt und klagte. Die Hamburger Richter wiesen die Klage ab. Zwar genieße das Bild urheberrechtlichen Schutz, jedoch sei die Kunst-Plastik ein neues Werk, das durch eine zulässige, freie Bearbeitung entstanden sei. Die Plastik weise individuelle Züge des Künstlers auf, so dass es sich um eine selbständige, schöpferische Leistung handle. Es liege auch keine unerlaubte Übernahme des Motivs vor. Denn der Fotograf habe damals den Sprung rein zufällig fotografiert, so dass er auf einzelne Teile des Arrangements keinerlei Einfluss gehabt habe. Da bereits die Gestaltung der Skulptur erlaubt sei, sei auch die Ablichtung durch das Presseunternehmen rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Beklagte betrieb eine Internetseite, auf der er Börseninformationsdienste per E-Mail-Hotline gegen Entgelt anbot. Das Jahresabonnement kostete ca. 1.000,- EUR. Der Kläger war Nutzer des Dienstes und kaufte aufgrund der Empfehlungen verschiedene Aktien, wodurch er einen erheblichen finanziellen Schaden erlitt. Er verklagte den Betreiber der Online-Plattform auf Schadensersatz wegen der Falschauskünfte. Zu Recht wie die Heidelberger Richter der Auffassung waren. Der Beklagte habe sich vertraglich dazu verpflichtet, richtige und vollständige Informationen zu erteilen, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung seien. Seine Darstellungen seien jedoch in wesentlichen, anlagerelevanten Punkten unvollständig gewesen. Es gehe also nicht darum, so die Richter, dass ein Kurs sich anders entwickelt habe als erwartet. Für eine solche Prognose könne der Beklagte nicht haftbar gemacht werden. Schadensersatz leisten müsse er jedoch für die falschen und unzureichenden Informationen, die er seinen Kunden habe zukommen lassen.
Der Kunde und die Web-Designerin hatten vereinbart, dass die Internetseiten zum Selbstkostenpreis erstellt würden. Im Gegenzug dazu sollte die Künstlerin den Kunden in ihrer Referenzliste nennen dürfen. Als es nach vollbrachter Arbeit schließlich ans Bezahlen ging, verlangte die Web-Designerin plötzlich den vollen Preis. Der Kunde erklärte die Anfechtung des Vertrages, da er sich arglistig getäuscht fühlte. Zu Recht wie das AG Düsseldorf nun entschied. Der Kunde habe wirksam die Anfechtung erklären dürfen, denn die Klägerin habe den Beklagten arglistig getäuscht. Die Irreführung sei hier darin zu sehen, dass der Kunde davon ausgegangen war, dass die Internetseite als Werbung für die Klägerin dienen solle und er nur den Selbstkostenanteil zu zahlen habe. Nun verlange die Klägerin plötzlich den normalen Preis.
Zwar sprach der Richter dem Kläger einen Schadensersatz von 100,- EUR pro widerrechtlich verwendetem Bild zu. Den Ersatz der Abmahnkosten lehnte das Gericht dagegen ab. Der Kläger könne die außergerichtlichen Abmahnkosten deshalb nicht erfolgreich geltend machen, da er bereits zuvor zahlreiche Abmahnungen ähnlicher Art ausgesprochen habe. Durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts im vorliegenden Fall habe er gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Anmerkung von RA Dr. Bahr: So schreibt das Gericht anstatt juristischer Argumente einfach in selbstherrlicher Weise wörtlich in die Entscheidungsgründe: "Im Hinblick auf den geringen Streitwert und die Tatsache, dass beim erkennenden Gericht ca. 50 andere Verfahren des Klägers anhängig sind, wird hier von einer näheren Begründung abgesehen. Zu gegebener Zeit wird das Gericht in einer Sache, welche berufungsfähig ist, zu diesem Komplex nähere Ausführungen machen.” Der Richter bestimmt also ab sofort selbst, ob er nun Entscheidungsgründe anfertigt oder nicht. Dabei ist es auch nicht wirklich weiter wichtig, dass der BGH erst Ende 2008 noch einmal klargestellt hat, dass der Umstand der Serienabmahnungen eben gerade kein Argument für die Reduzierung oder Streichung der Abmahnkosten ist, vgl. die Kanzlei-Infos v. 17.09.2008. Mag es im vorliegenden Fall auch nicht unbedingt den Falschen getroffen haben, sollten alle Personen, die jetzt jubeln, im Hinterkopf behalten, welche Meinung sie bei der nächsten Gerichtsentscheidung aus Hamburg haben, die dann - in ebenso epischer Breite der Entscheidungsgründe - einen Abmahnkosten-Erstattungsanspruch bejaht.
Der 17jährige Beklagte hatte auf der Online-Auktionsplattform eBay mehrere Bilder unerlaubt bei seinen Verkäufen eingebunden und wurde daraufhin vom Urheber auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Dem Gericht stellte sich nun die Frage, ob der Minderjährige für diese Tat wirklich haften musste. Denn nach den zivilrechtlichen Vorschriften ist derjenige, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, nur dann für den von ihm begangenen Schaden verantwortlich, wenn er die erforderliche Einsichtsfähigkeit besitzt. Der Minderjährige muss fähig sei, sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewusst zu werden. Dies bejahte das AG Hannover im vorliegenden Fall. Da der Jugendliche seit mehreren Jahren bei eBay angemeldet sei, zudem über knapp 80 Auktions-Bewertungen verfüge und auch die Verkaufsanzeigen außerordentlich professionell von ihm gestaltet worden seien, zweifelte das Gericht nicht an der notwendigen Einsichtsfähigkeit. Es verurteilte den Minderjährigen zur Zahlung von 100,- EUR pro widerrechtlich genutztem Bild.
Inhalt: Wo die Grenzen bei der ungeschminkten Bereitstellung liegen, zeigt der heutige Podcast auf. Aufgrund der Länge ist der Podcast in zwei Teile geteilt. Heute hören Sie den ersten Teil. Den zweiten Teil gibt es nächste Woche.
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