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Newsletter vom 11.03.2020
Betreff: Rechts-Newsletter 11. KW / 2020: Kanzlei Dr. Bahr


anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 11. KW im Jahre 2020. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Schwerpunkten Recht der Neuen Medien, Glücksspiel- / Gewinnspielrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Datenschutzrecht, Presserecht und Wirtschaftsrecht.

Die Kanzlei Dr. Bahr wünscht Ihnen wie immer angenehmes Lesen. Kontaktieren Sie uns einfach, falls Sie Fragen oder Anregungen haben: http://www.Dr-Bahr.com/kontakt.html


1. EuGH: Markenamt muss über Eintragungsfähigkeit der Marke "Fack Ju Göthe" erneut entscheiden

2. OLG Hamburg: DSGVO verdrängt § 13 TMG

3. OLG Innsbruck: Österreichische Post muss doch keinen DSGVO-Schadensersatz zahlen

4. OLG Stuttgart: DSGVO-Verstöße sind abmahnbar + § 13 TMG nicht anwendbar

5. BayObLG: Kein Löschungsanspruch von personenbezogenen Daten gegen Staatsanwaltschaft

6. VG Berlin: Kein DSGVO-Anspruch auf "Bereinigung" einer Schülerakte bei Schulwechsel

7. VG Frankfurt a.M.: Unzulässige Äußerungen einer Handwerkskammer

8. LG Hannover: Unzulässige Influencer-Schleichwerbung bei Instagram

9. Niederländische Datenschutzbehörde: DSGVO-Bußgeld iHv. 525.000,- EUR für unerlaubten Adressdaten-Verkauf

10. Österreichische Datenschutzbehörde: DSGVO-Informationspflicht kann bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens nachgeholt werden

Die einzelnen News:

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1. EuGH: Markenamt muss über Eintragungsfähigkeit der Marke "Fack Ju Göthe" erneut entscheiden
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Das EUIPO muss erneut über das von Constantin Film als Unionsmarke angemeldete Zeichen Fack Ju Göhte entscheiden

Das EUIPO und das Gericht, die das Zeichen für sittenwidrig hielten, haben nicht hinreichend berücksichtigt, dass dieser Titel einer Filmkomödie von der deutschsprachigen breiten Öffentlichkeit offenbar nicht als moralisch verwerflich wahrgenommen wurde

Die von Constantin Film produzierte deutsche Filmkomödie „Fack Ju Göhte“ aus dem Jahr 2013 wurde in Deutschland von knapp 7,4 Millionen Zuschauern gesehen. Sie zählt mit ihren Fortsetzungen „Fack Ju Göhte 2“ und „Fack Ju Göhte 3“ aus den Jahren 2015 und 2017 zu den erfolgreichsten deutschen Kinofilmen. Auch in Österreich war der Film sehr erfolgreich.

Im Jahr 2015 meldete Constantin Film beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) das Wortzeichen Fack Ju Göhte für verschiedene Waren und Dienstleistungen als Unionsmarke an, u. a. für Kosmetikartikel, Schmuck, Schreibwaren, Reise- und Sportartikel, Spiele, Lebensmittel und Getränke.

Das EUIPO lehnte es ab, dem Zeichen Markenschutz zu gewähren, weil es gegen die guten Sitten verstoße. Nach Auffassung des EUIPO erkennen die deutschsprachigen Verkehrskreise in den Wörtern „Fack Ju“ den (lautschriftlich ins Deutsche übertragenen) vulgären und anstößigen englischen Ausdruck „Fuck you“.

Durch die Hinzufügung des Elements „Göhte“ (mit dem der Name des deutschen Dichters Goethe lautschriftlich übertragen werde) könne die Wahrnehmung der Beleidigung „Fack Ju“ nicht wesentlich abgeändert werden.

Die von Constantin Film gegen diese Zurückweisung vor dem Gericht der Europäischen Union erhobene Klage blieb erfolglos; sie wurde mit Urteil vom 24. Januar 2018 abgewiesen . Daraufhin legte Constantin Film gegen das Urteil des Gerichts Rechtsmittel beim Gerichtshof ein.

Mit seinem Urteil von heute hebt der Gerichtshof das Urteil des Gerichts und die Entscheidung des EUIPO, die weitgehend dieselben Fehler enthalten, auf. Das EUIPO muss somit erneut über die Markenanmeldung von Constantin Film entscheiden.
Nach Auffassung des Gerichtshofs haben das Gericht und das EUIPO nicht hinreichend berücksichtigt, dass verschiedene Begleitumstände übereinstimmend darauf hinweisen, dass der Titel der in Rede stehenden Filmkomödien trotz der Gleichsetzung der Wörter „Fack Ju“ mit dem englischen Ausdruck „Fuck you“ von der deutschsprachigen breiten Öffentlichkeit nicht als moralisch verwerflich wahrgenommen wurde.

Trotz der mit dem großen Erfolg dieser Filmkomödien einhergehenden großen Sichtbarkeit ihres Titels hat dieser offenbar nicht zu einem Meinungsstreit bei diesem Publikum geführt. Im Übrigen wurden zu den Filmkomödien mit diesem Titel, die im schulischen Umfeld spielen, jugendliche Zuschauer zugelassen. Darüber hinaus haben diese Filme Fördermittel verschiedener Organisationen erhalten und wurden überdies vom Goethe-Institut  zu Unterrichtszwecken verwendet.

Weiter stellt der Gerichtshof fest, dass die Wahrnehmung des englischen Ausdrucks „Fuck you“ durch das deutschsprachige Publikum, obwohl er diesem bekannt ist und es seine Bedeutung kennt, nicht zwangsläufig dieselbe wie die eines englischsprachigen Publikums ist. In der Muttersprache könne die Empfindlichkeit nämlich wesentlich stärker als in einer Fremdsprache sein. Aus dem gleichen Grund nehme das deutschsprachige Publikum diesen englischen Ausdruck auch nicht zwangsläufig ebenso wahr, wie es dessen deutsche Übersetzung wahrnehmen würde.

Darüber hinaus bestehen der Titel der fraglichen Komödien und damit die angemeldete Marke nicht aus diesem englischen Ausdruck als solchem, sondern aus dessen lautschriftlicher Übertragung ins Deutsche, ergänzt um das Element „Göhte“.

Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass kein konkreter Aspekt vorgetragen wurde, um plausibel zu erklären, weshalb das allgemeine deutschsprachige Publikum das Wortzeichen „Fack Ju Göhte“ als Verstoß gegen grundlegende moralische Werte und Normen der Gesellschaft wahrnähme, wenn es als Marke verwendet würde, obwohl dasselbe Publikum den Titel der gleichnamigen Komödien offenbar nicht für sittenwidrig hielt, stellt der Gerichtshof fest, dass das EUIPO nicht rechtlich hinreichend dargetan hat, dass die angemeldete Marke nicht eingetragen werden kann.

Urteil in der Rechtssache C-240/18 P
Constantin Film Produktion / EUIPO

Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 27.02.2020

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2. OLG Hamburg: DSGVO verdrängt § 13 TMG
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In einem aktuellen Hinweisbeschluss hat das OLG Hamburg klargestellt, dass das Telemediengesetz (TMG) neben der DSGVO nicht mehr anwendbar ist (OLG Hamburg, Beschl. v. 10.12.2019 - Az.: 15 U 90/19).

In dem mehrseitigen Beschluss setzen sich die Hanseatischen Richter mit der Frage auseinander, ob die Regelungen aus § 13 Abs.1 TMG zum Zuge kommen oder eventuell durch die Bestimmungen der DSGVO verdrängt sind.

Im Ergebnis bejahe die Robenträger die vorrangige Anwendung der DSGVO.

Die DSGVO-Normen seien in diesem Punkt abschließender Natur. Hiervon könne durch den nationalen Gesetzgeber nicht abgewichen werden.

Insofern könne ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch nicht mehr auf die Verletzung von § 13 Abs.1 TMG gestützt werden.

Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Ähnlich hat erst vor kurzem das OLG Stuttgart (Urt. v. 27.02.2020 - Az.: 2 U 257/19) entschieden. Auch dort ging das Gericht von einer Sperrwirkung der DSGVO hinsichtlich § 13 Abs.1 TMG aus.

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3. OLG Innsbruck: Österreichische Post muss doch keinen DSGVO-Schadensersatz zahlen
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Das österreichische OLG Innsbruck hat entschieden, dass die Österreichische Post  wegen DSGVO-Verletzungen dem Betroffenen doch keinen Schadensersatz bezahlen muss (OLG Innsbruck, Urt. v. 13.02.2020 - Az.: 1 R 182/19 b).

In der Vorinstanz hatte das LG Feldkirch (Beschl. v. 07.08.2019 - Az.: 57 Cg 30/19b - 15) dagegen noch einen Ausgleichsanspruch bejaht und damit für viel Aufsehen gesorgt. Vgl. dazu unsere News v. 01.11.2019.

Hintergrund des Rechtsstreits ist die aktuelle Auseinandersetzung um die Frage, ob die Österreichische Post  unerlaubt besondere personenbezogene Daten (hier: politische Orientierung) von österreichischen Bürgern verarbeitet hat. Dies führte u.a. dazu, dass vor Ende letzten Jahres die Österreichische Datenschutzbehörde  gegen das Unternehmen ein DSGVO-Bußgeld iHv. 18 Mio. EUR verhängt hat (= vgl. unsere News v. 30.10.2019).

Das OLG Innsbruck verneint einen Anspruch bereits aus dem Grunde, dass der Kläger nicht seiner Beweislast nachgekommen und den konkreten Schaden dargelegt hat. Ein pauschales Behaupten sei nicht ausreichend:

"Das aus dem nationalen Schadenersatzrecht abzuleitende Erfordernis, den in der konkreten Person „erlittenen Schaden“ ausreichend und nicht nur in Form der verba legalia („immaterieller Schaden“) oder sonst nur allgemein gehalten („Ungemach“, „Ungewissheit', „Nachteil') zu behaupten, stellt keine unüberbrückbare Hürde für die Geltendmachung eines Anspruches nach Art 82 Abs 1 DSGVO dar. Das Tatbestands­merkmal des erlittenen Schadens ist nicht mit einer Rechtsverletzung der DSGVO als solcher gleichzusetzen.

Der Kläger ist im gegebenen Fall der ihm obliegenden Behauptungspflicht, konkret darzulegen, welcher erhebliche Nachteil in seinem Gefühlsleben durch die behaupteten Verstöße der DSGVO entstanden ist und welche Persönlichkeitsbeeinträchtigung daraus resultiert, nicht nachgekommen."


Ob im vorliegenden Fall die Österreichische Post  überhaupt gegen die DSGVO verstoßen hatte, erörterte das Gericht nicht mehr. Denn, so das OLG Innsbruck, es fehle bereits an der notwendigen Darlegung des Schadensnachweises.

Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Eine für die Österreichische Post  höchst erfreuliche Entwicklung. Der OGH hatte bereits Ende letzten Jahres entschieden, dass ein Kläger nach Art. 82 DSGVO weiterhin den Kausalitätszusammenhang und den Schadensnachweis voll erbringen muss (OGH, Urt. v.  27.11.2019 - Az.: 6 Ob 217/19h). Insofern entspricht der Standpunkt des OLG Innsbruck auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung des OGH.

Inzwischen gibt es auch ein Sammelklage-Verfahren auf Schadenersatz gegen die Österreichische Post, organisiert von der Plattform Cobin Claims. Das parallel laufende Bußgeld-Verfahren wird durch die aktuelle Gerichtsentscheidung nicht näher berührt.

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4. OLG Stuttgart: DSGVO-Verstöße sind abmahnbar + § 13 TMG nicht anwendbar
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Nach Ansicht des OLG Stuttgart sind Verstöße gegen die DSGVO Wettbewerbsverletzungen und somit gerichtlich verfolgbar (OLG Stuttgart, Urt. v. 27.02.2020 - Az.: 2 U 257/19).

Kläger war der IDO-Verband. Der Beklagte veräußerte über eBay  gewerblich KfZ-Teile, informierte dabei jedoch die Nutzer nicht über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten. In dem DSGVO-Verstoß sah der IDO-Verband  eine Wettbewerbsverletzung und klagte.

Das LG Stuttgart (Urt. v. 20.05.2019 - Az.: 35 O 68/18 KfH) lehnte den Anspruch noch ab.

In der Berufung gab das OLG Stuttgart der Klage nun jedoch statt. Verletzungen der DSGVO seien zugleich auch Wettbewerbsverstöße:

"Die Rechtsdurchsetzung auf dem zivilen Rechtsweg wird durch die Verordnung in keiner Weise eingeschränkt. Zwar kommt den Aufsichtsbehörden eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung der Datenschutz-Grundverordnung zu. Die Verordnung beschneidet aber auch nicht die Rechtsdurchsetzung privater Rechte auf dem Zivilrechtsweg. Vielmehr stehen Maßnahmen der Aufsichtsbehörde, die u.a. Sanktionen verhängen kann, und die privatrechtliche Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen unabhängig nebeneinander und sind gleichrangig.(...).

Eine Einschränkung bestehender Befugnisse zur Rechtsdurchsetzung war nicht bezweckt. Vielmehr sollte durch die Datenschutz-Grundverordnung ersichtlich nur ein Mindeststandard für den Rechtsschutz der betroffenen Person und desjenigen, dem durch Verstöße gegen die Verordnung ein Schaden entstanden ist, geregelt werden. (...)

Insbesondere enthält Artikel 80 DSGVO keine abschließende Regelung für die privatrechtliche Rechtsdurchsetzung. Nicht gefolgt werden kann der Auffassung, aus einem Gegenschluss zu Artikel 80 Absatz 2 DSGVO ergebe sich, dass Mitbewerber und Wettbewerbsverbände nicht klagebefugt seien."


Das Gericht hat die Revision zum BGH zugelassen, da die Instanzgerichte inzwischen sehr unterschiedlich zu diesem Thema entscheiden. Auf Ebene der Oberlandesgerichte setzt sich in der letzten Zeit der Standpunkt durch, den auch das OLG Stuttgart vertritt.

In dem Urteil nimmt das Gericht auch zur umstrittenen Frage Stellung, ob das TMG (hier: § 13 TMG) durch die DSGVO abgelöst ist. Im Ergebnis bejaht das Gericht diese Frage und erklärt nur noch die DSGVO für anwendbar:

"Diese gesetzliche Regelung wird verdrängt durch die Bestimmungen der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO). Gemäß Artikel 95 DSGVO erlegt diese Verordnung natürlichen oder juristischen Personen in Bezug auf die Verarbeitung in Verbindung mit der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste in öffentlichen Kommunikationsnetzen in der Union keine zusätzlichen Pflichten auf, soweit sie besonderen in der Richtlinie 2002/58/EG (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) festgelegten Pflichten unterliegen, die dasselbe Ziel verfolgen.

Demnach genießen zwar nationale Bestimmungen weiterhin Vorrang, mit denen die Richtlinie 2002/58/EG umgesetzt wurden. 

Die hier fragliche Regelung in § 13 Absatz 1 TMG setzt allerdings nicht die Richtlinie 2002/58/EG um, sondern Artikel 10 der Datenschutz-Richtlinie 95/46/EG (Jandt/Schaar/Schulz in Beck’scher Kommentar zum Recht der Telemediendienste, 2013, § 13 TMG Rn. 13). Nachdem die Datenschutz-Richtlinie gemäß Artikel 94 Absatz 1 DSGVO zum 25. Mai 2018 aufgehoben wurde, genießt die Datenschutz-Grundverordnung nunmehr Anwendungsvorrang (vgl. Auer- Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT- und Datenschutzrecht, 3. Aufl. 2019, § 36 Rn. 20).

Die Datenschutz-Grundverordnung beansprucht gemäß Artikel 288 Absatz 2 AEUV unmittelbare Geltung und verdrängt im Kollisionsfall das nationale Recht (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juni 2009 - 2 BvE 2/08, juris Rn. 335 - Lissabon-Vertrag; BVerfG, Beschluss vom 06. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06, juris Rn. 53 - Mangold; BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2011 - 1 BvR 1916/09, juris Rn. 81).

Unerheblich ist dabei, ob und in welchem Umfang die Regelung in § 13 Absatz 1 Satz 1 TMG mit der Datenschutz- Grundverordnung vereinbar ist. Den Mitgliedstaaten ist es untersagt, (auch gleichlaufende) Regelungen zu erlassen, die den Anwendungsbereich der Verordnung verschleiern und damit die Auslegungshoheit des Europäischen Gerichtshofs über das Unionsrecht in Frage stellen (EuGH, Urteil vom 10. Oktober 1973, C-34/73, Rn. 11; vgl. hierzu Sydow, Europäische Datenschutz-Grundverordnung, Einleitung Rn. 39). Die auf den Datenschutz bezogenen Informationspflichten des Diensteanbieters richten sich mithin allein nach der Datenschutz-Grundverordnung, nicht nach § 13 Absatz 1 TMG (Hul- len/Roggenkamp in: Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, § 13 TMG, Rn. 3)."



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5. BayObLG: Kein Löschungsanspruch von personenbezogenen Daten gegen Staatsanwaltschaft
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Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat entschieden, dass kein Löschungsanspruch gegen eine Staatsanwaltschaft besteht, solange die dem Ermittlungsverfahren zugrunde gelegte Straftat nicht verjährt ist (BayOblG, Beschl. v. 27.01.2020 - Az.: 203 VAs 1846/19). Gegen den Beschwerdeführer wurde bei der Staatsanwaltschaft Coburg ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Totschlags geführt, welches Ende 2018 mangels hinreichendem Tatverdacht (§ 170 Abs. 2 StPO) eingestellt wurde. Daraufhin beantragte der Betroffene die Löschung seiner Daten, hilfsweise die Aufnahme, dass das Verfahren eingestellt sei. Sowohl die Datenberichtigung als auch die Datenlöschung lehnte das BayObLG ab.

Hinsichtlich der Datenberichtigung äußern sich die Robenträger wie folgt:

"Der Tatvorwurf ist zu Recht gespeichert. Der Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens muss zweifelsfrei erfasst sein, insbesondere auch um den Eintritt der Verjährung konkret bestimmen zu können, der - wie vorgehend dargestellt - maßgeblich ist für den Zeitpunkt der Löschung. Der Senat erachtet es deshalb nicht für zielführend, gespeicherte Datensätze mit Phantasieparagraphen (§ 999 StGB) zu verfälschen.

Das Interesse der Strafverfolgungsbehörden an der Speicherung der Daten geht dem Interesse des Beschuldigten an der Vermeidung einer Stigmatisierung vor. (...)

Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, weil - wie in vielen Ermittlungsverfahren - kein konkreter Tatnachweis geführt werden konnte, und nicht etwa wegen erwiesener Unschuld, was eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte."


Und hinsichtlich des Begehrens des Löschens heißt es:
"Wie oben ausgeführt, ist eine Löschung erst dann vorzunehmen, wenn das Ermittlungsverfahren erledigt ist, d.h. bei einer Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO mit Eintritt der Verjährung. Totschlag verjährt nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 StGB in dreißig Jahren.

Während des Laufs der Verjährungsfrist ist die Datenspeicherung zur Aufgabenerfüllung der Staatsanwaltschaft erforderlich, weil während dieses Zeitraums neue Beweismittel auftauchen könnten, die Anlass zur Wiederaufnahme der Ermittlungen geben. Eine Einstellung nach § 170 Abs, 2 StPO steht einer solchen Wiederaufnahme der Ermittlungen nicht entgegen."



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6. VG Berlin: Kein DSGVO-Anspruch auf "Bereinigung" einer Schülerakte bei Schulwechsel
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Ein Schüler, dessen Schülerakte zahlreiche Eintragungen aufweist, kann bei einem Schulwechsel nicht deren „Bereinigung“ unter Berufung auf die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verlangen. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in einem Eilverfahren entschieden.

Die Antragsteller sind ein dreizehnjähriger Schüler und seine Eltern. Der Schüler besuchte ab dem Schuljahr 2018/2019 ein Gymnasium in Berlin, welches er nach einem Gewaltvorfall verließ; das Probejahr bestand er nicht. Sodann besuchte er die achte Jahrgangsstufe einer anderen Berliner Schule, wobei es zu zahlreichen, in seiner Schülerakte dokumentierten Vorfällen kam.

Diese Schülerakte halten die Antragsteller aus verschiedenen Gründen für fehlerhaft und diskriminierend. Deren Übersendung in dieser Form an die Privatschule, die der Schüler nunmehr besuchen wolle, gefährde seine Aufnahme. Die Antragsteller begehren deshalb im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes im Wesentlichen die Entfernung bestimmter Seiten der Schülerakte.

Die 3. Kammer hat den Antrag zurückgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch auf Bereinigung bestehe nicht. Zwar gebe es nach der DSGVO unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Löschung von Daten, insbesondere, wenn diese für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind oder die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden.

Dies sei hier aber nicht der Fall. Die Daten seien weiter notwendig.

Die Schuldatenverordnung des Landes Berlin sehe ausdrücklich vor, dass ein Schulwechsel gerade keinen Zweckwegfall begründe. Denn nur so könne die Schülerakte ihren Zweck erfüllen, die Entwicklung der Persönlichkeit und des Verhaltens des Schülers über seine Schullaufbahn hinweg sowie die Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten über einen längeren Zeitraum nachvollziehbar zu machen. Die personenbezogenen Daten seien aber auch nicht unrechtmäßig verarbeitet worden.

Nach dem Berliner Schulgesetz dürften Schulen nämlich personenbezogene Daten von Schülerinnen und Schülern und ihren Erziehungsberechtigten verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung der ihnen durch Rechtsvorschriften zugewiesenen, schulbezogenen Aufgaben erforderlich ist. Soweit es etwa um die Speicherung von personenbezogenen Daten von Schülern über Pflichtverletzungen und deren pädagogische und rechtliche Folgen gehe, sei die Speicherung für die Aufgabenerfüllung der Schule erforderlich, da die Auswahl einer zukünftigen pädagogischen Maßnahme stets auch von der Beurteilung des Verhaltens des Schülers in vergleichbaren zurückliegenden Situationen abhängig sei.

Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Beschluss der 3. Kammer vom 28. Februar 2020 (VG 3 L 1028.19)

Quelle: Pressemitteilung des VG Berlin v. 04.03.2020

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7. VG Frankfurt a.M.: Unzulässige Äußerungen einer Handwerkskammer
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Mit dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Februar 2020 verkündeten Urteil hat die für das Recht der Handwerkskammern zuständige 12. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main auf die Klage eines Mitglieds der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main erstmals Grundsätze zu den Äußerungsbefugnissen von Handwerkskammern aufgestellt.

Die Klägerin betreibt eine Motoradwerkstatt und ist Mitglied der beklagten Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main. Sie wendet sich gegen Äußerungen der Beklagten und deren Präsidenten, die im Zeitraum vom Februar bis September 2018 im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Dieselfahrverboten und den Themen der Luftreinhaltung öffentlich gemacht wurden.

Dabei handelt es sich unter anderem um folgende Formulierungen:

Pressemitteilung vom 24.8.2018:
„Es kann nicht sein, dass wir an allen Ecken und Enden der Stadt Verkehrsversuche starten, sperren und verlangsamen, wenn das auf Kosten der Bevölkerung (...) geht.“

Pressemitteilung vom 28.8.2018:
„Fahrverbote schaden der Region, der Bevölkerung (...)“

Pressemitteilung vom 5.9.2018:
„Die Situation ist für die Mitarbeiter unserer Unternehmen und die Unternehmen selbst eine Katastrophe.“

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte überschreite mit diesen Äußerungen ihren gesetzlichen Aufgabenbereich und bediene sich polemischer Überspritzungen. Zudem sei ein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht gegeben, weil die Beklagte die Pressemeldung vom 24.4.2018 gemeinsam mit der CDU-Fraktion Frankfurt am Main herausgegeben habe.

Das Gericht hat die Rechtswidrigkeit der Pressemitteilung vom 24.4.2018 („an allen Ecken und Enden der Stadt“) festgestellt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Gericht wies in der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass bei entsprechender Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Industrie- und Handelskammern auch die Handwerkskammern die Gesamtinteressen der Mitglieder ihres Bezirks wahrzunehmen haben und sich nur mit der notwendigen Zurückhaltung und Objektivität äußern können.

Auch sei es Aufgabe der Handwerkskammern in ständigem kommunikativen Austausch mit Behörden und politischen Akteuren zustehen.

Als wesentlicher Gesichtspunkt wurde in der mündlichen Verhandlung sodann erörtert, dass die streitgegenständliche Formulierung „an allen Ecken und Enden der Stadt“ polemisch überspitzt sei. Hingegen sei der Begriff der „Katastrophe“ zwar ein starker Ausdruck, gehöre aber zum allgemeinen Sprachgebrauch. Weiterhin wurde thematisiert, dass das isolierte Herausgreifen der Formulierung „Fahrverbote schaden der Region“ den Kontext außer Acht lässt.

Die aktuellen und kontrovers diskutierten Themen wie Dieselfahrverbote und Luftreinhaltung sowie verkehrspolitische Fragestellungen dürften nicht nur konkret für den Kammerbezirk, sondern auch über dessen Grenzen hinaus relevant sein. Bei der Abfassung der Pressemitteilung lag eine schriftliche Urteilsbegründung noch nicht vor.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht hat die Berufung zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel zugelassen.

Aktenzeichen 12 K 1039/19.F

Quelle: Pressemitteilung des VG Frankfurt a.M. v. 28.02.2020

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8. LG Hannover: Unzulässige Influencer-Schleichwerbung bei Instagram
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Das LG Hannover hat entschieden, dass ein kommerzielle Instagram -Auftritt  nur mit ausreichender Kennzeichnung des kommerziellen Charakters erlaubt ist. Wird hingegen der Eindruck erweckt, der Kanal werde durch eine Privatperson betrieben, liegt ein Fall der irreführenden Schleichwerbung vor (LG Hannover, Urt. v. 11.11.2019 - Az.: 32 O 64/19).

Die Beklagte war eine Unternehmergesellschaft (UG) und betrieb einen Online-Shop für Bademoden. Gleichzeitig unterhielt sie auf Instagram  einen Account. Dieser zeigte eine junge Frau, die Geschäftsführerin und einzige Gesellschafterin der UG war.

Auf der Instagram -Seite waren eine Vielzahl an Fotos mit der Geschäftsführerin abgebildet. Beim Anklicken einzelner Aufnahmen wurde das jeweilige Bild zusammen mit danebenstehenden Kommentaren angezeigt. Durch weitere Klicks wurden zu den von der Geschäftsführerin getragenen Textilien Firmen- oder Markenbezeichnungen eingeblendet. Klickte der User weiter, gelangte er zu der jeweiligen Instagram -Seite des jeweiligen Anbieters.

Es fand sich keinerlei aufklärender Hinweis, dass es sich dabei um Werbung handelte.

Das Gericht stufte dies als klassischen Fall der Schleichwerbung ein.

Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der kommerzielle Zweck für den durchschnittlichen Besucher der Seite keinesfalls offenkundig. Der Instagram -Account sei aus Sicht eines durchschnittlichen Besuchers auf die bildliche Selbstdarstellung einer jungen Frau ausgerichtet und in keiner Weise die Webseite eines Unternehmens.

Es handle sich auch um keinen zulässigen Werbeprospekt. Prospekte würden nämlich typischerweise unterschiedliche Personen (Models) zeigen, während vorliegend die unterschiedlichen Textilien stets von derselben Frau getragen würden. Sie sei im Fokus der Bilderreihe, nicht die Textilien. Dazu passe, dass die Hersteller- bzw. Markenangaben erst nach Anklicken erschienen.

Entscheidend sei, dass das kommerzielle Angebot für den Betrachter nicht sofort ersichtlich sei. Vielmehr erfolge die Ausgestaltung in der Weise, dass es sich um den Kanal einer privaten Person handle. Dazu passten auch die in den Profilangaben erfolgten Erläuterungen ("Model, Designer and Boutique owner"). Hierdurch werde verschleiert, dass es sich dabei um den Auftritt einer juristischen Person handle.

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9. Niederländische Datenschutzbehörde: DSGVO-Bußgeld iHv. 525.000,- EUR für unerlaubten Adressdaten-Verkauf
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Die Niederländische Datenschutzbehörde Autoriteit Persoonsgegevens  teilt mit, dass sie ein DSGVO-Bußgeld iHv. 525.000,- EUR gegen den Tennis-Club Royal Dutch Lawn Tennis Association (KNLTB)  wegen unerlaubtem Adressdaten-Verkauf verhängt hat.

Die Pressemitteilung kann hier nachgelesen werden, die konkrete Entscheidung im Original-Wortlaut gibt es hier.

Kern der Beanstandung ist die Weitergabe von KNLTB -Mitgliederdaten an zwei Sponsoren. Im ersten Fall wurden ca. 50.000 Datensätze übermittelt, im zweiten Fall ca. 300.000 Datensätze. Die Weitergaben kündigte der Verein ein paar Monate vorher in seinem Newsletter an seine Mitglieder an. Er wies auf die Möglichkeit des Widerspruchs hin, die der Kunde ausüben müsse, damit die Daten nicht weitergegeben würden.

Die Informationen enthielten u.a.: Vor- und Nachnahme, Adresse, Geschlecht, Telefonnummer, Handynummer, E-Mail-Adresse, Geburtsdatum. In ca. 40.000 Fällen wurden die betreffenden Mitglieder von dem Sponsor telefonisch kontaktiert.

Der Tennis-Club KNLTB  rechtfertigte die Datenweitergabe mit zwei Gründen: Zum einen sollte ein Mehrwert für die Mitglieder geschaffen werden. Zum anderen sollten die reduzierten Einnahmen aufgrund der sinkenden Mitgliederzahlen ausgeglichen werden.

Die Niederländische Datenschutzbehörde erkannte dies nicht als ausreichende Sachgründe an. Die Datenweitergabe sei vielmehr ohne Erlaubnis erfolgt und verstoße damit gegen die DSGVO.

Hinsichtlich der konkreten Bußgeldhöhe bewerteten die Datenschützer die Handlungen als schweres Vergehen. Insbesondere habe der Club sich nicht ausreichend informiert. Zwar habe er in der Vergangenheit anwaltlichen Rat eingeholt. Die dort getroffenen Äußerungen stammten aber aus dem Jahr 2017 und würden sich nicht auf die erst 2018 wirksam gewordene DSGVO beziehen. Daher sei eine Geldbuße von 525.000,- EUR angemessen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, der KNLTB  hat bereits Rechtsmittel angekündigt.

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10. Österreichische Datenschutzbehörde: DSGVO-Informationspflicht kann bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens nachgeholt werden
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In einem aktuellen Beschwerdefall vertritt die Österreichische Datenschutzbehörde  den Standpunkt, dass im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens ein Unternehmen seine DSGVO-Informationspflichten nachholen kann (Bescheid v. 22.08.2019 - Az.: DSB-D130.206/0006-DSB/2019).

Im vorliegenden Fall hatte sich ein Rechtsanwalt bei der Österreichische Datenschutzbehörde  über den Betreiber einer Webseite beschwert, weil dieser seinen Informationspflichten aus Art. 13 DSGVO nicht nachgekommen war.

Das Amt gab der Beschwerde nur teilweise statt. Hinsichtlich der fehlenden Aufklärung über die Betroffenheitsrechte (Art. 13 Abs.2 b) DSGVO) und über das Beschwerderecht bei einer Aufsichtsbehörde (Art. 13 Abs.2 d) DSGVO) wies es das Rechtsmittel als unbegründet zurück. Denn der Rechtsanwalt sei ausreichend qualifiziert gewesen, diese Rechte bereits aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit zu kennen:

"Wie festgestellt handelt es sich beim Beschwerdeführer um einen eingetragenen Rechtsanwalt. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer als rechtskundige Person über das Bestehen seiner datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte (Art. 13 Abs. 2 lit. b DSGVO) und des Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde (lit. d leg. cit.) bereits im Zeitpunkt der Erhebung (bzw. ganz allgemein) verfügt.

Die Datenschutzbehörde verkennt nicht, dass die Informationen nach Art. 13 DSGVO einem generellen Adressatenkreis zur Verfügung zu stellen sind und dass es sich bei mangelhafter Informationserteilung um einen objektiven Verstoß gegen die Verordnung handelt; dieser ist jedoch in einem amtswegigen Prüfverfahren („Datenschutzüberprüfung“) gemäß Art. 58 Abs. 1 lit. b DSGVO aufzugreifen.

Der Erfolg einer Beschwerde nach Art. 77 Abs. 1 iVm § 24 Abs. 1 DSG ist jedenfalls an die Voraussetzung geknüpft, dass auch eine konkrete Beschwer vorliegt, die im Hinblick auf Art. 13 Abs. 2 lit. b und lit. d DSGVO gegenständlich nicht erkennbar ist (...). Im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach die Beschwerdegegnerin die Rechte der betroffenen Person (gemeint offenbar: die Ausübung dieser Rechte) auf schriftliche Anträge und Anträge per Email („ausschließlich“) einschränke, eine Einschränkung auf „bestimmte Kanäle“ aber nicht zulässig und insofern ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 2 DSGVO gegeben sei, gelten die eben getroffenen Überlegungen sinngemäß.

Wenngleich dem Beschwerdeführer inhaltlich Recht zugeben ist, ist in Bezug auf das konkrete Beschwerdeverfahren festzuhalten, dass eine Beschwer dennoch nicht erkennbar ist, da der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt behauptet hat, dass er etwa postalisch einen Antrag nach Art. 12 Abs. 3 DSGVO an die Beschwerdegegnerin gestellt hätte, welcher in Folge unbeantwortet geblieben wäre."


Im Weiteren äußert die Behörde auch die Rechtsansicht, dass fehlende Informationen im Rahmen des konkreten Beschwerdeverfahrens nachgeholt werden können:
"Zur Vollständigkeit ist darauf hinzuweisen, dass dies in Bezug auf § 24 Abs. 6 DSG bedeutet, dass die Informationen nach Art. 13 und Art. 14 DSGVO auch nachträglich bis zum Abschluss des Verfahrens zur Verfügung gestellt werden können (wobei § 24 Abs. 6 DSG im Ergebnis gegenständlich nicht einschlägig ist):

Diese Überlegung findet nämlich in Art. 57 Abs. 1 lit. f DSGVO Deckung, wonach die Datenschutzbehörde Beschwerden „in angemessenem Umfang“ zu untersuchen hat.

Weitere Deckung findet diese Überlegung in ErwGr 131 erster Satz DSGVO, wonach die Verordnung eine solche „gütliche Einigung“ zwischen Verantwortlichem und betroffener Person sowie der Aufsichtsbehörde als Vermittler der DSGVO durchaus kennt. Mit anderen Worten: Sofern die Beschwer einer betroffenen Person beseitigt ist, ist das Rechtsschutzziel der Bestimmung nach Art. 77 Abs. 1 DSGVO (die daran anknüpft, dass eine Verarbeitung gegen die Verordnung „verstößt“ und nicht: „verstößt oder verstoßen hat“) erreicht."


Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Ob sich die Rechtsansicht der Österreichische Datenschutzbehörde  auch in Deutschland durchsetzen wird, bleibt abzuwarten.

Wichtig dabei zu verstehen ist, dass die Nachholung der Informationspflicht nur das konkrete Beschwerdeverfahren des Users berührt. Es bedeutet nicht, dass die Behörde nicht zugleich auch die fehlende Umsetzung der DSGVO-Pflichten mit entsprechenden Maßnahmen (wie z.B. einem Bußgeld) belegen kann. 

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