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Newsletter vom 12.02.2020 |
Betreff: Rechts-Newsletter 7. KW / 2020: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. OGH: Beweislast bei DSGVO-Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO _____________________________________________________________ Der Oberste Gerichtshof (OGH) in Österreich hat ein Grundlagen-Urteil zur Beweislast bei DSGVO-Schadensersatzansprüchen getroffen. Danach kehrt sich nach Art. 82 DSGVO lediglich hinsichtlich des Verschuldens die Beweislastumkehr um. Der Kläger muss aber weiterhin den Kausalitätszusammenhang und den Schadensnachweis voll erbringen. Hier kehrt sich die Beweislast nicht um (OGH, Urt. v. 27.11.2019 - Az.: 6 Ob 217/19h). Der Kläger verlangte von einer Auskunftei Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO, weil diese eine falsche Information über den Schuldenstand des Klägers mitgeteilt hatte. Dadurch konnte der Kläger einen bestimmten Kreditvertrag nicht abschließen, sondern musste zu einem anderen Anbieter wechseln, der schlechtere Konditionen hatte. Den dadurch eingetretenen Schaden verlangte der Gläubiger nun ersetzt. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung hatte der OGH zu entscheiden, welche Wirkung hinsichtlich der Beweislast die Regelung des Art. 82 DSGVO zukommt. Normalerweise trifft den Anspruchsteller die volle Beweislast, d.h. er muss alle Voraussetzungen nachweisen, um sein Begehren gerichtlich durchzusehen. Bei Art. 82 DSGVO war bislang umstritten, inwieweit die Norm eine Umkehr dieser Beweislast vornimmt.
Der OGH hat nun geurteilt, dass lediglich hinsichtlich des Verschuldens sich die Beweislast umkehrt. Hinsichtlich aller anderen Voraussetzungen (insb. Kausalität und Schaden) treffe den Kläger weiterhin die volle Nachweispflicht:
" Nach völlig einhelliger Auffassung ist aus der Bestimmung des Art 82 DSGVO keine Beweislastumkehr hinsichtlich der Kausalität abzuleiten. Anmerkung von RA Dr. Bahr: Eine für Unternehmen höchst erfreuliche höchstrichterliche Rechtsprechung aus Österreich, die auch auf die rechtlichen Verhältnisse in Deutschland übertragen werden kann.
Waren nämlich bislang Firmen der Gefahr überzogener Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO ausgesetzt, so hat sich dieses Risiko durch dieses Urteil nunmehr erheblich reduziert. Denn nun ist gerichtlich festgestellt, dass den jeweiligen Kläger weiterhin die volle Beweislast für das Entstehen und die Höhe des Schadens trifft. Außerdem muss der Gläubiger belegen, dass der Schaden eben kausal auf der DSGVO-Verletzung beruht.
Die Antwort des BAG ist:
"Der Sonderkündigungsschutz des Beauftragten für den Datenschutz nach § 4f Abs. 3 Satz 5 BDSG in der bis zum 24. Mai 2018 geltenden Fassung (aF) endet mit Absinken der Beschäftigtenzahl unter den Schwellenwert des § 4f Abs. 1 Satz 4 BDSG aF. Gleichzeitig beginnt der nachwirkende Sonderkündigungsschutz des § 4f Abs. 3 Satz 6 BDSG aF." Einfacher formuliert: Der Sonderkündigungsschutz, den ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter nach alter Rechtslage hatte, verfällt, sobald das Unternehmen unter die entsprechende Beschäftigtenzahl fällt. Es greift jedoch die im Gesetz verankerte nachwirkende einjährige Kündigungsschutzfrist.
Bei Unterschreiten der Beschäftigtenzahl kann also dem Mitarbeiter ordentlich gekündigt werden, es gilt jedoch eine einjährige Schutzfrist.
Die Beklagte war eine bekannte Social Media-Plattform, die den Kläger aufgrund seiner Postings gesperrt und den Text gelöscht hatte. Hiergegen wehrte sich der Kläger.
Dabei war unter anderem die Frage zu beantworten, ob es ausreichend war, dass die Beklagte die Zustimmung zu ihren geänderten AGB mittels eines Pop-Up eingeholt hatte, das der User ausdrücklich anklicken musste.
Das Gericht bejahte diese Frage:
"Die allen Nutzern als „pop-up“ bei Aufruf des Dienstes der Beklagten zugegangene Mitteilung über die beabsichtigte Änderung der Nutzungsbedingungen (...) in Verbindung mit der Aufforderung, die „ich stimme zu“-Schaltfläche anzuklicken, ist dabei als an den einzelnen Nutzer gerichtetes Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrages (...) zu sehen. (...) Anmerkung von RA Dr. Bahr: Das Gericht bestätigt damit, was seit langer Zeit im Internet gängige Praxis ist. Nämlich die Einholung von Willenserklärungen mittels eines Pop-Up oder eines Buttons.
Insofern ist die Entscheidung nicht neuartig, sondern zementiert vielmehr nur noch einmal die bis dato herrschende Ansicht.
Der Kläger beanstandete Suchergebnisse von Google, da er sich hierdurch in seinen Rechten verletzt sah. Als Google seinen Löschungsantrag ablehnte, wandte er sich an den Hamburgischen Datenschutzbeauftragten. Auch dieser lehnte die begehrte Löschung ab, da ein berechtigtes Informationsinteresse bestünde. Daraufhin erhob der Betroffene Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen die Datenschutzbehörde, dass diese entsprechend aktiv gegenüber Google werden sollte. Im Ergebnis lehnte das Gericht die Klage ab, da im Rahmen der Interessenabwägung ein sachlicher Grund an der Nennung der Daten bestünde.
Inhaltlich erklärte das OVG Hamburg jedoch mit relativ klaren Worten, dass jeder Bürger ein Recht auf ermessensfehlerfreies Einschreiten gegenüber den amtlichen Datenschützer ab. Der Anspruch begrenze sich nicht auf eine reine Untätigkeitsklage, sondern vielmehr habe der Verbraucher ein entsprechendes subjektives Klagerecht:
"Angesichts dieser klaren Aufgabenzuweisung, zum Schutz der Rechte betroffener Personen Maßnahmen zu ergreifen, erscheint es nicht naheliegend, dass die DSGVO einem Beschwerdeführer die Möglichkeit vorenthalten will, ablehnende Entscheidungen von Aufsichtsbehörden auch in der Sache gerichtlich prüfen zu lassen, zumal nicht ersichtlich ist, dass nach den Regelungen der DSGVO ein unmittelbares (zivilrechtliches) Vorgehen gegen den Verantwortlichen (...) als vorrangig anzusehen wäre (...). Und weiter: ;Bei dieser Sachlage erscheint eine Beschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten eines Beschwerdeführers bei einer ablehnenden Entscheidung auf Art. 78 Abs. 2 DSGVO zweifelhaft. Soweit der Beklagte und die Beigeladene ihre gegenteilige Auffassung auf in der Literatur geäußerte Meinungen stützen, erscheint dies nicht überzeugend, da sich die genannten Fundstellen nicht auf die maßgebliche Norm des Art. 78 Abs. 1 DSGVO beziehen, sondern auf Art. 57 Abs. 1 lit. f) DSGVO bzw. auf Art. 77 und 78 Abs. 2 DSGVO.
Insbesondere vermag das Berufungsgericht nicht zu erkennen, dass die Regelung des Art. 57 Abs. 1 lit. f) DSGVO, wonach bei Beschwerden die Verpflichtung der Aufsichtsbehörde nur zu einer Untersuchung im „angemessenen Umfang“ - d.h. nach pflichtgemäßem Ermessen – besteht, eine maßgebliche Aussage über den Umfang der einem Beschwerdeführer zustehenden Rechtsschutzmöglichkeiten treffen sollte.
Sollte diese Meinung Bestand haben, ist davon auszugehen, dass sich die Datenschutzbehörden noch stärker mit entsprechenden Klagen von Bürgern auseinandersetzen werden müssen.
Die Klägerin war Inhaberin der bekannten Marken "funny-frisch" und "Chipsfrisch". Die Beklagte betrieb ein Online-Portal, auf dem Verbraucher Rabatt-Coupons für einzelne Produkte bekommen konnten. Legte der Kunde den Coupons bei bestimmten Einzelhändlern vor, erhielt er eine Ermäßigung von 0,50 EUR. Auf den Coupons wurden ungefragt die Marken der Klägerin benutzt. Diese sah hierin eine Markenverletzung und klagte. Zu Unrecht wie das OLG Köln nun entschied. Es liege zwar ein Eingriff in das Markenrecht vor. Der Eingriff sei aber nach § 24 Abs.1 MarkenG gerechtfertigt, denn es liege eine Erschöpfung vor. Der Inhaber einer Marke habe nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke für Waren zu benutzen, die von ihm unter dieser Marke in den Verkehr gebracht worden seien. Die an dem Rabatt-Programm teilnehmenden Einzelhändler verfügten über von der Klägerin unter ihren Marken in den Verkehr gebrachten und mithin erschöpften Ware. Sie seien also berechtigt, für diese Ware unter Verwendung der Marken zu werben. Und zwar unabhängig davon, ob sich die Ware zum Zeitpunkt der Werbeaktion bereits in ihrem Lager befinde oder erst später erworben werde. Dass die Händler bei ihrer Werbung Dritte wie z. B. Zeitungsverlage für Print-Werbeanzeigen einschalten dürften, sei unbestritten. So z. B. der Verleger, der im Auftrag des Händlers eine Zeitungs-Werbeanzeige drucke. Diese Grundsätze seien auch auf den vorliegenden Fall anwendbar. Denn das Online-Portal sei kein unabhängiger Dritter, der im eigenen Namen Werbemaßnahmen betreibe. Vielmehr sei die tatsächliche und rechtliche Stellung der Beklagten identisch mit der eines Zeitungsverlags, der entsprechende Sonderangebote abdrucke.
Es bestünde in der Praxis an der Erschöpfung ein großes praktisches Bedürfnis, denn andernfalls könne ein Markeninhaber auf allen Handelsstufen den Vertrieb der Markenware kontrollieren und steuern. Genau dies wolle aber das Gesetz nicht.
In der Anzeige war ein PKW der Marke Mitsubishi beworben worden. Der angegebene Preis bezog sich auf die Basis-Variante des Produktes. Das Foto zeigte jedoch das teurere TOP-Modell, das eine umfangreichere Ausstattung aufwies. Das OLG Köln stufte dies als irreführend ein. Der Verbraucher benötige auch den Preis für das wiedergegebene TOP-Modell, um eine aufgeklärte Entscheidung zu treffen. Es reiche nicht aus, wenn nur der Preis für die Basis-Ausstattung angegeben werde. Denn bereits durch die Darstellung des PKW erfolge eine Werbung für die kostenintensivere Ausstattung.
Da hierfür der Preis nicht angegeben werde, liege ein Wettbewerbsverstoß vor.
Dem Verfahren liegt ein bereits seit mehreren Jahren geführter Rechtsstreit zwischen der für die Aufsicht über den Telekommunikationsmarkt in Deutschland zuständigen Bundesnetzagentur mit Sitz in Bonn und Google zugrunde. Die Behörde ist der Ansicht, dass der von Google bzw. dessen irischer Tochtergesellschaft betriebene E-Mail-Dienst ein Telekommunikationsdienst im Sinne des deutschen Telekommunikationsgesetzes ist und Google daher den dort für Anbieter solcher Dienste geregelten Pflichten unterliegt, zum Beispiel Anforderungen des Datenschutzes oder der öffentlichen Sicherheit. Mit Bescheiden aus Juli 2012 und Dezember 2014 hatte die Bundesnetzagentur Google verpflichtet, Gmail bei ihr als Telekommunikationsdienst anzumelden. Dagegen klagte Google erfolglos vor dem Verwaltungsgericht Köln und legte anschließend Berufung ein. Das Oberverwaltungsgericht hat das Berufungsverfahren zunächst ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Klärung ersucht, ob E-Mail-Dienste, die über das offene Internet erbracht werden, ohne den Kunden selbst einen Internetzugang zu vermittteln (sogenannte Webmail-Dienste), Telekommunikationsdienste sind (vgl. Pressemitteilung vom 26. Februar 2018). Nachdem der EuGH am 13. Juni 2019 über das Vorabentscheidungsersuchen entschieden hat, hat das Oberverwaltungsgericht das Berufungsverfahren fortgesetzt. Mit dem heute verkündeten Urteil hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln geändert und die durch Google angefochtenen Bescheide der Bundesnetzagentur aufgehoben. Dass Google bei dem Versenden und Empfangen von Nachrichten aktiv tätig werde, indem es den E‑Mail-Adressen die IP-Adressen der entsprechenden Endgeräte zuordne, die Nachrichten in Datenpakete zerlege und sie in das offene Internet einspeise oder aus dem offenen Internet empfange, damit sie ihren Empfängern zugeleitet werden, reiche für die Einstufung dieses Dienstes als Telekommunikationsdienst nicht aus. Vielmehr stellten im Wesentlichen die Internetzugangsanbieter der Absender und der Empfänger von E-Mails sowie die Betreiber der verschiedenen Netze, aus denen das offene Internet bestehe, die für das Funktionieren von GMail erforderliche Signalübertragung sicher. Deren Tätigkeit sei Google auch nicht unter funktionalen oder wertenden Gesichtspunkten zurechenbar. Auch der Umstand, dass Google in Deutschland eine mit dem weltweiten Internet verbundene eigene Netzinfrastrukturbetreibe betreibe, ändere an dieser Beurteilung nichts. Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat das Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen kann Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet. Aktenzeichen: 13 A 17/16 (I. Instanz: VG Köln 21 K 450/15, EuGH: C-193/18) Auf Antrag von Google hat das Oberverwaltungsgericht die Bundesnetzagentur mit einem heute verkündeten Beschluss im Eilverfahren zudem angewiesen, eine von Google zunächst unter Vorbehalt veranlasste Meldung von GMail als Telekommunikationsdienst aus dem von der Bundesnetzagentur geführten öffentlichen Verzeichnis wieder zu entfernen. Aktenzeichen: 13 B 1494/19
Quelle: Pressemitteilung des OVG Münster v. 05.02.2020
Der Kläger hat die beklagte Kirchengemeinde auf die Beseitigung der Skulptur von der Fassade der Kirche in Anspruch genommen. Er hat die Ansicht vertreten,die Beseitigung verlangen zu können, weil die Skulptur eine Beleidigung der Angehörigen des jüdischen Glaubens und damit auch des Klägers selbst darstelle. Zusätzlich hat er den geltend gemachten Beseitigungsanspruch auf die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gestützt. Der Senat hat das klageabweisende Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau bestätigt. Dem Kläger stehe ein Beseitigungsanspruch nicht zu, weil die Skulptur in ihrem aktuellen Kontext weder beleidigenden Charakter aufweise noch das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletze. Allerdings habe das Relief ursprünglich unstreitig den Zweck verfolgt, die Juden verächtlich zu machen. Gleichwohl verletze die Beklagte mit seiner Ausstellung an der Fassade der Stadtkirche die Ehre der Juden und des Klägers nicht. Das Relief sei Teil eines Ensembles, das eine andere Zielrichtung der Beklagten erkennen lasse. Eine Informationstafel bringe unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Beklagte sich von den Judenverfolgungen, den antijudaistischen Schriften Martin Luthers und der verhöhnenden Zielrichtung der Schmähplastik distanziere. Dies werde durch das im Jahr 1988 enthüllte Mahnmal unterhalb der Schmähplastik bekräftigt. Der vom Kläger zur Unterstützung seiner Argumentation herangezogene Gedanke, wonach eine Beleidigung auch dann eine Beleidigung bleibe, wenn man sie kommentiere, könne nicht allgemein und ausnahmslos Geltung beanspruchen. Konsequent angewendet stünde dieser Gedanke auch der vom Kläger befürworteten Ausstellung der Schmähplastik in einem Museum entgegen. Auch der Gefahr, die Plastik könne als Element der religiösen Verkündigung wahrgenommen werden, sei durch ihre Einbindung in das Ensemble aus Mahnmal, Informationstafel und Relief entgegengewirkt. Die Präsentation eines ursprünglich beleidigend gemeinten Gebäudeteiles im originalen Bauzustand sei nicht notwendigerweise beleidigend. Vielmehr könne eine Kommentierung des historischen Kontextes die ursprüngliche Wirkung neutralisieren. Dies sei bei der Wittenberger Schmähplastik der Fall. Der Senat hat die Revision zugelassen. Das Urteil kann vom Kläger vor dem Bundesgerichtshof angefochten werden und ist nicht rechtskräftig. OLG Naumburg 9 U 54/19
Quelle: Pressemitteilung des OLG Naumburg v. 04.02.2020
Eine Tätigkeit als Straßenbahnfahrer kam danach dauerhaft nicht mehr in Betracht. Der Kläger ist als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Er verlangte von der Beklagten jedenfalls im Dezember 2018 die Bezahlung von 13,5 Mehrarbeitsstunden mit einem Wert von 200 Euro aus dem Jahr 2017. Anfang März 2019 wurde ihm eine Auszahlung zugesagt. Nachdem eine Zahlung nicht erfolgte, rief der Kläger am 18. März 2019 eine Mitarbeiterin der Personalabteilung wegen der noch ausstehenden Bezahlung der Mehrarbeit an. Er verlangte die Entscheidung und die Auszahlung noch am selben Tag und zwar zumindest als Zwischenzahlung. Die Mitarbeiterin teilte mit, dass sie dies mit einem anderen Mitarbeiter abklären müsse. Darauf ließ der Kläger sich nicht ein, sondern fragte, was denn passieren würde, wenn der andere Mitarbeiter sterbe. Dann müsse ja jemand anders die Entscheidung treffen. Erhalte er keine Rückmeldung, dann würde er am gleichen Tag Dienstaufsichtsbeschwerde erheben. Am Abend desselben Tages reichte der Kläger bei der Beklagten Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Mitarbeiterin der Personalabteilung und den stellvertretenden Leiter der Personalabteilung ein. Darin stellte er den Sachverhalt der nicht bezahlten Mehrarbeit aus seiner Sicht dar und formulierte abschließend, dass die Mitarbeiter verpflichtet seien, ihm seine Bezüge auszuzahlen, diese aber veruntreuen würden und sich somit strafbar machten. Im April 2019 bezahlte die Beklagte die 13,5 Überstunden. Nach Beteiligung von Inklusionsamt, Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15. April 2019 fristlos und mit Schreiben vom 21. Mai 2019 ordentlich zum 30. September 2019. Das Arbeitsgericht erachtete die Kündigung für unwirksam. In der mündlichen Verhandlung hat die erkennende Kammer des Landesarbeitsgerichts den Parteien mitgeteilt, dass die Berufung der Arbeitgeberin keine Erfolgsaussichten habe. Es habe für den Arbeitnehmer ein berechtigter Anlass bestanden, sich über seine Vorgesetzten zu beschweren, nachdem der ihm unstreitig zustehende Betrag für die Mehrarbeit von 200 Euro über längere Zeit nicht ausgezahlt worden war. Hierzu durfte er grundsätzlich das Mittel der internen Dienstaufsichtsbeschwerde an den Vorstand wählen und war nicht gehalten, den gerichtlichen Klageweg zu beschreiten. Zwar dürfe der Arbeitnehmer Vorgesetzte nicht wider besseren Wissens einer Straftat bezichtigen. Im konkreten Fall werde aus der Dienstaufsichtsbeschwerde, in der der Kläger die Nichtzahlung der Mehrarbeitsvergütung darstellte, aber eindeutig erkennbar, dass es dem Kläger nur wertend um den Ausdruck seiner Unzufriedenheit mit der verzögerten Zahlung gegangen sei. Nur diese habe er - auch für den Adressaten der Beschwerde erkennbar rechtlich unzutreffend - wertend als Untreue bezeichnet. Angesichts des berechtigten Anlasses der Beschwerde sowie des Gesamtzusammenhangs stelle diese zwar deutliche Kritik und Beschwerde keinen Kündigungsgrund dar. Mit dem Hinweis auf den Tod des anderen Mitarbeiters habe der Kläger alleine und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass eine zeitnahe Entscheidung auch ohne diesen möglich sein müsse. Im Hinblick auf diese gerichtliche Einschätzung und die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers als Straßenbahnfahrer haben die Parteien das Arbeitsverhältnis durch gerichtlichen Vergleich zum 30.09.2019 beendet. Die Beklagte zahlt an den Kläger eine Abfindung von 30.000 Euro und gilt die noch offenen 50 Urlaubstage ab. Sonstige laufende Entgeltansprüche bestehen aufgrund der Arbeitsunfähigkeit nicht mehr.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 8 Sa 483/19
Quelle: Pressemitteilung des LAG Düsseldorf v. 04.02.2020
Bereits im Jahr 2018 hatte der BGH die App „Uber Black“ in der damaligen Version untersagt (Az. I ZR 3/16). Eine Taxiunternehmerin aus München hat im hier vorliegenden Fall ebenfalls gegen UBER vor dem Landgericht München I geklagt und nun überwiegend Recht bekommen. Nach Auffassung des Landgerichts verstoßen die drei Apps der Beklagten auch zum Zeitpunkt des 02.12.2019 in ihrer dem Verfahren zugrundeliegenden Version weiter gegen das Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Gemäß & 49 Abs. 4 Satz 2 PBefG dürfen Mietwagen nur Beförderungsaufträge ausführen, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind. Den Eingang des Beförderungsauftrags hat der Mietwagenunternehmer buchmäßig zu erfassen; die Aufzeichnung ist ein Jahr aufzubewahren. Nach Ausführung des Beförderungsauftrags hat der Mietwagen unverzüglich zum Betriebssitz zurückzukehren, es sei denn, er hat vor der Fahrt von seinem Betriebssitz oder während der Fahrt fernmündlich einen neuen Beförderungsauftrag erhalten (& 49 Abs. 4 Satz 3 PBefG). Diverse Zeugen hatten zur Überzeugung der Kammer in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht München I bestätigt, dass sich die Beklagte faktisch weiterhin nicht an diese Vorgaben hält. Die Beklagte nehme vielmehr mit ihrem jetzigen Modell der Apps zumindest billigend in Kauf, dass ihre Fahrer die Entscheidungshoheit über den jeweiligen Auftrag behielten und gerade nicht der Mietwagenunternehmer, so das Landgericht. Dass die Fahrer der Beklagten potenzielle Fahrgäste mittels der App bereits sehen könnten, bevor sich der Mietwagenunternehmer eingeschaltet habe, führe zudem dazu, dass die Fahrer sich - ohne die gesetzlich vorgeschriebene Rückkehrpflicht zu beachten - unmittelbar zu den Fahrgästen begeben würden. Beides stelle einen Verstoß dar. Die Beklagte hatte zur ihrer Verteidigung unter anderem vorgebracht, dass sie ihr Vorgehen mit den zuständigen Ordnungsbehörden abgesprochen habe. Dies reichte dem Landgericht München I jedoch als Rechtfertigung nicht aus, denn eine ausdrückliche Erlaubnis der zuständigen Behörden konnte die Beklagte nicht vorlegen. Lediglich wegen Unbestimmtheit wurde ein Teil der Klageanträge, der behauptete Verwechselungen mit Taxenverkehr betraf und sich gegen die drei UBER-Versionen richtete, abgewiesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es ist für die Klägerin jedoch ggf. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000 Euro sofort vollstreckbar. Ob diese Sicherheit geleistet wird, entscheidet die Klageseite.
Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 10.02.2020
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