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Newsletter vom 12.08.2020 |
Betreff: Rechts-Newsletter 33. KW / 2020: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: EuGH-Vorlage wegen Gewinnspiel einer Versandapotheke _____________________________________________________________ Der BGH hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob eine ausländische Versandapotheke in Deutschland ein Gewinnspiel veranstalten darf, bei dem die Teilnahme an die Einreichung eines Rezept für ein verschreibungswichtiges Arzneimittel gekoppelt ist (BGH, Urt. v. 20.02.2020 - Az.: I ZR 214/18). Die Beklagte war eine niederländische Versandapotheke und warb deutschlandweit mit einem Flyer für ein Gewinnspiel mit dem als Hauptpreis ein Gutschein für ein Elektrofahrrad im Wert von 2.500,- EUR und als zweiter bis zehnter Preis jeweils eine elektrische Zahnbürste ausgelobt wurden. Voraussetzung für die Teilnahme an der Verlosung war das Einsenden eines Rezepts. Die Klägerin hielt dies für rechtswidrig und ging gerichtlich gegen das Gewinnspiel vor.
Der Rechtsstreit erreichte schließlich den BGH. Dieser legte die Frage der Rechtmäßigkeit nun dem EuGH vor. Die Karlsruher Richter stellten dabei nachfolgende Frage:
"Steht es mit den Bestimmungen des Titels VIII und insbesondere mit Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG in Einklang, wenn eine nationale Vorschrift (hier: § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG) dahin ausgelegt wird, dass es einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Versandapotheke verboten ist, mit der Auslobung eines Gewinnspiels um Kunden zu werben, wenn die Teilnahme an dem Gewinnspiel an die Einreichung eines Rezepts für ein verschreibungspflichtiges Humanarzneimittel gekoppelt ist, der ausgelobte Gewinn kein Arzneimittel, sondern ein anderer Gegenstand ist (hier: ein Elektrofahrrad im Wert von 2.500 € und elektrische Zahnbürsten), und nicht zu befürchten ist, dass einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub geleistet wird?" zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. BGH: Zur Berechnung des Schadensersatzes bei unerlaubt übernommenen Online-Stadtplänen _____________________________________________________________ Der BGH hat eine wichtige Entscheidung zur Höhe des Schadensersatzes bei der unerlaubten Übernahme von Online-Stadtplänen gefällt (BGH, Urt. v. 18.06.2020 - Az.: I ZR 93/19). Die Beklagte betrieb ein Beratungsunternehmen und hatte für Ihre Webseite unerlaubt Kartenausschnitte der Klägerin übernommen. Bei der gerichtlichen Auseinandersetzung ging es nun um die Frage, wie hoch der Schadensersatz für die Urheberrechtsverletzung war. Die Klägerin legte zahlreiche Lizenz-Verträge vor, aus denen sich eine entsprechende Höhe ergab. Die Beklagte vertrat den Standpunkt, dass diese Werte nicht anzuwenden seien, weil ein Großteil der vorgelegten Verträge erst nach einer urheberrechtlichen Abmahnung geschlossen worden seien, sodass diese Kontrakte nicht repräsentativ seien. Der BGH ist der Ansicht der Beklagten erfolgt und hat festgestellt, dass aus Lizenzverträgen, die nach einer Abmahnung geschlossen wurden, keine maßgeblichen Rückschlüsse auf die lizenzrechtliche Schadensersatz-Höhe gezogen werden könnten. Denn in solchen Fällen stelle der Wert nicht nur die Vergütung dar, die vernünftige Parteien als Gegenleistung für den Wert der künftigen legalen Benutzungshandlung vereinbart hätten. Vielmehr bilde die Summe darüber hinaus auch zusätzlich eine Gegenleistung für die einvernehmliche Einigung über die geltend gemachten Ansprüche dar. Der jeweilige Verletzer werde nämlich angesichts eines ansonsten drohenden Rechtsstreits häufig von dem Ziel geleitet, eine kostenintensive gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden.
Insofern sei die Situation mit einer normalen Lizenzierung nicht vergleichbar. Daher könne derartigen Verträgen, die erst nach Ausspruch einer Abmahnung geschlossen worden sein, keine Indizwirkung zukommen.
Sowohl im Wettbewerbsrecht als auch im Markenrecht besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass die Partei einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Herabsetzung des Streitwertes und damit eine Reduzierung der Kosten beantragen kann, wenn sie glaubhaft macht, dass die vollen Entgelte sie erheblich wirtschaftlich gefährden würden. Im vorliegenden Fall nutzte der Beklagte das Zeichen "FERRARi" unerlaubt. Die Klägerin mahnte den Schuldner außergerichtlich aufgrund von marken- und wettbewerbsrechtlicher Ansprüche ab. Weder auf die Abmahnung noch auf ein weiteres Schreiben reagierte der Beklagte, sodass das Verfahren vor Gericht ging.
Vor dem Landgericht erkannte der Beklagte die Ansprüche an, berief sich dabei aber auf die Regelungen der Streitwertbegünstigung und begehrte eine Herabsetzung des Betrages.
Dies lehnte das OLG Frankfurt a.M. ab. Das Begehren sei rechtsmissbräuchlich, da der Beklagte ohne sachlichen nicht außergerichtlich reagiert habe:
"Der Senat hat im Einklang damit bereits mit Beschluss vom 6.4.2005 - 6 W 43/05 entschieden, dass rechtsmissbräuchliches Verhalten auch dann vorliegt, wenn der Verletzer trotz eindeutiger Rechtlage auf die ausgesprochene Abmahnung nicht reagiert (...) In solchen Fällen solle ein Schuldner nicht noch für seine Passivität belohnt werden. Vielmehr sei es seine Verpflichtung, so frühzeitig wie möglich aktiv zu werden. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 4. OLG Karlsruhe: Benutzung des Tesla-Touchscreens während Fahrt u.U. verboten _____________________________________________________________ Nach Ansicht des OLG Karlsruhe (Beschl. v. 27.03.2020 - Az.: 1 Rb 36 Ss 832/19) ist die Benutzung des Tesla-Touchscreens während der Fahrt nach § 23 Abs.1 StVO verboten, wenn dies zu entsprechenden Unachtsamkeiten führt Dies gilt auch dann, wenn es sich dabei um eine notwendige Funktion (hier: Einstellung des Intervalls der Scheibenwischer) handelt.
Grundsätzlich darf der Lenker eines PKWs ein technisches Geräte nur unter den engen Voraussetzengen des § 23 Abs.1a StVO verwenden:
"§ 23 StVO: Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden (...) Dem Gericht stellte sich nun die Frage, ob auch der Tesla-Touchscreen unter diese Regelungen fällt. Der betroffene Fahrzeugführer hatte bei starkem Regen das Intervall der Scheibenwischer ändern wollen und kam während der Benutzung des Touchscreens von der Fahrbahn ab. 200,- EUR Geldbuße und 1 Monat Fahrverbot waren die Konsequenzen.
Das OLG Karlsruhe bejahte zunächst die Frage, dass auch für die Tesla-Hardware § 23 Abs.1a StVO gelte:
"Ein Berührungsbildschirm ist hingegen lediglich eine spezielle Art von Interface, das als kombiniertes Ein- und Ausgabegerät grundsätzlich in unterschiedlichsten funktionalen Kontexten - also zum Beispiel auch zur Bedienung eines Kfz- eingesetzt werden kann. Zwei sei der Einsatz von Berührungsbildschirmen während der Fahrt nicht grundsätzlich verboten. Nämlich dann, wenn nur ein kurzer, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasster Blick erfolge.
Dies aber liege beim Tesla-Touchscreen nicht vor. Eine kurze Ablenkung sei nicht mehr gegeben, denn die Vornahme der Einstellungen dauerten länger und lenkten den Fahrer ab, Er müsse nämlich in einem Untermenü zwischen fünf Einstellungen wählen, was deutlich Aufmerksamkeit koste als herkömmliche Armaturen.
Der Kläger war Inhaber einer Firma, die explosionsgefährliche Stoffe vertrieb. Er führte mit der verklagten Behörde wegen unterschiedlicher Maßnahmen eine gerichtliche Auseinandersetzung. Im Rahmen dieses Verfahrens übersandte das Amt per Telefax an ihren Anwalt bestimmte personenbezogene Information über den Kläger.
Der so übermittelte Datensatz enthielt unter anderem Angaben zu Name und Anschrift des Klägers, seine Fahrzeugidentifikationsnummer und das amtliche KFZ-Kennzeichen.
Das OVG Lüneburg stufte dies als Datenschutzverletzung ein. Denn bei einer Fax-Übertragung erfolge die Datenübermittlung ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen:
"Danach handelt es sich bei dem Telefaxverkehr um einen Dienst, der im Regelfall keine Datensicherheitsmaßnahmen enthält. Der Kläger habe im vorliegenden Fall eine besondere Schutzbedürftigkeit. Denn er sei erheblichen Gefahren ausgesetzt, weil er berufsbedingt mit explosionsgefährlichen Sprengstoffen Umgang habe Er sei damit einem deutlich erhöhten Angriffsrisiko durch militante Straftäter ausgesetzt, die auf von ihm vertriebene Sprengstoffe zugreifen wollten.
Die Datenübermittlung hätte somit nicht per Fax erfolgen dürfen, sondern auf anderem Wege, zum Beispiel per Post:
"Der vorstehend beschriebenen Gefahr hätte die Beklagte durch Sicherungsmaßnahmen bei der Übermittlung des Bescheides vom 3. Februar 2017 begegnen müssen. Dabei sei es auch unerheblich, dass es sich bei dem Empfänger des Faxes um den anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten gehandelt habe, der besonderen Verschwiegenheitspflichten unterliege. Denn es bestünde die Gefahr des Missbrauchs durch unbefugte Dritte, die sich jederzeit realisieren könne. Darüber hinaus existiere das Risiko, dass bei der Datenübermittlung Fehler passieren würden, zum Beispiel durch die fehlerhafte Adressierung eines Faxes.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Angesichts der Eindeutigkeit der richterlichen Aussage kann aber unzweifelhaft davon ausgegangen werden, dass bei einer aktuellen Handlung das Gericht auch eine DSGVO-Verletzung bejaht hätte.
Wichtig an der Entscheidung ist festzuhalten, dass nicht jede Fax-Übermittlung von personenbezogenen Daten rechtswidrig ist. Vielmehr stellt das Gericht klar, dass stets eine Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen ist. Je stärker in die Rechte des einzelnen Betroffenen eingegriffen werde, umso mehr müsse die jeweilige Behörde entsprechende Sicherheitsvorkehrungen treffen.
Die Beklagte, die digitale Krankenkasse Ottonova, warb auf ihren Webseiten u.a. für einen digitalen Arztbesuch:
"Bleib einfach im Bett, wenn du zum Arzt gehst: und "Warum du den digtalen Arztbesuch lieben wirst.Die Vorinstanz, das LG München I (Urt v. 16.07.2019 - Az.: 33 O 4026/18), stufte dies als Wettbewerbsverstoß ein.
Dieser Ansicht schloss sich das OLG München nun im Rahmen der Berufung an.
§ 9 HWG verbiete die Anpreisung derartiger Leistungen grundsätzlich und gelte unabhängig davon, ob die eigentliche Leistung zulässig oder unzulässig sei. Das Verbot erfasse somit auch rechtmäßige Dienstleistungen:
"Das Landgericht ist dabei mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass entgegen dem Vorbringen der Beklagten keine einschränkende Auslegung des § 9 HWG (a. F.) dahingehend vorzunehmen ist, dass das Werbeverbot akzessorisch die Unzulässigkeit der beworbenen Behandlung voraussetzt, so dass es auch nicht auf die zwischen den Parteien streitigen Fragen ankommt, ob sich die Tätigkeit der ausländischen Ärzte nach den (inhaltlich unterschiedlichen) Berufsordnungen der Landesärztekammern in Deutschland oder nach dem Recht des Landes, in dem die behandelnden Ärzte ansässig sind, richtet bzw. ob die beworbenen Fernbehandlungen nach schweizerischem Recht zulässig sind." Diese Untersagung sei auch sachlich gerechtfertigt, denn die Vorschriften dienten dem Schutz vor konkreten Gesundheitsgefährdungen, welche dadurch entstehen können, dass der Verbraucher durch irreführende oder eindringliche Werbung dazu verleitet werde, sich nutzlosen oder schädlichen Behandlungen auszusetzen.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Neu-Regelungen von § 9 HWG, wonach die Untersagung in bestimmten Ausnahmen nicht greift:
"Satz 1 ist nicht anzuwenden auf die Werbung für Fernbehandlungen, die unter Verwendung von Kommunikationsmedien erfolgen, wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist." Denn die Werbeaussage erwecke den Eindruck, dass eine Fern-Behandlung ohne weiteres möglich und sinnvoll sei. Es werde nicht hinreichend auf die sachlichen Voraussetzungen eingegangen: "Die streitgegenständliche Werbung berücksichtigt aber nicht, dass auch im Rahmen dieser tatsächlich eingeschränkten Möglichkeiten eine Werbung für Fernbehandlungen nicht generell zulässig ist, sondern nur unter der Voraussetzung, dass bei Einhaltung allgemein anerkannter fachlicher Standards kein persönlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen erforderlich ist im Sinne des § 9 Satz 2 HWG. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. LG Bremen: Irreführende Werbeaussage mit Preis von 0,- EUR, wenn tatsächlich zwingende Kosten anfallen _____________________________________________________________ Es ist irreführend, mit einem Preis von 0,- EUR zu werben, wenn tatsächlich zwingende Kosten anfallen (LG Bremen, Urt. v. 06.05.2020 - Az.: 12 O 145/19).
Die Beklagte warb in ihrem Schreiben für die Teilnahme an einer "Stromaktion". Als Belohnung wurde eine Reise nach Zypern für 0,- EUR in Aussicht gestellt:
"Ihr gesponserter Preis für diese inklusiven Leistungen p. P. ab nur 0,– EUR"Es wurden zudem die üblicherweise anfallenden Entgelte als Streichpreise genannt.
In einem Sternchen-Hinweis hieß es dann am unteren Rand:
"zzgl. obligatorischer, lokaler Gebühren (ca. 49,– €, Stand 01. 01. 2019) zu zahlen bei der Reiseleitung" Das LG Bremen stufte dies als irreführend und somit als Wettbewerbsverstoß ein. Dadurch, dass hier gleichwohl obligatorische Kosten anfielen, werde der Verbraucher getäuscht. Denn in Wahrheit sei die Inanspruchnahme des Angebots nur möglich, wenn der Kunde ein entsprechendes Entgelt zahle.
Daran ändere sich auch nichts, dass die Beklagte auf diese Kosten hinweise:
"Dabei ist es nach Ansicht der Kammer unerheblich, dass der Unternehmer dem Verbraucher mehrere Möglichkeiten anbietet, den Vorteil in Anspruch zu nehmen, sofern auch nur eine davon die Übernahme von Kosten bzw. die Zahlung eines Geldbetrages voraussetzt (...). zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. LG Ingolstadt: Schadensersatzansprüche des Rechtsdienstleisters Financialright gegen VW wegen Verstoß gegen Inkassoerlaubnis abgelehnt _____________________________________________________________ Die Klägerin hatte als Inkassodienstleisterin aus abgetretenem Recht Ansprüche von über 2.800 Fahrzeugkäufern gegenüber der Audi AG und der Volkswagen AG in Höhe von insgesamt über 77 Millionen Euro geltend gemacht. Es handelt sich um eines der umfangreichsten Verfahren im Rahmen der sogenannten Dieselklagewelle. Mit Urteil vom 07.08.2020 hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Ingolstadt die Klage nun abgewiesen. Im Wesentlichen ging die Kammer davon aus, dass zwar im Lichte der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der sog. „Lexfox-Entscheidung“ vom 27.11.2019 – VIII ZR 285/18 – die klageweise Geltendmachung von abgetretenen Ansprüchen durch Rechtsdienstleister wie der Klägerin grundsätzlich zulässig sei. Abweichend zu dieser Entscheidung seien aber im vorliegenden Fall bereits die einzelnen Abtretungsvereinbarungen nichtig, da sie aufgrund einer die Käufer benachteiligenden Regelung nicht mehr von der Inkassodienstleistungsbefugnis der Klägerin nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz gedeckt seien. Dies beruhe vor allem auf der vertraglichen Regelung der Klägerin, nach der im Falle eines Vergleichswiderrufs eines Käufers dessen gesamte Rechtsverfolgung für diesen nicht mehr kostenfrei sei. Hieraus resultiere sowohl ein unzulässiger wirtschaftlicher Druck für den jeweiligen Käufer als auch ein Interessenskonflikt zwischen dem Käufer und der Klägerin. Hierin liege eine unzumutbare Benachteiligung des Käufers, die zur Nichtigkeit der Abtretungsvereinbarung führe. Ohne wirksame Abtretung könne die Klägerin aber die Ansprüche der Käufer nicht selbst geltend machen, so dass die Klage abzuweisen gewesen sei. Az: 41 O 1745/18: In Sachen Financialright GmbH gegen Audi AG/Volkswagen AG
Quelle: Pressemitteilung des LG Ingolstadt v. 07.08.2020
Die Beklagte wurde gerichtlich verfolgt, weil sie als Influencerin bei Instagram entsprechende Postings vorgenommen hatte, ohne hinreichend auf den Werbeinhalt ihrer Nachrichten hinzuweisen. Das Landgericht Köln hatte nun zu entscheiden, wie die erlaubte redaktionelle Berichterstattung von der verbotenen Schleichwerbung abzugrenzen ist.
Das Gericht vertritt dabei einen sehr strengen Standpunkt und bejaht eine Wettbewerbsbezogenheit bereits dann, wenn der Werbeinhalt überwiegt:
"Das Fehlen einer kommerziellen Absicht der Beklagten ist nicht daraus abzuleiten, dass die Tags insoweit einen (geringen) redaktionellen Inhalt haben, als mit ihnen Follower über die Hersteller der getragenen Outfits bzw. der getragenen Make-Up-Marke informiert werden. Es liege auch keine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Medienunternehmen vor. So würden Modezeitschriften, die innerhalb des redaktionellen Teils ihrer Hefte Angaben zu Herstellern oder Bezugsquellen von Bekleidung machten, nicht die Absicht verfolgen, potenzielle Werbepartner anzuziehen und insoweit den Absatz des eigenen Angebots zu steigern. Der kommerzielle Zweck des Postings ergebe sich auch nicht aus den Umständen.
Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Instagram-Posts der Beklagten sich an ein jugendliches Publikum richten würden, das typischerweise weniger kritisch sei als ein erwachsenes. Schließlich sei darüber hinaus zu bedenken, dass das Konzept von Influencern gerade darin bestehe, private und kommerzielle Inhalte zu vermischen, was Lesern die entsprechende Unterscheidung erschwere, weil sich die Follower für die Influencer als Privatperson interessierten, nicht jedoch als Werbebotschafterin von Unternehmen.
Die Klägerin begehrte Schadensersatz von der Beklagten aufgrund fehlerhafter Beratung im Bereich von Finanzanlagen. Sie machte u.a. auch einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs.3 DSGVO geltend und begehrte die Kopien aller vorhandenen personenbezogenen Daten über sich. Auf diese Aufforderung erhielt die Klägerin eine Aufstellung ihrer gespeicherten Personendaten, jedoch keine weitergehenden Kopien oder Dokumente. Die Beklagte war im Besitz zahlreicher Telefonnotizen und Schreiben mit Bezug zur Beratungstätigkeit, lehnte die Übersendung einer Kopie aber an.
Zu Unrecht wie das LG München I nun entschied:
"Nach Überzeugung des Gerichts kann Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO nur so verstanden werden, dass unter die Vorschrift sowohl persönliche Informationen wie Identifikationsmerkmale (z.B. Name, Anschrift und Geburtsdatum), äußere Merkmale (wie Geschlecht, Augenfarbe, Größe und Gewicht) oder innere Zustände (z.B. Meinungen, Motive, Wünsche, Überzeugungen und Werturteile) fallen als auch sachliche Informationen wie etwa Vermögens- und Eigentumsverhältnisse, Kommunikations- und Vertragsbeziehungen und alle sonstiger Beziehungen der betroffenen Person zu Dritten und ihrer Umwelt. Auch solche Aussagen, die eine subjektive und/oder objektive Einschätzung zu einer identifizieren oder identifizierbaren Person liefern, weisen einen Personenbezug auf (...). Und weiter: "Vor dem Hintergrund, dass es durch die Entwicklung der Informationstechnologie mit ihren umfassenden Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten keine belanglosen Daten mehr gibt (so bereits BVerfG, Urteil vom 15.12.1983, Az. 1 BvR 209/83 - zitiert nach juris), kann Art. 15 DSGVO die vorgesehenen Betroffenenrechte nur dann gewährleisten, wenn eine entsprechend weite Auslegung erfolgt. Soweit damit in Gesprächsvermerken oder Telefonnotizen Aussagen der Klägerin oder Aussagen über die Klägerin festgehalten sind, handelt es sich hierbei ohne weiteres um personenbezogene Daten, welche zu beauskunften sind und über welche der Klägerin eine Kopie zur Verfügung zu stellen ist. zurück zur Übersicht |