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Newsletter vom 13.02.2008
Betreff: Rechts-Newsletter 7. KW / 2008: Kanzlei Dr. Bahr


anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 7. KW im Jahre 2008. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaftsrecht und Gewinnspiel- / Glücksspielrecht.

Die Kanzlei Dr. Bahr wünscht Ihnen wie immer angenehmes Lesen. Kontaktieren Sie uns einfach, falls Sie Fragen oder Anregungen haben: http://www.Dr-Bahr.com/findex.php?p=kontakt.html


Die Themen im Überblick:

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1. BGH: Wettbewerbs-Beschränkungen beim Lottovertrieb

2. KG Berlin: Rechtsmissbrauch durch fliegenden Gerichtsstand

3. OLG Celle: Verbotene Gewinnspiel-Kopplung auch bei Drittbezug

4. OVG Lüneburg: Fun-Games mit Punkten zum Weiterspielen rechtswidrig

5. OLG Saarland: Schlecker-Drogeriemärkte dürfen weiterhin Lotteriespiele anbieten

6. LG Braunschweig: Google AdWords sind Markenverletzung / Option "weitgehend passend Keywords"

7. LG München I: Pharmaindustrie darf Ärzten keine teuren Geschenke machen

8. VG Schleswig-Holstein: EuGH-Vorlage wg. deutschem Glücksspiel-Monopol - Volltext

9. AG Meldorf: Kein Entgelt für Sperrung von Mobilfunkanschlussl

10. KJM: Konzept von Lotto Bayern für geschlossene Benutzergruppe für Online-Lotto positiv

11. Law-Podcasting.de: Zuständiges Gericht bei Internet-Verletzungen


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1. BGH: Wettbewerbs-Beschränkungen beim Lottovertrieb
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Der Bundesgerichtshof hat erstmals in einem Hauptsacheverfahren zu überprüfen, ob das Regionalitätsprinzip (vgl. zur Entscheidung im Eilverfahren: Pressemitteilung Nr. 85/2007) und die Beschränkung der Tätigkeit gewerblicher Spielvermittler im staatlichen Lottovertrieb mit dem Kartellrecht vereinbar sind.

In Deutschland ist die Veranstaltung und Durchführung von Sportwetten und Lotterien bislang grundsätzlich den von den Bundesländern kontrollierten Lottogesellschaften vorbehalten. Die Lottogesellschaften haben sich im "Deutschen Lotto- und Totoblock" (DLTB) zusammengeschlossen und ihre Zusammenarbeit im sog. Blockvertrag geregelt. Nach § 2 des Blockvertrages dürfen die Lottogesellschaften Lotterien und Sportwetten nur innerhalb ihres jeweiligen Landesgebiets veranstalten (Regionalitätsprinzip). Entsprechend gestattete § 5 Abs. 3 des bisher geltenden Lotteriestaatsvertrages von 2004 den Lottogesellschaften die Veranstaltung und Durchführung von öffentlichen Glücksspielen in einem anderen Bundesland nur mit dessen Zustimmung.

§ 4 des sog. Regionalisierungsstaatsvertrags sieht vor, dass die von gewerblichen Spielvermittlern vermittelten Lotterieeinnahmen unter den Lottogesellschaften entsprechend den von diesen jeweils im Übrigen erzielten Spieleinsätzen verteilt werden.

Nachdem gewerbliche Spielvermittler dazu übergegangen waren, Spieleinsätze auch über Annahmestellen in Filialen großer Handelsunternehmen und Tankstellen entgegen zu nehmen, befasste sich der Rechtsausschuss des DLTB mit der Zulässigkeit dieses so genannten terrestrischen Vertriebs. Als Ergebnis der Beratungen hat der Rechtsausschuss die Lottogesellschaften aufgefordert, Umsätze, die – nach seiner Auffassung rechtswidrig - durch terrestrischen Vertrieb gewerblicher Vermittler erzielt worden sind, nicht anzunehmen.

Das Bundeskartellamt hat mit Beschluss vom 23. August 2006 die Beachtung des Regionalitätsprinzips als Verstoß gegen Art. 81 EG beanstandet. Es hat ferner festgestellt, dass die Aufforderung des Rechtsausschusses, Umsätze aus terrestrischem Vertrieb gewerblicher Vermittler nicht anzunehmen, gegen Art. 81 EG, § 1 GWB und gegen § 21 Abs. 1 GWB und Art. 82 EG verstößt.

Dem DLTB und den Lottogesellschaften hat das Bundeskartellamt untersagt, Lottogesellschaften aufzufordern, durch terrestrische Vermittlung gewerblicher Spielvermittler erzielte Spielumsätze generell nicht anzunehmen. Den Lottogesellschaften hat es verboten, der entsprechenden Aufforderung des Rechtsausschusses nachzukommen.

Ferner hat es den Lottogesellschaften untersagt, ihr jeweiliges Vertriebsgebiet in Beachtung von § 2 Blockvertrag und § 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag 2004 sowie der Landesgesetze zum Glücksspielwesen auf das Gebiet des Bundeslandes zu beschränken, in dem sie über eine Genehmigung für die von ihnen angebotenen Glücksspiele verfügen, und ihren Internetvertrieb aus diesem Grund auf Spielteilnehmer aus ihrem jeweiligen Bundesland zu beschränken. Schließlich hat das Bundeskartellamt die Verteilung der Einnahmen nach dem Regionalisierungsstaatsvertrag als Verstoß gegen Art. 81 EG beanstandet. Es hat den Lottogesellschaften u. a. untersagt, den Bundesländern die Höhe der von den gewerblichen Spielvermittlern stammenden Einnahmen zum Zweck der Regionalisierung mitzuteilen.

Das OLG Düsseldorf hat die gegen die Verfügung des Bundeskartellamts eingelegten Beschwerden mit Beschluss vom 8. Juni 2007 überwiegend zurückgewiesen. Allerdings hat es anerkannt, dass die Bundesländer aus ordnungsrechtlichen Gründen eine Tätigkeit von Lottogesellschaften anderer Bundesländer auch präventiv untersagen können.

Gegen den Beschluss des OLG Düsseldorf haben der DLTB und die betroffenen Lottogesellschaften Rechtsbeschwerde und das Bundeskartellamt Anschluss-rechtsbeschwerde eingelegt. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs wird hierüber am 29. April 2008 verhandeln. Er wird sich dabei gegebenenfalls auch mit dem neuen Staatsvertrag zum Glücksspielwesen zu befassen haben, der zum 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist (vgl. etwa LT NRW, Drucks. 14/4849). Dieser sieht in § 4 Abs. 4 ein Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet vor. Von einem Land erteilte Genehmigungen für die Veranstaltung oder Vermittlung von Glücksspielen gelten weiterhin nur für dessen Gebiet (§ 9 Abs. 4 Satz 1).

Verhandlungstermin: 29. April 2008

KVR 54/07

BKartA – B 10-92713- Kc-148/05 (WuW/E DE-V 1251) ./. OLG Düsseldorf – VI – Kart 15/06 (V) (WuW/E DE-R 2003)

Quelle: Pressemitteilung Nr. 22/2008 des BGH v. 06.02.2008

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2. KG Berlin: Rechtsmissbrauch durch fliegenden Gerichtsstand
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Das KG Berlin (Beschl. v. 25.01.2008 - Az.: 5 W 371/07: PDF) hat entschieden, dass durch eine unverhältnismäßige Ausnutzung des fliegenden Gerichtsstands ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliegen kann.

"Die durch die Regelung des fliegenden Gerichtsstands ermöglichte deutschlandweite Gerichtswahl schließt die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Wahl im Einzelfall nicht aus (...).

Grundsätzlich ist es allerdings nicht als missbräuchlich (...) anzusehen, wenn der Kläger das ihm bequemste oder genehmste Gericht auswählt, also beispielsweise sein Heimatgericht oder das Gericht mit der ihm am günstigsten erscheinenden Rechtsprechung. Es ist gerade in Rechtsstreitigkeiten des gewerblichen Rechtsschutzes weder ungewöhnlich noch anrüchig, wenn angreifende Wettbewerber im Hinblick auf den häufig eröffneten "fliegenden Gerichtsstand" das gerichtliche Forum wählen, welches ihnen im Hinblick auf die dort vorherrschende Rechtsprechung zur Erreichung ihrer Prozessziele am meisten Erfolg versprechend erscheint.

Dieser Effekt ist (...) Ausdruck des gesetzgeberischen Willens (...). Jede auf den Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs wegen Ausnutzung eines bestehenden "Rechtsprechungsgefälles" gestützte Beschränkung der zur Entscheidung zuständigen Gerichte, die weiter geht als die aus den jeweils anwendbaren allgemeinen Regelungen über die örtliche Zuständigkeit, bedeutet nicht nur eine Verweigerung des gesetzlichen Richters (...), sondern zugleich auch eine Missachtung des Gleichheitsgebots (...).

Die Ausnutzung des "fliegenden" Gerichtsstands (...) ist also grundsätzlich keine unzulässige Rechtsausübung. Denn die Gerichtswahl (...) kennt grundsätzlich keine Einschränkung, und zwar auch dann nicht, wenn ein Antragsteller unter Ausnutzung diesbezüglicher Möglichkeiten die Rechtsprechung verschiedener Gerichte sozusagen "testet" (...)."

Auf den konkreten Fall übertragen nehmen die Berliner aber dann einen Fall des Missbrauchs an:

"Die von der Antragstellerin und ihrer Tochtergesellschaft praktizierte Gerichtsstandswahl zeichnet sich jedoch durch die Besonderheit aus, dass sie offenkundig darauf abzielt, ein dem jeweiligen Gegner ortsfernes Gericht auszuwählen, was aber - auch unter Zugrundelegung vorstehender
Grundsätze - die Annahme des Missbrauchs nahe legt: Würde es der Antragstellerin um die Ausnutzung einer für sie günstigen Rechtsprechungslage gehen, hätte es seinerzeit nahegelegen, ausschließlich oder zumindest vorzugsweise Hamburger und Berliner Gerichte anzurufen.

Dies ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr wurden und werden die Verletzer deutschlandweit in Anspruch genommen, und zwar möglichst weit von ihrem Wohnund Geschäftssitz entfernt, und zwar auch dann, wenn das Sitz- oder das nächstgelegene Gericht zum Kreis der ansonsten vom Gläubiger Präferierten zählt.

Als besonders krass empfindet es der Senat insoweit, dass vor dem Landgericht Köln ein Antragsgegner aus Hamburg (...) in Anspruch genommen wird, wohingegen vor dem Landgericht Hamburg Antragsgegner aus Bonn und aus der Nähe von Düsseldorf in Anspruch genommen werden, und dass ein Gegner aus der Nähe von Würzburg in Berlin, ein Gegner aus Göppingen demgegenüber in Würzburg in Anspruch genommen wird.

Des Weiteren werden etwa Gegner aus Bremen oder Umgebung in Braunschweig oder Berlin und Gegner aus Kaiserslautern oder Pforzheim in Magdeburg in Anspruch genommen.

Mangels anderer Anhaltspunkte für wirklich sachliche Motive lässt diese Vorgehensweise - mit Blick auf die drohenden Reisekosten zum Gerichtsort - auf Schädigungsabsicht schließen."

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3. OLG Celle: Verbotene Gewinnspiel-Kopplung auch bei Drittbezug
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Das OLG Celle (Urt. v. 10.01.2008 - Az.: 13 U 118/07) hat entschieden, dass eine unzulässige Gewinnspiel-Kopplung iSd. § 4 Nr.6 UWG auch dann vorliegt, wenn die Spiel-Teilnahme von der Inanspruchnahme der Dienstleistung eines Dritten abhängig gemacht wird.

"Die Anwendbarkeit des § 4 Nr. 6 UWG auf die Gewinnspielaktion der Beklagten entfällt auch nicht deshalb, weil unmittelbar Begünstigte der Aktion nicht die Beklagte selbst, sondern die einzelnen Kfz-Meisterreparaturwerkstätten sind.

Zwar wird in der Literatur teilweise vertreten, dass die Einbeziehung fremder Waren oder Dienstleistungen in das Kopplungsgeschäft, an deren Absatz der Veranstalter nicht partizipiert, keine Waren oder Dienstleistungen im Sinne des § 4 Nr. 6 UWG darstellen (...).

Der Senat vermag sich dieser Auffassung jedoch nicht anzuschließen (...). Hierfür sprechen Sinn und Zweck der Regelung in § 4 Nr. 6 UWG. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (...) sind die in § 4 Nr. 6 UWG genannten Verhaltensweisen deshalb wettbewerbswidrig, weil die Maßnahme darauf abzielt, die Spiellust auszunutzen und das Urteil des Verbrauchers hierdurch zu trüben."

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4. OVG Lüneburg: Fun-Games mit Punkten zum Weiterspielen rechtswidrig
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Das OVG Lüneburg (Beschl. v. 10.01.2008 - Az.: 7 ME 179/06) hat entschieden, dass Unterhaltungsspielgeräte, bei denen der Spieler mittels Spielpunkten eine Berechtigung zum Weiterspielen erlangen kann, gegen § 6a SpielVO verstoßen:

"Insoweit lässt die SpielVO keinen Zweifel daran, dass Berechtigungen zum Weiterspielen ausnahmslos, also auch dann, wenn sie auf Punktgewinnen beruhen und der Verlängerung des begonnenen Spiels dienen, unzulässig sind. Zulässig ist unter den näher bezeichneten Voraussetzungen des § 6 a S. 3 SpielV allein der Gewinn von maximal sechs Freispielen (...).

In Übereinstimmung mit dem gesetzlichen Ermächtigungsrahmen sind die Regelungen des § 6 a SpielV im Einzelnen daran orientiert, welche Spielabläufe vom Spieler als "Gewinn empfunden" werden, einen "ausgesprochen starken Spielanreiz" und/oder eine "besonders gefährliche Bindung an ein bestimmtes Gerät" bewirken und/oder ob der Spieleinsatz noch in einem so angemessenen Verhältnis zur Anzahl möglicher Freispiele steht, dass dies über ein bloßes Unterhaltungsspielgerät nicht hinausgeht."

Und weiter:

"Diese Vorschrift setzt nicht voraus, dass Weiterspielberechtigungen in Token oder aufladbaren Speicherchips etc. verkörpert oder/und dass erspielte und auf einer Anzeige festgehaltene Punkte über eine technische Einrichtung des Spielgerätes selbst in Gewinne umgewandelt und ausgegeben werden (...).

Es reicht vielmehr für ein Verbot gem. § 6 a S. 1 lit. a SpielV aus, dass die angezeigten Spielpunkte nicht unmittelbar in maximal sechs Freispiele umgesetzt, sondern "aufaddiert" und zum Weiterspielen genutzt werden können, so dass mit der dadurch potenziell unbegrenzten Weiterspielberechtigung die die Dauer des Spielens begrenzende Vorschrift des § 6 a Satz 3 SpielV umgangen wird.

Die Gelegenheit, unbegrenzt weiterspielen zu können, ist geeignet, den Spieltrieb eines Spielers für überlange Zeit zu wecken (...)."

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5. OLG Saarland: Schlecker-Drogeriemärkte dürfen weiterhin Lotteriespiele anbieten
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Der Betreiber der Schlecker-Drogeriemärkte darf in seinen saarländischen Filialen während einer gesetzlichen Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2008 weiterhin Lotteriespiele anbieten und bewerben, ohne hierzu einer behördlichen Erlaubnis zu bedürfen.

Dies hat der für Wettbewerbssachen zuständige 1. Senat des Saarländischen Oberlandesgerichts am 30. Januar 2008 entschieden, indem er den Antrag eines saarländischen Inhabers mehrerer Lottoannahmestellen auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung gegen den Betreiber der Schlecker-Drogerie-Märkte in zweiter Instanz zurückgewiesen hat.

Die Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgerichts ist nicht anfechtbar.

Urteil v. 30. Januar 2008 - Az.: 1 U 534/07-169

Quelle: Pressemitteilung des OLG Saarland v. 05.02.2008

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6. LG Braunschweig: Google AdWords sind Markenverletzung / Option "weitgehend passend Keywords"
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Das LG Braunschweig hat in zwei einstweiligen Verfügungsverfahren (Beschl. v. 04.02.2008 - Az.: 9 0 294/08 (26)) und (Beschl. v. 04.02.2008 - Az.: 9 0 296/08 (28)) entschieden, dass die Benutzung fremder Kennzeichen als Google AdWords Markenverletzungen sind. Das Gericht hat sich dabei vor allem auch über die Option "weitgehend passende Keywords" geäußert:

"1. Die Benutzung eines Markennamens als bloßes Keyword im Rahmen von Google AdWords stellt einen kennzeichenmäßigen Gebrauch und somit auch eine Markenverletzung dar.

2. Der Inserent von Google AdWords ist für die von Google vorgenommen Zuordnungen verantwortlich. Dies gilt jedenfalls für die Fälle, in den das geschützte Zeichen in der Liste der "weitgehend passenden Keywords" steht, die von Google automatisch als Standardoption vorgegeben wird.

3. Erscheint die geschaltete Anzeige bei Google AdWords aufgrund (leicht) falscher oder abweichender Schreibwesen auch dann, wenn weder in der eigenen Keywordliste selbst noch in der erweiterten Liste der Begriff steht, beginnt eine Verantwortlichkeit des Inserenten erst ab Kenntnis. Der Inserent ist in einem solchen Fall jedoch verpflichtet, das Problem nach Kenntniserlangung durch Eingabe eines "auszuschließenden Keywords" zu verhindern. Andernfalls haftet er auf Unterlassung."

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7. LG München I: Pharmaindustrie darf Ärzten keine teuren Geschenke machen
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Pharmaunternehmen dürfen Ärzten keine teuren Geschenke machen – das hat jetzt die 1. Handelskammer des Landgerichts München I unter ihrem Vorsitzenden Richter Dr. Peter Guntz entschieden.

Geklagt hatte ein Verband von Arzneimittelherstellern, der sich der Lauterkeit des Verhaltens der pharmazeutischen Industrie bei der Zusammenarbeit mit Ärzten angenommen hat. Die Klage richtete sich gegen ein großes Pharma-Unternehmen, das Ärzten im Internet nicht nur einen 700 € teuren Wasserspender zum „exklusiven Vorzugspreis“ – einer Ersparnis von bis zu 40 % bei Anschaffung und Wartung –, sondern auch kostenlose Beratungsleistungen externer Unternehmensberater (etwa zum Thema „betriebswirtschaftliches Praxismanagement“) anbot.

Dies hielt die Klägerin für unlauter, da ein nicht unwesentlicher Teil der angesprochenen Ärzte motiviert werde, als Gegenleistung für das kostenlose Beratungsangebot die Medikamente der Beklagten zu verschreiben. Die Beklagte bestritt eine derartige Beeinflussbarkeit der Ärzte und verwies darauf, dass das Zuwendungsverbot des Heilmittelwerbegesetzes nur für produktbezogene Werbung, nicht aber für reine Imagewerbung gelte.

Dem folgte das Landgericht München I nicht und untersagte der Beklagten derlei Angebote. Das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gebiete es – so die Richter –, dass der Arzt sich bei der Verschreibung von Medikamenten allein von den Interessen des Patienten leiten lasse und dabei nicht einmal in den Verdacht einer unsachlichen Beeinflussung durch die Hersteller der Medikamente kommen dürfe. Mit den Zuwendungen der Beklagten, die das Gericht mit mehreren hundert Euro bewertete, beeinflusse diese die Entscheidung der Ärzte bei der Medikamention unangemessen und unsachlich und verstoße somit gegen § 4 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.

Das hohe Gut des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient rechtfertige es, bereits Handlungen, die geeignet seien, den bösen Schein einer unsachlichen Einflussnahme nahezulegen, als nicht mehr mit den guten Sitten im Wettbewerb vereinbar anzusehen.

Im Übrigen – so das Gericht – entspreche das Verbot von mehr als geringfügigen unentgeltlichen Zuwendungen an Ärzte inzwischen auch den Vorstellungen der Pharmaindustrie selbst, und zwar auch dann, wenn es nicht um produktbezogene Zuwendungen, sondern um bloße Imagewerbung gehe.

Dies ergebe sich nicht nur aus dem vom Kläger aufgestellten „Kodex zur Freiwilligen Selbstkontrolle der Arzneimittelindustrie“, sondern auch aus den „Verhaltensempfehlungen für die Zusammenarbeit der pharmazeutischen Industrie mit Ärzten“. Auch die Pharmaindustrie gehe also davon aus, dass nach den „anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel“ Geschenke, die über geringwertige produktbezogene Werbegaben hinausgehen, nicht gewährt werden dürfen.

(Urteil des Landgerichts München I vom 30.1.2008, Az. ; bei Veröffentlichung nicht rechtskräftig)

Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 08.02.2008

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8. VG Schleswig-Holstein: EuGH-Vorlage wg. deutschem Glücksspiel-Monopol - Volltext
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Das VG Schleswig-Holstein (Beschl. v. 30.01.2008 - Az.: 12 A 102/06) hat in einem umfangreich begründeten Beschluss entschieden, eine EuGH-Vorlage hinsichtlich des deutschen Glücksspiel-Monopols vorzunehmen:

"Leitsätze:
1. Es bestehen erhebliche rechtliche Bedenken, ob das deutsche Glücksspiel-Monopol mit dem EU-Recht vereinbar ist.

2. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art. 234 Abs. 1 a EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

a) Ist Art. 49 EG dahingehend auszulegen, dass die Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit voraussetzt, dass der Dienstleistungserbringer nach den Bestimmungen des Mitgliedstaates, in dem er ansässig ist, die Dienstleistung auch dort erbringen darf. - hier: Beschränkung der Glücksspiellizenz Gibraltars auf "offshore bookmaking"?

b) Ist Art. 49 EG dahingehend auszulegen, dass dieser einem maßgeblich mit der Bekämpfung von Spielsuchtgefahren begründeten nationalen staatlichen Veranstaltungsmonopol auf Sportwetten und Lotterien (mit nicht nur geringem Gefährdungspotenzial) entgegensteht, wenn in diesem Mitgliedstaat andere Glücksspiele mit erheblichem Suchtgefährdungspotenzial von privaten Dienstleistungsanbietern erbracht werden dürfen und die unterschiedlichen rechtlichen Regelungen zu Sportwetten- und Lotterien einerseits und anderen Glücksspielen andererseits auf der unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder und des Bundes beruhen?

Für den Fall der Bejahung der Vorlagefrage b):

c) Ist Art. 49 EG dahingehend auszulegen, dass dieser einer nationalen Regelung entgegensteht, die einen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen auch bei Vorliegen der gesetzlich normierten Erteilungsvoraussetzungen in das Ermessen der Erlaubnisbehörde stellt?

d) Ist Art. 49 EG dahingehend auszulegen, dass dieser einer nationalen Regelung entgegensteht, die das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt, wenn insbesondere gleichzeitig - wenngleich auch nur für eine Übergangsfrist von einem Jahr - die Veranstaltung und Vermittlung im Internet unter Einhaltung von Jugend- und Spielerschutzbestimmungen ermöglicht wird, um zum Zweck eines Verhältnismäßigkeitsausgleichs namentlich zweier gewerblicher Spielvermittler, die bislang ausschließlich im Internet tätig sind, eine Umstellung auf die nach dem Staatsvertrag zugelassenen Vertriebswege zu ermöglichen?"

Der Beschluss ist auch deswegen lesenswert, weil er als erste gerichtliche Entscheidung eine ausführlichere Auseinandersetzung mit dem zum 01.01.2008 in Kraft getretenen Glücksspiel-Staatsvertrag enthält.

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9. AG Meldorf: Kein Entgelt für Sperrung von Mobilfunkanschluss
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Das AG Meldorf (Urt. v. 18.01.2008 - Az.: 84 C 1380/07) hat entschieden, dass ein Netz-Betreiber keinen Anspruch auf Zahlung eines Entgeltes für die Sperrung eines Mobilfunkanschlusses hat.

Die Beklagte hatte ihre Rechnungen nicht gezahlt, woraufhin die Klägerin den Mobilfunkanschluss sperrte. Für diese Sperrung verlangte sie 8,80 EUR.

Zu Unrecht wie nun das AG entschied:

"Zur Zahlung von 8,80 € für die verzugsbedingte Sperrung des Anschlusses der Beklagten ist die Beklagte demgegenüber nicht verpflichtet. Soweit im Preisverzeichnis der Klägerin als "Sonderleistung" eine "Anschlusssperre (z.B. unbezahlte Rechnung) je Sperre" zum Preis von 8,80 € vorgesehen ist, ist diese Klausel unwirksam (...).

Die Sperrung eines Anschlusses wegen Zahlungsverzugs des Kunden ist keine Leistung der Klägerin an ihren Kunden, sondern die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts durch die Klägerin, welche im eigenen Interesse der Klägerin liegt. Falls die Sperrung auf einer schuldhaften Vertragsverletzung des Kunden beruht, kann dafür Schadensersatz verlangt werden (...), dessen Pauschalierung jedoch nur nach Maßgabe des § 308 Nr. 5 BGB zulässig ist."

Und weiter:

"Daran gemessen ist die von der Klägerin in ihrem Preisverzeichnis verwendete Klausel unwirksam. Das Preisverzeichnis der Klägerin gestattet dem Kunden nicht ausdrücklich den Nachweis, durch die Sperrung sei ein Schaden überhaupt nicht entstanden oder er sei wesentlich niedriger als die Pauschale von 8,80 € (...). Im Übrigen fehlt es an Vortrag zu der Frage, ob die Pauschale den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Kosten der Klägerin entspricht (...).

Da es sich um Schadensersatz handelt, kann die Klägerin etwa anteilige Personalkosten nicht einbeziehen, weil diese ohnehin angefallen wären, und auch nicht eine Gewinnspanne einkalkulieren. Es ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin durch die elektronische Sperrung eines Mobiltelefonanschlusses überhaupt Mehrkosten entstehen.

Soweit es in den AGB der Klägerin heißt, eine Sperrung dürfe "auf Kosten" des Kunden durchgeführt werden, ist gleichfalls nicht dargelegt, dass der Klägerin durch die Sperrung Kosten tatsächlich entstanden sind."

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10. KJM: Konzept von Lotto Bayern für geschlossene Benutzergruppe für Online-Lotto positiv
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Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat vor kurzem eine Pressemitteilung veröffentlicht:

"Zum zweiten Mal hat die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) ein Konzept zur Sicherstellung einer geschlossenen Benutzergruppe für Erwachsene im Bereich Online-Lotto positiv bewertet: das Konzept „SMS-PIN-Verfahren" der Staatlichen Lotterieverwaltung München (Lotto Bayern).

Nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) dürfen bestimmte jugendgefährdende Inhalte in Telemedien nur dann verbreitet werden, wenn der Anbieter durch geschlossene Benutzergruppen sicherstellt, dass nur Erwachsene Zugriff darauf haben. Dafür hat die KJM die Identifizierung per Face-to-Face-Kontrolle und die Authentifizierung des Nutzers bei jedem Nutzungsvorgang als zentrale Anforderungen festgelegt. Zur Sicherstellung geschlossener Benutzergruppen werden Altersprüfsysteme (AV-Systeme = Altersverifikationssysteme) eingesetzt.

Diese Anforderungen der KJM gelten gemäß dem neuen „Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland", der zum 01.01.2008 in Kraft getreten ist, auch für Online-Lotto, das unter dieser Voraussetzung für einen Übergangszeitraum von einem Jahr gestattet werden kann.

Das „SMS-PIN-Verfahren" von Lotto Bayern sieht die Identifizierung der Internet-Nutzer über das Lotto-Ident-Verfahren oder Post-Ident-Verfahren vor: Die Volljährigkeit des Kunden wird dabei persönlich und mit Abgleich von Personalausweis oder Reisepass überprüft, z.B. in einer Lotto-Annahmestelle oder bei der Post. Bei jedem Online-Spiel am PC ist eine Authentifizierung des Kunden erforderlich.

Hierfür hat der Kunde das „SMS-PIN-Verfahren" zu durchlaufen: Der Server generiert dabei als Zugangspasswort für die geschlossene Benutzergruppe per Zufall eine begrenzt gültige PIN. Der Kunde muss von seinem bei der Registrierung angegebenen Handy eine SMS mit dieser PIN an Lotto Bayern senden. Die empfangene SMS kann von Lotto Bayern über die Handynummer des Absenders eindeutig dem Kunden zugeordnet werden, der diese Handynummer bei der Identifizierung angegeben hat. Da dem berechtigten Nutzer bei Weitergabe seiner Zugangsdaten erhebliche Kosten entstehen können und gleichzeitig mögliche Gewinne immer nur auf sein Konto fließen, ist die Wahrscheinlichkeit für einen Missbrauch der Zugangsdaten gering.

Bei der Prüfung des Konzepts von Lotto Bayern kam die KJM somit zum Ergebnis, dass das System bei entsprechender Umsetzung den gesetzlichen Anforderungen genügen wird. Mit den Konzepten von Lotto Bayern (SMS-PIN-Verfahren) und Lotto Hamburg (USB-Stick) liegen somit zwei unterschiedliche Lösungsansätze vor, die von weiteren Lotterie-Anbietern in Eigenverantwortung umgesetzt werden können, ohne dass eine erneute Prüfung in der KJM erforderlich ist. Insgesamt gibt es bereits 21 Konzepte für Altersverifikations-Systeme bzw. für einzelne Module zur Sicherstellung geschlossener Benutzergruppen, die von der KJM positiv bewertet worden sind (vgl. Liste unter www.kjm-online.de: Jugendschutz im Internet/Geschlossene Benutzergruppen/Altersprüfsysteme).

Quelle: Pressemitteilung der KJM v. 23.01.2008"

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11. Law-Podcasting.de: Zuständiges Gericht bei Internet-Verletzungen
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Auf Law-Podcasting.de, dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es heute ein Podcast zum Thema "Zuständiges Gericht bei Internet-Verletzungen".

Inhalt:
So mancher Podcast-Hörer wird sich auf den ersten Blick über das heutige Thema wundern: Was? Seit wann ist es juristisch interessant, welches Gericht örtlich für Internet-Verletzungen zuständig? Die Gerichte wenden doch alle das gleiche Gesetz an, da ist doch egal, vor welchem Richter ich lande.

So oder auf ähnliche Weise werden viele unserer Zuhörer denken.

Aber: Weit gefehlt! Gerade bei Rechtsverletzungen, die Internet-Themen betreffen, spielt es oftmals eine entscheidende Rolle, vor welchem Gericht die Klage eingereicht wird. Denn viele Online-Fragen sind noch nicht höchstrichterlich abschließend geklärt, so dass unterschiedliche Gerichte gänzlich unterschiedliche Meinungen vertreten können.

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