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Newsletter vom 13.04.2016 |
Betreff: Rechts-Newsletter 15. KW / 2016: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: Medienhändler (hier: Amazon) haftet für urheberrechtswidrige Musik-DVD auch ohne Kenntnis _____________________________________________________________ Verkauft ein Medienhändler (hier: Amazon) eine urheberrechtswidrige Musik-DVD, haftet das Unternehmen auch ohne eigene Kenntnis (BGH, Urt. v. 05.11.2015 - Az.: I ZR 88/13). Es ging um eine urheberrechtswidrige Bootleg-DVD, die sich im Angebot des Online-Riesen Amazon befand. Der Rechteinhaber machte einen Unterlassungsanspruch geltend und verlangte dabei auch die Erstattung der angefallenen Abmahnkosten. Amazon verteidigte sich damit, dass es sich als Händler auf das grundgesetzlich geschützte Medienprivileg berufen könne. Zudem stammten die Inhalte gar nicht vom Unternehmen selbst, sondern würden von einem Dritten eingestellt. Der BGH hat mit klaren Worten die Verantwortlichkeit von Amazon bejaht. Amazon hafte, weil der geltend gemachte Unterlassungsanspruch verschuldenslos sei. Ein etwaiges Medienprivileg greife daher von vornherein nicht. Der Online-Gigant könne sich auch nicht auf die Haftungsprivilegen nach dem Telemediengesetz (TMG) berufen, da es sich um eigene und nicht fremde Inhalte handle.
Wer eigene Angebote abgebe, so die Richter, sei für diese auch dann verantwortlich, wenn er sie von Dritten erstellen lasse und ihren Inhalt nicht zur Kenntnis nehme und keiner Kontrolle unterziehe.
Der Beklagte war ein ein Market-Place-Verkäufer auf Amazon. Er bewarb dabei in üblicher Amazon-Form mit den durchgestrichenen Preisen. Dies sah die Klägerin als irreführend an. Denn es sei nicht klar, auf welchen Preis sich der durchgestrichene Wert beziehe. Ob es um die ursprünglich einmal geforderte Summe gehe oder etwas anderes gemeint sei. Die BGH-Richter haben dieser Ansicht eine eindeutige Absage erteilt. Es sei rechtmäßig, auch im Online-Bereich mit durchgestrichenen Preisen zu werben, wenn es um frühere Zahlen des Verkäufers handle.
Eine gesonderte Aufklärung sei nicht notwendig. Denn der Verbraucher gehe auch beim Internet-Handel von dieser Erwartungshaltung aus.
Die Antwort der Karlsruher Richter lautet dabei: "Die Frage, ob in dem Online-Archiv einer Tageszeitung nicht mehr aktuelle Beiträge (Altmeldungen) zum Abruf bereitgehalten werden dürfen, in denen über den Verdacht einer Straftat im Zusammenhang mit einem - später eingestellten - Ermittlungsverfahren berichtet und in denen der Beschuldigte - durch Namen und/oder Bild - identifizierbar bezeichnet wird, ist aufgrund einer umfassenden Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Beschuldigten mit dem Recht der Presse auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 4. OLG Dresden: Bei Verletzungen nach Produktpiraterieverordnung keine vorherige Abmahnung notwendig _____________________________________________________________ Eine vorherige außergerichtliche Abmahnung ist dann nicht erforderlich, wenn es sich um einen Fall des Art. 23 Abs.3 Produktpiraterieverordnung handelt (OLG Dresden, Beschl. v. 02.03.2016 - Az.: 14 W 106/16). Herkömmlicherweise ist bei Markenverstößen eine vorherige außergerichtliche Abmahnung notwendig, damit nicht die Gefahr besteht, dass der Schuldner im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung den Anspruch sofort anerkennt und der Gläubiger die Kostenlast trägt. Von diesem grundsätzlichen Erfordernis hat die Rechtsprechung bestimmte Ausnahmen gemacht, beispielsweise dann, wenn eine große Eilbedürftigkeit für das weitere Vorgehen besteht. Das OLG Dresden hat nun eine weitere Ausnahme hinzugefügt. Legt der Schuldner gegen die Vernichtungsanordnung nach Art. 23 Abs.3 Produktpiraterieverordnung Widerspruch ein, so bedarf es auch in einem solchen Fall keiner vorherigen Abmahnung. Die Beklagte hatte versucht, gefälschte Markenware zu importieren. Dem Zoll war dies jedoch aufgefallen, so dass die Produkte an der Grenze beschlagnahmt und zur Vernichtung vorgesehen wurden. Gegen diese VBeschlagnahme legte die Beklagte Widerspruch ein. Die Klägerin erwirkte daraufhin eine einstweilige Verfügung. Diese erkannte die Beklagte an, wollte jedoch die Kosten nicht tragen, da sie nicht zuvor außergerichtlich abgemahnt worden sei. Dies ließen die Richter nicht gelten.
In den Fällen der Produktpiraterieverordnung müsse der Gläubiger fristgebunden handeln, andernfalls verwirke er seine Rechte. Es sei ihm daher nicht zumutbar, zuvor eine Abmahnung auszusprechen.
Der verklagte Mandant beauftragte den klägerischen Rechtsanwalt am späten Abend des 27.05.2015 mit der Wahrnehmung seiner Interessen in einem Gerichtsverfahren. In der Nacht entschied sich der Mandant jedoch um und schickte dem Adovkaten um kurz nach Mitternacht eine E-Mail, dass er nicht weiter für ihn tätig werden solle. Am 28.05.2015 war Bürobeginn beim Kläger - wie üblich - um 08:00 Uhr. Um 08:56 Uhr schickte er einen Schriftsatz an das Gericht. Erst danach las er die E-Mail des Beklagten. Er begehrte daraufhin auch die Vergütung für sein gerichtliches Tätigwerden. Das Gericht lehnte das Begehren ab. Der Mandant habe den Auftrag rechtzeitig widerrufen, auch wenn der Anwalt die Mitteilung erst verspätet gelesen habe.
Denn die Bürotätigkeit des Klägers habe um 08:00 Uhr begionnen. Er habe also bis zur Versendung des Schriftsatzes um 08:56 Uhr fast eine Stunde Zeit gehabt, die E-Mail des Beklagten zur Kenntnis zu nehmen und seine weitere anwaltliche Tätigkeit einzustellen.
Die Parteien stritten darum, ob eine nicht vorhandene Datenschutzerklärung im Rahmen eines Online-Kontaktformulares auf einer kommerziellen Homepage abmahnbar ist oder nicht. Diese Frage ist höchstrichterlich nach wie vor nicht geklärt. Die Instanzgerichte entscheiden hier recht unterschiedlich. Die Kölner Richter bejahen eine Verletzung des geltenden Wettbewerbsrechts. Die datenschutzrechtlichen Vorschriften des Telemediengesetzes hätten verbraucherschützende Wirkung und seien zugleich auch wettbewerbsbezogene Marktverhaltensregeln.
Anders als vor kurzem das LG Berlin (Urt. v. 04.02.2015 - Az.: 52 O 394/15) sieht das Gericht in dem Handeln der Beklagten auch eine spürbare Beeinträchtigung. Es erscheine jedenfalls als tatsächlich möglich, dass ein Verbraucher durch einen klar erteilten Hinweis auf die Speicherung und Verwendung der personenbezogenen Daten davon Abstand nehme, das Kontaktformular auszufüllen.
Der verklagte Makler hatte für einen Kunden eine Immobilien-Anzeige durchgeführt, dabei jedoch nicht die Angaben zum vorhandenen Energieausweis mit angegeben. Das LG Traustein stufte dies als Wettbewerbsverstoß nach § 16 a EnEV ein. Auch wenn der Makler in dieser Vorschrift nicht explizit genannt werde, sei er gleichwohl verpflichtet. Denn andernfalls könnten damit die gesetzlichen Vorgaben problemlos unterlaufen werden. Im Immobilienbereich würde der Hauptteil der beworbenen Objekte über Makleranzeigen vermittelt.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die Gerichte entscheiden hier bislang sehr unterschiedlich. Für die Anwendbarkeit von § 16a EnEV auf Makler:
- LG München I (Urt. v. 16.11.2015 - Az.: 4 HK O 634/15) Gegen die Anwendbarkeit von § 16a EnEV auf Makler:
- LG Bielefeld (Urt. v. 06.10.2015 - Az.: 12 O 60/15) Die Beklagte war eine Gesellschaft, deren Gegenstand die Herstellung und der Vertrieb von vegetarischen bzw. veganen Lebensmitteln war. Unter anderem bewarb und vertrieb sie online pflanzliche Produkte, die nicht aus tierischer Milch hergestellt wurden, unter der Bezeichnung "Käse" und "Cheese". Dies stufte das Gericht als nicht zulässig ein.
Die Bezeichnung "Käse" bzw. "Cheese" dürfe nur dann verwendet werden, wenn es sich um Produkte handle, die aus tierischer Milch hergestellt seien. Alternativ-Produkte, bei denen der natürliche Bestandteil der Milch durch einen Fremdstoff ersetzt seien, dürften in keiner Weise das Wort "Käse" tragen. Unzulässig sei daher beispielsweise auch die Bezeichnung "Veggie-Käse".
Das verklagte Unternehmen bewarb die von ihm angebotenen Küchen mittels Print-Prospekten. Die Beschreibung enthielt zwar Preise, jedoch nicht die genaue Typen- und Hersteller-Bezeichnung. Dies stufte das Gericht als Verstoß gegen die wettbewerbsrechtliche Informationspflicht (§ 5 a Abs3 UWG) ein. Ein Verkäufer sei verpflichtet, die wesentlichen Merkmale einer Ware mit anzugeben. Die Angabe Typenbezeichnung sei nach ständiger Rechtsprechung erforderlich, um die Geräte zweifelsfrei zu identifizieren und den Verbraucher in die Lage zu versetzen, sie mit anderen Geräten zu vergleichen. Dadurch werde dem potentiellen Käufer ermöglicht, auch noch andere Eigenschaften als die in der Werbung angegebenen in Erfahrung zu bringen, etwa durch eine Internetrecherche.
Da die Beklagte diese notwendigen Informationen nicht mit angegeben habe, liegt ein Wettbewerbsverstoß vor.
Die Klägerin war Bankkundin bei der Beklagten, einer Bank. Sie erhielt eine Phishing-E-Mail, welche die Absenderkennung und das Logo der Beklagten enthielt. In dieser Nachricht wurde mitgeteilt, dass das System festgestellt habe, dass die Telefonbanking-PIN aus Sicherheitsgründen geändert werden müsse. Die Klägerin wurde gebeten, unter Benutzung des beigefügten ihre Telefonbanking-PIN kostenfrei zu ändern. Andernfalls würden entsprechende Entgelte anfallen. Die Klägerin füllte das Formular aus und verschickte es online. Aufgrund der mitgeteilten Daten hoben Dritte ungefugt Gelder vom Konto der Klägerin ab. Die Klägerin verlangte von ihrer Bank nun die Rückerstattung dieser Entgelte. Zu Unrecht. Denn die Klägerin, so das Gericht, habe grob fahrlässig gehandelt, so dass ihr kein entsprechender Anspruch zustehe. Denn bei ihrem Handeln habe sich sie grob fahrlässig verhalten. Bereits die Phishing-E-Mail hätte der der Klägerin verdächtig erscheinen müssen. Auffallen hätte der Klägerin auch, dass die Nachricht keinen konkreten Sachbearbeiter nannte und zudem mehrere sprachliche Mängel und Zeichensetzungsfehler enthielt. Einem durchschnittlichen und regelmäßigen Verwender der Onlinebanking-Funktionen wie der Klägerin, welche das Onlinebanking-Verfahren seit Jahren genutzt habe, hätte bekannt sein müssen, dass im Internet Kriminelle versuchen, mittels der Versendung von E-Mails an sensible Daten Dritter zu gelangen.
Durch die Eingabe ihrer Daten in das mitgesandte Formular habe die Klägerin daher grob fahrlässig gehandelt, so dass sie keinen Ersatzanspruch habe.
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