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Newsletter vom 13.07.2022 |
Betreff: Rechts-Newsletter 28. KW / 2022: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. EuG: Marke "BALLON D'OR" für Unterhaltungsdienstleistungen nicht verfallen _____________________________________________________________ Das Gericht hebt die Entscheidung des EUIPO auf, mit der die Unionsmarke BALLON D'OR für Unterhaltungsdienstleistungen für verfallen erklärt wurde Es bestätigt hingegen den Verfall dieser Marke für Dienstleistungen, die in der Ausstrahlung oder der Zusammenstellung von Fernsehprogrammen, der Produktion von Shows oder Filmen und der Veröffentlichung von Büchern, Magazinen, Zeitschriften oder Zeitungen bestehen Die französische Gesellschaft Les Editions P. Amaury, Inhaberin der Rechte am Ballon d'or (einer Auszeichnung für den besten Fußballspieler des Jahres), ließ beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) das Wortzeichen BALLON D'OR als Unionsmarke eintragen. Diese Eintragung bezog sich u. a. auf Druckereierzeugnisse, Bücher und Zeitschriften sowie auf Dienstleistungen, die in der Veranstaltung von Sportwettkämpfen und Trophäenübergaben, der Unterhaltung, der Ausstrahlung oder der Zusammenstellung von Fernsehprogrammen, der Produktion von Shows oder Filmen und der Veröffentlichung von Büchern, Zeitschriften, Magazinen oder Zeitungen bestehen. Im Jahr 2017 beantragte das britische Unternehmen Golden Balls beim EUIPO gemäß der Verordnung über die Unionsmarke die Erklärung des Verfalls der Marke BALLON D'OR wegen Nichtbenutzung. Im Jahr 2021 erklärte das EUIPO die Marke für alle von der Eintragung erfassten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme von Druckereierzeugnissen, Büchern und Zeitschriften sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Sportwettkämpfen und Trophäenübergaben für verfallen. Die Gesellschaft Les Editions P. Amaury klagte daraufhin vor dem Gericht der Europäischen Union gegen die Entscheidung des EUIPO, soweit sie die Erklärung des Verfalls der streitigen Marke für Dienstleistungen betraf, die insbesondere in der Ausstrahlung oder der Zusammenstellung von Fernsehprogrammen, der Unterhaltung, der Produktion von Shows oder Filmen und der Veröffentlichung von Büchern, Zeitschriften, Magazinen oder Zeitungen bestehen. Mit seinem heutigen Urteil erinnert das Gericht daran, dass die Rechte des Inhabers einer Unionsmarke auf Antrag beim EUIPO für verfallen zu erklären sind, wenn die Marke für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Europäischen Union nicht ernsthaft benutzt worden ist. In diesem Zusammenhang stellt das Gericht zum einen fest, dass die Ausstrahlung von Fernsehprogrammen zu den Telekommunikationsdienstleistungen gehört, die alle es zumindest einer Person ermöglichen müssen, mit einer anderen durch ein sinnesmäßig wahrnehmbares Mittel zu kommunizieren. Die Gesellschaft Les Editions P. Amaury hat aber nicht nachgewiesen, dass sie ein Telekommunikationsnetz unterhält, das von Dritten genutzt werden kann.
Zum anderen stellt das Gericht fest, dass diese Gesellschaft keine Dienstleistungen im Bereich der Zusammenstellung von Fernsehprogrammen, der Produktion von Shows und Filmen oder der Veröffentlichung von Büchern, Magazinen, Zeitschriften und Zeitungen unter der angegriffenen Marke für Dritte erbracht hat. Dagegen ist, wie das Gericht ausführt, die Veranstaltung der mit dem Ballon d'or verbundenen Preisverleihungszeremonie unter der angegriffenen Marke als Erbringung einer Unterhaltungsdienstleistung einzustufen, so dass das EUIPO mit der Feststellung, dass die Gesellschaft Les Editions P. Amaury im Zusammenhang mit der Benutzung dieser Marke keine solche Dienstleistung erbracht habe, einen Rechtsfehler begangen hat. Daher hebt das Gericht die Entscheidung des EUIPO auf, soweit darin die fragliche Marke für Unterhaltungsdienstleistungen für verfallen erklärt worden ist. Urteil des Gerichts in der Rechtssache T-478/21 | Les Editions P. Amaury / EUIPO - Golden Balls (BALLON D’OR)
Quelle: Pressemitteilung des EuG v. 06.07.2022
Im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung verwendete das Instanzgericht für seine Entscheidungsfindung allgemein zugängliche Informationen aus dem Internet, ohne dass die Parteien zuvor darauf hingewiesen wurden. Die Beklagte sah darin einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör.
Zu Recht, wie der BGH nun entschied:
"Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (...) darf ein Gericht seiner Entscheidung keine Tatsachen zugrunde legen, ohne den Parteien vorher Gelegenheit zu geben, sich zu ihnen zu äußern. Das gilt auch dann, wenn es sich um offenkundige Tatsachen im Sinne des § 291 ZPO handelt. Zu diesen gehören auch solche, die das Gericht dem Internet entnommen hat; will es diese zur Grundlage seines Urteils machen, muss es das Ergebnis seiner Ermittlungen den Parteien zugänglich machen und ihnen durch einen Hinweis (...) die Möglichkeit zur Stellungnahme geben (...). Dieser Verstoß verletze die Beklagte in ihren Rechten, die Entscheidung sei daher aufzuheben und neu zu verhandeln: "Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht die Beklagte mehrfach in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 3. OLG Frankfurt a.M.: Zeichen "The Dog Face" verletzt Markenrechte von Kleidungshersteller "The North Face" _____________________________________________________________ Zwischen den Zeichen "The North Face" und "The Dog Face" besteht keine Verwechslungsgefahr. Da die Marke "The North Face" jedoch in erheblichem Maß bekannt ist, wird der Verkehr trotz der erkennbar unterschiedlichen Bedeutung von "Dog" und "North" die Zeichen gedanklich miteinander verknüpfen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung der Antragsgegnerin die Verwendung des Zeichens "The Dog Face" im Zusammenhang mit Tierbekleidung untersagt. Die Antragstellerin ist Inhaberin der Marke "The North Face", die u.a. für Bekleidung eingetragen ist. Die Antragsgegnerin vertreibt online Bekleidung für Tiere und kennzeichnet diese mit "The Dog Face". Im Eilverfahren geltend gemachten Unterlassungsansprüche der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin hatte das Landgericht abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem OLG nun Erfolg. Die Antragstellerin könne von der Antragsgegnerin verlangen, dass sie ihre Tierbekleidungsprodukte nicht mit "The Dog Face" kennzeichnet, stellte das OLG fest. Die Marke "The North Face" sei eine bekannte Marke. Sie sei einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt. Die Antragsgegnerin benutze diese Marke in rechtsverletzender Weise, da die Verkehrskreise das Zeichen "The Dog Face" gedanklich mit "The North Face" verknüpften. Nicht erforderlich sei dabei, dass zwischen den Zeichen Verwechslungsgefahr bestehe. An dieser würde es hier fehlen. Es liege aber Zeichenähnlichkeit vor. Die Wortfolge "The Dog Face" lehne sich erkennbar an die Marke "The North Face" an. Da die Marke der Antragstellerin in erheblichem Maß bekannt sei und durch intensive Benutzung ein hohes Maß an Unterscheidungskraft besitze, verknüpfe der Verkehr trotz der unterschiedlichen Bedeutung von "Dog" und "North" das Zeichen der Antragsgegnerin mit der Marke der Antragstellerin. Dies gelte auch, da eine gewisse Warenähnlichkeit zwischen Outdoor-Bekleidung und Tierbekleidung bestehe. Insoweit genüge es, "dass das Publikum glauben könnte, die betreffenden Waren stammten aus demselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen". Es liege die Vermutung nahe, dass angesprochenen Verkehrskreise annehmen, die Antragstellerin habe ihr Bekleidungssortiment auf Hundebekleidung erweitert, etwa um es "dem sporttreibenden Hundebesitzer zu ermöglichen, seinen Outdoor-Sport im Partnerlook mit dem Tier zu betreiben". Die Zeichenverwendung beeinträchtige auch die Marke der Antragstellerin. Die Antragsgegnerin lehne sich mit dem Zeichen an die bekannte Marke der Antragstellerin an, um deren Wertschätzung für ihren Absatz auszunutzen. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.6.2022, Az. 6 W 32/22
Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt, v. 05.07.2022
Der Antragsteller pachtete vom Antragsgegner im Frühjahr 2014 für zehn Jahre in Wiesbaden drei Gebäude. Er durfte die Gebäude zu Wohnzwecken nutzen und untervermieten. 2015 erfolgte eine polizeiliche Kontrolle der Gebäude, bei der man 61 Personen in den Gebäuden antraf. In lokaler Berichterstattung wurde die dortige Wohnsituation Ende 2016 als unverändert geschildert und darauf hingewiesen, dass Wohnraum „pro Matratze“ an Bulgaren und Rumänen vermietet werde und das Gebäude verwahrlose. Nach Angaben des Ordnungsamtes waren in dem Objekt 85 Personen gemeldet. 2018 wurde anlässlich von Ortsterminen des Sozialdezernenten und Mitarbeitern des Baudezernats erneut von unveränderten Zuständen lokal berichtet. Es erfolgte u.a. ein Bescheid des Magistrats zur unverzüglichen Bekämpfung des infolge Vermüllung vorhandenen Rattenbefalls. Der Antragsgegner kündigte den Pachtvertrag im Mai 2019 fristlos wegen Zahlungsverzugs und erteilte dem Antragsteller ein Hausverbot. Der Antragsteller forderte dagegen Erstattung entstandener Renovierungskosten und verwies auf nicht eingehaltete Verkaufspläne. Mit dem streitgegenständlichen Antrag begehrt er Prozesskostenhilfe, um den Antragsgegner auf Zahlung von gut 100.000 € Schadensersatz zu verklagen. Das Landgericht hatte den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die beabsichtigte Klage sei nicht erfolgversprechend, begründete das OLG seine Entscheidung. Dem Antragsteller stünden keinerlei Zahlungsansprüche gegen den Antragsgegner zu. Pflichtverletzungen des Antragsgegners im Zusammenhang mit dem Verkauf lägen nicht vor. Das Pachtverhältnis sei zudem wegen Verwahrlosung der Pachtsache und Zahlungsverzugs wirksam fristlos gekündigt worden. Der Antragsteller habe die Pachtsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfaltspflichten erheblich gefährdet und sie unbefugt Dritten überlassen. Der Zustand ergebe sich aus den Feststellungen im ordnungspolizeilichen Bescheid des Magistrats; zudem habe der Antragsteller die Angaben in den Presseberichten nicht konkret bestritten. Durch das Hausverbot habe der Antragsgegner zwar verbotene Eigenmacht ausgeübt. Ein Anspruch auf deshalb entfallene Mieteinnahmen stehe dem Antragsteller dennoch nicht zu, da das Pachtverhältnis bereits wirksam gekündigt war. Zudem wäre eine Untervermietung der gepachteten Räume angesichts des Zustands der Pachtsache schwer oder gar nicht möglich gewesen. Die Polizei habe im August 2019 festgestellt, dass der Aufenthalt von Menschen in den Räumen einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Gesundheitsschutz und Gefahrenabwehr hätten gegen ein Aufenthaltsrecht gesprochen. Ob die zuvor praktizierte Untervermietung gegen die guten Sitten verstieß, bedürfe hier zwar keiner Entscheidung. Eine Vermietung von Wohnraum pro Matratze an Rumänen und Bulgaren sei jedoch sittenwidrig und führe zur Nichtigkeit der Untermietverhältnisse. Diese Untermietverhältnisse verstießen zudem gegen das Verbot der Überbelegung von Wohnraum (§ 7 HWoAufG). Die Entscheidung kann nicht angefochten werden.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 18.5.2022, Az. 2 W 45/22 Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 23.06.2022
§ 7 Hessisches WohnungsaufsichtsG Belegung Die Klägerin hatte ihren Sitz in München und wehrte sich gegen die aus ihrer Sicht unberechtigte Sperrung ihres Kindle-eBook-Accounts. Bei Vertragsunterzeichnung hatte sie den AGB-Regelungen von Amazon zugestimmt, wonach die Gerichte des US-Bundesstaates Washington ausschließlich zuständig waren. Die Beklagte selbst saß in Luxemburg. Die Klägerin rief nun die Hamburger Gerichte an. Das OLG Hamburg erklärte nun, dass keine deutsche Gerichtsbarkeit gegeben sei. Es könne im Ergebnis offen bleiben, ob der vertraglich vereinbarte Gerichtsstand wirksam sei. Denn selbst wenn er es nicht sei, könne der Anspruch in jedem Fall nicht in Deutschland geltend gemacht werden.
Voraussetzung für eine inländische Gerichtsbarkeit sei, so das OLG Hamburg, dass eine "reale Verknüpfung" mit Deutschland bestünde:
"Was eine solche “reale Verknüpfung” bedeutet, ist noch nicht scharf eingegrenzt (...).Der Sitz der Beklagten befinde sich in Luxemburg: "Dazu hat die Antragsgegnerin vorgetragen und durch eidesstattliche Versicherung (...) glaubhaft gemacht, dass dieses Programm innerhalb Europas aus Luxemburg durch die Antragsgegnerin angeboten werde. Sowohl die Vertragsbeziehungen mit den Autoren in Europa als auch der Vertrieb, die Abrechnungen und Zahlungen würden in Luxemburg abgewickelt. Die Antragsgegnerin hat ferner geltend gemacht, dass sie in München keine Zweigniederlassung unterhalte, sondern allein in Luxemburg agiere."Eine bloße Auswirkung der Sperrung in Deutschland genüge nicht, um eine "reale Verknüpfung" anzunehmen, andernfalls würde die gesetzliche Regelung ausgehöhlt.
Auch deliktische Ansprüche scheiterten, da es sich im vorliegenden Fall um vertragliche Streitigkeiten handle:
"Diese Norm greift jedoch nicht, weil die Antragstellerin (...) einen Anspruch aus einem Vertrag (...) geltend macht. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 6. OLG Hamm: Adresshandelsvertrag über Verkauf rechtswidriger Opt-Ins ist nichtig _____________________________________________________________ Vereinbaren die Parteien die Beschaffung von Adressdaten für potenzielle Immobilien-Verkäufer, so müssen die erteilten Opt-Ins der geltenden Rechtslage entsprechenden. Ignoriert die vertragliche Vereinbarung die datenschutzrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Vorgaben und dient vorrangig dem Zweck, die Kontaktaufnahme zu ermöglichen, ist der Kontrakt nichtig (OLG Hamm, Beschl. v. 25.10.2021 - Az.: 18 U 110/21). Die Klägerin verlangte die Bezahlung aus einer Akquise-Vereinbarung. Sie bot Maklern den Kauf von Adressdaten bei verkaufswilligen Immobilien-Eigentümern an. Die Beklagte wandte ein, dass das Übereinkommen nichtig sei, weil es gegen UWG und DSGVO verstoße. Das OLG Hamm folgte dieser Ansicht und verneinte einen Anspruch.
Denn die eingeholten Opt-Ins seien nicht vorhanden bzw. unwirksam:
"Den von der Klägerin vorgelegten Klauselwerken der einschlägigen Portale, namentlich den als Anlage K10 und K11 zum Schriftsatz vom 21.6.2021 zu den Akten gereichten „Datenschutzbestimmungen“, lässt sich nicht entnehmen, dass die Inserenten wirksam weitergehende Einwilligungen abgegeben hätten, die auch eine Nutzung der Daten zur Kontaktaufnahme (...) umfasst haben. Obwohl keine wirksamen Einwilligungen vorlägen, erfolge gleichwohl der Datentransfer. Daher sei der gesamte Vertrag unwirksam, weil gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen werde. Es bestünden daher auch keine Zahlungsansprüche: "Die Übermittlung dieser Datensätze an die Beklagte diente erkennbar dem Zweck, ihr die Kontaktaufnahme zu den Inserenten zu Werbezwecken für ihre Maklertätigkeit unter Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG auch dann zu ermöglichen, wenn es an einer ausdrücklichen Einwilligung des Adressaten in diese Werbung fehlte. Überdies erfolgte die Weitergabe der Daten unter Verstoß gegen die DSGVO. Hinweis von RA Dr. Bahr: Das OLG Hamm hat im vorliegenden Verfahren Ende Dezember 2021 die Berufung der Klägerin endgültig zurückgewiesen (OLG Hamm, Beschl. v. 23.12.2021 - Az.: 18 U 110/21). zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. LG Dortmund: Spieler kann Einsätze bei illegalem Online-Casino zurückfordern _____________________________________________________________ Der Spieler, der bei einem illegalem Online-Casino teilnimmt, kann die gezahlten Einsätze vom Veranstalter zurückfordern (LG Dortmund, Urt. v. - Az.: 11.05.2022 - Az.: 12 O 185/21). Die Beklagte war ein ausländisches Online-Casino, die in Deutschland über keine Glücksspiel-Lizenz verfügte. Der Kläger setzte dort umfangreich Gelder ein. Nun forderte er die Einsätze zurück, weil aus seiner Sicht der Spielvertrag nicht sei.
Zu Recht, wie das LG Dortmund nun entschied. Wegen Verstoßes gegen den Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) sei der geschlossene Kontrakt unwirksam:
"Denn der Vertrag über die Teilnahme an dem von ihr betriebenen Online-Glücksspiel war gem. § 134 BGB i. V. m. § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. nichtig. Danach ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Die Beklagte hat gegen diese Verbotsnorm verstoßen, indem sie ihr Onlineangebot auch Spielteilnehmern aus Nordrhein-Westfalen, vorliegend dem Antragsteller, zugänglich gemacht hat." Somit könne der Kläger die gezahlten Beiträge zurückfordern. Das Begehren sei auch nicht ausgeschlossen: "Denn eine Anwendbarkeit des § 817 Abs. 2 BGB ist - selbst das Vorliegen seiner Voraussetzungen unterstellt - aufgrund einer gebotenen teleologischen Reduktion ausgeschlossen (...). zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. LG Aurich: Bei Werbung mit Zahnärzten muss auf Angestellten-Status explizit hingewiesen werden _____________________________________________________________ Im Rahmen der Werbung muss ein angestellter Zahnarzt explizit darauf hinweisen, dass er nicht freiberuflich, sondern angestellt tätig ist. Unterbleibt diese Information, handelt es sich um einen Wettbewerbsverstoß (LG Aurich, Urt. v. 26.01.2022 - Az.: 2 O 895/19). In einem Werbe-Flyer warb die verklagte Zahnarztpraxis auch mit den Leistungen eines angestellten Zahnarztes. Auf den Angestellten-Status wurde in dem Werbezettel jedoch nicht hingewiesen.
Dies stufte das LG Aurich als rechtswidrig ein. Die zahnärztliche Berufsordnung verlange genau eine solche Mitteilung:
"Hinsichtlich des fehlenden Hinweises auf das Angestelltenverhältnis des beim Beklagten angestellten Zahnarztes folgt das Gericht der Bewertung des Klägers, wonach ein Verstoß gegen den insoweit eindeutigen Wortlaut der Berufsordnung für Zahnärzte der Zahnärztekammer vorliegt, was einen Verstoß gegen § 3 a UWG und zugleich wegen Irreführung durch Unterlasen gegen § 5 a UWG begründet. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 9. AG München: Vorlagefrage an EuGH zum Umfang des DSGVO-Schadensersatz _____________________________________________________________ Das AG München (Beschl. v. 03.03.2022 - Az.: 132 C 1263/21) hat dem EuGH eine Vorlagefrage zum Umfang des DSGVO-Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO gestellt (EuGH, Az.: C-182/22): 1. Ist Art.82 der Datenschutz-Grundverordnung dahin auszulegen, dass dem Schadensersatzanspruch auch im Rahmen der Bemessung seiner Höhe kein Sanktionscharakter, insbesondere keine generelle oder spezielle Abschreckungsfunktion zukommt, sondern der Anspruch auf Schadensersatz nur eine Ausgleichs- und u.U. Genugtuungsfunktion hat? zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 10. VG Berlin: Bundeskanzleramt muss Protokolle zu Corona-Konferenzen herausgeben _____________________________________________________________ Das Bundeskanzleramt muss Protokolle zu Bund-Länder-Konferenzen zur Corona-Pandemie herausgeben. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden. Ab März 2020 fanden im Bundeskanzleramt Bund-Länder-Konferenzen statt, um die Corona-Pandemie zu bewältigen. Der Kläger beantragte im Dezember 2020 beim Bundeskanzleramt unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz, ihm Zugang zu den Kurzprotokollen der Konferenzen zu gewähren. Das Bundeskanzleramt lehnte dies mit der Begründung ab, einer Herausgabe stehe der Schutz von behördlichen Beratungen und des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung entgegen. Eine Veröffentlichung könne einen künftigen freien und offenen Meinungsaustausch beeinträchtigen. Eine entsprechende Berichterstattung bringe eine neue und ungewollte Dynamik in die weiteren Beratungen zur Pandemiebekämpfung. Die 2. Kammer hat das Bundeskanzleramt verpflichtet, dem Kläger Zugang zu den Kurzprotokollen zu gewähren. Die Bund-Länder-Konferenzen seien zwar als „Beratungen von Behörden“ von § 3 Nr. 3b des Informationsfreiheitsgesetzes erfasst. Geschützt sei jedoch nur der eigentliche Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung als solcher, nicht die Ergebnisse und Grundlagen der Entscheidung. Die Beklagte habe nicht dargelegt, welche Passagen welcher Kurzprotokolle den Vorgang der Willensbildung und Abwägung abbildeten. Zudem sei eine konkrete Gefährdung des Beratungsverlaufs oder künftiger Beratungen nicht nachvollziehbar dargelegt. Der Verweis der Beklagten auf die andauernde Pandemielage und die Möglichkeit erneuter Bund-Länder-Konferenzen begründe keinen Dauer-Beratungsprozess. Selbst wenn im Jahr 2020 die einzelnen Beratungen aufeinander aufgebaut haben sollten, sei jedenfalls durch die Änderung des Infektionsschutzgesetzes eine Änderung der Lage eingetreten und das Format eingestellt worden. Für künftige Beratungen sei eine Beeinträchtigung nur pauschal geltend gemacht worden, ohne etwa die veränderten Umstände (z.B. Impffortschritt) zu berücksichtigen. Zudem sei durch die Änderung des Infektionsschutzgesetzes eine rechtliche Zäsur dergestalt eingetreten, dass Beratungen vor allem auch im Deutschen Bundestag stattfinden müssten. Gegen das Urteil kann Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden. Urteil der 2. Kammer vom 30. Juni 2022 (VG 2 K 155/21)
Quelle: Pressemitteilung des VG Berlin v. 05.07.2022
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