anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 37. KW im Jahre 2006. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaftsrecht und Gewinnspiel- / Glücksspielrecht.
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Die Themen im Überblick:
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1. OLG Düsseldorf: Aussetzung der BKartA-Untersagung gegen staatliche Lotterie
2. OLG Hamburg: Rückerstattungsanspruch der Bank bei Phishing-Überweisungen
3. OLG Hamm: Adressenhandel im Bereich von Telefonwerbung rechtswidrig
4. OLG Naumburg: Haftung für Vertragsstrafe bei Spam-Mails durch Dritte
5. LG Braunschweig: Google AdWords sind Markenverletzung II
6. LG Hamburg: Wiederholungsgefahr bei unzulässiger Telefonwerbung
7. LG Bonn: Zu kleiner Fußnotentext bei DTAG-Werbeprospekt irreführend
8. LG Flensburg: Neues zum Fernabsatzrecht bei eBay
9. LG Hamburg: Mitstörerhaftung für unverschlüsselten WLAN-Zugang
10. LG Münster: Fernabsatzrechtliches Musterformular trotz Fehler rechtmäßig
11. VG Karlsruhe: Vermittlung von privaten Sportwetten erlaubt
12. VG Karlsruhe: Vermittlung von privaten Sportwetten verboten
13. VG Köln: DDR-Sportwetten-Lizenzen in NRW unwirksam
14. Law-Podcasting.de: Kritische Angebote in Partnerprogrammen: Medikamente und Arzneimittel
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1. OLG Düsseldorf: Aussetzung der BKartA-Untersagung gegen staatliche Lotterie
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Vor kurzem hat das Bundeskartellamt (BKartA) eine sofort zu vollziehende Untersagungsverfügung erlassen, weil verschiedene Verstöße gegen das deutsche und europäische Kartellrecht vorlägen, vgl. die Kanzlei-Infos v. 28.08.2006 = http://shink.de/vbcttu Die staatlichen Lotterien behinderten zu Unrecht die gewerblichen Spielvermittler in Deutschland.
Nun hat das OLG Düsseldorf die sofortige Vollziehung der BKartA ausgesetzt:
"Der 1. Kartellsenat hat gestern auf Antrag der staatlichen Lottogesellschaften beschlossen, dass diese der Anordnung des Bundeskartellamts, Spieleinsätze anderer gewerblicher Spielvermittler anzunehmen, vorerst nicht Folge leisten müssen.
Das Bundeskartellamt hatte den Lottogesellschaften mit Verfügung vom 23.08.2006 untersagt, sich weiterhin einer Annahme dieser Einsätze generell zu verweigern, weil es darin einen Verstoß gegen deutsches und europäisches Kartellrecht sieht. Die Verfügung, die außerdem noch Verbote zur Regionalisierung des Angebots der Lottostellen und zur Aufteilung der von den Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks erzielten Einnahmen enthält, ist von den 18 Gesellschaften mit der Beschwerde angefochten worden.
Gleichzeitig mit dieser Beschwerde hatten die Gesellschaften auf Entscheidung über eine vorläufige Aussetzung der Verfügung bis zur Entscheidung in der Hauptsache angetragen.
Nachdem das Bundeskartellamt nur zugesagt hatte, von Vollstreckungsmaßnahmen bezüglich der weiter getroffenen Anordnungen bis zum 01.11.2006 abzusehen, hat nun der Senat auch hinsichtlich der umstrittenen Verpflichtung zur Annahme sämtlicher von gewerblichen Spielvermittlern vermittelten Spielumsätze die Vollziehung ausgesetzt.
Zur Begründung verweisen die Richter darauf, dass das Interesse des Bundeskartellamtes an der Durchsetzung der getroffenen Anordnung nicht die Nachteile überwiegt, die den Beschwerdeführern entstehen würden, wenn sie möglicherweise nur für knapp 2 Monate die für die Annahme der (fremden) Spieleinsätze nötigen tatsächlichen und rechtlichen Vorkehrungen treffen müssten. Eine inhaltliche Beurteilung der Erfolgsaussichten der Be-schwerde ist mit dieser Entscheidung nicht verbunden. Der Senat sah sich außerstande, binnen der kurzen Frist, in der ihm die Akten vorliegen, insoweit in eine Rechtsprüfung einzutreten.
1. Kartellsenat, Beschluss vom 07.09.2006 – VI – Kart 15/06 (V)
(Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf v. 08.09.2006."
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2. OLG Hamburg: Rückerstattungsanspruch der Bank bei Phishing-Überweisungen
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Das OLG Hamburg (Beschl. v. 07.07.2006 - Az.: 1 U 75/06: PDF via a-i3.org = http://shink.de/yzeh5q) hat entschieden, dass die Bank gegen ihre Kundin einen Rückerstattungsanspruch hat, wenn diese über ihr Konto Phishing-Überweisungen laufen lässt.
Auf das Konto der Bankkundin wurden ca. 32.000,- EUR überwiesen. Das Geld stammte von dritten Personen, die Opfer von Phishing-Mails wurden. Die Kundin leitete einen Teil des Geldes an ihren unbekannten Auftraggeber weiter. Ihre Hausbank stornierte wenig später die Überweisung der 32.000,- EUR und forderte die Rückzahlung der abgehobenen Beiträge.
Zu Recht wie nun die Hamburger Richter entschieden:
In der 1. Instanz vor dem LG Hamburg (Urt. v. 18.05.2006 - Az.: 334 O 10/06: PDF = http://shink.de/yzeh5q)
"Die Beklagte [= Bank, Anm. d. R.] war gemäß Ziffer 8. ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechtigt, die fraglichen Rückbuchungen vorzunehmen. Die hier streitgegenständlichen Gutschriften waren fehlerhaft, weil eine wirksame Überweisung nicht vorlag, denn die berechtigten Kontoinhaber hatten einen Überweisungsauftrag nicht erteilt.
Darüber hinaus waren die fraglichen Gutschriften auch deshalb fehlerhaft, weil sie unter Verstoß gegen das Kreditwesengesetz und entgegen den vertraglichen Grundlagen zwischen den Parteien nicht auf Rechnung der Klägerin erfolgten. Die Klägerin hatte ihr Konto gegen Entgelt Dritten zu Verfügung gestellt."
Der Anspruch ergebe sich unabhängig davon, ob ein Phishing-Fall überhaupt vorliege, so auch das OLG Hamburg in der Berufungsentscheidung:
"Nimmt eine Bank eine Überweisung vor, ohne dass ein wirksamer Überweisungsauftrag vorliegt, so erwirbt sie einen Bereicherungsanspruch unmittelbar gegen den Zahlungsempfänger, ohne dass es dessen Kenntnis vom Fehlen des Überweisungsauftrags ankommt (...).
Dass das Landgericht eine solche Konstellation angenommen hat, ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat in der Klageerwiderung vorgetragen, dass die den Gutschriften zugrunde liegenden Überweisungen nicht von den zeichnungsberechtigten Inhabern der Konten stammten, zu deren Lasten die Zahlungen erfolgten, sonder dass die betreffenden Beträge im Wege des sog. Phishing (illegale Beschaffung von Zugangsdaten zum Online-Banking) durch Unbefugte transferiert worden seien.
Dem ist die Klägerin jedenfalls bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz vom 2. Mai 2006 nicht entgegengetreten."
Die Hamburger Entscheidung ist - soweit ersichtlich - die erste zivilrechtliche zum Themenkreis Phishing. Bislang lagen lediglich zwei strafrechtliche Urteile vor, nämlich das des AG Hamm (= Kanzlei-Infos v. 16.01.2006 = http://shink.de/qdt17f) und des AG Darmstadt (= Kanzlei-Infos v. 20.04.2006 = http://shink.de/i01kf9).
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3. OLG Hamm: Adressenhandel im Bereich von Telefonwerbung rechtswidrig
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In einem aktuellen Urteil vom 15.08.2006 hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts angenommen, dass eine außerhalb einer Kundenbeziehung vorgenommene Telefonwerbung, die ohne das vorherige Einverständnis des angerufenen Verbrauchers mit dem Anruf erfolgt sei, gegen Wettbewerbsvor- schriften verstoße und daher zu unterlassen sei. Der Wettbewerbssenat des Oberlandesgerichts hat damit die Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Bielefeld zurückgewiesen.
Das Oberlandesgericht hat zur Begründung ausgeführt: Telefonwerbung sei als eine unlautere Wettbewerbshandlung zu qualifizieren, wenn sie einen Marktteilnehmer unzumutbar belästige. Eine solche unzumutbare Belästigung sei dann anzunehmen, wenn eine Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern ohne deren vorherige Einwilligung erfolgt sei.
Ein solches Einverständnis des angerufenen Verbrauchers bestehe nicht deshalb, weil er gegenüber dem Handyservice einer Telefongesellschaft unter Nr. 5 der vorformulierten Auftragsbedingungen erklärt habe, er sei damit einverstanden, dass der Handyservice ihn auch telefonisch über weitere interessante Angebote informiere. Diese Einverständniserklärung sei nämlich schon deshalb rechtlich unwirksam, da die Einwilligung gegenüber der Telefongesellschaft an versteckter Stelle mitten in einem vorformuliertem Text untergebracht sei und daher gegen das einzuhaltende Transparenzgebot verstoße.
Wenn man die Einverständniserklärung des Verbrauchers dahin auslegen sollte, dass er auch mit der Werbung von Drittanbietern für andere Vertragsgegenstände einverstanden sei, wäre die Einwilligung zudem deshalb unwirksam, weil sie den Kunden unangemessen benachteilige. Denn für einen Verbraucher werde es angesichts des bestehenden Adressenhandels unüberschaubar, wer sich auf ein solches Einverständnis berufen könnte. Der Schutz des Verbrauchers vor belästigenden Anrufen wäre dadurch ausgehöhlt.
Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 15.08.2006 - 4 U 78/06 -
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 11.09.2006
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4. OLG Naumburg: Haftung für Vertragsstrafe bei Spam-Mails durch Dritte
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Das OLG Naumburg (Urt. v. 24.03.2006 - Az.: 10 U 56/05) hatte zu entscheiden, in welchem Umfang der Schuldner einer strafbewehrten Unterlassungserklärung für die Spam-Mails einer dritten Person auf Zahlung der Vertragsstrafe haftet.
Die Beklagte hatte in der Vergangeheit eine Unterlassungserklärung abgegeben, den Kläger nicht per E-Mail unaufgefordert Werbung zuzusenden. Die Beklagte stellte die E-Mail-Adresse des Klägers einem Dritten zur Verfügung, mit dem sie im geschäftlichen Kontakt (Handelsvertreter) stand. Dieser Dritte schrieb nun den Kläger erneut an.
Dieser sah darin einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung und verlangte die Zahlung der versprochenen Vertragsstrafe.
Zu Recht wie nun das OLG Naumburg entschied:
"An denjenigen, der sich wettbewerbsrechtlich strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet hat, sind strenge Sorgfaltsanforderungen zu stellen (...). Der Schuldner muss nicht nur alles unterlassen, was zu einer Verletzung führen kann, sondern auch alles Mögliche und Zumutbare unternehmen, um künftige Verletzungen in seinem Geschäftsbetrieb zu unterbinden. Dabei muss der Schuldner seinen Betrieb so organisieren, dass es nicht zu weiteren Verstößen kommt (...).
Es ist von ihm zu erwarten, dass er ggf. auch auf Dritte einwirkt, die er zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit in seinem Geschäftsbereich eingebunden hat. Dabei gehört es zur Unterbindung von weiteren Verstößen durch Mitarbeiter und Beauftragte, sie über die übernommene Unterlassungsverpflichtung und die Folgen eines Verstoßes zu belehren und entsprechende Anordnungen zu treffen, deren Einhaltung genau zu überwachen ist (...). Die Belehrung hat grundsätzlich schriftlich zu erfolgen und muss auf die Nachteile aus einem Verstoß hinweisen (...)."
Auf den konkreten Fall übertragen urteilen die Juristen:
"Da die Beklagte (..) mit der Überlassung der Internetadresse an ihre Handelsvertreter insoweit ein Gefahrenpotential geschaffen hatte, als die Internetadressen für die Versendung sog. Spammails zu Werbezwecken missbraucht werden könnten, hatte sie - gerade auch mit Rücksicht auf die von ihr übernommene Unterlassungsverpflichtung - in ihrer betrieblichen Sphäre die notwendigen und geeigneten Vorkehrungen zu treffen, um eine derartige Fehlnutzung zu verhindern.
Dabei hätte sie auch mit erfahrungsgemäß vorkommenden, einzelnen Unzulänglichkeiten ihrer Erfüllungsgehilfen als Auslöser für Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot rechnen müssen. Um die Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung in ihrem Geschäftsbereich gewährleisten zu können, wäre insbesondere eine umfassende Aufklärung der Adresseninhaber über das Unterlassungsgebot geboten gewesen."
Da die Beklagte einer solchen Pflicht nicht nachgekommen sei, treffe sie ein sog. Organisationsverschulden, so dass sie gegen die Unterlassungserklärung verstoßen habe.
Das Urteil liegt auf der bisherigen Linie der Rechtsprechung, vgl. z.B. die insoweit inhaltsgleiche Entscheidung des OLG Schlewsig (Beschl. v. 18.02.2005 - Az.: 6 W 7/05 = http://shink.de/h1wfjv), und ist nicht zuletzt für den Affiliate-Bereich von Relevanz.
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5. LG Braunschweig: Google AdWords sind Markenverletzung II
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Das LG Braunschweig hat in einer aktuellen Entscheidung (Beschl. v. 27.07.2006 - Az.: 9 O 1778/06 = http://shink.de/op1r13) noch einmal bekräftigt, dass die Benutzung von Markennamen als Google AdWords Markenverletzungen sind.
Das Gericht folgt damit seiner Rechtsprechung aus Dezember 2005, vgl. die Kanzlei-Infos v. 09.01.2006 = http://shink.de/ek0xsh
"Bei dem Zeichen (...) handelt es sich um eine typische Markenbezeichnung, die keinen beschreibenden Inhalt erkennen lässt. Die Bezeichnung ist nahe liegend nur dazu geeignet, eine darunter angebotene Leistung von dem Angebot eines anderen Unternehmers zu unterscheiden und muss daher vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden werden.
Die Verwendung des klägerischen Zeichens als AdWord stellt deshalb eine kennzeichenrechtliche Benutzungshandlung dar, welche die Antragstellerinn in ihren Ausschließlichkeitsrechten verletzt.
Indem der Internetnutzer von einer Suchmaschine nach Eingabe des Wortes (...) auf die Internetseiten der Antragsgegnerin hingewiesen wird, erfolgt eine gedankliche Verknüpfung, die den Eindruck entstehen lässt, dass dort Waren der Antragstellerin angeboten würden. Die Antragsgegnerin macht sich auf diese Weise die von der Antragstellerin aufgebaute Kraft der Marke zu Nutze und benutzen gerade die für Marken spezifische „Lotsenfunktion“ die darin besteht, in einem großen Angebot gezielt zu den eigenen Waren / Dienstleistungen hinzulenken.
Im Ergebnis handelt es sich nur um eine moderne Form der Kennzeichnung eines Produktes. Statt im Laden den Verkäufer nach (...) zu fragen, wird jetzt die Suchmaschine im Internet befragt. Daher verletzen jedenfalls auf individuellen Kennzeichnungen beruhende Metatags bzw. AdWords die Zeichenrechte des Inhabers (...)."
Das Gericht stimmt damit mit dem Ansichten des LG München (Beschl. v. 27.10.2005 - Az.: 9 HK O 20800/05 = http://shink.de/8v2aa) und des OLG Köln (Beschl. v. 08.06.2004 - Az.: 6 W 59/04 = http://shink.de/ia7u4) überein, während das OLG Dresden (Urt. v. 30.08.2005 - Az.: 14 U 498/05 = http://shink.de/a0xj2m) und das LG Hamburg (Urt. v. 21.12.2004 - Az.: 312 O 950/04 = http://shink.de/w6f3b) anderer Ansicht sind.
Siehe generell zu Suchmaschinen und den damit zusammenhängenden rechtlichen Problemen das Info-Portal unserer Kanzlei "Suchmaschinen & Recht" = http://shink.de/nxdqm2
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6. LG Hamburg: Wiederholungsgefahr bei unzulässiger Telefonwerbung
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Das LG Hamburg (Beschl. v. 04.09.2006 - Az.: 312 T 6/06 = http://shink.de/o9gzrd) hat entschieden, dass auch ein einziger unzulässiger Werbeanruf per Telefon einen Unterlassungsanspruch auslöst.
Der Antragsgegner hatte telefonisch für seine Finanzdienstleistungen geworben. Darauf wurde er abgemahnt und zur Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Diese gab er jedoch nicht gab.
Das AG Hamburg-St. Georg verneinte einen Unterlassungsanspruch, weil ein einmaliges Telefonat nur wenige Sekunden dauere und nicht wie eine E-Mail oder Fax den Geschäftsbetrieb störe. Im Beschwerdeverfahren hob nun das LG Hamburg die irrige Ansicht des AG Hamburg-St. Georg auf und sprach den Unterlassungsanspruch zu:
"Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts Hamburg - St. Georg kann der Antragsteller aus § 1004 i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB analog von dem Antragsgegner verlangen, dass dieser es unterlässt, mit dem Antragsteller zu Werbezwecken telefonisch Kontakt aufzunehmen, ohne dass dessen Einverständnis bezüglich einer solchen Kontaktaufnahme vorliegt oder anzunehmen ist.
Denn ein Anruf auch bei einem Unternehmer zu Werbezwecken stellt grundsätzlich einen Eingriff in das „Recht am Unternehmen" dar, gegen den sich der Unternehmer nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog zur Wehr setzen kann (...).
Dass der Unternehmer grundsätzlich auch Schutz vor unerwünschten Werbeanrufen beanspruchen kann, hat der Gesetzgeber in der Begründung seines Gesetzesentwurfs zur UWG-Novelle 2004 ausdrücklich festgestellt. Er hat dort ausgeführt, dass auch im gewerblichen Bereich oder bei der Ausübung eines selbständigen Berufes telefonische Anrufe zu Werbezwecken nicht ohne weiteres hinzunehmen seien, da sie mit Blick auf die Störung der beruflichen Tätigkeit ebenfalls als belästigend empfunden werden könnten. Anders als beim Verbraucher könne die Interessenlage hier zwar anders sein; dies jedoch nur dann, wenn der Anruf im konkreten Interessenbereich des Angerufen liegt.
Daher werde in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung die Telefonwerbung im gewerblichen Bereich auch bei einem vermuteten Einverständnis als zulässig erachtet (Bt-Drucks. 15/1487, Seite 21, zu § 7 Ziffer 2). Dass das Angebot der Frankfurter Unternehmensberatung, für welche der Antragsgegner tätig ist, im Interessenbereich des Antragstellers liegen würde, konnte der Antragsgegner nicht ohne weiteres annehmen. Er konnte mithin von einem vermuteten Einverständnis des Antragstellers mit einem Werbeanruf wie demjenigen vom 15.06.2006 nicht ausgehen."
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7. LG Bonn: Zu kleiner Fußnotentext bei DTAG-Werbeprospekt irreführend
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Das LG Bonn (Urt. v. 11.04.2006 - Az.: 11 O 9/06 = http://shink.de/o8qp) hatte darüber zu entscheiden, wie groß ein Fußnotentext, in dem auf bestimmte Umstände des Kaufes hingewiesen wird, in einem Werbeprospekt sein muss.
Kläger war der Dachverband der Verbraucherzentralen, Beklagte die Deutsche Telekom (DTAG).
Die DTAG hatte für ihre Produkte mittels einer Werbebroschüre geworben. Dabei hatten sie in der üblichen Schriftgröße den Preis angegeben und rechts daneben - in hochgestellter Form - eine Zahl hinzugefügt. Am unteren Rand der Seite befand sich dann der Hinweistext als Fußnote.
Die Fußnote umfasse 15 Zeilen, verteilt auf 2 Spalten, und war zudem extrem klein geschrieben, so dass die diversen Bedingungen und Einschränkungen der angebotenen Leistungen praktisch nicht lesbar waren. Im Werbeprospekt fanden sich an anderer Stelle noch weitere solche Fußnoten-Hinweise.
Die Bonner Richter haben nun die Darstellungsform der DTAG als irreführend angesehen:
"Die Darstellungsform der Fußnoten zu den Angeboten (...) verstößt gegen § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UWG. Die Art der Präsentation einerseits des groß herausgestellten Preises bzw. Preisvorteils, andererseits der kleingedruckten Angaben dazu, wie dieser Preis bzw. Preisvorteil berechnet wird, ist irreführend. (...)
Es bestehen bereits Bedenken, ob durch den Zusatz einer hochgestellten Ziffer bei den Preisangaben in den magentafarbenen Quadraten die in den Fußnoten beschriebenen Preisbestandteile leicht erkennbar sind. Die Bedenken ergeben sich zwar noch nicht daraus, dass der Fußnotentext am unteren Rand der Prospektseiten gegenüber dem sonstigen Prospektinhalt weit in den Hintergrund gerückt ist und ein Hinweis im Text fehlt, dass auf Fußnoten verwiesen wird. Insbesondere bei der Bewerbung von Handys haben sich Koppelungsangebote der auch hier in Rede stehenden Art derart eingebürgert, dass jeder durchschnittlich und situationsadäquat aufmerksame Verbraucher weiß, dass ihm für das Gerät ein subventionierter Preis angeboten wird und der tatsächlich zu zahlende Preis im Kleingedruckten zu finden ist.
Gibt es wie hier nur einen kleingedruckten Teil des Prospekts, nämlich den in den Fußnoten, drängt sich dem Prospektbenutzer auf, dass er dort nachlesen muss, wenn er erfahren will, was die hochgestellten Ziffern in den magentafarbenen Quadraten aussagen sollen. Problematisch ist jedoch, dass die in Bezug genommenen Ziffern der Fußnoten genau so klein gesetzt sind wie der weitere Fußnotentext. Wer nicht über scharfe Augen verfügt oder dies durch entsprechend angepasstes Lesegerät kompensiert, wird insbesondere auf den Mittelseiten des Prospekts Schwierigkeiten haben, die fragliche Ziffer aus den dort abgedruckten 12 Fußnoten herauszufiltern. Denn der Fußnotentext enthält keine Leerzeilen zwischen den einzelnen Fußnoten."
Und weiter:
"Das bedarf keiner Vertiefung. Denn der Fußnotentext als solcher ist nicht deutlich lesbar. (...)
Das kleine Größenformat wird nicht hinreichend durch eine dem Computerausdruck mittels Laserdruckers überlegene Drucktechnik kompensiert, die bei Erstellung des Werbeprospekts angewendet worden sein mag. Dabei kann dahinstehen, ob es klarere Kontraste gibt als bei schwarzer Schrift auf weißem Grund, was die Beklagte bestreitet.
Die Kammer kann nicht einmal erkennen, ob die Schrift wirklich schwarz oder nicht eher anthrazitgrau ist. Sie scheint jedenfalls farblich dem oberhalb der Fußnoten gesetzten anthrazitgrauen Balken nahezustehen. Es mag also durch die verwendete Farbgebung mitbestimmt sein, dass der Fußnotentext nicht deutlich lesbar ist. Für die Entscheidung der Kammer ist das ohne Bedeutung. Der Werbeprospekt ist so wie er ist mit dem Hilfsantrag (...) angegriffen.
Und so ist er jedenfalls nicht deutlich lesbar. Das liegt nicht etwa daran, dass der Kammer in Form der Anlage Antrag vom Kläger ein aus welchen Gründen auch immer unterdurchschnittlich ausgefallenes Exemplar des Werbeprospekts überreicht worden wäre. Die Kammer hat sich von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung alle in den Händen ihres Terminsvertreters befindlichen Exemplare des Prospekts aushändigen lassen. Keines dieser Exemplare ist hinsichtlich der Fußnotentexte besser lesbar als die Anlage Antrag. Die Beklagte beruft sich auch nicht darauf, dass es sich bei dieser Anlage um einen Ausreißer handele."
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8. LG Flensburg: Neues zum Fernabsatzrecht bei eBay
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Das LG Flensburg (Urt. v. 23.08.2006 - Az.: 6 O 107/06) hatte zu bestimmten fernabsatzrechtlichen Bedingungen bei eBay Stellung zu nehmen.
Erst vor kurzem hatten das KG Berlin (= Kanzlei-Infos v. 10.08.2006 = http://shink.de/30kcfa) und das OLG Hamburg (= Kanzlei-Infos v. 02.09.2006 = http://shink.de/r4junx) entschieden, dass die fernabsatzrechtliche Widerrufsfrist bei eBay-Geschäften nicht wie internetweit-üblich 14 Tage beträgt, sondern vielmehr 1 Monat. Da es bei eBay nicht möglich ist, so die Richter, dem Käufer vor Abschluss des Kaufvertrages eine Mail mit der Widerrufsbelehrung zu senden, sondern erst hinterher, greift bei der Online-Plattform nicht das übliche 14-tägige Widerrufsrecht, sondern die 1-Monats-Frist (§ 355 Abs.2 S.2 BGB).
In den Kanzlei-Infos v. 02.09.2006 (= http://shink.de/duppwi) haten wir schon darauf hingewiesen, dass sich aus dieser neueren Rechtsprechung weitreichende Folgen ergeben.
Die beiden Urteile haben nämlich nicht nur Auswirkungen auf die Widerrufsfrist, sondern auch auf den Wertersatz. Denn nach 357 Abs.3 BGB muss der Verbraucher nur dann Wertersatz für "eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung" leisten, wenn er vor Vertragsschluss hierüber belehrt wurde.
Da bei eBay - nach Ansicht der Gerichte - eine solche vorherige Belehrung nicht möglich ist, greift die Regel des § 346 Abs.2 Nr.3 BGB: Für die "bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme" des Gegenstandes kann der Unternehmer keinen Geldausgleich verlangen. Praktische Konsequenz: Der Verbraucher kann bei eBay einen Gegenstand kaufen, diesen locker 3 Wochen benutzen und dann wieder zurückgeben, ohne dass er irgendeinen Wertersatz leisten muss.
Die Flensburger Richter hatten nun einen solchen Fall zu entscheiden. Der Beklagte war abgemahnt worden, weil er die gesetzlich vorgesehene Wertersatzklausel verwendet hatte. Dies sah die Klägerin aber anders. Dadurch, dass der Beklagte die Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss erhalte, dürfe sich der Beklagte nicht auf die Wertersatz-Bestimmungen berufen.
Dieser Ansicht ist das LG Flensburg nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen:
"Da es um die Lieferung von Waren geht, reicht es aus, wenn die Belehrung über das erweiterte Widerrufsrecht dem Verbraucher spätestens bei Lieferung der Ware in Textform zugeht. Dies folgt aus der Bestimmung des § 312 c Abs. 2 Nr. 2 BGB, wonach es ausreicht, wenn der Unternehmer dem Verbraucher die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die in der Rechtverordnung nach Artikel 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Informationen in dem dort bestimmten Umfang und der dort bestimmten Art und Weise spätestens bis zur Lieferung der Ware in Textform mitteilt."
Und weiter:
"§ 312 c Abs. 2 Nr.2 BGB ist eine dem § 357 Abs. 3 S. 1 BGB vorgehende spezialgesetzliche Regelung. Es reicht daher aus, dass die erweiterte Wertersatzpflicht spätestens bei Lieferung der Ware erteilt wird.
Es würde anderenfalls zu einem nicht begründbaren Wertungswidersprüch führen, sollte die in den AGB der Verfügungsbeklagten enthaltene Bestimmung über die Erweiterung der Wertersatzpflicht spätestens bei Vertragsschluss in Textform vorliegen müssen, während es hinsichtlich der übrigen Vertragsbedingungen nebst AGB und Belehrung gemäß BGB-InfoV nach § 312 c Abs. 2 Nr. 2 BGB ausreicht, wenn diese bei Lieferung der Ware vorliegt.
§ 312 c Abs. 2 Nr. 2 BGB ist deshalb gesetzessystematisch dahin auszulegen, dass unter das dortige Tatbestandsmerkmal "die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die in der Rechtsverordnung nach Artikel 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Informationen in dem dort bestimmten Umfang und der dort bestimmten Art und Weise "auch die nach § 357 Abs. 3 S. 1 BGB erforderliche Belehrung über die Ausdehnung der Wertersatzpflicht fällt."
Die Problematik der Widerrufsfrist und der Wertersatz-Klausel bei eBay-Geschäften wird die Gerichte in den nächsten Wochen und Monaten sicherlich bundesweit beschäftigen.
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9. LG Hamburg: Mitstörerhaftung für unverschlüsselten WLAN-Zugang
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Das LG Hamburg (Urt. v. 27.06.2006 - Az.: 308 O 407/06) hat entschieden, dass der Inhaber eines unverschlüsselten WLAN-Zugangs als Mitstörer haftet, wenn über diesen Zugang rechtswidrige Handlungen begangen werden.
Unter einer dem Antragsgegner zugeordeneten IP-Adresse wurden zahlreiche urheberrechtswidrige Audiodateien zum Kopieren und Hören für jedermann online angeboten. Die Antragstellerin mahnte daraufhin den Antragsgegner ab und verlangte die Löschung der Dateien.
Der Antragsgegner wandte ein, die Dateien seien niemals von ihm angeboten oder bereitgestellt worden. Er hätte vielmehr eine nicht durch ein Geheimwort geschützte schnurlose Funkverbindung (WLAN) zum Internetzugang genutzt. Nach Kenntnis der Ereignisse sei sofort ein Geheimwort eingerichtet worden.
Die Hamburger Richter haben dem Antragsteller recht gegeben und den Antragsgegner zur Unterlassung verurteilt:
"Wenn die Antragsgegner es Dritten aufgrund einer ungeschützten WLAN-Verbindung ermöglicht haben, ihren Internetzugang zu nutzen und die streitgegenständliche Rechtsverletzung zu begehen, dann ist dies (...) kausal für die Schutzrechtsverletzung gewesen. (...)
Zunächst haben Rechtsverletzungen über das Internet allgemein zugenommen durch das Herunterladen und öffentliche Zugänglichmachung insbesondere urheberrechtlich, geschmacksmusterrechtlich und markenrechtlich geschützter Leistungen. Darunter fallen auch die Aneignung und das Bereitstellen von Musikaufnahmen im Internet über Peer-to-Peer-Dienste und mit Hilfe von Filesharing-Software, verhamlosend „Tauschbörsen“ genannt. Jedenfalls seit dem Auftreten der Filesharing-Software „Napster“ im Herbst 1999 ist derartiges auch nicht mehr ungewöhnlich, sondern wird gerade von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen vielfältig in Anspruch genommen. Weiter ist allgemein bekannt, dass ungeschützte WLAN-Verbindungen von Dritten mißbraucht werden können, um über einen fremden Internetanschluss ins Internet zu gelangen."
Und weiter:
"Die Verwendung einer ungeschützten WLAN-Verbingung für den Zugang ins Internet birgt danach die keinesfalls unwahrscheinliche Möglichkeit, dass von – unbekannt – Dritten, die die ungeschützte Verbindung nutzen, solche Rechtsverletzungen begangen werden. Das löst Prüf- und gegebenenfalls Handlungspflichten aus, um der Möglichkeit solcher Rechtsverletzungen vorzubeugen.
Rechtlich und tatsächlich sind die Antragsgegner in die Lage versetzt gewesen, wirksame Maßnahmen zur Verhinderung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung zu treffen. Hier haben die Antragsgegner aber nach eigenem Eingeständnis keine Schutzmaßnahmen getroffen mit der Begründung, sie seien sich der Missbrauchsmöglichkeiten nicht bewusst gewesen.
Weder das fehlende technische Verständnis noch die eigene Unkenntnis von der Möglichkeit der illegalen Musiknutzung über leicht zu installierende Tauschbörsenprogramme sowie von der Möglichkeit der Nutzung einer WLAN-Verbindung durch unbefugte Dritte entlasten sie. Es hätte ihnen oblegen, sich zu informieren, welche Möglichkeiten für Rechtsverletzungen sie schaffen und wie sie solche Verletzungen hätten vorbeugen können. Zudem hätten sie technische Möglichkeiten in Anspruch nehmen können, um die streitgegenständliche Rechtsverletzung zu verhindern. So hätten sie etwa einen Password-Schutz einrichten können. Eine derartig ihnen mögliche Maßnahme haben die Antragsgegner jedoch nicht ergriffen, sondern die WLAN-Verbindung „ungeschützt“ genutzt.
Die Durchführung der vorgenannten Maßnahmen ist zumutbar. Das gilt auch für den Fall, dass die Antragsgegner selbst nicht in der Lage sein sollten, sie einzurichten und sich dazu entgeltlicher fachkundiger Hilfe bedienen müssten. Den dadurch bedingten Geldaufwand erachtet die Kammer als durchaus noch verhältnismäßig."
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Die Entscheidung des LG Hamburg entspricht der ganz herrschenden Rechtsprechung. So haftet z.B. auch der Inhaber eines Fax-Anschlusses auf Unterlassung, wenn über seinen Zugang Fax-Spamming betrieben wird.
Da es hier um einen verschuldenslosen Unterlassungsanspruch ging, greifen nicht die Haftungsprivilegien des TDG bzw. des MDStV, sondern es gelten die allgemeinen Gesetze (§ 8 Abs.S S.2 TDG). Danach haftet ein Mitstörer, wenn ihn gewisse Sorgfaltspflichten treffen, die er verletzt.
Das Gericht ist hier - richtigerweise - der Ansicht, dass eine Sorgfaltspflicht besteht, den eigenen WLAN-Zugang zu verschlüsseln, da andernfalls jedem unbekannten Dritten die Möglichkeit gegeben wird, anonym Rechtsverletzungen im Internet zu begehen.
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10. LG Münster: Fernabsatzrechtliches Musterformular trotz Fehler rechtmäßig
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Erst vor kurzem hat das LG Halle (Urt. v. 13.05. 2005 - Az.: 1 S 28/05) entschieden, dass auch derjenige Online-Händler sich wettbewerbswidrig verhalten kann, wer sich exakt an das fernabsatzrechtliche Musterformular nach der BGB-InfoV richtet, da das amtliche Muster falsch sei.
Das Urteil hat in der Internet-Szene für viel Wirbel gesorgt. Wichtig dabei festzuhalten ist, dass das LG Münster einen Sachverhalt beurteilte, der sich im Jahre 2003 zugetragen hatte, und hat somit auch inzwischen überarbeitetes novelliertes Recht zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat. Unabhängig davon, ob man der Argumentation des LG Halle folgt oder nicht, ist die Anlage 2 der BGB-InfoV durch Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 02.12.2004 (BGBl. I S. 3102) zwischenzeitlich neu gefasst worden.
Nun hatte das LG Münster (Urt. v. 02.08.2006 - Az.: 24 O 96/06) eben diese Frage zu beantworten: Ob durch die Gesetzesnovelle nunmehr die BGB-InfoV und somit auch das amtliche Muster Gesetzesrang hat.
Dies bejaht das Gericht in letzter Konsequenz
Zuerst stellen die Juristen fest, dass auch das neue Musterformular nicht mit dem geltenden Recht vereinbar ist:
"Zwar stimmt die vom Verfügungsbeklagten verwendete Formulierung über den Beginn der Widerrufsfrist „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" nicht mit § 312 d Abs. 2 BGB überein. Denn nach § 312 d Abs. 2 BGB ist für den Beginn der Widerrufsfrist auch der Erhalt der Ware maßgebend."
Es liege jedoch kein Rechtsverstoß vor, da der Online-Händler das amtliche Muster verwende. Durch die Novellierung habe die BGB-InfoV nunmehr Gesetzesrang.
"Allerdings entspricht die vom Verfügungsbeklagten verwandte Belehrung über das Widerrufsrecht der Fiktion des § 14 BGB-InfoV.
Im Hinblick darauf, dass die BGB-InfoV durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Femabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 02.12.2004, BGB1 2004, Seite 3102 Gesetzesrang erhalten hat, steht § 14 BGB-InfoV mit §§ 355, 312 d Abs. 2 BGB normenhierarchisch auf einer Ebene.
Dies hat zur Folge, dass ein Gesetzesverstoß in Bezug auf die Widerrufsbelehrung dann zu verneinen ist, wenn die vom Verfügungsbeklagten verwendete Widerrufsbelehrung dem Muster (...) entspricht. Dies ist vorliegend hinsichtlich der in der Widerrufsbelehrung enthaltenen Formulierung über den Beginn der Widerrufsfrist der Fall."
Im Klartext: Das amtliche Musterformular ist zwar (weiterhin) falsch, aber nicht wettbewerbswidrig, weil der Gesetzgeber selber seit Jahren unfähig ist, eine ordnungsgemäße Formulierung bereitzustellen. Die aktuelle Entscheidung ist ein weiteres, schönes Beispiel für den gesetzgeberischen Offenbarungseid im Fernabsatzrecht.
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11. VG Karlsruhe: Vermittlung von privaten Sportwetten erlaubt
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Die uneinheitliche Rechtsprechung in Sachen Sportwetten setzt sich auch nach der Entscheidung des BVerfG (Urt. v. 28.03.2006 - Az.: 1 BvR 1054/01 = http://shink.de/e1amuz) weiter fort. Aktuelles Beispiel dafür ist die verwaltungsrechtliche Entscheidung des VG Karlsruhe.
VG Karlsruhe (Beschl. v. 09.08.2006 - Az.: 2 K 500/05) = http://shink.de/b229az
"Leitsätze:
1. Das Bundesland Baden-Württemberg hat bislang nicht die Vorgaben des BVerfG (Urt. 28.03.2006 - Az.: 1 BvR 1054/01) ausreichend umgesetzt.
2. Die landesrechtlichen Regelungen zum Sportwettenrecht sind in Baden-Württemberg somit derzeitig verfassungswidrig. Privaten Sportwetten-Anbietern kann somit keine Untersagungsverfügung ausgesprochen werden.
3. Aus all diesen Gründen ist ein Verbot der privaten Sportwetten-Vermittlung rechtswidrig."
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12. VG Karlsruhe: Vermittlung von privaten Sportwetten verboten
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Die uneinheitliche Rechtsprechung in Sachen Sportwetten setzt sich auch nach der Entscheidung des BVerfG (Urt. v. 28.03.2006 - Az.: 1 BvR 1054/01 = http://shink.de/e1amuz) weiter fort. Aktuelles Beispiel dafür ist die verwaltungsrechtliche Entscheidung des VG Karlsruhe.
VG Karlsruhe (Beschl. v. 17.07.2006 - Az.: 11 K 1386/06) = http://shink.de/ev1qoz
"Leitsätze:
1. Sportwetten dürfen in Deutschland nur mit einer deutschen Lizenz angeboten oder vermittelt werden.
2. Das vom BVerfG (Urt. v. 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01) verlangte Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols ist in Baden-Württemberg gegeben, da entsprechende Maßnahmen im Bundesland eingeleitet wurden.
3. Dem Europarecht sind Übergangsfrist, wie sie aktuell das BVerfG (Urt. 28.03.2006 - Az.: 1 BvR 1054/01) bestimmt hat, nicht fremd, so dass die vom BVerfG eingeräumte Übergangsfrist europarechtskonform ist."
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13. VG Köln: DDR-Sportwetten-Lizenzen in NRW unwirksam
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Die uneinheitliche Rechtsprechung in Sachen Sportwetten setzt sich auch nach der Entscheidung des BVerfG (Urt. v. 28.03.2006 - Az.: 1 BvR 1054/01 = http://shink.de/e1amuz) weiter fort. Aktuelles Beispiel dafür ist die verwaltungsrechtliche Entscheidung des VG Köln.
VG Köln (Urt. v. 22.06.2006 - Az.: 1 K 2231/04) = http://shink.de/6tll1q
"Leitsätze:
Eine noch nach DDR-Recht erteilte Sportwetten-Lizenz entfaltet keine Wirkung im Bundesland Nordrhein-Westfalen."
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14. Law-Podcasting.de: Kritische Angebote in Partnerprogrammen: Medikamente und Arzneimittel
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Auf www.Law-Podcasting.de , dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es ab sofort einen Podcast zum Thema "Kritische Angebote in Partnerprogrammen: Medikamente und Arzneimittel" = http://shink.de/efhe7a
Inhalt:
Wer kennt sie nicht, die Werbung im Internet für Schönheitskuren, Potenzpillen und Vitamin-Cocktails. Doch Apothekenwesen, Packungsbeilagen und Rezeptpflicht sind Indizien für eine strenge Regulierung. In den Vereinigten Staaten ist der Vertrieb von Medikamenten über Partnerprogramme bereits Realität, doch in Deutschland birgt er erhebliche rechtliche Risiken für Merchants und Affiliates.
Der heutige Podcast geht der Frage, ob und in welchem Umfang ein Affiliate Medikamente und Arzneimittel bewerben darf. Auf was er unbedingt achten sollte. Und was er auf jeden Fall unterlassen sollte, um juristischen Ärger zu vermeiden.
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