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Newsletter vom 14.06.2017 |
Betreff: Rechts-Newsletter 24. KW / 2017: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: Fernabsatzrechtlicher Widerruf muss nicht "Widerruf" heißen, entsprechende Erklärung reicht aus _____________________________________________________________ Widerruft ein Verbraucher ein Online-Geschäft, muss er dabei nicht explizit das Wort "widerrufen" verwenden. Es reicht vielmehr aus, wenn er zum Ausdruck bringt, dass er den Vertrag von Anfang an nicht gelten lassen will (BGH, Urt. v. 12.01.2017 - Az.: I ZR 198/15). Es ging um einen online geschlossenen Maklervertrag. Der Vertrag war wegen arglistiger Täuschung durch den verklagten Verbraucher angefochten worden. Der BGH entschied nun, dass eine solche Erklärung so auszulegen sei, dass sie auch das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht erfasse. Der Verbraucher müsse das Wort "widerrufen" nicht zu verwenden. Es genüge vielmehr wenn der Erklärende deutlich zum Ausdruck bringe, er wolle den Vertrag von Anfang an nicht gelten lassen. Werde ein Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten, werde damit hinreichend deutlich gemacht, dass der Anfechtende an dem Vertrag von Beginn an nicht festhalten wolle.
Die Erklärung des Verbraucher sei daher so auszulegen, dass sie (auch) als fernabsatzrechtliche Widerrufserklärung einzustufen sei.
Es ging um einen Wettbewerbsverstoß. Die Beklagte hatte außergerichtlich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, diese jedoch mit dem Zusatz versehen, dass sie unter der auflösenden Bedingung einer allgemein verbindlichen Klärung der höchstrichterlicher Rechtsprechung erklärt werde. Dies erachtete der Kläger nicht als ausreichend und zog vor Gericht. Die Richter des OLG Frankfurt a.M. entschieden, dass ein solcher Zusatz die Wirksamkeit der Unterlassungserklärung nicht berühre und die Wiederholungsgefahr somit ausreichend ausgeschlossen werde. Die Robenträger sind der Ansicht, dass der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit (u.a. BGH GRUR 1993, 677 - Bedingte Unterwerfung) solche Einschränkungen für zulässig erachtet habe. Denn es bestünde keine Verpflichtung, den vertraglichen Unterlassungsanspruch auf ein in Zukunft möglicherweise rechtmäßiges Verhalten zu erstrecken. Auch sei die Formulierung "höchstrichterliche Rechtsprechung" nicht missverständlich, denn damit sei offensichtlich der Bundesgerichtshof gemeint. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs hätten keinen verbindlichen, endgültigen Charakter.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Der Beklagte war ein auf Schlafmedizin spezialisierte Arzt, Assistenzprofessor und Lehrbeauftragter an einer medizinischen Fakultät . Der Schwerpunkt seiner Forschung und Behandlungstätigkeit lag im Bereich der atmungsbedingten Schlafstörungen. Er veröffentlichte in der weltweit führenden Fachzeitschrift für Schlafmedizin einen Aufsatz, bei u.a. das Produkt der Klägerin konkret verglichen wurde: "Beim direkten Vergleich der Wirksamkeit von thermoplastischen und individuellen UKPS wurden in einer Studie mit einem "cross-over-design" über 4 Monate, an der 35 Patienten teilnahem, herausgefunden, dass nach der Behandlung der AHI-Index nur unter Therapie mit der individuellen UKPS reduziert wurde. Das thermoplastische Gerät zeigte eine viel geringere Wirksamkeit ..." Die Klägerin sah hierin einen Wettbewerbsverstoß und ging gerichtlich gegen den Beklagten vor. Die Frankfurter Richter lehnten eine Wettbewerbsverletzung ab, denn es fehle an der notwendigen geschäftlichen Handlung. Von einer geschäftlichen Handlung könne nur ausgegangen werden, wenn das beanstandete Verhalten dem Ziel der Förderung des Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen diente. Dies sei im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Denn der Aufsatz erschien in der weltweit führenden Fachzeitschrift, der Beklagte ist Wissenschaftler und Arzt an einer Universitätsklinik. Das Thema betreffe auch seinen Forschungsbereich.
Daher sei davon auszugehen, dass es sich bei der Publikation des Artikels um keine geschäftliche Handlung handle, so dass kein Wettbewerbsverstoß gegeben sei.
Die Klägerin ein Affiliate, hatte entsprechende Provisisionsansprüche. Die Beklagte unterhielt ein Online-Erotikportal und bot hierfür auch ein entsprechendes Affiliate-Programm an, an dem die Klägerin teilnahm. Die Beklagte verweigerte die Auszahlung der Provisionen aufgrund der fehlenden Auskunft der Klägerin. Denn nach Ansicht der Beklagten sei der Affiliate verpflichtetet zu erklären, wer der wirtschaftlich berechtigte Empfänger der Zahlungen sei. Die Klägerin sitze auf den Seychellen, hierbei handle es sich um eine bloße Domizilgesellschaft. Da unklar sei, wer der tatsächlich Berechtigte hinter dieser Firma sei, bestünde für de Beklagte die Gefahr, dass ihr die Zahlungen nicht als Betriebsausgabe nach § 160 AO anerkennt würden. Im Laufe der Auseinandersetzung nannte die Klägerin den Namen einer natürlichen Person. Dies hielt die Beklagte jedoch auch nicht für ausreichend, denn es sei offensichtlich, dass es sich bei der Person lediglich um einen bloßen Treuhänder handle, dem die wirtschaftlichen Vorteile nicht zufließen würden. Das OLG Hamburg ist dieser Ansicht nicht gefolgt und hat den Merchant zur uneingeschränkten Zahlung verpflichtet. Da vertraglich keine solche Auskunftspflicht ausdrücklich vereinbart worden sei, könne sie sich allenfalls als ungeschriebene Nebenpflicht zum abgeschlossenen Affiliate-Vertrag ergeben, so die Richter. Eine solche Nebenpflicht sei jedoch zu verneinen. Der Merchant habe zum einen einfach versäumt, eine entsprechende vertragliche Regelung in seine Geschäftsbedingungen aufzunehmen. Zum anderen habe er, trotz Kenntnis der steuerrechtlichen Seychellen-Problematik, weiterhin mit dem Affiliate zusammengearbeitet. Er sei daher nicht besonders schutzbedürftig.
Aber selbst wenn man einen entsprechenden Auskunftsanspruch bejahen würde, so die Richter, sei dieser bereits erloschen. Denn durch die Benennung der natürlichen Person habe der Merchant die gewünschte Information erhalten. Der Affiliate sei nicht verpflichtet, diese Auskunft an Eides statt zu versichern oder entsprechende Belege für die Richtigkeit dieser Information zu erteilen. Es obliege vielmehr dem Merchant, sachliche Gründe für berechtigte Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Auskunft zu benennen. Dies sei im vorliegenden Fall nicht geschehen.
Das wegen eines Wettbewerbsverstoß abmahnende Unternehmen hatte folgenden Hinweis auf seiner Homepage: "Rechtliche Hinweise für Anwälte: Das Unternehmen verlangte nun die Erstattung von Abmahnkosten in einem eigenen Fall. Zu Unrecht wie das LG Düsseldorf entschied. Mit ihrem eigenen Zahlungsverhalten setze sich in Widerspruch zum Disclaimer auf ihrer Webseite und verstoße damit gegen Treu und Glauben. Wer ein solches Verhalten von anderen erwarte, müsse sich im Gegenzug selbst so behandeln lassen, als habe er sich rechtlich verpflichtet, vor der Inanspruchnahme anwaltlichen Beistandes die Rechtsverletzung zunächst selber geltend zu machen. Es sei kein Grund ersichtlich, diese Vergünstigung, die die Klägerin für sich in Anspruch nehme, den Mitbewerbern vorzuenthalten.
Anmerkung von RA Dr Bahr: Die Parteien boten beide die Möglichkeit an, online Flugbuchungen vorzunehmen. Im Rahmen des Bestellprozesses, am Ende der Ablaufs hieß es bei der Beklagten: "[ ] Die von Ihnen angebotenen Information werden ausschließlich dazu verwendet, Sie bezüglich Ihrer Buchung zu kontaktieren, sofern Sie sich nicht in unsere Abonnentenliste eingetragen haben. Abonnenten erhalten Informationen von R(...) und unseren Partner. Wenn Sie unsere Angebote nicht erhalten möchten, aktivieren Sie bitte das Kontrollkästchen." Der Kunde hatte im Rahmen der Buchung sowohl E-Mail-Adresse als auch Telefonnummer eingegeben. Das LG Hamburg wertete diese Einwilligungsklausel als rechtswidrig und damit als Wettbewerbsverstoß. Die Voraussetzungen für eine E-Mail-Werbung gegenüber Kunden auf § 7 Abs.3 UWG scheitere an dem Umstand, dass die Beklagte nicht hinreichend über die Widerspruchsmöglichkeit des Kunden informiere. Im Gegenteil, sie führe den Verbraucher durch die Wortwahl in die Irre, so die Richter. Der Einwilligungstext enthalte drei Sätze. Die ersten beiden Sätze "Die von Ihnen angegebenen Informationen werden ausschließlich dazu verwendet, Sie bezüglich Ihrer Buchung zu kontaktieren, sofern Sie sich nicht in unsere Abonnentenliste eingetragen haben. Abonnenten erhalten Informationen von R(...) und unseren Partnern." befassten sich mit Buchungsinformationen, also Informationen, die den jeweiligen Flug des Kunden betreffen würden. Im zweiten Satz werde dann nur noch von "Informationen“ gesprochen. Diese werde der Kunde angesichts des Inhaltes von Satz 1 auch für "Buchungsinformationen" halten. Er werde annehmen, dass es in der streitgegenständlichen Information um für seine Buchung relevante Informationen gehe. Eine solche Annahme sei aber nicht richtig. Denn in der Einwilligung heiße es weiter: "Wenn Sie unsere Angebote nicht erhalten möchten, aktivieren Sie bitte das Kontrollkästchen." Die Beklagte suggeriere dem Kunden, er erhalte von ihr buchungsrelevante Informationen, wenn er das Kontrollkästchen nicht aktiviere. Dies sei aber nicht der Fall, vielmehr willige er den Empfang allgemeiner Werbe-Informationen ein. Die Beklagte vermenge damit unterschiedliche Begriff und erschleiche sich dadurch die Zustimmung.
Darüber hinaus sei die Klausel auch unwirksam, weil sie nicht nur E-Mail-Werbung erfasse, sondern auch sonstige Werbekanäle wie z.B. Telefon. Für die Bereiche gelte die Regelung des § 7 Abs.3 UWG jedoch nicht.
Anfang des Jahres 2016 teilte Unitymedia seinen Kunden mit, dass sie die Konfiguration der WLAN-Router zur Erstellung eines flächendeckenden WLAN-Netzes in der Weise ändern werde, dass auch Dritte auf diese Router zugreifen und sich so mit dem Internet verbinden könnten. Nur wenn der Kunde innerhalb von vier Wochen widersprach, erfolgte keine solche Freischaltung. Das LG Köln stufte dieses Vorgehen als wettbewerbswidrig ein. Es handle sich um einen Fall der unzumutbaren Belästigung iSd. § 7 UWG. Die Richter ziehen eine Analogie zum Fall der unerwünschten Kreditkartenübersendung durch eine Bank, die der BGH in der Vergangenheit als unerlaubt eingestuft hatte (BGH, Urt. v. 03.03.2011 - Az.: I ZR 167/09). Die identische Problematik, so die Robenträger, trete im vorliegenden Fall auf. Auch hier werde der Kunden gezwungen, sich ungefragt und unfreiwillig mit den konkreten Maßnahmen zu befassen, falls er nicht ohne jegliche Prüfung eine Änderung hinnehmen möchte.
Angesichts der zunehmenden Komplexität der technischen Möglichkeiten und aufgrund des Umstands, dass Teile der Bevölkerung (u.a. ältere Leute) hier bereits den Anschluss an das technische Verständnis verloren haben dürften, stellt dies ein belästigendes Ereignis für die Kunden dar. Dem entspreche, dass viele Kunden die technischen Vorgänge rund um die Zurverfügungstellung von (kabellosem) Telefon und Internet über sogenannte . Router oder Modem aufgrund der zunehmenden technischen Komplexität nicht mehr oder nicht mehr vollständig verstehen würden und angesichts der aktuell häufigen Berichterstattung in den Medien über Themen des "Datenklaus" von dem Gedanken eines weiteren Signals über das bei ihnen im häuslichen Bereich befindliche Zugangsendgerät erheblich verunsichert sind.
Das verklagte Telekommunikations-Unternehmen hatte in seinen AGB folgende Regelung: "Pauschalieter Schadensersatz (...) je Rücklastschrift 5,- EUR" Dies stufte das LG Köln als unwirksam ein. Die Klausel sei rechtswidrig und verletze geltendes AGB-Recht, da die Beklagte nicht nachweise habe können, dass der durchschnittliche Schaden in dieser Höhe liege. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Betrag deutlich geringer sei, so dass hier eine zu hohe Summe eingefordert werde.
Daran ändere auch nichts der Umstand, dass andere Telekommunikations-Firmen ähnlich hohe Rücklastschriften verlangen würden. Allein maßgeblich sei, ob die Summe bei der Beklagten tatsächlich anfalle oder nicht.
Die Beklagte, eine Mitbewerberin, verwendete auf dem Lageplan für eine Messe die rechtlich geschützte Marke der Klägerin, um zu kennzeichnen, die Klägerin ihren Stand hatte. Hierin sah die Klägerin eine Rechtsverletzung und klagte. Das LG Köln lehnte den Anspruch ab. Es liege keine Markenverletzung so, die Richter. Denn es fehle an der markenmäßigen Benutzung. Es sei nicht erkennbar, dass die Marke verwendet worden sei, um Waren oder Dienstleistungen zu bewerben. Vielmehr sei damit lediglich der genaue Standort des klägerischen Messestandes wiedergegeben worden.
Auch eine Rufausbeutung komme nicht in Betracht, denn es sei nicht ersichtlich, dass in irgendeiner Weise die Werbe- oder Herkunftsfunktion der klägerischen Marke beeinträchtigt worden sei.
Die Drillisch AG ist ein deutscher Mobilfunkprovider ohne eigenes Netz mit ca. 3,5 Mio. EUR Kunden. Das BKatA stuft den Zusammenschlus als positiv ein, um mehr Wettbewerb in den Mobilfunkmarkt zu bringen. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: "Der Mobilfunkmarkt wird von den drei großen Netzbetreibern Telekom, Vodafone und Telefónica bestimmt. Drillisch kann sich hier gemeinsam mit United Internet zu einem belebenden Element entwickeln. Der Zusammenschluss begegnet vor diesem Hintergrund keinen wettbewerblichen Bedenken." zurück zur Übersicht |