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Newsletter vom 14.07.2021 |
Betreff: Rechts-Newsletter 28. KW / 2021: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. EuG: Geräusch beim Öffnen einer Getränkedose nicht als Hörmarke markenrechtlich schutzfähig _____________________________________________________________ Eine Audiodatei, die den Klang enthält, der beim Öffnen einer Getränkedose entsteht, gefolgt von Geräuschlosigkeit und einem Prickeln, kann nicht als Marke für verschiedene Getränke und Behälter aus Metall für Lagerung und Transport eingetragen werden, da sie nicht unterscheidungskräftig ist Die Ardagh Metal Beverage Holdings GmbH & Co. KG meldete beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) ein Hörzeichen als Unionsmarke an. Dieses mittels Audiodatei dargestellte Zeichen erinnert an den Klang, der beim Öffnen einer Getränkedose entsteht, gefolgt von etwa einer Sekunde ohne Geräusch und einem Prickeln von etwa neun Sekunden. Die Eintragung wurde für verschiedene Getränke und Behälter aus Metall für Lagerung und Transport beantragt. Das EUIPO wies diese Anmeldung zurück und begründete dies mit der fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke. In seinem Urteil weist das Gericht der Europäischen Union die Klage der Ardagh Metal Beverage Holdings ab und äußert sich erstmals zur Eintragung einer im Audioformat dargestellten Hörmarke. Es erläutert die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Hörmarken und die Wahrnehmung dieser Marken im Allgemeinen durch die Verbraucher.
Würdigung durch das Gericht Der Verbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen muss somit durch die bloße Wahrnehmung der Marke, ohne dass diese mit anderen Elementen wie insbesondere Wort- oder Bildelementen oder gar einer anderen Marke kombiniert ist, in der Lage sein, die Verbindung zu ihrer betrieblichen Herkunft herzustellen. Soweit das EUIPO die Rechtsprechung analog angewandt hat, nach der nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweicht, auch Unterscheidungskraft besitzt, weist das Gericht sodann darauf hin, dass diese Rechtsprechung im Hinblick auf dreidimensionale Marken entwickelt worden ist, die aus der Form der Ware selbst oder ihrer Verpackung bestehen, obwohl es eine Norm oder Branchenüblichkeit in Bezug auf diese Form gibt. Allerdings wird in diesem Fall der betroffene Verbraucher, der gewohnt ist, eine oder mehrere Formen zu sehen, die der Norm oder der Branchenüblichkeit entsprechen, die dreidimensionale Marke nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren wahrnehmen, wenn ihre Form mit der oder den üblichen Formen identisch oder ihr ähnlich ist. Diese Rechtsprechung stellt keine neuen Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke auf, sondern stellt lediglich klar, dass bei der Anwendung dieser Kriterien die Wahrnehmung des Durchschnittsverbrauchers im Fall einer dreidimensionalen Marke nicht notwendig die gleiche ist wie im Fall einer Wort-, Bild- oder Hörmarke, die aus einem Zeichen besteht, das vom Erscheinungsbild oder der Form der Waren unabhängig ist. Folglich kann diese zu dreidimensionalen Marken ergangene Rechtsprechung grundsätzlich nicht auf Hörmarken angewandt werden. Obwohl das EUIPO diese Rechtsprechung zu Unrecht angewandt hat, stellt das Gericht jedoch fest, dass dieser Fehler nicht geeignet ist, die in der angefochtenen Entscheidung angestellten Erwägungen fehlerhaft erscheinen zu lassen, da diese auch auf einen anderen Grund gestützt ist. Zu diesem anderen Grund, der auf der Wahrnehmung der angemeldeten Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise als funktionelles Element der in Rede stehenden Waren beruht, führt das Gericht zum einen aus, dass der Klang, der beim Öffnen einer Dose entsteht, in Anbetracht der Art der Waren tatsächlich als ein rein technisches und funktionelles Element angesehen werden wird. Das Öffnen einer Dose oder Flasche ist nämlich einer technischen Lösung im Rahmen des Umgangs mit Getränken zum Zwecke ihres Verzehrs inhärent, so dass dieser Klang nicht als ein Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Waren wahrgenommen werden wird. Zum anderen verbinden die maßgeblichen Verkehrskreise den Klang des Prickelns von Perlen unmittelbar mit Getränken. Ferner weisen die Klangelemente und die etwa eine Sekunde dauernde Geräuschlosigkeit in ihrer Gesamtheit betrachtet kein wesentliches Merkmal auf, das ermöglicht, von diesen Verkehrskreisen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft von Waren wahrgenommen zu werden. Diese Elemente sind nicht prägnant genug, um sich von vergleichbaren Klängen auf dem Gebiet der Getränke zu unterscheiden. Folglich bestätigt das Gericht das Ergebnis des EUIPO in Bezug auf die fehlende Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke. Schließlich weist das Gericht die Feststellung des EUIPO zurück, dass es auf den Märkten der Getränke und Getränkeverpackungen unüblich sei, ausschließlich mit Hilfe von Klängen den kommerziellen Ursprung eines Produkts zu signalisieren, da diese Waren bis zu ihrem Verzehr geräuschlos seien. Die meisten Waren sind nämlich an sich geräuschlos und erzeugen nur dann einen Klang, wenn sie konsumiert werden. Die bloße Tatsache, dass ein Klang nur beim Verzehr zu hören ist, bedeutet daher nicht, dass die Verwendung von Klängen zur Kennzeichnung der betrieblichen Herkunft eines Produkts auf einem bestimmten Markt noch unüblich ist. Jedoch führt ein etwaiger Fehler des EUIPO in dieser Hinsicht nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, da er keinen entscheidenden Einfluss auf den verfügenden Teil der angefochtenen Entscheidung hatte. Urteil in der Rechtssache T-668/19 Ardagh Metal Beverage Holdings / EUIPO
Quelle: Pressemitteilung des EuG v. 07.07.2021 Ein Versicherungsnehmer stritt mit seiner Versicherung über den Umfang seines datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs. Zwischen den Parteien war streitig, was alles hierunter fiel. Nun hat der BGH diese Frage geklärt und festgestellt, dass der Anwendungsbereich der Norm weit zu interpretieren ist.
Grundsätzlich führen die Richter aus:
"Gemäß Art. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 DS-GVO sind "personenbezogene Daten" alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen.Konkret erläutern die Robenträger dann, dass sämtliche Korrespondenz, die Daten aus dem Versicherungsschein sowie interne Vermerke und interne Kommunikation unter den Begriff fallen könnten.
Hinsichtlich der Korrespondenz:
"Auch die Schreiben der Beklagten an den Kläger unterfallen dem Auskunftsanspruch insoweit, als sie Informationen über den Kläger nach den oben genannten Kriterien enthalten. Dass die Schreiben dem Kläger bereits bekannt sind, schließt für sich genommen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nicht aus (...). In puncto Daten aus dem Versicherungsschein: "Dies spricht ebenfalls gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, das Auskunftsrecht nach Art. 15 DS-GVO beschränke sich auf Daten, die dem Betroffenen noch nicht bekannt sind. Daher sind auch etwaige Zweitschriften und Nachträge zu dem Versicherungsschein, auf die sich das Auskunftsbegehren des Klägers ausweislich des Sitzungsprotokolls mit erstreckt, nicht grundsätzlich vom datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch ausgeschlossen, soweit die darin enthaltenen personenbezogenen Daten bei der Beklagten verarbeitet werden. Dementsprechend ist auch nicht ersichtlich, warum bei der Beklagten verarbeitete Daten über Prämienzahlungen des Klägers nicht grundsätzlich Gegenstand des Auskunftsanspruchs sein sollten." Und hinsichtlich interner Vermerke und interner Kommunikation heißt es: "Interne Vermerke oder interne Kommunikation bei der Beklagten, die Informationen über den Kläger enthalten, kommen als Gegenstand des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO ebenfalls grundsätzlich in Betracht. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 3. BGH: Kein Wertersatz trotz ordnungsgemäßer Verwendung der fernabsatzrechtlichen Muster-Widerrufsbelehrung _____________________________________________________________ Auch bei ordnungsgemäßer Nutzung der fernabsatzrechtlichen Muster-Widerrufsbelehrung steht einem Unternehmen kein Wertersatz zu, wenn es gleichzeitig an anderer Stelle fehlerhafte oder irreführende Hinweise hierzu erteilt (BGH, Urt. v. 20.05.2021 - Az.: III ZR 126/19). Die Klägerin war Verbraucherin und hatte bei der Beklagten, einer Online-Partnervermittlung, einen kostenpflichtigen Vertrag abgeschlossen. Laufzeit des Kontraktes waren 12 Monate zu einem Gesamtpreis iHv. 269,40 EUR. Noch vor dem Ende der Widerrufsfrist forderte die Klägerin die Beklagte auf, mit ihren Leistungen zu beginnen. Die Beklagte belehrte die Klägerin ordnungsgemäß nach der fernabsatzrechtlichen Musterwiderrufsbelehrung. Unter einem Link "Hinweise zum Wertersatz" war zudem ausgeführt, dass das Unternehmen den Wertersatz nach näher erläuterten Bedingungen berechne. Wenige Zeit später widerrief die Klägerin den Vertrag und verlangte die Rückzahlung des gezahlten Gesamtpreises. Die Beklagte berief sich jedoch auf Wertersatz und zahlte von den 269,40 EUR nur einen geringen Teilbetrag (51,40 EUR) zurück. Daraufhin die Kunden Leistungsklage auf Rückzahlung des einbehaltenen Geldes. Zu Recht wie der BGH nun entschied.
Zwar sei die amtliche Muster-Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß benutzt worden. Jedoch stünde dem Unternehmen gleichwohl kein Wertersatz zu, da es gleichzeitig fehlerhafte bzw. irreführende Hinweise erteilt habe:
"Die von der Beklagten verwendete Wertersatzklausel ist unwirksam, denn von den Regelungen zum Widerrufsrecht kann gemäß § 361 Abs. 2 BGB nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Dabei ist es unerheblich, dass - wie das Berufungsgericht meint - die Klausel sich auch zugunsten des Verbrauchers auswirken könnte. Maßgeblich ist, ob sie abstrakt eine Schlechterstellung des Verbrauchers ermöglicht (...) beziehungsweise ob sie sich im konkreten Fall nachteilig für den Verbraucher auswirkt (....). Unerheblich sei auch, dass die Klausel nicht direkt in der Widerrufsbelehrung enthalten waren: "Dabei ist es (...) unerheblich, dass die Klausel nicht in der verwendeten Muster-Widerrufsbelehrung selbst enthalten war und diese mit dem Zusatz "Ende der Widerrufsbelehrung" abschloss. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 4. BVerwG: Bundesnachrichtendienst muss Presse Auskünfte zu sog. Kennenlernterminen erteilen _____________________________________________________________ Journalisten können auf der Grundlage des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs der Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verlangen, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) mitteilt, welche Medienvertreter aus Anlass sog. Kennenlerntermine Zugang zu seiner Liegenschaft in Berlin erhalten haben. Demgegenüber muss der BND nicht die Namen der Medienvertreter und der von ihnen vertretenen Medien nennen, mit denen er auf deren Initiative Einzelgespräche geführt hat. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. Der Kläger ist Journalist und Redakteur einer Tageszeitung. Er bat den BND um Auskunft, welchen Medienvertretern dieser Zugang zu seiner Liegenschaft in Berlin gewährt und mit welchen dieser im Jahr 2019 vertrauliche Einzelgespräche geführt hat. Ziel des Auskunftsbegehrens ist, Informationen über die Pressearbeit des BND und insbesondere über die Praxis der Einzelgespräche zu erhalten. Der BND hat vorprozessual nur einen Teil der Fragen beantwortet. Während des Klageverfahrens hat er weitere Fragen beantwortet und unter anderem mitgeteilt, dass seit Anfang 2019 bis zur Auskunftserteilung 44 Medienvertreter um Einzelgespräche nachgesucht haben und 51 Einzelgespräche geführt worden sind. Mit seiner Klage hat der Kläger Auskunft begehrt, welchen Medienvertretern und welchen von ihnen vertretenen Medien der BND seit dem 4. Juni 2019 an welchem Tag aus welchem Anlass Zugang zu seiner Liegenschaft in Berlin gewährt hat und welche weiteren schriftlichen Informationen dem BND zu dem jeweiligen Termin vorliegen. Zudem hat er wissen wollen, mit welchen Medienvertretern der BND an welchem Tag ein Einzelgespräch geführt hat und welche Medien diese vertreten haben. Die Klage, über die das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz zu entscheiden hat, hat teilweise Erfolg gehabt. Hinsichtlich des ersten Auskunftsbegehrens hat der BND während des Klageverfahrens mitgeteilt, dass er Medienvertretern Zugang zu seiner Liegenschaft nur aus Anlass von sog. Kennenlernterminen gewährt hat. Insoweit hat der BND den Auskunftsanspruch erfüllt und die Klage war abzuweisen. Demgegenüber hatte die Klage insoweit Erfolg, als der BND darüber Auskunft zu erteilen hat, welchen Medienvertretern er an welchem Tag zum Zwecke des Kennenlernens Zugang zu seiner Liegenschaft in Berlin gewährt hat. Dem Auskunftsinteresse stehen schutzwürdige private Interessen der betroffenen Journalisten und der von ihnen vertretenen Medien nicht entgegen. Der Nennung ihrer Namen kann der BND nicht das Recherche- und Redaktionsgeheimnis entgegenhalten, weil die begehrten Auskünfte keinen Bezug zu einer konkreten Recherche erkennen lassen und daher keine Gefahr besteht, dass durch die Auskünfte über die Kennenlerntermine konkrete Recherchetätigkeiten aufgedeckt werden. Ebenso wenig steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Medienvertreter entgegen, da die Auskunft deren auf Öffentlichkeit angelegte berufliche Sphäre betrifft. Soweit der Kläger weitere Auskünfte zu den Einzelgesprächen begehrt hat, ist die Klage erfolglos geblieben. Sollten die Namen der Medienvertreter und der von ihnen vertretenen Medien sowie das Datum der Einzelgespräche bekannt werden, bestünde die Gefahr, dass diese Informationen Rückschlüsse auf die konkreten Recherchetätigkeiten zulassen. Diese Informationen können unter Berücksichtigung des zeitlichen Rahmens, auf den sich das Auskunftsbegehren bezieht, und unter Einbeziehung von Veröffentlichungen der jeweiligen Medienvertreter Anhaltspunkte zu deren konkreten Recherchethemen geben. Dies stellt einen Eingriff in das durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Recherche- und Redaktionsgeheimnis der betroffenen Medienvertreter und Medien dar mit der Folge, dass das ebenfalls auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG beruhende Auskunftsinteresse des Klägers im Rahmen der gebotenen Abwägung der widerstreitenden Interessen nicht überwiegt. BVerwG 6 A 10.20 - Urteil vom 08. Juli 2021
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 08.07.2021
Die Staatsanwaltschaft verlangte vom Webhoster die Herausgabe der auf dem Server gespeicherten Daten, da sie in einem Strafverfahren ermittelte. Sie stützte dabei ihre Befugnisse auf das Recht zur Online-Durchsuchung nach § 100b StPO. Dies lehnten die Stuttgarter Richter ab.
§ 100b StPO berechtigte die Behörden, heimlich auf die IT-Systemen des Betroffenen zuzugreifen und dort Daten zu speichern. Die Norm verpflichtete jedoch nicht zu einer aktiven Mitwirkungshandlung des einzelnen Webhosters:
"§ 100b StPO regelt den verdeckten Zugriff der Ermittlungsbehörden auf ein vom Beschuldigten genutztes informationstechnisches System mit technischen Mitteln und sieht keine heimlich auszuübende Mitwirkungsverpflichtung eines Dritten vor. (...) Und weiter: "Für nicht zulässig hält es der Senat allerdings, im Wege eines Erst-Recht-Schlusses - wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Beschwerde argumentiert - die Verpflichtung eines Dritten zur Mitwirkung als vermeintlich milderes Mittel gegenüber einer technischen Infiltration auf Grundlage von § 100b StPO anzuordnen; hierin ist kein Minus, sondern vielmehr ein Aliud zu sehen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 6. LG Bamberg: Irreführende Nährwertangaben durch bloße Sternchen-Angaben bei Quarkriegel _____________________________________________________________ Nährwertangaben auf Lebensmitteln müssen klar und verständlich sein. Hierfür reicht es nicht aus, wenn auf einem Produkt die Angabe "[Protein 8,8 g*]" abgedruckt ist, der Sternchenhinweis auf der Verpackung jedoch nicht näher erläutert wird (LG Bamberg, Urt. v. 04.05.2021 - Az.: 13 O 370/20).
Die Beklagte, ein bekannter Lebensmittel-Discounter, vertrieb einen Quarkriegel, auf dem die Angabe
"[Protein 8,8 g*]" abgedruckt war. Auf dem Produkt selbst fanden sich aber keine weitergehenden Informationen. Dies stufte das LG Bamberg als irreführend ein. Grundsätzlich müssten nach den bestehenden gesetzlichen Regelungen derartige Informationen klar und unmissverständlich sein.
Dies sei hier nicht der Fall:
"Der Sternchen-Hinweis wird unstreitig auf dem Produkt nicht aufgeklärt. Es findet sich kein Hinweis darauf, ob die Angabe Protein 8,8 g sich auf eine Portion (mit welcher Größe?) oder auf einen Referenzwert (mit welchem Basiswert?) bezieht. Es ist auch dem mündigen Verbraucher nicht zuzumuten, sich über die angegebene Nährwerttabelle diesen Wert zu erschließen. (...) zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. VG Frankfurt a.M.: BaFin durfte Flatex Negativzinsen nicht untersagen _____________________________________________________________ Die für Verfahren nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz zuständige 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 24.06.2021 eine Untersagungsverfügung der BaFin aufgehoben. Die BaFin hatte gestützt auf § 4 Abs. 1 a S. 2 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes (FinDAG) der Klägerin – einer Bank, deren geschäftlicher Schwerpunkt auf der Vermittlung von Wertpapiergeschäften als „online-Broker“ liegt, untersagt, Negativzinsen auf „Cash-Konten“ bei ihren Bestandkunden zu erheben. Die Geschäfte werden so abgewickelt, dass die Kunden zunächst auf für sie von der Klägerin eingerichteten Geld- bzw. „Cash“ Konten Gelder zu dem Zweck der Wertpapierkäufe einzahlen. Im Fall von Wertpapierverkäufen wird der Erlös durch die Klägerin auf das Cash-Konto gebucht. Anderweitiger Zahlungsverkehr findet über diese Konten nicht statt. Die Klägerin teilte im März 2017 ihren etwa 180.000 Bestandskunden mit, dass sie sich gezwungen sehe, ab dem 15.03.2017 Negativzinsen von derzeit 0,4 % p.a. zu berechnen. Daraufhin erließ die Beklagte die hier angefochtene Verfügung. Sie stützt diese auf die Vorschrift des § 4 Abs. 1 a S. 2 FinDAG. Danach wird sie ermächtigt, Anordnungen zu treffen, die geeignet und erforderlich sind, um verbraucherschutzrelevante Missstände zu beseitigen, wenn eine generelle Klärung im Interesse des Verbraucherschutzes geboten erscheint. Die gegen diese Verfügung erhobene Klage war nun erfolgreich. Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.06.2021 hat die für das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz zuständige 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Das Gericht hat zu dem durch Art. 1 Nr. 1 des Kleinanlegerschutzgesetzes vom 03.07.2015 ins Gesetz aufgenommenen § 4 Abs. 1 a FinDAG festgestellt, dass diese Norm der BaFin eine eigenständige Befugnis gebe, um Belange des Verbraucherschutzes aufsichtsrechtlich durchzusetzen. Die Kammer hat jedoch die zwingende gesetzliche Voraussetzung für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten, dass nämlich eine generelle Klärung durch sie im Sinne des Verbraucherschutzes geboten erscheinen muss, verneint. Die den Handlungsbereich der BaFin einschränkende Regelung des § 4 Abs. 1a S.2 FinDAG werde nicht allein durch die Feststellung eines Missstandes erfüllt. Das Gericht geht davon aus, dass verbraucherschutzrelevante Fragen traditionsgemäß vorrangig vor den Zivilgerichten im ordentlichen Rechtsweg abgehandelt werden, und die Beklagte nur dann aufsichtsrechtlich agieren darf, wenn gerade eine generelle Klärung durch die BaFin geboten erscheine. Dies sei nur dann anzunehmen, wenn nicht schon im ordentlichen Rechtsweg den Belangen des Verbraucherschutzes in hinreichender Weise genüge getan werde. Da im vorliegenden Fall bereits mehrere Verfahren im Hinblick auf die Erhebung von Negativzinsen und die Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Banken und Sparkassen vor den Obergerichten und dem Bundesgerichtshof anhängig waren und sich der Bundesgerichtshof darüber hinaus im April 2021 in mehreren Entscheidungen zur Wirksamkeit der Änderungen der AGB der Banken und Sparkassen geäußert hat, sei ein aufsichtsbehördliches Handeln der Beklagte nicht mehr geboten gewesen. Der Gesetzgeber habe in der Begründung zu § 4 Abs. 1 a FinDAG zum Ausdruck gebracht, dass verbraucherschutzrelevante Umstände zunächst vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit aufgrund ihrer Sachnähe abzuhandeln seien und ein Einschreiten der Beklagten nur subsidiär sei. Erst dann, wenn aufgrund vorangegangener höchstrichterlicher Entscheidungen zur Frage der Wirksamkeit vertraglicher Änderungen bei der Festlegung von Negativzinsen auf der Grundlage der AGB der Banken und Sparkassen die einzelnen Banken den Handlungspflichten nicht nachkämen, könne darin ein Missstand im Sinne des § 4 Abs. 1 a S. 2, S. 3 FinDAG vorliegen, der eine generelle Klärung durch die BaFin geboten erscheinen lasse. Dies konnte im vorliegenden Fall jedoch nicht angenommen werden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung in diesem Verfahren zugelassen.
Quelle: Pressemitteilung des VG Frankfurt a.M. v. 06.07.2021
In einer Entscheidung über eine Entschädigungsklage musste sich das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (22. Juni 2021 - 3 Sa 37 öD/21) nun damit auseinandersetzen, ob eine solche Schreibweise Menschen mit nicht binärer Geschlechteridentität benachteiligt. Das Landesarbeitsgericht hat dies verneint.
Eine Gebietskörperschaft hatte mehrere Stellen für Diplom-Sozialpädagog*innen, Diplom-Sozialarbeiter*innen, Diplom-Heilpädagog*innen ausgeschrieben, u. a. mit den Sätzen:
„Näheres entnehmen Sie bitte dem nachstehenden Anforderungsprofil einer Fachkraft (m/w/d).“ sowie: „Schwerbehinderte Bewerber*innen werden bei entsprechender Eignung bevorzugt berücksichtigt.“ Die zweigeschlechtlich geborene schwerbehinderte klagende Partei bewarb sich und erhielt eine Absage. Mit ihrer Klage machte sie Entschädigungsansprüche nach dem AGG geltend. Sie sei u.a. wegen des Geschlechts diskriminiert worden, da das seitens der beklagten Gebietskörperschaft genutzte Gendersternchen bei der Formulierung „Schwerbehinderte Bewerber*innen“ entgegen den Vorgaben des SGB IX nicht geschlechtsneutral sei. Das Arbeitsgericht Elmshorn (Urteil vom 17. November 2020 – 4 Ca 47 a/20) hat der klagenden Partei aus anderen Gründen eine Entschädigung in Höhe von EUR 2.000,00 zugesprochen. Diese hat für die Berufungsinstanz Prozesskostenhilfe beantragt mit der Begründung, die Entschädigung müsse aufgrund der diskriminierenden Verwendung des Gendersternchens mindestens EUR 4.000,00 betragen. Das Landesarbeitsgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Die Verwendung des Gendersternchens in einer Stellenausschreibung diskriminiert mehrgeschlechtlich geborene Menschen nicht. Das Gendersternchen dient einer geschlechtersensiblen und diskriminierungsfreien Sprache und ist auf eine Empfehlung der Antidiskriminierungsstelle der Bundesregierung zurückzuführen. Ziel der Verwendung ist es, nicht nur Frauen und Männer in der Sprache gleich sichtbar zu machen, sondern auch alle anderen Geschlechter zu symbolisieren und der sprachlichen Gleichbehandlung aller Geschlechter zu dienen. Ob das Gendersternchen den offiziellen deutschen Rechtschreibregeln entspricht, kann dahingestellt bleiben. Dass geschlechtsneutral ausgeschrieben werden sollte, wird im Übrigen auch durch den sich im Ausschreibungstext befindlichen Zusatz „m/w/d“ deutlich. Damit hat auch die Verwendung des Begriffs „Bewerber*innen“ statt „Menschen“ keinen diskriminierenden Charakter. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen worden. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des LAG Kiel v. 06.07.2021
Im Rahmen einer arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung stritten die Parteien um einen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO.
Das Gericht stellt klar, dass der einzelne Betroffene einen Anspruch darauf hat, die gespeicherten Daten in Kopie zu erhalten:
"Auszugehen ist bei der Auslegung von Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO zunächst davon, dass der Normzweck in der Transparenz und der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung der Daten liegt (...). Der Umfang der anzugebenden Inhalte sei weit auszulegen. Es seien auch keine besonderen Voraussetzungen notwendig: "Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen in seiner Entscheidung vom 9. Juni 2020 (Az: 9 Sa 608/19) beschränkt sich der Auskunfts- und Zurverfügungstellungsanspruch des Arbeitnehmers nicht nur auf solche Dokumente, die der Arbeitnehmer im Prozess konkretisiert hat. Ebenso wenig muss der Arbeitnehmer zur Schlüssigkeit seiner Anträge darlegen, ob und gegebenenfalls welche Dokumente über vom Verantwortlichen verarbeitete Daten seiner Person er bereits von diesem erhalten hat. Anmerkung von RA Dr. Bahr: Erst vor kurzem hat der BGH in einer Grundlagen-Entscheidung (Urt. v. 15.06.2021 - Az.: VI ZR 576/19) klargestellt, dass der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch extrem weit zu verstehen ist, vgl. dazu unsere News v. 07.07.2021.
So falle nicht nur jede Korrespondenz hierunter, sondern auch interne Vermerke oder eine sonstige Kommunikation.
Die Klägerin wehrte sich gegen die Speicherung einer Restschuldbefreiung durch die SCHUFA. Als ihr Löschbegehren bei dem Unternehmen keinen Erfolg hatte, wandte sie sich an die hessische Datenschutzbehörde. Dort wurde ihr mitgeteilt, dass die bisherige Speicherungspraxis zulässig sei, denn sie diene dem Schutz des Wirtschaftsverkehrs und sei seit vielen Jahren etabliert. Nach den freiwilligen Verhaltensregelungen (Code of Conduct der Wirtschaftsauskunfteien) verpflichteten sich die Auskunfteien, personenbezogene Daten drei Jahre nach Erledigung des gespeicherten Ereignisses zu löschen, so die Behörde. Erfolge gegen die zugelassene Datenverarbeitung ein Widerspruch, müssten besondere Gründe gegen eine Fortgeltung der Datenverarbeitung sprechen. Danach müsse eine zusätzliche Interessenabwägung ergeben, dass ausgerechnet in diesem Fall eine Datenverarbeitung ausnahmsweise unzulässig sei. Gegen diesen Bescheid der Aufsichtsbehörde wehrte sich die Klägerin nun erfolgreich vor Gericht. Das VG Wiesbaden verpflichtete die Aufsichtsbehörde, die Angelegenheit zu überprüfen und neu zu bescheiden.
Denn die Datenschützer hätten sich nicht hinreichend konkret mit den Interessen der Klägerin auseinandergesetzt, sondern nur ganz allgemein abgewogen:
"Dies setzt nicht nur ein Auseinandersetzen mit dem Vortrag der Klägerin voraus, sondern auch eine rechtliche Bewertung, welche der DSGVO Geltung verschafft. Und weiter: "Soweit sich die Beigeladene und der Verband der Wirtschaftsauskunfteien e.V. - auch mit Zustimmung des Beklagten - pauschal auf Löschfristen für sog. „Standardverfahren“ geeinigt haben, so mag es im Lichte von Art. 5 Abs. 1 lit. a) (Treu und Glauben), b) (legitime Zwecke) und e) (Speicherbegrenzung) DS-GVO noch angehen, die hier getroffenen Regelungen zunächst als Basis zu nehmen. Das Gericht kritisiert insbesondere das behördliche Verhalten, dass keine individuelle Prüfung stattgefunden habe: "Soweit der Beklagte in seinem Bescheid vom 12.02.2021 ausführt, dass es nach der DSGVO keine Löschfristen gebe und sich daher die Auskunfteien „freiwillige Verhaltensregeln“ gegeben hätten, wonach personenbezogene Daten drei Jahre nach Erledigung des gespeicherten Ereignisses zu löschen seien, fehlt von Seiten des Beklagten jegliches Eingehen auf die Vorgaben und die Intention der DSGVO. zurück zur Übersicht |