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Newsletter vom 14.09.2016
Betreff: Rechts-Newsletter 37. KW / 2016: Kanzlei Dr. Bahr


anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 37. KW im Jahre 2016. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Schwerpunkten Recht der Neuen Medien, Glücksspiel- / Gewinnspielrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Datenschutzrecht, Presserecht und Wirtschaftsrecht.

Die Kanzlei Dr. Bahr wünscht Ihnen wie immer angenehmes Lesen. Kontaktieren Sie uns einfach, falls Sie Fragen oder Anregungen haben: http://www.Dr-Bahr.com/kontakt.html


1. EuGH: Verlinkung auf Webseite mit urheberrechtswidrigen Inhalten kann Rechtsverstoß sein

2. EuGH: Der Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software stellt keine Wettbewerbsverletzung dar

3. OLG Frankfurt a.M.: Unternehmenskennzeichen "KI" ausreichend unterscheidungskräftig

4. OLG Hamburg: Irreführende Google-AdWord-Werbung mit "Das neue Samsung S6 ab 1,- €"

5. OLG Karlsruhe: Keine Wohnungsdurchsuchung, um Spam-Mails an Polizei zu verhindern

6. LG Amberg: Werbung mit "Himbeer-Rhabarber-Getränk" irreführend, wenn Fruchtanteil lediglich bei 0,01%

7. LG Bochum: Wettbewerbswidrige Online-Werbung mit einem "Bisher"-Preis

8. LG Hamburg: Google Play-Store muss keine Glücksspiel-App freischalten

9. LG Hamburg: Löschungspflicht bei rechtswidrigen Online-Einträgen auf Seiten Dritter

10. LG Hamburg: Mobile Google-Bildersuchmaschine verletzt nicht das Urheberrecht

Die einzelnen News:

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1. EuGH: Verlinkung auf Webseite mit urheberrechtswidrigen Inhalten kann Rechtsverstoß sein
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Das Setzen eines Hyperlinks auf eine Website zu urheberrechtlich geschützten Werken, die ohne Erlaubnis des Urhebers auf einer anderen Website veröffentlicht wurden, stellt keine „öffentliche Wiedergabe“ dar, wenn dies ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke geschieht

Werden diese Hyperlinks dagegen mit Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt, ist die Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung auf der anderen Website zu vermuten.

GS Media betreibt die Website GeenStijl, die, wie es dort heißt, „Nachrichten, Skandalenthüllungen und journalistische Recherche mit lockeren Themen und angenehm verrücktem Unsinn“ anbietet und zu den zehn meistbesuchten Nachrichten-Websites der Niederlande gehört. Im Jahr 2011 veröffentlichte GS Media dort einen Artikel und einen Hyperlink zu einer australischen Website, auf der Fotos von Frau Dekker zugänglich waren. Die Fotos waren auf dieser australischen Website ohne Genehmigung von Sanoma, der Verlegerin der Monatszeitschrift Playboy und Inhaberin der Urheberrechte an den Fotos, veröffentlicht worden.

Trotz entsprechender Aufforderungen von Sanoma weigerte sich GS Media, den Hyperlink zu entfernen. Als die Fotos auf Verlangen von Sanoma sodann auf der australischen Website entfernt wurden, wurde auf der Website GeenStijl ein neuer Artikel veröffentlicht, der wieder einen Hyperlink enthielt, und zwar zu einer anderen Website, auf der die Fotos ebenfalls zu sehen waren. Auch dort wurden die Fotos schließlich auf Verlangen von Sanoma entfernt. Die Internetnutzer, die das Forum von GeenStijl besuchten, setzten daraufhin neue Hyperlinks zu anderen Websites mit den Fotos.

Sanoma wirft GS Media eine Urheberrechtsverletzung vor. In einem Kassationsverfahren hat der Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) dem Gerichtshof eine Frage hierzu zur Vorabentscheidung vorgelegt. Gemäß einer Unionsrichtlinie1  muss nämlich jede Handlung  der  öffentlichen  Wiedergabe  eines  Werks  von  dem  Urheberrechtsinhaber  erlaubt werden. Der Hoge Raad weist darauf hin, dass im Internet gleichwohl sehr viele Werke zu finden seien, die ohne Zustimmung des Rechtsinhabers veröffentlicht worden seien. Er gibt zu bedenken, dass es für den Betreiber einer Website nicht immer einfach sein dürfte, zu überprüfen, ob der Urheber seine Erlaubnis erteilt habe.

In seinem heutigen Urteil betont der Gerichtshof, dass die Mitgliedstaaten nach der genannten Richtlinie sicherzustellen haben, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die öffentliche Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten. Gleichzeitig soll diese Richtlinie einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Urheberrechtsinhaber einerseits und dem Schutz der Interessen und Grundrechte der Nutzer von Schutzgegenständen, insbesondere ihrer  Freiheit  der  Meinungsäußerung  und  Informationsfreiheit,  sowie  dem  Gemeinwohl andererseits sichern.

Der Gerichtshof erinnert in diesem Zusammenhang an seine frühere Rechtsprechung, nach der der Begriff „öffentliche Wiedergabe“ eine individuelle Beurteilung erfordert, in deren Rahmen eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen sind. Zu diesen Kriterien gehört erstens die Vorsätzlichkeit des Handelns. Daher nimmt der Nutzer eine Wiedergabe vor, wenn er in voller Kenntnis  der  Folgen  seines  Verhaltens  tätig  wird,  um  seinen  Kunden  Zugang  zu  einem geschützten Werk zu verschaffen. Zweitens bedeutet „Öffentlichkeit“ begrifflich eine unbestimmte Zahl potenzieller Leistungsempfänger und muss aus recht vielen Personen bestehen. Drittens ist auch erheblich, ob eine öffentliche Wiedergabe Erwerbszwecken dient.

Der Gerichtshof hebt hervor, dass seine bisherige Rechtsprechung2 nur das Setzen von Hyperlinks zu Werken betraf, die auf einer anderen Website mit Erlaubnis des Inhabers frei zugänglich waren. Aus dieser Rechtsprechung kann daher nicht abgeleitet werden, dass das Setzen solcher Hyperlinks grundsätzlich nicht unter den Begriff „öffentliche Wiedergabe“ fällt, selbst wenn die fraglichen Werke auf einer anderen Website ohne Erlaubnis des Inhabers veröffentlicht wurden.

Hinsichtlich des letzteren Falls ist zu beachten, dass das Internet für die Freiheit der Meinungsäußerung  und  die  Informationsfreiheit  von  besonderer  Bedeutung  ist  und  dass Hyperlinks zu seinem guten Funktionieren und dem Meinungs- und Informationsaustausch beitragen. Überdies kann es sich insbesondere für Einzelpersonen, die solche Links setzen wollen, tatsächlich als schwierig erweisen, zu überprüfen, ob es sich um geschützte Werke handelt, und gegebenenfalls, ob die Inhaber der Urheberrechte an diesen Werken deren Veröffentlichung im Internet erlaubt haben.

Zum Zweck der individuellen Beurteilung, ob eine „öffentliche Wiedergabe“ vorliegt, muss daher, wenn das Setzen eines Hyperlinks zu einem auf einer anderen Website frei zugänglichen Werk von  jemandem  vorgenommen  wird,  der  dabei  keine  Gewinnerzielungsabsicht  verfolgt, berücksichtigt werden, dass der Betreffende nicht weiß und vernünftigerweise nicht wissen kann, dass dieses Werk im Internet ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers veröffentlicht wurde. Der Betreffende handelt nämlich im Allgemeinen nicht in voller Kenntnis der Folgen seines Tuns, um Kunden Zugang zu einem rechtswidrig im Internet veröffentlichten Werk zu verschaffen.

Ist dagegen erwiesen, dass der Betreffende wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm gesetzte Hyperlink Zugang zu einem unbefugt im Internet veröffentlichten Werk verschafft – weil er beispielsweise von dem Urheberrechtsinhaber darauf hingewiesen wurde –, so stellt die Bereitstellung dieses Links eine „öffentliche Wiedergabe“ dar. Ebenso verhält es sich, wenn es der Link den Nutzern ermöglicht, beschränkende Maßnahmen zu umgehen, die auf der das geschützte Werk enthaltenden Website getroffen wurden, um den Zugang der Öffentlichkeit allein auf ihre Abonnenten zu beschränken.

Des  Weiteren   kann,   wenn   Hyperlinks   mit   Gewinnerzielungsabsicht   gesetzt   werden,   von demjenigen, der sie gesetzt hat, erwartet werden, dass er die erforderlichen Nachprüfungen vornimmt, um sich zu vergewissern, dass das betroffene Werk nicht unbefugt veröffentlicht wurde. Deshalb ist zu vermuten, dass ein Setzen von Hyperlinks, das mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt, in voller Kenntnis der Geschütztheit des Werks und der etwaig fehlenden Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers zu seiner Veröffentlichung im Internet vorgenommen wurde. Unter solchen Umständen stellt daher, sofern diese Vermutung nicht entkräftet wird, die Handlung, die im Setzen eines Hyperlinks zu einem unbefugt im Internet veröffentlichten Werk besteht, eine „öffentliche Wiedergabe“ dar.

Im vorliegenden Fall steht fest, dass GS Media die Hyperlinks zu den Dateien mit den Fotos zu Erwerbszwecken bereitgestellt hat und dass Sanoma die Veröffentlichung dieser Fotos im Internet nicht erlaubt hatte. Darüber hinaus scheint sich der Fall seiner Darstellung in der Entscheidung des Hoge Raad nach so zu verhalten, dass sich GS Media der Rechtswidrigkeit dieser Veröffentlichung bewusst war und deshalb die Vermutung, dass das Setzen der Links in voller Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung erfolgte, nicht widerlegen könnte. GS Media hat daher – vorbehaltlich der vom Hoge Raad vorzunehmenden Überprüfung – mit dem Setzen dieser Links eine „öffentliche Wiedergabe“ vorgenommen.

Urteil in der Rechtssache C-160/15
GS Media BV / Sanoma Media Netherlands BV, Playboy Enterprises International Inc., Britt Geertruida Dekker

Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 08.09.2016

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2. EuGH: Der Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software stellt keine Wettbewerbsverletzung dar
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Der Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software stellt an sich keine unlautere Geschäftspraxis dar

Ferner ist das Fehlen einer Preisangabe für die einzelnen vorinstallierten Programme keine irreführende Geschäftspraxis

Im Jahr 2008 kaufte Herr Vincent Deroo-Blanquart in Frankreich einen Laptop der Marke Sony mit vorinstallierter Software (Betriebssystem Microsoft Windows Vista und verschiedene Softwareanwendungen). Bei der ersten Nutzung dieses Computers lehnte Herr Deroo-Blanquart es ab, den „Endbenutzer-Lizenzvertrag“ (EULA) des Betriebssystems zu unterzeichnen, und verlangte von Sony die Erstattung des den Kosten der vorinstallierten Software entsprechenden Teils des Kaufpreises. Sony lehnte dies ab, schlug Herrn Deroo-Blanquart aber vor, den Verkauf für ungültig zu erklären und ihm den vollständigen Kaufpreis, d. h. 549 Euro, gegen Rückgabe der gekauften Ware zu erstatten.

Herr Deroo-Blanquart lehnte dieses Angebot ab und verklagte Sony auf Zahlung einer pauschalen Entschädigung für die vorinstallierte Software in Höhe von 450 Euro sowie von Schadensersatz wegen unlauterer Geschäftspraktiken in Höhe von 2 500 Euro. Nach einer Unionsrichtlinie sind unlautere Geschäftspraktiken, die das wirtschaftliche Verhalten der Verbraucher ändern und den Erfordernissen der beruflichen Sorgfaltspflicht widersprechen, wie insbesondere irreführende und aggressive Geschäftspraktiken, verboten.

Der französische Kassationsgerichtshof, bei dem diese Klage anhängig ist, möchte vom Gerichtshof zum einen wissen, ob eine Geschäftspraxis, die im Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software besteht, ohne dass der Verbraucher die Möglichkeit hat, dasselbe Computermodell ohne vorinstallierte Software zu beziehen, eine unlautere Geschäftspraxis darstellt, und zum anderen, ob im Rahmen eines Kopplungsangebots in Form des Verkaufs eines Computers mit vorinstallierter Software das Fehlen einer Preisangabe für die einzelnen Programme eine irreführende Geschäftspraxis darstellt.

In seinem heutigen Urteil beantwortet der Gerichtshof die erste Frage dahin, dass der Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software an sich keine unlautere Geschäftspraxis im Sinne der Richtlinie 2005/29 darstellt, wenn ein solches Angebot nicht den Erfordernissen der beruflichen Sorgfaltspflicht widerspricht und das wirtschaftliche Verhalten der Verbraucher nicht beeinflusst. Es ist Sache des nationalen Gerichts, dies unter Berücksichtigung der konkreten Umstände der Rechtssache zu beurteilen.

So weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass der Verkauf derartiger bereits ausgestatteter Computer geeignet ist, den Erfordernissen der beruflichen Sorgfaltspflicht zu entsprechen, da erstens der Verkauf von Computern mit vorinstallierter Software durch Sony die Erwartungen eines wesentlichen Teils der Verbraucher erfüllt, die den Erwerb eines so ausgestatteten und sofort nutzbaren Computers dem getrennten Kauf von Computer und Software vorziehen, zweitens Herr Deroo-Blanquart von dem Sony-Händler vor dem Computerkauf über die vorinstallierte Software und die genauen Merkmale dieser einzelnen Anwendungen gebührend informiert wurde und drittens Sony Herrn Deroo-Blanquart nach dem Kauf bei der ersten Nutzung des Computers die Möglichkeit gegeben hat, den EULA zu unterzeichnen oder den Kauf zu widerrufen. Es ist wiederum Sache des nationalen Gerichts, dies zu prüfen.

Der Gerichtshof stellt fest, dass die vor Abschluss eines Vertrags über dessen Bedingungen und die Folgen des Vertragsschlusses übermittelten Informationen für die Verbraucher von grundlegender Bedeutung sind. Das nationale Gericht hat zu klären, ob die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, spürbar beeinträchtigt wurde, wenn er vor dem Kauf informiert wurde, dass das Computermodell nicht ohne vorinstallierte Software vertrieben wird, und er sich daher frei entscheiden konnte, ein mit ähnlichen technischen Merkmalen ausgestattetes Computermodell einer anderen Marke zu wählen, das ohne Software verkauft wird.

Zur zweiten Frage weist der Gerichtshof darauf hin, dass eine Geschäftspraxis als irreführend gilt, wenn sie wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und ihn somit zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte.

Im Rahmen eines Kopplungsangebots, das im Verkauf eines Computers mit vorinstallierter Software besteht, hält der Gerichtshof das Fehlen einer Preisangabe für die einzelnen Programme weder für geeignet, den Verbraucher daran zu hindern, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, noch für geeignet, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Da der Preis der einzelnen Programme somit keine wesentliche Information darstellt, kann das Fehlen einer Preisangabe keine irreführende Geschäftspraxis sein.

Urteil in der Rechtssache C-310/15 Vincent Deroo-Blanquart / Sony Europe Limited

Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 07.09.2016

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3. OLG Frankfurt a.M.: Unternehmenskennzeichen "KI" ausreichend unterscheidungskräftig
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Die Buchstabenfolge "KI" ist ausreichend unterscheidungskräftig, um ein Kennzeichenschutz an der Domain "ki.de" entstehen zu lassen (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 10.0.30216 - Az.: 6 U 12/15).

Die Parteien stritten um die Domain "ki.de".

Die Klägerin benutze diese Buchstabenfolge im geschäftlichen Verkehr und habe daher ein Namensrecht an der Domain "ki.de". Die Beklagte argumentierte hingegen die Abkürzung sei nicht ausreichend unterscheidungskräftig, damit irgendeinen Schutz entstehen könne.

"KI" werde seit vielen Jahrzehnten von der Öffentlichkeit als Kurzform für "Künstliche Intelligenz" verwendet, so dass es sich um einen Allgemeinbegriff handle.

Diese Argumentation ließen die Frankfurter Richter nicht gelten. Denn nach ständiger Rechtsprechung komme ein Namensschutz nur dann nicht in Frage, wenn der Verkehr in dem Domainnamen ausschließlich eine Beschreibung des Inhalts der damit bezeichneten Webseite sehe.

Ein solches "Ausschließlichkeits"-Verständnis habe die Beklagte nicht darlegen können. Denn wie sie selbst vorgetragen habe, werde "KI" von der Allgemeinheit nicht nur als Hinweis auf "Künstliche Intelligenz" verstanden, sondern auch weitere Bedeutungen wie "Kiefer", "Kilo" oder "Kreisinspektor" seien denkbar.

Die daraus folgende Mehrdeutigkeit der Abkürzung "KI" schließe somit die Möglichkeit ein, dass "KI" auch eine nicht-beschreibende Bedeutung haben könne.

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4. OLG Hamburg: Irreführende Google-AdWord-Werbung mit "Das neue Samsung S6 ab 1,- €"
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Es ist irreführend, eine Google-Ads-Werbung mit der Aussage "Das neue Samsng S6 ab 1,- EUR" zu schalten, wenn auf der verlinkten Landing-Page des Online-Shops kein entsprechendes Angebot präsentiert wird. Es reicht nicht aus, wenn eine entsprechende Offerte an einer anderen Stelle im Online-Shop angeboten wird (OLG Hamburg, Urt. v. 25.02.2016 - Az.: 3 U 153/15).

Der Verklagte Handy-Online-Shop schaltete folgende AdWord-Anzeige:

"Samsung Galaxy S6 Flat
Das neue Samsung S6 ab 1,- €
Alle Größen und Farben verfügbar!“

Auf der Landing-Page wurde das Samsung Galaxy S6 nicht zu diesem Preis angeboten. Ein entsprechender Vorschlag befand sich jedoch an anderer Stelle im Online-Shop. Hierfür musste der Surfer jedoch das Menü auf der Webseite verwenden.

Die Hamburger Richter stuften diese Werbung als irreführend ein.

Der Verbraucher erwarte, dass er auf der Landing-Page selbst Informationen zu dem beworbenen Angebot erhalte. Die Aussage "Das neue Samsung S6 a 1,- €" erzeuge eine große Anlockwirkung, denn es handle sich und wesentliche und prägende Information für eine Kaufentscheidung.

Das vorgegebene Shop-Menü sei insoweit nicht ausreichend, so die Richter. Es lasse nicht ansatzweise erkennen, dass sich in den dahinter geschalteten Internetseiten ein Angebot für das Samsung Galaxy S6 zu einem Preis von 1,- € wiederfinde. Vielmehr bleibe es dem Nutzer überlassen, auf der Seite weiter nach dem beworbenen Angebot zu suchen. Für den Verbraucher sei dabei ungewiss, ob er überhaupt ein solches Angebot in dem Handyshop finde.

Eine solche Präsentation führe den Verbraucher in die Irre. Es liege auch eine relevante geschäftliche Entscheidung des Kunden vor, denn die Werbeanzeige sei verlinkt und führe den Interessierten direkt in den Online-Shop der Beklagten. Die Situation unterscheide sich somit nicht vom Betreten eines Ladengeschäfts im Offline-Bereich.

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5. OLG Karlsruhe: Keine Wohnungsdurchsuchung, um Spam-Mails an Polizei zu verhindern
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Nun ist es amtlich: Wer die Polizei mit Spam-Mails bombardiert, muss keine Wohnungsdurchsuchung befürchten (OLG Karlsruhe, Beschl. v. Beschluss v. 23.08.2016 - Az.: 11 W 79/16; 11 W 79/16 (Wx)).

Dem mehr als kuriosen Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Betroffene versendete im Juni 2016 fast 60 E-Mails an die Polizei. Die elektronischen Nachrichten enthielten größtenteils wirre Angaben, teilweise in Bezug auf eine Polizeibeamtin und teilweise in ausfälliger Wortwahl. 

Da die Polizei befürchtete, dass durch diese Spam-Mails andere wichtige Nachrichten nicht rechtzeitig gelesen und bearbeitet werden könnten, erfolgte eine Wohnungsdurchsuchung und Beschlagnahme der Hardware.

Hiergegen wehrte sich der Betroffene und bekam Recht.

Das OLG Karlsruhe stellt zunächst fest, dass die Polizei zu einem solchen Handeln dann befugt ist, wenn eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung vorlegt oder unmittelbar bevorsteht. 

Zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit gehöre auch der Bestand des Staates und seine Einrichtungen, insbesondere deren ungestörte Funktionsfähigkeit. Diese sei im vorliegenden Fall durch die zahlreichen Spam-Mails gestört.

Jedoch sei die erfolgte Hausdurchsuchung unverhältnismäßig, denn es werde in ein wichtiges, grundgesetzlich geschütztes Grundrecht, die Unverletzlichkeit der Wohnung, eingriffen. Die getroffene Maßnahme sei nicht angemessen, da es andere Maßnahmen gegeben hätte, die Beeinträchtigung zu beseitigen. So sei nicht nachvollziehbar, warum nicht die Absender-Adressen des Betroffene einfach auf eine Blacklist gesetzt worden seien, so dass die Nachrichten von vornherein ausgefiltert worden wären. Selbst wenn der Betroffene mehrere Mail-Absender benutzt habe, so seien diese nicht so zahlreich gewesen, dass es einen erheblichen Aufwand bedeutet hätte, alle auf die Blacklist zu setzen.

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6. LG Amberg: Werbung mit "Himbeer-Rhabarber-Getränk" irreführend, wenn Fruchtanteil lediglich bei 0,01%
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Die Bezeichnung "Himbeer-Rhabarber"-Getränk für ein Fruchtsaftgetränk, das einen entsprechenden Fruchtanteil von nur 0,01% hat, ist irreführend (LG Amberg, Urt. v. 02.08.2016 - Az.: 41 HK O 397/15).

Es ging um ein Fruchtsaftgetränk, das bei einer bundesweiten Discounter-Kette erworben werden konnte. Das Produkt wurde mit der Bezeichnung "Active Fruits, Himbeer-Rhabarber" beworben. Auf dem Etikett befanden sich, teilweise von der Beschriftung überlagert, die Abbildungen einiger Stangen Rhabarber, einiger Himbeeren und eines Apfels. Außerdem war noch der Hinweis "30 % Saftgehalt aus Frucht- und Gemüsesaftkonzentraten" abgedruckt.

Der Himbeer- und Rhabarbersaft-Anteil lag jedoch nur bei 0,01%.

Das Gericht stufte dies als irreführend ein.

Durch die Bezeichnung "Himbeer-Rhabarber" und die deutlich erkennbaren grafischen Abbildungen der Früchte auf dem Etikett gehe der Verbraucher davon aus, dass das Produkt einen deutlich Anteil an Himbeeren und Rhabarberstangen aufweise. Der Kunde erwarte nicht, dass er hier lediglich ein Getränk erhalte, bei dessen Geschmack Himbeeren und Rhabarber im Vordergrund stünde.

Dieser Eindruck werde noch durch den Hinweis "30 % Saftgehalt aus Frucht- und Gemüsesaftkonzentraten" verstärkt.

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7. LG Bochum: Wettbewerbswidrige Online-Werbung mit einem "Bisher"-Preis
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Ein Online-Händler, der mit einem bisherigen Preis ("Bisher"-Preis) wirbt, handelt wettbewerbswidrig, wenn seit der letzten Preisänderung eine Zeitspanne von mehr als 3 Monaten vergangen ist (LG Bochum, Urt. v. 24.03.2016 - Az.: I-14 O 3/16).

Die Beklagte bewarb ihre Produkte online und stellte den aktuellen Preis dem bislang verlangten ("Bisher"-Preis) gegenüber. Die Klägerin beanstandete dies als wettbewerbswidrig, weil der alte Preis bereits seit mehr als 3 Monaten nicht mehr von der Beklagten angegeben worden war.

Das LG Bochum verurteilte die Beklagte zur Unterlassung.

Die Werbung mit einem "Bisher"-Preis sei nur zulässig, wenn zwischen der Bewerbung und dem letzten Angebot keine erhebliche Zeitspanne liege. 

Der Verkehr verbinde mit einem "Bisher"-Preis einen Betrag, der bis vor kurzem für diesen Artikel gefordert worden sei. Eine genauere Eingrenzung dieser Zeitspanne sei vorliegend nicht nötig. Jedenfalls sei eine Zeitspanne von mehr als 3 Monaten zu lang.

Es liege daher eine Irreführung des Verbrauchers vor, denn dieser gehe aufgrund der Gestaltung davon aus, dass vor kurzem eine derartige Preisreduzierung stattgefunden habe.

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8. LG Hamburg: Google Play-Store muss keine Glücksspiel-App freischalten
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Der Betreiber einer Glücksspiel-App hat gegen den Google Play Store keinen Anspruch auf Freischaltung (LG Hamburg, Urt. v. 05.08.2016 - Az.: 408 HKO 54/16).

Die Klägerin wollte gerichtlich die Freigabe seiner Sport-App erzwingen, in der er  u.a. Werbung für Glücksspiele einblendete. Der Google Play Store hatte diese App in der Vergangenheit kritisiert und die Klägerin aufgefordert, diese Praxis sofort einzustellen.

Hiergegen wandte sich der App-Betreiber.

Jedoch ohne Erfolg. Das LG Hamburg wies die Klage ab.

Ob und in welchem Umfang der Play Store einzelne Inhalte erlaube oder ablehne, liege im Ermessen des Unternehmens. Es sei die originäre Entscheidung einer Firma, in welchen Bereichen sie tätig sein wolle und in welchen eben nicht.

Eine Diskriminierung bzw. eine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung sei ebenfalls nicht ersichtlich. Denn es sei nicht ausreichend vorgetragen, dass andere App-Anbieter die Glücksspiel-Werbung noch betreiben dürfe.

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9. LG Hamburg: Löschungspflicht bei rechtswidrigen Online-Einträgen auf Seiten Dritter
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Ein Unternehmen ist zur Löschung fehlerhafter Online-Einträge auf Drittseiten auch dann verpflichtet, wenn es diese falschen Inhalte selbst nicht verursacht hat (LG Hamburg, Urt. v. 26.07.2016 - Az.: 312 O 574/15).

Die Beklagte betrieb eine Zahnarztpraxis in Hamburg. Auf mehreren Online-Seiten Dritter (z.B. Jameda, Stadtbranchenbuch) wurde die Beklagte mit der Bezeichnung "Dr. med. dent." bzw. "Dr. dent." geführt, obgleich sie nicht über diesen Titel verfügte.

Diese Einträge stammten nicht von der Beklagten und waren auch nicht von ihr verursacht.

Die Klägerin forderte die Beklagte mehrfach dazu auf, die Drittseiten zu kontaktieren und für eine Korrektur der Einträge zu sorgen. Die Beklagte reagierte auf diese Schreiben jedoch nicht. Daraufhin ging die Klägerin vor Gericht.

Das LG Hamburg verurteilte die Beklagte zur Unterlassung.

Die Einträge seien objektiv fehlerhaft und somit irreführend. Die Angaben seien der Beklagten auch zuzurechnen.

Zwar stammten die Inhalte nicht von ihr. Jedoch müsse ein Unternehmer, wenn er auf rechtswidrige Einträge hingewiesen werde, aktiv werden und auf entsprechende Korrekturen bzw. Löschungen drängen. Es bestünde aus dem Grundsatz der unternehmerischen Sorgfaltspflicht eine entsprechende Verpflichtung.

Eine solche Handlungspflicht existiere nicht unbegrenzt, sondern nur in einem angemessenen und zumutbaren Umfang, so die Richter.

Insbesondere dann, wenn die Falscheinträge bei sehr bekannten Online-Portalen (hier: Jameda und Stadtbranchenbuch) vorhanden seien, sei die Werbewirkung für die Beklagte entsprechend groß. Gerade in solchen Fällen müsse die Beklagte tätig werden.

Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Das LG Hamburg "konstruiert" hier eine Handlungspflicht aus der allgemeinen unternehmerischen Sorgfaltspflicht und betritt damit insoweit Neuland.

Sicherlich war es von der Beklagten ungeschickt, gar nicht auf die außergerichtlichen Schreiben des Klägers zu reagieren. Hier wäre es vermutlich besser gewesen, darüber zu informieren, dass mit den Portalen keinerlei Geschäftsbeziehung bestand.

Den haftungsrechtlichen Bogen überspannen tut das Gericht jedoch an der Stelle, an der die Beklagte für etwas haften soll, was sie in keiner Weise unmittelbar oder mittelbar verursacht hat. Wenn man nämlich der Argumentation des Gerichts folgen würde, würde dies nichts anderes bedeuten, als dass eine generelle Handlungspflicht bestünde, rechtswidrige bzw. fehlerhafte Einträge auf Drittseiten beseitigen zu lassen. Damit würden die Grenzen zwischen aktivem Tun und pflichtwidrigem Unterlassen vollends aufgegeben werden.

Es ist ein tragendes Prinzip im deutschen Rechtssystem, dass eine Haftung grundsätzlich nur für eigenes aktives Tun eintritt. Lediglich in einigen Ausnahmefällen trifft den Unternehmer auf für Unterlassen eine Verantwortlichkeit. Solche Ausnahmefällen können sich aus Gesetz, Vertrag, Vertrauen oder vorangegangenem gefahrbegründendem Tun ergeben.

Das Gericht statuiert nun eben diesen den Ausnahmefall zur Regel: Es bestünde eine allgemeine Handlungspflicht. Damit wird aber das tragende Haftungsprinzip durchbrochen und eine generelle Verantwortung bejaht.

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10. LG Hamburg: Mobile Google-Bildersuchmaschine verletzt nicht das Urheberrecht
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Die mobile Bildersuchmaschine von Google verstößt nicht das geltende deutsche Urheberrecht (LG Hamburg, Urt. v. 03.08.2016 - Az.: 308 O 96/13).

Der Kläger war Fotograf und berief sich auf die Verletzung seiner Urheberrechte an zwei Lichtbildern durch Google. Seit 2013 bietet Google in der US-amerikanischen Version eine modifizierte Bildersuchmaschine auf mobilen Endgeräten an. In Deutschland war diese Funktion nur zeitlich begrenzt verfügbar.

Der Kläger sah durch die besondere Ausgestaltung der Suchmaschine seine Interessen verletzt. So könne sich der User die einzelnen Bilder in vergrößerter Form anschauen. Zudem müsse der Nutzer durch die Diashau-Funktion nicht mehr auf die ursprüngliche Ergebnisliste zurück, sondern könne sich sämtliche Bilder in ununterbrochener Reihenfolge anschauen. Eine solche Nutzung sei nicht mehr angemessen.

Das Gericht wies die Klage ab.

Grundsätzlich habe Google als Bildersuchmaschine das Recht, auch fremde, urheberrechtlich geschützte Werke anzuzeigen. Diese Erlaubnis erstrecke sich jedoch nur auf die übliche Nutzung als Bildersuchmaschine. Eine darüber hinausgehende Verwendung sei nicht erlaubt.

Es sei nicht ersichtlich, dass Google diese Grenzen der üblichen Nutzung überschritten habe. So sei nicht nachvollziehbar, warum dem einzelnen Urheber ein Nachteil entstehe, wenn die Diaschau-Funktion eingesetzt würde. Dieses Feature ermögliche eine komfortablere Suchmöglichkeit, führe aber nicht zwingend dazu, dass der jeweilige Rechteinhaber irgendwelche Nachteile erleide. Insbesondere habe der Kläger nicht belegen können, dass durch den Einsatz dieser neuen Funktion sich irgendwelcher Traffic für seine Webseite reduziert habe.

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