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Die einzelnen News
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1.
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BGH: Darlegungs- und Beweislast für Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DS-GVO
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Im Rahmen einer Anhörungsrüge hat der BGH grundsätzliche Ausführungen zur Darlegungs- und Beweislast bei Schadensersatzansprüchen nach Art. 82 DSGVO gemacht (BGH, Urt. v. 12.12.2023 - Az.: VI ZR 277/22). 1. Hohe Schwelle bei Darlegungslast für Schäden nach Art. 82 DSGVO: Der BGH stellt zunächst klar, dass aus seiner Sicht die Instanzgerichte keine zu hohe Schwelle bei der Darlegungslast für DSGVO-Schäden ansetzen: "a) So hat sich der Senat auch mit dem Vorbringen in der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung befasst, das Berufungsgericht sei von einer zu hohen Schwelle in Bezug auf die Darlegungslast bei immateriellen Schäden nach Art. 82 DSGVO ausgegangen, ohne sich mit dem diesbezüglichen Meinungsstreit sowie den beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hierzu anhängigen Vorabentscheidungsverfahren auseinanderzusetzen und das Berufungsverfahren gegebenenfalls auszusetzen. Die Klagepartei hat insoweit die Zulassungsgründe der Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs sowie der Rechtsfortbildung geltend gemacht und die Auffassung vertreten, der Senat müsse gegebenenfalls selbst die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegen oder das Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofs in anderen Vorabentscheidungsverfahren aussetzen. Der Senat hat das Urteil des EuGH vom 4. Mai 2023 - C-300/21 abgewartet und in seine Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde einbezogen. Nach dem genannten Urteil ist Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen, dass der bloße Verstoß gegen die Bestimmungen dieser Verordnung nicht ausreicht, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen, sondern dass darüber hinaus der Eintritt eines Schadens erforderlich ist (VersR 2023, 920 Rn. 31 ff., 42). Weiter hat der EuGH ausgeführt, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO einer nationalen Regelung oder Praxis entgegensteht, die den Ersatz eines immateriellen Schadens im Sinne dieser Bestimmung davon abhängig macht, dass der der betroffenen Person entstandene Schaden einen bestimmten Grad an Erheblichkeit erreicht hat (aaO Rn. 51). Allerdings hat der Gerichtshof auch erklärt (aaO Rn. 50), dass die Ablehnung einer Erheblichkeitsschwelle nicht bedeutet, dass eine Person, die von einem Verstoß gegen die DSGVO betroffen ist, der für sie negative Folgen gehabt hat, vom Nachweis befreit wäre, dass diese Folgen einen immateriellen Schaden im Sinne von Art. 82 dieser Verordnung darstellen. Auch wenn damit noch nicht alle Fragen geklärt sind, wie etwa die Frage, ob negative Gefühle, wie z. B. Ärger, Unmut, Unzufriedenheit, Sorgen und Ängste, bereits einen immateriellen Schaden im Sinne der Norm darstellen (vgl. Senat, Vorlagebeschluss vom 26. September 2023 - VI ZR 97/22, juris), so steht doch inzwischen fest, dass der Betroffene, der Ersatz des immateriellen Schadens verlangt, jedenfalls geltend machen (und ggf. nachweisen) muss, dass der Verstoß gegen die DSGVO negative Folgen für ihn gehabt hat, die einen immateriellen Schaden darstellen könnten. Diese negativen Folgen muss er also zumindest benennen, wie dies etwa der Kläger in dem dem Vorlagebeschluss des Senats vom 26. September 2023 - VI ZR 97/22 zugrundeliegenden Verfahren getan hat (juris Rn. 5, 33)."
2. Allgemeine Nachweispflichten des Anspruchstellers: Und weiter führt der BGH aus: "Nach diesem Maßstab war es zulassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht Vortrag der Klägerin zu negativen Folgen, die einen immateriellen Schaden darstellen könnten, in den von ihm insoweit erwähnten Schriftsatz vom 23. Februar 2022 oder in den Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2022 nicht gesehen hat. Die Klägerin hat ihre Klageerweiterung auf Schadensersatz "in angemessener Höhe, jedoch nicht unter 50.000 €", im Schriftsatz vom 23. Februar 2022 der Sache nach mit materiellen - wirtschaftlichen - Nachteilen begründet, die mit entsprechenden wirtschaftlichen Vorteilen für die Beklagten korrespondiert haben sollen und die sie mangels Kenntnis der Mails, die auf dem streitgegenständlichen E-Mail-Account eingegangen seien, nicht beziffern könne. Negative Folgen, die eventuell einen (vom EuGH noch nicht näher definierten) immateriellen Schaden begründen könnten, enthält weder der Schriftsatz vom 23. Februar 2022 noch sind sie aus dem Sitzungsprotokoll vom 25. Februar 2022 ersichtlich; jedenfalls hat die Nichtzulassungsbeschwerde nicht aufgezeigt, dass und an welcher Stelle diesbezüglicher Vortrag gehalten und vom Berufungsgericht übergangen worden sein soll. Der Vortrag zu negativen Folgen immaterieller Art erst in der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung (S. 25 f.) vermochte eine Gehörsverletzung seitens des Berufungsgerichts nicht zu begründen. b) Der Senat hat sich bei seiner Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde ferner mit deren Rügen (Gehörs- und Divergenzrüge) im Zusammenhang mit der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei Beweisvereitelung auseinandergesetzt. Dass auch insoweit eine Vorlage an den EuGH veranlasst gewesen wäre, wurde, anders als in der Anhörungsrüge behauptet, mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht geltend gemacht."
Hinweis von RA Dr. Bahr: Die Entscheidung des BGH erging wenige Tage vor den Urteilen des EuGH, wonach auch subjektive immaterielle Schäden (wie die Furcht vor Datenmissbrauch) unter Art. 82 DSGVO fallen können, vgl. Kanzlei-News vom 15.12.2023. Die Entscheidungen der europäischen Richter waren ihm daher noch nicht bekannt.
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OLG Braunschweig: Keine Entschädigung für Mobilfunk-Kunde bei Netzstörung
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Fällt allein die Mobiltelefonie aufgrund einer Netzstörung aus, hat der Kunde keinen Anspruch gegen seinen Mobilfunkanbieter auf Entschädigung. So entschied der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig und änderte damit die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Göttingen ab. Das Landgericht Göttingen hatte einen Mobilfunkanbieter verurteilt, eine Entschädigung von 2.810 Euro zu zahlen, da der Kläger mit seinem Mobiltelefon in seiner Wohnung sowie in deren unmittelbarer Nähe aufgrund einer Netzstörung rund 10 Monate nicht telefonieren konnte. Eine Entschädigung wegen des Ausfalls des Dienstes für weitere Mobilfunkverträge, die der Kläger in Kenntnis dieser Störung abgeschlossen hatte, lehnte das Gericht hingegen ab. Beide Parteien legten gegen diese Entscheidung Berufung ein. Nur die Beklagte hatte damit Erfolg. Abweichend von der Entscheidung des Landgerichts sei gerade nicht von einem „vollständigen Ausfall des Dienstes“ aus dem Mobilfunkvertrag auszugehen, entschied der zuständige Zivilsenat. Nur für diesen Fall sehe § 58 Absatz 3 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) eine Entschädigung des Mobilfunkanbieters vor. Soweit ein Mobilfunkvertrag neben der Telefonie auch weitere Leistungen beinhalte, wie beispielsweise die Übertragung von Daten und damit auch das Telefonieren über WLAN sowie das Versenden von SMS, sei mit dem geschuldeten „Dienst“ im Sinne der Vorschrift gerade nicht die jeweils einzelne Leistung gemeint. Da bei dem Kläger nur die Nutzung der Mobiltelefonie ausgefallen sei, stünde ihm deshalb keine Entschädigung zu. Bei seiner rechtlichen Bewertung stützt sich der Senat zum einen auf den Wortlaut des § 58 Absatz 3 TKG, der „den vollständigen Ausfall des Dienstes“ fordere. Diese Auslegung entspreche auch der Gesetzessystematik, da § 57 Absatz 4 Satz 1 TKG für Beeinträchtigungen vertraglicher Einzelleistungen ein Minderungsrecht vorsehe. Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 20. März 2024 (Az. 9 U 54/23) Quelle: Pressemitteilung des OLG Braunschweig v. 07.05.2024 Angewendete Vorschriften Telekommunikationsgesetz (TKG) § 58 Entstörung […] (3) Wird die Störung nicht innerhalb von zwei Kalendertagen nach Eingang der Störungsmeldung beseitigt, kann der Verbraucher ab dem Folgetag für jeden Tag des vollständigen Ausfalls des Dienstes eine Entschädigung verlangen, es sei denn, der Verbraucher hat die Störung oder ihr Fortdauern zu vertreten, oder die vollständige Unterbrechung des Dienstes beruht auf gesetzlich festgelegten Maßnahmen nach diesem Gesetz, der Verordnung (EU) 2015/2120, sicherheitsbehördlichen Anordnungen oder höherer Gewalt. Die Höhe der Entschädigung beträgt am dritten und vierten Tag 5 Euro oder 10 Prozent und ab dem fünften Tag 10 Euro oder 20 Prozent der vertraglich vereinbarten Monatsentgelte bei Verträgen mit gleichbleibendem monatlichem Entgelt, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Soweit der Verbraucher wegen der Störung eine Minderung nach § 57 Absatz 4 geltend macht, ist diese Minderung auf eine nach diesem Absatz zu zahlende Entschädigung anzurechnen. Das Recht des Verbrauchers, einen über die Entschädigung nach diesem Absatz hinausgehenden Schadensersatz zu verlangen, bleibt unberührt. Die Entschädigung ist auf einen solchen Schadensersatz anzurechnen; ein solcher Schadensersatz ist auf die Entschädigung anzurechnen.[…]
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OLG Düsseldorf: Fotos von einer Fototapete sind keine Urheberrechtsverletzung
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Gestattet ein Fotograf den Vertrieb von Fototapeten, so kann er nicht gegen die Veröffentlichung der mit der Fototapete versehenen Räumlichkeiten (hier: Hotelzimmer) im Internet vorgehen. (OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.02.2024 - Az.: I-20 U 56/23). Die klagende Fotografin hatte die Nutzung ihrer Bilder für die Herstellung von Tapeten lizenziert. Die Beklagte, ein Hotel, nutzte diese Tapeten und veröffentlichte Fotos der Zimmer zu Werbezwecken im Internet. Auf den Bildern waren auch die Fototapeten erkennbar. Die Klägerin sah hierin eine Urheberrechtsverletzung und ging dagegen vor. Ohne Erfolg, wie das OLG Düsseldorf jetzt entschied. Denn das Verhalten der Klägerin sei widersprüchlich: Sie habe den Vertrieb der Fototapete ausdrücklich erlaubt. Dann müsse sie auch damit rechnen, dass diese Werke vertragsgemäß genutzt würden: "Vorliegend lassen die Gesamtumstände die Rechtsausübung durch die Klägerin als treuwidrig erscheinen. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin wurden die auf den streitgegenständlichen Fototapeten abgebildeten Fotos mit Zustimmung ihres Geschäftsführers und CEOs Herrn X., der nach dem Vortrag der Kläger auch Urheber der Fotos ist, für die Herstellung und den Vertrieb von Fototapeten benutzt, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Als Erwerber der streitgegenständlichen Fototapeten durfte die Beklagte jedoch davon ausgehen, dass sie die Fototapeten nicht nur bestimmungsgemäß in dem von ihr betriebenen Hotel fest mit der Wand verkleben durfte, sondern auch Lichtbilder der Hotel-Räumlichkeiten, auf denen (auch) die Fototapeten zu sehen waren, anfertigen und öffentlich zugänglich machen durfte, weil dieses Vorgehen im Digitalzeitalter üblich ist. Durch das Inverkehrbringen der Fototapeten hat der vermeintliche Urheber der hierfür genutzten Fotos einen Vertrauenstatbestand geschaffen, weil die Beklagte vernünftigerweise davon ausgehen durfte, dass die nunmehr angegriffene Nutzung der Fototapete von der Einwilligung des Urhebers bzw. Rechteinhabers gedeckt sei und sich dieser auch nicht in seinen Interessen beeinträchtigt fühlen würde (vgl. Urteil des LG Stuttgart vom 25. Oktober 2022, Az. 17 O 39/22, GRUR-RS 2022, 48323)."
Und weiter: "Dies gilt jedenfalls solange der Erwerber der Fototapete keinen gegenteiligen Hinweis auf eine nur eingeschränkte Nutzung oder eine Verpflichtung zur Zahlung von Lizenzgebühren erhält und solange die Nutzung der Fototapete über eine naheliegende und nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu erwartenden Nutzung nicht hinausgeht. Diese Ausnahmen liegen jedoch nicht vor. Die Klägerin behauptet selbst nicht, bei der Vermarktung ihrer Fototapeten die Erwerber darauf hingewiesen zu haben, dass keine Befugnis zur Vervielfältigung durch Erstellen von Lichtbildern der mit der Fototapete ausgestattete Räume und deren öffentliches Zugänglichmachen besteht, obwohl dies ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen wäre. Überdies geht die angegriffene Nutzung der Fototapeten durch die Beklagte auch nicht über die übliche Nutzung hinaus, weil die Beklagte die Räumlichkeiten ihres Hotels, in denen die streitgegenständlichen Fototapeten verwendet wurden, zu naheliegenden Werbezwecken fotografiert und diese Fotos zum Vertrieb ihres Hotels verwendet hat. Die Fototapeten standen – ihrem Wesen entsprechend – dabei nicht im Mittelpunkt der Lichtbilder, und sie sind überdies klar als solche zu erkennen. Hätte die Beklagte darum gewusst, dass die Klägerin in der Vervielfältigung durch Erstellen von Lichtbildern der mit der Fototapete ausgestatteten Räume und deren öffentliches Zugänglichmachen eine Urheberrechtsverletzung erblickt und sich zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in einer den Kaufpreis der Fototapete um ein Vielfaches übersteigenden Höhe berechtigt sieht, so ist anzunehmen, dass sie die Fototapete niemals erworben hätte. Zu dem insoweit geschaffenen Vertrauenstatbestand setzt sich die Klägerin in Widerspruch, wenn sie sich nunmehr auf eine Verletzung von Urheberrechten wegen der Veröffentlichung von Fotos, auf denen die Fototapeten zu sehen sind, beruft und handelt somit treuwidrig gem. § 242 BGB."
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OLG Düsseldorf: Wann online eine wettbewerbswidrige Mogelpackung bei einem nur teilweise gefüllten Produkt vorliegt
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Ist ein Produkt nur zu ⅔ oder weniger befüllt, liegt ein Verstoß gegen das Mess- und Eichgesetz (MessEG) vor. Wird das Produkt jedoch online vertrieben, liegt kein Wettbewerbsverstoß vor, da sich der Verbraucher - anders als im stationären Handel, wo er das Produkt direkt in Augenschein nehmen und anfassen kann - keinen unmittelbaren Eindruck von der Füllmenge machen kann. t (OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.03.2023 - Az.: I-20 U 176/21). Die Beklagte vertrieb über das Internet ein Duschgel. Der Kläger beanstandete dies als irreführend, weil die Umverpackung eine nahezu vollständige Befüllung suggeriere, was objektiv nicht der Fall sei. Das OLG Düsseldorf wies die Klage ab. 1. Zwar Verstoß gegen das Mess- und Eichgesetz: Die Verpackung verstoße zwar gegen die Vorschriften des Mess- und Eichgesetz (MessEG): "Der Senat hat keine ernsthaften Zweifel daran, dass die in Rede stehende Verpackung jedenfalls dann ihrer Gestaltung und Befüllung nach eine größere Füllmenge vortäuscht als in ihr enthalten ist, wenn sie der Verbraucher im Rahmen des Erwerbs im Laden in Originalgröße wahrnimmt. So erwartet der Verkehr grundsätzlich (Ausnahmen mögen empfindliche Produkte wie Pralinen sein, die eine großzügigere Verpackung erfordern, oder Luxusgüter, bei denen der Verkehr mit aufwändigeren Verpackungen rechnet), dass die Verpackung in einem angemessenen Verhältnis zu der darin enthaltenen Füllmenge des Produkts steht Auch kennt er Verpackungen wie die in Rede stehende, die regelmäßig - das wissen die Senatsmitglieder aus eigener Anschauung - zwar nicht vollständig gefüllt sind, aber doch zu deutlich mehr als nur zwei Dritteln. Die Aufmachung der Verpackung verhindert auch nicht zuverlässig, dass der am Erwerb interessierte Verbraucher die tatsächliche Füllmenge erkennt. So nimmt er den Übergang von der transparenten Verpackung zur ilbernen Bedruckung lediglich als Gestaltungsmerkmal, nicht aber als Füllhöhenangabe wahr. Auch mag er das Produkt bei einem Erwerb im Laden in die Hand nehmen und einen Blick auf die Rückseite werfen, währenddessen das Produkt eine gewisse Schräglage einnimmt. Es ist nach Auffassung des Senats aber fernliegend anzunehmen, der durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame, verständige und an dem Produkt interessierte Durchschnittsverbraucher werde dieses Produkt zum Preis von € 4,00, das nicht mit einer besonderen Hautfreundlichkeit, vielmehr ersichtlich mit grellen Farben (Orange und Silber) und plakativen Aussagen („MEN EXPERT“, „HYDRA ENERGY“, „AUFWACH-KICK“ „für müde Männerhaut“) wirbt, eingehender betrachten und auf seine Inhaltsstoffe hin überprüfen und weiter dabei auch die konkrete Füllmenge durch das sich in der Verpackung bewegende Waschgel erkennen. Vielmehr wird er das Produkt eher flüchtig wahrnehmen und sich wenn überhaupt, dann auf die darauf abgedruckten Kernaussagen konzentrieren."
2. Aber kein Wettbewerbsverstoß bei Online-Angebot: Die Verletzung des MessEG führe jedoch zu keiner Wettbewerbsverletzung. Denn im Internet mache sich der Verbraucher keine gesonderte Vorstellung über die Verpackungsgröße: "Verstoß gegen eine Marktverhaltensregel. Erforderlich ist zusätzlich, dass der Verstoß im Einzelfall auch geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Gerade dies ist aber für die hier allein in Rede stehende „Bereitstellung auf dem Markt“ im Wege des Onlinevertriebs nicht gegeben. So bleibt dem Verbraucher die konkrete Größe der Produktverpackung im Zeitpunkt der Beschäftigung mit dem Angebot und dem Erwerb des Produkts verborgen. Diese nimmt er erst bei Anlieferung und damit nach Vertragsabschluss zur Kenntnis. So kann der Verbraucher anhand der Produktabbildung zwar auf ein bestimmtes Aussehen der Verpackung schließen, insbesondere auf ein bestimmtes Verhältnis von Höhe zu Breite/Durchmesser der Verpackung. Die Füllmenge als solche entnimmt er mangels Kenntnis der tatsächlichen Größe der Produktverpackung aber allein der - unstreitig zutreffenden - Füllmengenangabe. Der Verbraucher mag deshalb aus der Füllmenge auf eine bestimmte Größe der Verpackung schließen, nicht aber von der Verpackung auf eine bestimmte Füllmenge. Der an sich gegebene Verstoß gegen § 43 II MessEG ist somit nach den konkreten Umständen des Einzelfalls nicht zu einer spürbaren Beeinträchtigung der Interessen von Marktteilnehmern geeignet."
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5.
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OLG Frankfurt a.M.: Verdachtsberichterstattung nur bei vorheriger Konfrontation des Betroffenen zulässig
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Vor einer Verdachtsberichterstattung ist der Betroffene mit dem wesentlichen Kern der Vorwürfe, Anknüpfungstatsachen und Argumente zu konfrontieren. Wird der Verdacht wesentlich auf ein vermeintliches Indiz gestützt, erstreckt sich die Anhörungsobliegenheit auch hierauf. Andernfalls kann nicht ausgeschlossen werden, dass die konkrete Berichterstattung in einem für den Leser wichtigen Punkt bei erfolgter Anhörung anders ausgefallen wäre. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung auf Antrag eines Profi-Fußballers die Behauptung und Verbreitung mehrerer Angaben über sein Alter und seine Herkunft untersagt. Der Kläger ist Profi-Fußballer und wurde in die deutsche Fußballnationalmannschaft berufen. Er wendet sich gegen Aussagen in einem Artikel in einem Nachrichtenmagazin der Beklagten. Das Landgericht hatte dem Eilantrag nur zu einem geringen Teil stattgegeben und ihn im Übrigen abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte vor dem für Presserecht zuständigen 16. Zivilsenat zum überwiegenden Teil Erfolg. Zu Recht wende sich der Kläger gegen in dem Artikel enthaltene Verdachtsäußerungen, die in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingriffen, entschied der Senat. Da es an einer ausreichenden Anhörung und Möglichkeit zur Stellungnahme zu den wesentlichen den Verdacht stützenden Indizien vor der Veröffentlichung gemangelt habe, könne er Unterlassung verlangen. Maßgeblich für die Frage, ob Unterlassung verlangt werden könne, sei die Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers einerseits und dem Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit der Beklagten andererseits, betonte der Senat. Bei dem Artikel handele es sich um eine Verdachtsberichterstattung über Zweifel und Gerüchte am tatsächlichen Alter des Klägers. Es werde der Verdacht geschildert, dass der Kläger tatsächlich älter als angegeben sei und andere leibliche Eltern habe. Diese Schilderungen seien geeignet, sich erheblich auf das Ansehen des über den Artikel identifizierbaren Klägers auszuwirken. Sie hätten zudem eine erhebliche Breitenwirkung. Demgegenüber habe aber auch das von der Beklagten verfolgte Informationsinteresse hier ein großes Gewicht. Die Berichterstattung „leistete einen Beitrag zu einer Diskussion von öffentlichem Interesse, denn das Alter eines Fußballprofis ist ein erhebliches Kriterium bei dessen Marktwert“, führte das OLG weiter aus. Dass für eine zulässige identifizierende Verdachtsberichterstattung erforderliche Mindestmaß an Beweistatsachen habe hier zwar vorgelegen. Auch erfolge durch den Bericht keine unzulässige Vorverurteilung. Der Vorrang des Informationsinteresses bestehe aber darüber hinaus nur, wenn dem Betroffenen vorab ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde. Daran fehle es hier. Die Möglichkeit zur Stellungnahme habe unter anderem den Zweck, „dass der Autor seine Recherchen und Ergebnisse kritisch hinterfragt und gegebenenfalls Nachermittlungen anstellen kann“, führt der Senat aus. Der Betroffene sei mit dem wesentlichen Kern der Vorwürfe, Anknüpfungstatsachen und Argumente zu konfrontieren. Werde wesentlich auf ein vermeintliches Indiz abgestellt, müsse auch dazu die Sichtweise des Betroffenen eingeholt werden. Die Beklagte stütze hier ihren Verdacht u.a. auf eigene Recherchen, insbesondere Gespräche mit angeblichen Angehörigen. Aus diesen leite sie wesentliche Anhaltspunkte für den geäußerten Verdacht her. Sie hätte dem Kläger deshalb auch hierzu die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen müssen. Das Benennen des Kernverdachts allein sei nicht ausreichend gewesen. Da die Konfrontation mit den Vorwürfen inhaltlich unzureichend gewesen sei, habe die „konkrete Berichterstattung in einem für den durchschnittlichen Leser wesentlichen Punkt anders ausfallen (können), wenn eine Stellungnahme des Verfügungsklägers eingeholt und berücksichtigt worden wäre“, begründet der Senat die Stattgabe der Unterlassungsanträge weiter. Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 8.5.2024, Az. 16 U 33/23 (vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.2.2023, Az. 2-03 O 425/22) Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 08.05.2024
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OLG München: Scraping-Vorfälle bei Facebook begründen keinen DSGVO-Schaden / Spam-Telefonanrufe kein ausreichendes Indiz
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Sogenannte Scraping-Vorfälle bei Facebook stellen noch keinen Schaden im Sinne von Art. 82 DSGVO dar. Insbesondere stellt der bloße Verlust der Kontrolle über die Daten noch keinen ersatzfähigen Schaden dar. Auch ein vermehrtes Auftreten von Cold Calls lässt noch keinen hinreichenden Rückschluss auf eine Datenschutzverletzung bei Facebook zu. (OLG München, Urt. v. 24.04.2024 - Az.: 34 U 2306/23 e). Die Münchener Richter lassen offen, ob überhaupt eine Datenschutzverletzung vorliegt. Denn der Anspruch scheitere bereits an der fehlenden Beeinträchtigung gem. Art. 82 DSGVO. 1. Bloßer Kontrollverlust noch kein Schaden: Zunächst stellen die Richter klar, dass alleine aus der Tatsache, dass der Betroffene die Herrschaft über seine Daten verloren habe, auf eine ausreichende Beeinträchtigung geschlossen werden könne: "Der Kläger hat aber auch einen immateriellen Schaden hinsichtlich der Veröffentlichung seines Namens in Verbindung mit seiner Mobilfunknummer nicht nachweisen können. (aa) Ein immaterieller Schaden ist – anders als die Klagepartei meint – nicht bereits in dem Kontrollverlust zu sehen, der durch das Scraping entstanden ist, sondern kann allenfalls Folge dieses Kontrollverlustes sein (so zutreffend OLG München 27 U 2408/23 e, Beschluss vom 2.2.2024). Die hieraus folgende Dreistufigkeit der Prüfung (Verstoß gegen DSGVO -> negative Folge, z.B. Kontrollverlust -> Schaden) stellt auch der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 14.12.2023, C-340/21, GRUR-RS 2023, 35786, Rn. 84 heraus: „Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass eine Person, die von einem Verstoß gegen die DSGVO betroffen ist, der für sie negative Folgen gehabt hat, nachweisen muss, dass diese Folgen einen immateriellen Schaden im Sinne von Art. 82 DSGVO darstellen (…).“ Soweit die Klagepartei aus den Erwägungsgründen zur DSGVO schließen möchte, dass bereits der Kontrollverlust als solcher einen immateriellen Schaden darstellt, greift auch diese Betrachtung zu kurz: Zwar scheint Erwägungsgrund 85 einen eingetretenen Kontrollverlust bereits als Schaden anzusehen. Dem steht aber Erwägungsgrund 83 entgegen, der die Risiken einer Verarbeitung persönlicher Daten anspricht und dabei deutlich unterscheidet zwischen den Folgen eines Verstoßes gegen die DSGVO (u.a. Verlust von personenbezogenen Daten) auf der einen Seite und hieraus möglicherweise entstehenden physischen, materiellen oder immateriellen Schäden auf der anderen Seite. Nichts anderes ergibt sich aus dem Erwägungsgrund 75. Der Begriff des „Kontrollverlusts“ wird dort zwar in einer längeren Aufzählung von Beispielen erwähnt, die zu einem Schaden führen können. Daraus ist aber gerade nicht zu folgern, dass jeder Kontrollverlust alleine bereits einen Schaden darstellt (so zutreffend auch OLG München, Beschluss vom 14.11.2023, 14 U 3443/23). Auch der Europäische Gerichtshof hat zuletzt ausdrücklich entschieden, dass nicht schon deshalb ein „immaterieller Schaden“ im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO vorliegt, weil die betroffene Person befürchtet, dass in der Zukunft eine Weiterverbreitung oder gar ein Missbrauch ihrer Daten stattfindet (EuGH vom 25.01.2024, C-687/21, GRUR-RS 2024, 530)."
2. An öffentlich zugänglichen Daten ohnehin kein Schaden: Zudem betonen die Robenträger klar, dass an den Informationen, die öffentlich zugänglich waren, ohnehin kein Kontrollverlust eintreten könne: “Ein immaterieller Schaden des Klägers ist nicht festzustellen hinsichtlich derjenigen Daten, deren Angabe für die Registrierung auf der Plattform der Beklagten zwingend erforderlich und auf seinem Profil als „immer öffentlich“ eingestellt waren wie Vor- und Nachname, das Geschlecht und die ID. Insofern liegt bereits kein „Kontrollverlust“ vor (OLG Köln GRUR-RS 2023, 37347, Rn. 27; OLG Dresden GRUR-RS 2024, 2999, Rn. 28).”
3. Spam-Telefonanrufe kein ausreichendes Indiz: Der Anspruch scheiterte auch daran, dass der Kläger den Kausalzusammenhang zwischen dem Abfluss der Facebook-Daten und den späteren unzulässigen Telefonwerbeanrufen nicht nachgewiesen habe. Denn die Cold Calls für sich genommen ließen noch keinen hinreichend sicheren Rückschluss auf die behauptete Datenschutzverletzung zu: "Schließlich lässt sich aufgrund des Sachvortrags der Klagepartei auch der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Scraping-Vorfall und den von ihr behaupteten Unannehmlichkeiten nicht sicher feststellen. Zwar steht nach dem Vortrag des Klägers das vermehrte Auftreten von belästigenden Anrufen in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Scraping-Vorfall. A bgesehen davon, dass die Beklagte den Vortrag des Klägers hierzu bestritten hat, kann dies allein aber einen Kausalzusammenhang nicht belegen, denn derartige unerbetene, belästigende oder betrügerische Anrufe können grundsätzlich schon deshalb nicht gerade auf den Scraping-Vorfall bei (…) zurückgeführt werden, weil davon regelmäßig auch Personen, deren Daten nicht gescrapet wurden, in vergleichbarer Weise betroffen sind. Es ist allgemein und auch den Senatsmitgliedern aus eigener Erfahrung – bekannt, dass Personen, die keine sozialen Netzwerke nutzen, ebenfalls derartige Anrufe erhalten. Selbst wenn zu seinen Gunsten unterstellt wird, dass seine Telefonnummer auf weiteren Websites nicht öffentlich sichtbar oder sonst öffentlich bekannt war, kann doch nicht ausgeschlossen werden, dass Dritte die Telefonnummer des Klägers unbefugt, unabsichtlich oder im Rahmen technischer Vorfälle anderen Personen zugänglich gemacht haben. Ein Zusammenhang zwischen den gehäuften Anrufen ab dem Jahr 2019 mit dem Scraping-Ereignis ist daher nicht belegt oder offensichtlich. Die Befürchtung eines Missbrauchs gründet sich vielmehr auf der allgemeinen Gefahr, die mit der Nutzung eines Telefons einhergeht und die alle Nutzer in ähnlicher Weise trifft und nicht auf den Kontrollverlust durch das Scraping-Ereignis."
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OLG München: Gesellschafter hat keinen Anspruch gegen das Handelsregister auf Löschung von Straße und Hausnummer aus der Gesellschafterliste
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Ein Gesellschafter hat gegen das Handelsregister keinen Anspruch auf Löschung von Daten aus der Gesellschafterliste, die nicht zwingend erforderlich sind d (OLG München, Beschl. v. 25.04.2024 - Az.: 34 Wx 90/24 e). Der Kläger war Gesellschafter einer GmbH und wollte aus der beim Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste seine Straße und Hausnummer entfernen lassen. Bei beiden Angaben handelt es sich um Daten, die gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben sind. Als Rechtsgrundlage berief er sich auf Art. 17 DSGVO. Das OLG München lehnte die Löschungsklage ab. Die DSGVO sei im vorliegenden Fall gar nicht anwendbar, da für das Meldewesen eine gesetzliche Ausnahme gelte: "Art. 17 Abs. 1 DSGVO kommt als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Diese Bestimmung findet nach der Ausnahmevorschrift des Art. 17 Abs. 3 lit. b Fall 1 DSGVO im Registerwesen aufgrund der fortdauernden Transparenz- und Beweisfunktion keine Anwendung (…). Die Tätigkeit eines Hoheitsträgers, die darauf gerichtet ist, in Erfüllung von Publizitätspflichten übermittelte Daten in einer Datenbank zu speichern sowie interessierten Personen Einsicht zu gewähren, gehört zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse (…). Eine solche Tätigkeit stellt auch eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe i.S.d. Art. 17 Abs. 3 lit. b DSGVO dar (…). Zutreffend hat das Registergericht mit seiner Nichtabhilfeentscheidung insoweit darauf hingewiesen, dass eine rechtliche Verpflichtung zur Datenverarbeitung (…) besteht und das Handelsregister damit eine fortdauernde Transparenz- und Beweisfunktion erfüllt. Der Grundsatz der Datenerhaltung stellt dabei den Kern des registerrechtlichen Publizitätsprinzips dar (…)."
Und weiter: "Eine gesetzliche Ermächtigung, Dokumente nachträglich zu verändern bzw. diese nachträglich der unbeschränkten Einsicht zu entziehen, ist nicht vorhanden. Insbesondere bei den Gesellschafterlisten erfordert es die auf ihnen beruhende Legitimationswirkung nach § 16 Abs. 1 GmbHG, chronologisch die dort angegebene Inhaberschaft an den Gesellschaftsanteilen unzweifelhaft nachvollziehen zu können. Wie das Registergericht in dem Beschluss vom 27.12.2023 zu Recht festgestellt hat, ist selbst die Entfernung oder Korrektur einer fehlerhaften Liste daher nicht möglich, sondern lediglich die Aufnahme einer neuen fehlerfreien Liste (…). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Rechtswirkungen des § 16 Abs. 1 GmbHG ist die Aufnahme der jeweiligen Gesellschafterliste in das Handelsregister (…). Vorliegend bestünde bei einer Ersetzung der am 2.7.2012 in den Registerordner aufgenommenen Liste durch eine neue Liste für den Rechtsverkehr völlige Unklarheit über den Gesellschafterbestand im Zeitraum zwischen der Aufnahme und der Entfernung der alten Liste. Zwar könnte und müsste bei der Aufnahme einer neuen Liste in den Registerordner auf einen nach § 9 Abs. 7 HRV durchgeführten Austausch hingewiesen werden, für den Einsichtnehmenden bliebe aber offen, welchen Inhalt die entfernte Liste hatte und wer die Legitimationswirkung bis zum Austausch für sich in Anspruch nehmen konnte. Die Beibehaltung sämtlicher eingereichter Gesellschafterlisten und damit auch die Verarbeitung der von dem Beschwerdeführer bei der Einreichung der Liste freiwillig übermittelten Daten durch Beibehaltung dieser Liste im Registerordner ist daher für die Wahrnehmung der Aufgaben des Handelsregisters zwingend erforderlich, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. e DSGVO."
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LG Stendal: Biozid-Hinweis muss auf Webseite auch dann erfolgen, wenn er auf Produkt selbst abgedruckt ist
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Der gesetzlich vorgeschriebene Biozid-Hinweis muss auch dann auf der Website erscheinen, wenn er bereits auf dem Produkt selbst aufgedruckt ist. (LG Stendal, Urt. v. 07.03.2024 - Az.: 31 O 9/23). Der Beklagte vertrieb mehrere Biozid-Produkte über das Internet, ohne auf der Website die entsprechenden Warnhinweise nach der Biozid-Verordnung anzugeben. Die Klägerin sah darin einen Wettbewerbsverstoß. Der Beklagte verteidigte sich damit, dass die eigentlichen Warnhinweise auf den Produkten selbst abgedruckt seien. Dadurch seien die Interessen der Verbraucher ausreichend geschützt. Ein zusätzlicher Hinweis auf der Homepage sei nicht erforderlich. Das Landgericht Stendal gab der Klägerin Recht und stufte die Online-Werbung als unzulässig ein. Die gesetzlichen Vorschriften verlangten eine gesonderte Ausweisung auf der Internetseite. Es genüge nicht, auf den Text auf der Umverpackung zu verweisen: “Nach Art. 72 I der vorgenannten Verordnung ist jeder Werbung für Biozidprodukte zusätzlich zur Einhaltung der VO (EG) Nr. 1272/2008 folgender Hinweis hinzuzufügen: „Biozidprodukte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformationen lesen.” Diese Sätze müssen sich von der eigentlichen Werbung deutlich abheben und gut lesbar sein. In der streitgegenständlichen Werbung des Beklagten (…) ist dieser Hinweis nicht enthalten, obgleich es sich unstreitig um Biozidprodukte i.S.d. Verordnung handelt. Der Umstand, dass sich ein entsprechender Warnhinweis auf der Rückseite des jeweiligen Produkts befindet, genügt den Anforderungen der Bioziderordnung nicht. Lediglich ergänzend sei erwähnt, dass auch die Firma Waldhausen selbst, deren Produkte der Be klagte beworben hat, die nach der Biozidverordnung erforderlichen Hinweise in ihrer Werbung im Internet ausweist."
Und weiter: "Durch das Unterlassen des erforderlichen Warnhinweises hat der Beklagte damit den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer wesentliche Information vorenthalten und hierdurch irregeführt. Unerheblich ist insoweit, dass dem Beklagten die Biozidverordnung zuvor nicht bekannt war. Auf ein Verschulden kommt es für den wettbewerbsrechtlichen Verstoß nicht an."
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9.
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AG München: Kunde hat bei auf Messe bestellten Dienstleistungen kein gesetzliches Widerrufsrecht
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Im Streit um die Wirksamkeit eines auf einer Esoterik-Messe geschlossenen Dienstleistungsvertrages erachtete das Amtsgericht München eine Klage auf Rückzahlung von 600 EUR für teilweise begründet und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 200 EUR.
Die Klägerin hatte als Verbraucherin eine Esoterik-Messe besucht, auf der die Beklagte aus München an einem Stand verschiedene Waren und Dienstleistungen anbot. Die Beklagte führte bei der Klägerin eine „Sitzung“ und einen „Scan“ durch und forderte hierfür im Nachhinein insgesamt 400 EUR sowie für die Buchung eines Seminars bei der Beklagten weitere 500 EUR. Die Klägerin bezahlte vor Ort 600 EUR in bar, zu einer Teilnahme an einem Seminar der Beklagten kam es nicht. Die Klägerin erklärte später den Widerruf und hilfsweise die Anfechtung des Vertrages und forderte die Rückzahlung des Geldes.
Die Klägerin trug vor, keine Mitteilung bekommen zu haben, dass kostenpflichtige Maßnahmen durchgeführt würden. Sie sei von der Beklagten überrumpelt worden, und ihr sei nicht bewusst gewesen, dass sie einen Vertrag abschließe. Am Messestand der Beklagten seien weder die Adresse noch Preise ausgeschrieben gewesen.
Die Beklagte war der Auffassung, der Vertrag sei gültig. Die Unerfahrenheit der Klägerin sei nicht ausgenutzt worden, und diese sei auch nicht überrumpelt worden. Der Widerruf sei unbeachtlich, da er verfristet sei.
Das Amtsgericht München erachtete die Klage für teilweise begründet und führte hierzu in den Entscheidungsgründen wie folgt aus: „Zwischen den Parteien ist zunächst wirksam ein Dienstleistungsvertrag zustande gekommen. […] Ein Nachweis der von der Klägerin behaupteten vor Abschluss des Vertrages erfolgten Überrumpelung bzw. Unter-Drucksetzen durch die Beklagte ist hingegen nicht gegeben.
Die Behauptung, der Klägerin sei die Situation wegen der Zuschauer unangenehm gewesen, ist insoweit jedenfalls kein ausreichender Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin ohne Rechtsbindungswillen gehandelt haben soll."
1. Kein gesetzliches Widerrufsrecht: "Der Vertrag ist durch das anwaltliche Schreiben der Klägerin vom 10.05.2023 teilweise in einer Höhe von 500,- € wirksam widerrufen worden.Ein gesetzliches Widerrufsrecht liegt nach Auffassung des Gerichts nicht vor, da es sich bei der auf einer Messe getroffenen Vereinbarung nicht um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag im Sinne von § 312 b BGB handelt.
Bei einem Messekauf kann zwar grundsätzlich unter bestimmten Voraussetzungen ein Widerrufsrecht bestehen, und ist im Einzelfall zu prüfen (vgl. EuGH, Urteil vom 07.08.2018, Az. C- 485/17). In der zitierten Entscheidung hat der EuGH insoweit entschieden, dass kein Widerrufsrecht besteht, wenn ein Durchschnittsverbraucher den Messestand als Ort wahrnimmt, an dem der Unternehmer für gewöhnlich seine Tätigkeiten ausübt und er daher damit rechnen muss, zu kommerziellen Zwecken angesprochen zu werden, da der Messestand dann als Geschäftsraum einzuordnen ist.
Der BGH hat unter Bezugnahme auf das genannte Urteil entschieden, dass bei einer klassischen Verkaufsmesse ein Widerrufsrecht regelmäßig nicht besteht, weil ein Angebot zum Kauf hier keine Überrumpelung des Verbrauchers darstellt. Eine Ausnahme liegt nur bei einem reinen Informations- oder Werbestand vor (vgl. BGH, Urteil vom 10.04.2019, Az. VIII ZR 82/17).
Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass sich der Stand zum einen auf einer gewerblichen Messe befand, und zum anderen von der Beklagten Behandlungen durchgeführt, und somit Leistungen angeboten wurden. Außerdem wurden unstreitig verschiedene Gegenstände, und somit Waren, zum Kauf angeboten. Nach Auffassung des Gerichts bestehen im vorliegenden Fall daher keine Zweifel, dass es sich nicht um einen reinen Informations- oder Werbestand im Sinne der genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung gehandelt hat."
2. Jedoch vertragliches Widerrufsrecht: "Die Parteien vereinbarten jedoch ein vertragliches Widerrufsrecht. Dies ergibt sich insbesondere aus dem vorgelegten vorformulierten Formular mit dem Titel „Widerrufsbelehrung“, welches von den Parteien auch unterzeichnet wurde. […]
Die Klausel, wonach ein vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts bei vollständiger Erbringung der Dienstleistung möglich sei, entspricht […] nach Auffassung des Gerichts der gesetzlichen Regelung nach § 356 Abs. 4 BGB, und stellt daher keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar.
Mit Unterzeichnung der Belehrung ist die Klausel als allgemeine Geschäftsbedingungen auch wirksam in den Vertrag eingebunden worden. Insoweit geht das Gericht davon aus, dass mit sofortiger Erbringung des „Scans“ und der „Sitzung“ ein entsprechendes vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht erloschen ist. […]
Hinsichtlich der weiteren vertraglich vereinbarten Teilnahme an einem Seminar ist hingegen zu berücksichtigen, dass insoweit die Leistung von der Beklagten nicht sofort erbracht wurde, sodass insoweit das Widerrufsrecht auch nicht vorzeitig [erlosch].
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass auch bei einem vertraglich eingeräumten Widerrufsrecht die Widerrufsfrist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur dann zu laufen beginnt, wenn die Widerrufsbelehrung ausgehändigt wurde. […]
Im vorliegenden Fall wurde seitens der Beklagten unstreitig keine Kopie der […] Widerrufsbelehrung an die Klägerin ausgehändigt. Mangels entsprechender Aushändigung in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger begann die Widerrufsfrist nicht mit dem Vertragsabschluss am 06.06.2022 zu laufen. Dementsprechend war die Klägerin berechtigt, den Vertrag im Hinblick auf die Teilnahme am Seminar, welches vertraglich mit 500,- € beziffert wurde, mit Schreiben vom 10.05.2023 zu widerrufen.
Aufgrund des insoweit wirksam erfolgten Widerrufs sind die diesbezüglich von der Beklagten bereits empfangenen Leistungen, nämlich den in bar erhaltenen Geldbetrag in Höhe von 200,- €, zurückzugewähren, vgl. § 357 Abs. 1 BGB analog. Hierbei ist davon auszugehen, dass die Leistung ohne Rechtsgrund im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB erfolgte. […]
Die streitgegenständliche Vereinbarung stellt ferner kein sittenwidriges Rechtsgeschäft im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB dar.
Zwar handelt es sich im vorliegenden Fall um Leistungen der Beklagten aus dem wissenschaftlich nicht anerkannten Bereich der Esoterik. Dies alleine ist jedoch nicht ausreichend, um einen Verstoß gegen die guten Sitten annehmen zu können. Insoweit überwiegt die von der Rechtsordnung zu gewährende Privatautonomie. […]
Auch liegt eine wirksame Anfechtung des Vertrages nicht vor.
Es ist insoweit mangels schlüssigen Vortrags der Klagepartei bereits kein Anfechtungsgrund erkennbar. Inwieweit insbesondere eine etwaige „Überrumpelung“ oder „Unter-Drucksetzen“ eine arglistige Täuschung oder eine Drohung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB darstellen soll, ist für das Gericht nicht ersichtlich und nachvollziehbar.“
Urteil des Amtsgerichts München vom 25.04.2024 Aktenzeichen: 275 C 21496/23 Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 06.05.2024
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10.
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VG Berlin: DSGVO-Auskunft muss nicht in der einfachsten Form erfolgen, allgemeine Verständlichkeit ist vielmehr ausreichend
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Eine Auskunft nach Art. 15 DSGVO muss nicht in möglichst einfacher Form erteilt werden. Vielmehr reicht es aus, wenn die Auskunft allgemein verständlich ist, sofern die Kenntnisnahme für den Betroffenen zumutbar ist (VG Berlin, Urt. v. 10.01.2024 - Az.: 1 K 73/22). Der Kläger ersuchte die Beklagte auf der Grundlage von Art. 82 DSGVO um Auskunft.Die Beklagte erteilte mehrere Antworten. Der Kläger hielt diese jedoch für inhaltlich unzureichend und erhob Klage. Er rügte, dass die einzelnen Daten nur unzureichend und schwer verständlich wiedergegeben worden seien. Zu Unrecht, entschied das VG Berlin. Denn die Angaben der Beklagten seien ausreichend gewesen. Es bestehe keine Verpflichtung, die Daten in besonders einfacher Form zur Verfügung zu stellen. Vielmehr genüge es, wenn eine Kenntnisnahme möglich und zumutbar sei: "Der Anspruch des Klägers ist, soweit er sich unmittelbar auf Auskunft über seine bei der Beklagten gespeicherten personenbezogenen Daten richtet, durch Erfüllung erloschen. In dem dem Kläger durch die Beklagte zur Verfügung gestellten, nach zwischenzeitlicher Ergänzung durch den Beklagten unstreitig vollständigen Verwaltungsvorgang sind sämtliche bei der Beklagten gespeicherten personenbezogenen Daten des Klägers enthalten. Art. 15 Abs. 1 DSGVO vermittelt sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach seinem Sinn und Zweck (sich der Verarbeitung der Daten bewusst zu werden und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können, vgl. Erwägungsgrund 63 zur DSGVO) l Lediglich einen Anspruch auf Auskunft über die beim Verantwortlichen gespeicherten personenbezogenen Daten, nicht aber darauf, diese auch in einer möglichst einfach zu erfassenden Form zur Verfügung gestellt zu bekommen, jedenfalls solange dem Betroffenen die Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht unzumutbar erschwert wird. Hiervon ist aber vorliegend angesichts des Umstands, dass die Beklagte dem Kläger den Verwaltungsvorgang in elektronischer Form, nämlich als durchsuchbares PDF-Dokument zur Verfügung gestellt hat und er daher mit Hilfe der Suchfunktion des zum Lesen der Datei verwendeten Programms / Readers unschwer diejenigen Stellen des Verwaltungsvorganges ermitteln kann, in denen seine personenbezogenen Daten enthalten sind, nicht der Fall."
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Webinar mit RA Dr. Bahr "Update 2024: Werbeeinwilligungen nach DSGVO und UWG " am 11.06.2024
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Am 11.06.2023 gibt es ein kostenloses Webinar mit RA Dr. Bahr zum Thema "Update 2024: Werbeeinwilligungen nach DSGVO und UWG - same procedure as every year" Auch dieses Jahr – dem 5. Jahr in Folge - sind wir wieder am Start und freuen uns auf Sie! Wie gewohnt gibt es auch 2023 ein großes Jahres-Update zum Thema Werbeeinwilligungen nach DSGVO und UWG. Welche neuen rechtlichen und tatsächlichen Entwicklungen gibt es in Sachen Werbeeinwilligungen? Welche neuen Urteile erleichtern dem Unternehmer das Leben? Und welche neuen Probleme sind aufgetaucht? Das Webinar richtet sich an alle Unternehmen, die entweder beratend im Direktmarketing tätig sind oder die selbst eigene Direktmarketing-Aktivitäten durchführen. Die Veranstaltung ist – wie in den Vorjahren – bewusst anders konzipiert. Sie bietet keinen allgemeinen, weitschweifigen Überblick, sondern konzentriert sich auf das Wesentliche: Was Unternehmen, die im Direktmarketing tätig sind, im Jahr 2024 wissen müssen. Mit zahlreichen Tipps und Tricks. Zuhörer können Ihre Fragen per Chat oder Audio-Live-Zuschaltung stellen. Die Veranstaltung ist kostenfrei. Referenten: Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr, Kanzlei Dr. Bahr Claudia Rigon, DIGITAL HUNTER GROUP
Über die Referenten: RA Dr. Bahr ist seit mehr als 21 Jahren Anwalt und seitdem auf den Bereich der Neuen Medien spezialisiert. Er ist TÜV-zertifizierter Datenschutzbeauftragter und berät zahlreiche Unternehmen im Bereich des Datenschutzrechts. Claudia Rigon von der DIGITAL HUNTER GROUP ist seit 2016 als Datenschutzbeauftragte für die Digital Hunter Group tätig. Digital Hunter bietet seit mehr als 15 Jahren Komplettlösungen aus einer Hand - von der Leadgenerierung über die Automatisierung des Kundenkontakts bis hin zum digitalen Verkauf. www.digitalhunter.biz
Die Veranstaltung ist kostenfrei. Anmeldungen können hier vorgenommen werden. Datum: 11.06.2024 Uhrzeit: 10:30 - 12:00 Uhr Kostenlose Webinar-Anmeldung hier
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