anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 33. KW im Jahre 2007. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaftsrecht und Gewinnspiel- / Glücksspielrecht.
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Die Themen im Überblick:
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1. BGH: Durchfuhr von Originalware in Deutschland
2. BGH: Ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz nur in Ausnahmefällen
3. OLG Hamburg: Veralteter Kaufpreis in Preissuchmaschine nicht abmahnfähig
4. KG Berlin: Redaktionelle Anmerkung im Rahmen einer Gegendarstellung
5. OLG Hamm: Ist Zimt Medizin?
6. LG Dortmund: Rücklastschrift-Gebühr von 50,- EUR unzulässig
7. LG Karlsruhe: Rabattaktion "20% auf alles!" unzulässig, wenn 70 Ausnahmen
8. Neues Strafrechtsänderungsgesetz zum 11.09.2007 in Kraft getreten
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1. BGH: Durchfuhr von Originalware in Deutschland
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Der BGH (Urt. v. 21.03.2007 - Az.: I ZR 66/04: PDF = http://shink.de/xigh5y) hat entschieden, dass die bloße Durchfuhr von Ware durch Deutschland noch keine Markenverletzung begründen kann:
"Auch die ungebrochene Durchfuhr von nicht im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebrachten Waren, die mit einer im Inland geschützten Marke gekennzeichnet sind, durch das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland stellt als solche - unabhängig vom Bestimmungsland der im Durchfuhrverkehr befindlichen Waren - keine Verletzung der inländischen Marke dar (...)"
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2. BGH: Ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz nur in Ausnahmefällen
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Der BGH (Urt. v. 11.01.2007 - Az.: I ZR 198/04: PDF = http://shink.de/ywlvbd) hat noch einmal klargestellt, dass ein ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz nur in Ausnahmefällen zum Tragen kommt:
"Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz wegen unangemessener Ausnutzung der Wertschätzung eines nachgeahmten Produkts (...) können bestehen, wenn die Gefahr einer Täuschung über die Herkunft beim allgemeinen Publikum eintritt, das bei den Käufern die Nachahmungen sieht und zu irrigen Vorstellungen über die Echtheit der Nachahmungen verleitet wird.
Liegt keine der Fallgruppen (...) vor, kann das Nachahmen eines fremden Produkts nur in Ausnahmefällen nach den Grundsätzen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes unlauter (...). Ein solcher Ausnahmefall kann unter besonderen Umständen vorliegen, wenn der Mitbewerber durch die Nachahmung wettbewerbswidrig behindert wird."
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3. OLG Hamburg: Veralteter Kaufpreis in Preissuchmaschine nicht abmahnfähig
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Das OLG Hamburg (Beschl. v. 11.09.2006 - Az.: 3 W 152/06 = http://shink.de/5wiqs3) hat entschieden, dass es sich um eine unerhebliche, nicht abmahnfähige Wettbewerbsverletzung handelt, wenn der angezeigte Verkaufspreis in einer Preissuchmaschine nur für wenige Stunden von dem späteren, tatsächlichen Preis im verlinkten Online-Shop abweicht.
Im konkreten Fall hatte die Preisssuchmaschine lediglich zweimal am Tag Updates gemacht, so dass bestimmte Preisänderungen der Online-Shops mit leichter Verzögerung in die Suchmaschine übernommen und angezeigt wurden. Dies hatte ein Mitbewerber als wettbewerbswidrig abgemahnt.
Zu Unrecht wie die Hamburger Richter nun entschieden:
"Dazu hatte die Antragsgegnerin in ihrer vorprozessualen Verteidigung mitteilen lassen, dass der Preisunterschied sich über wenige Stunden zwischen den Update-Suchläufen der Preissuchmaschine zwangsläufig ergebe. Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass die Suchmaschine (...) zweimal täglich aktualisiere. Wie lange die Preisdifferenz hier bestanden hat, sagt niemand.
Der Senat kann mithin nur von einigen Stunden ausgehen. Der Bestand einer Preisdifferenz über einen solchen Zeitraum ist wettbewerblich irrelevant. Denn der Nutzer einer Suchmaschine muss in Rechnung stellen, dass bei Veränderungen der Preise bis zu einem Update der Suchmaschine ein gewisser Zeitraum, der jedenfalls Stunden betragen kann, vergehen wird."
Der aktuelle Beschluss reiht sich in eine Linie von Entscheidungen des OLG Hamburg ein, bei bestimmten einfachen Wettbewerbsverstößen diese als unerheblich und somit als nicht abmahnfähig einzustufen.
So hatte das OLG Hamburg vor kurzem u.a. entschieden, dass eine ungenaue Preisangabe ebenfalls als unerheblich einzustufen sei, vgl. die Kanzlei-Infos v. 31.03.2007 = http://shink.de/lwi4da
Ob es sich hierbei um eine dauerhafte, langfristige Rechtsprechungsänderung handelt, ist abzuwarten. Bei der Verallgemeinerungsfähigkeit der Entscheidungen ist daher Vorsicht geboten.
Und selbst wenn sich diese Ansicht beim OLG Hamburg als grundsätzliche Meinung durchsetzen sollte, so ist damit für den Online-Shop-Betreiber nicht wirklich etwas gewonnen: Der Abmahner kann aufgrund des fliegenden Gerichtsstands im Internet jederzeit ein anderes Gericht wählen, von dem er weiß, dass es die Abmahnfähigkeit bejaht.
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4. KG Berlin: Redaktionelle Anmerkung im Rahmen einer Gegendarstellung
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Das KG Berlin (Urt. v. 27.07.2007 - Az.: 9 U 12/07: PDF = http://shink.de/thy9va) hatte über die Zulässigkeit einer redaktionellen Anmerkung im Rahmen einer Gegendarstellung zu entscheiden.
Die Klägerin verbreitete in der von ihr ausgestrahlten ARD-Sendung, der Beklagte habe 1990 als damaliger DDR-Innenminister die Vernichtung von Stasi-Unterlagen verlangt. Durch einstweilige Verfügung des LG Berlin wurde sie zur Ausstrahlung einer Gegendarstellung des Beklagten verpflichtet, wonach er seinerzeit aufgrund eines Beschlusses des Zentralen Runden Tisches gehandelt habe. Die Klägerin strahlte diese Gegendarstellung mit einer Anmerkung der Redaktion aus.
Zu Recht wie nun das KG Berlin entschied:
"Der titulierte Anspruch des Beklagten ist durch die Ausstrahlung der Gegendarstellung (...) erfüllt. Der Erfüllungswirkung steht nicht entgegen, dass die Klägerin eine Bemerkung der Redaktion angefügt hat.
§ 9 Abs. 4 des RBB-Staatsvertrages (...) enthält keinerlei Glossierungsverbot. Aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht ergibt sich allerdings eine Schutzpflicht des Staates, dem Betroffenen einer Medienberichterstattung das Recht zu einer Gegendarstellung mit gleicher publizistischer Wirkung einzuräumen (...).
Andererseits bedarf der mit der Verpflichtung zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung verbundene Eingriff in die Pressefreiheit der gesetzlichen Grundlage (...). Ein Redaktionsschwanz ist daher, soweit es – wie hier – an einer spezialgesetzlichen Beschränkung fehlt, nur ausnahmsweise unzulässig, wenn er sich als Schikane, sittenwidrige Schädigung oder Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (...) bzw. wenn er den Zweck der Gegendarstellung vereitelt, dem Betroffenen Gehör zu geben und die Öffentlichkeit zu informieren (...).
Eine solche rechtsmissbräuchliche Entwertung der Gegendarstellung liegt hier nach der gebotenen Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Beklagten mit der Rundfunk- und Meinungsfreiheit der Klägerin (...) nicht vor."
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5. OLG Hamm: Ist Zimt Medizin?
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In einer aktuellen Entscheidung hat der Wettbewerbssenat des Oberlandesgerichts Hamm einem Anbieter aus Ostwestfalen untersagt, von ihm hergestellte Zimtkapseln als sogenannte diätetische Lebensmittel zu bewerben bzw. zu vertreiben. Das Gericht hat damit ein anderslautendes Urteil des Landgerichts Bielefeld abgeändert.
Zur Begründung hat der Fachsenat des Oberlandesgerichts ausgeführt: Das angebotene Zimtpräparat sei kein diätetisches Lebensmittel, sondern sei wegen seiner pharmakologischen Wirkung und seiner Zweckbestimmung gerade auch zur Linderung der Zuckerkrankheit als Arzneimittel zu qualifizieren, für das die nötige arzneimittelrechtliche Zulassung fehle. Bei dem Produkt handele es sich nicht um das allseits als Lebensmittel bekannte Gewürz Zimt, sondern um ein Präparat, das mit einer entsprechend hohen Dosis als spezielles Konzentrat zur Linderung der Zuckerkrankheit eingesetzt werden soll.
Das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe zugelassen.
Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 07.08.2007 - 4 U 194/06 -
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 09.08.2007
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6. LG Dortmund: Rücklastschrift-Gebühr von 50,- EUR unzulässig
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Das LG Dortmund (Urt. v. 25.05.2007 - Az.: 8 O 55/06 = http://shink.de/pob96b) hat entschieden, dass eine AGB-Klausel, wonach für eine Rücklastschrift eine Gebühr von 50,- EUR anfällt, unzulässig ist.
Der Kläger sah die Klausel als rechtswidrig an, da sie den Verbraucher belaste. Die Beklagte dagegen wendete ein, dass die Höhe sachlich begründet sei: So entstünden alleine durch die Bank-Rücklastschrift Kosten in Höhe von 12,33 EUR. Außerdem werde ein zusätzlicher Personalkostenaufwand in Höhe von 40,15 EUR pro Fall verursacht.
Dieser Argumentation sind die Dortmunder Richter nicht gefolgt:
"Indes verstößt die Klausel gegen § 309 Nr. 5 BGB. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift liegt auch dann vor, wenn nicht entschädigungspflichtige Positionen in den pauschalierten Schadensersatz einbezogen werden (...).
Von einer solchen Einbeziehung nicht ersatzfähiger Kosten ist hier im Hinblick auf die in die Pauschale eingerechneten Personalkosten auszugehen.
Die Mühewaltung bei der Rechtswahrung gehört zum eigenen Aufgabenkreis des Geschädigten und ist deshalb von ihm allein zu tragen (...).
Um eine solche Rechtswahrung als Folgeschaden geht es vorliegend. Die seitens der Beklagten beschriebenen Arbeitsschritte dienen letztlich der Durchsetzung der Ansprüche der Beklagten aufgrund des Beförderungsvertrages. Soweit durch die Pflichtverletzung ein zusätzlicher Bearbeitungsaufwand durch Personaleinsatz entsteht, ist dieser Aufwand als auf die eigene Rechtswahrung gerichteter Folgeschaden der Rechtsverletzung gerade nicht ersatzfähig (...).
Da die Beklagte in ihre Pauschale mithin nicht ersatzfähige Kosten für einen Personalmehraufwand einrechnet, ist die Pauschale insgesamt als unwirksam anzusehen."
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7. LG Karlsruhe: Rabattaktion "20% auf alles!" unzulässig, wenn 70 Ausnahmen
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Das LG Karlsruhe (Urt. v. 23.03.2007 - Az.: 13 O 176/06) hat entschieden, dass eine Rabattaktion unzulässig sind, wenn für den Verbraucher nicht klar ersichtlich ist, auf welche Produkte sich der Rabatt bezieht.
Die Beklagte hatte mit dem Slogan "mindestens 20% auf ALLES!" geworben. Durch ein kleines Sternchen wies sie in der Anzeige aber durch einen kleinen Fußnotentext darauf hin, dass der Rabatt nur bei Neuaufträgen zur Anwendung käme und zudem bestimmte Produkte (reduzierte Angebote, Werbeware, Bücher) und die Erzeugnisse bestimmter Firmen (70 verschiedene Unternehmen) gänzlich ausgenommen seien.
Die Klägerin hält eine solche Werbung für irreführend und somit wettbewerbswidrig, weil der Verbraucher nicht mehr erkennen könne, auf welche Produkte nun sich der Rabatt beziehe und auf welche nicht. Der Slogan "20% auf alles" sei angesichts der umfangreichen Ausnahmen eine "glatte Lüge".
Dieser Ansicht ist das LG Karlsruhe gefolgt:
"Bei dem Begriff der “Werbeware” handelt es sich um einen unklaren Begriff (...). Was damit gemeint ist, erschließt sich dem Kunden nicht. (...)
Es kommt hinzu, dass der Kunde nicht erkennen kann, welche Waren von der Beklagten in welcher Form zuvor beworben worden sind. Diese Unklarheit kann auch nicht erst im Ladenlokal selbst beseitigt werden, wenn sich also der Kunde bereits zum Erscheinen im Geschäftslokal hat anlocken lassen.
Eine solche Aufklärung kommt zu spät (...). Erfahrungsgemäß lassen sich Kunden unter solchen Umständen zu Verlegenheits- oder Anschlusskäufen verleiten, wenn sich das blickfangmäßig beworbene preisreduzierte Angebot erst vor Ort auf seine wirkliche Attraktivität abschätzen lässt.
Aufgrund der unklaren und ungenauen Angabe ist für den Kunden in keiner Weise einzuschätzen, ob es sich lohnt, das Angebot der Beklagten vor Ort zu überprüfen oder ob zu befürchten ist, dass sich die tatsächliche Preisreduzierung auf so wenige Waren beschränkt, dass er letztlich doch wieder auf die nicht preisreduzierte Ware verwiesen ist."
Und weiter:
"Der in der Werbeanzeige der Klägerin enthaltene Widerspruch, einerseits den Rabatt “auf ALLES!” zu bewerben, andererseits aber u.a. die Produkte von 70 verschiedenen namhaften Herstellern im Sternchenhinweis wieder davon auszunehmen, stellt in der Tat den Versuch einer erheblichen Irreführung des Publikums dar. Es besteht die Gefahr, dass der Verbraucher von völlig falschen Voraussetzungen ausgeht, wenn er das Geschäftslokal der Beklagten betritt."
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8. Neues Strafrechtsänderungsgesetz zum 11.09.2007 in Kraft getreten
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Das 41. Strafrechtsänderungsgesetz zur Bekämpfung der Computerkriminalität ist am letzten Freitag im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden (Download PDF = http://shink.de/szhjz7). Die Neuerungen sind somit seit dem 11.09.2007 wirksam.
Neben mehreren wichtigen Detail-Änderungen im Computer-Strafrecht war und ist vor allem der neue § 202c StGB Gegenstand zahlreicher Kritik:
§ 202c
Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten
(1) Wer eine Straftat nach § 202a oder § 202b vorbereitet, indem er
1. Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die den Zugang zu Daten (§ 202a Abs. 2) ermöglichen, oder
2. Computerprogramme, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verkauft, einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 149 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
Dort geht es vor allem um die Frage, welche "Hacker-Tools" unter die Norm fallen und welche weiterhin legal benutzt werden dürfen.
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