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Newsletter vom 16.08.2023 |
Betreff: Rechts-Newsletter 33. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: EuGH-Vorlage zur Frage der Info-Pflichten bei Online-Tarifrechner für Strom _____________________________________________________________ Der BGH hat dem EuGH einen Fall vorgelegt, bei dem um die Informationspflichten bei einem Online-Tarifrechner für Strom ging (BGH, Beschl. v. 27.07.2023 - Az.: I ZR 65/22). Beklagte war ein bundesweites Energieunternehmen, das auf seiner Seite einen Tarifrechner für seine Strompreise anbot. Bei der Berechnung einzelner Tarife war auch jeweils eine sogenannte Ausgleichsmenge zu berücksichtigen, d.h. einige Verteilernetzbetreiber geben Stromlieferanten einen gewissen Abschlag, der an den Endkunden weitergegeben wird. Es stellte sich nun die Frage, ob die Beklagte diese weiterführenden Informationen bei ihrem Online-Tarifrechner mit angeben und erläutern muss, damit ein Verbraucher das Angebot selbst errechnen bzw. nachrechnen kann.
Die EuGH-Vorlage lautet:
"Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird (...) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. OLG Düsseldorf: Vorstand und Geschäftsführer haften nicht persönlich für Kartell-Geldbußen eines Unternehmens _____________________________________________________________ Der 6. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat heute entschieden, dass Vorstand und Geschäftsführer nicht persönlich für Geldbußen eines Unternehmens haften. Die Klägerinnen hatten den Beklagten wegen seiner Beteiligung an einem Edelstahlkartell auf Schadensersatz verklagt. Der Beklagte war Geschäftsführer der klagenden GmbH und Vorstandsvorsitzender der klagenden AG, zweier miteinander verbundener Edelstahlunternehmen gewesen. In diesen Funktionen hatte der Beklagte in der Zeit von Juli 2002 bis Ende 2015 – insbesondere seit 2012 auch als Vorstandsvorsitzender eines maßgeblichen Branchenverbandes – regelmäßig an dem Austausch wettbewerblich sensibler Informationen teilgenommen. Das Bundeskartellamt hatte in dem anschließenden Bußgeldverfahren gegen zehn Edelstahlunternehmen, zwei Branchenverbände und siebzehn verantwortliche Personen – darunter den Beklagten – Geldbußen in Höhe von insgesamt rund 355 Mio. Euro verhängt. Gegen die GmbH hatte das Bundeskartellamt ein Bußgeld in Höhe von 4,1 Mio. Euro und gegen den Beklagten persönlich ein weiteres Bußgeld festgesetzt. Gegen die AG wurde im Hinblick auf das Bußgeld gegen die GmbH kein Bußgeld festgesetzt. Die klagende GmbH fordert von dem Beklagten Schadenersatz in Höhe des gegen das Unternehmen festgesetzten Bußgeldes. Die klagende AG verlangt Erstattung der Aufklärungs- und Rechtsanwaltskosten in Höhe von mehr als einer Mio. Euro. Darüber hinaus begehren beide Klägerinnen die Feststellung, dass der Beklagte für alle aus dem Kartell resultierenden Zukunftsschäden hafte. Mit Urteil vom 10.12.2021 hatte das Landgericht Düsseldorf (Az.: 37 O 66/20 (Kart)) die Klage hinsichtlich des Unternehmens-Bußgeldes sowie der geltend gemachten Aufklärungs- und Rechtsanwaltskosten abgewiesen. Im Übrigen hatte das Landgericht festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet sei, den Klägerinnen Schadensersatz für alle weiteren Zukunftsschäden zu leisten, die aus dem Wettbewerbsverstoß resultierten. Der 6. Kartellsenat unter Vorsitz des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Prof. Dr. Ulrich Egger hat das landgerichtliche Urteil bestätigt. Der Senat geht davon aus, dass der Beklagte vorsätzlich an dem kartellrechtswidrigen Informationsaustausch mitgewirkt habe. Der Beklagte habe sich auch nicht in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden. So habe er sich etwa auf den Sitzungen des Edelstahl-Vereinigung e.V. mit anderen Wettbewerbern über wettbewerblich sensible Informationen wie die aktuelle Auftragslage, die Entwicklung der Lagerbestände, Produktionsstillstände und beabsichtigte Preiserhöhungen ausgetauscht. Vor diesem Hintergrund sei es fernliegend, dass ihm die Kartellrechtswidrigkeit nicht bewusst gewesen sein soll. Das Landgericht habe zutreffend entschieden, dass hinsichtlich des gegen die GmbH festgesetzten Bußgeldes kein Regress gegen den Beklagten in Betracht komme. Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers und des Vorstandes, hier des Beklagten, für Kartellbußen eines Unternehmens scheide aus. Andernfalls werde die kartellrechtliche Wertung unterlaufen, wonach – wie vorliegend – getrennte Bußgelder gegen die handelnde Person und das Unternehmen selbst festgesetzt werden. Die kartellrechtlichen Vorschriften sähen jeweils getrennte Bußgeldnormen für die handelnden Personen und das beteiligte Unternehmen, auch der Höhe nach, vor. Durch den Rückgriff auf den Geschäftsführer bestehe darüber hinaus die Gefahr, dass der Sanktionszweck eines Unternehmensbußgeldes gefährdet werde. So könnten Unternehmen sich durch den Rückgriff auf Geschäftsführer und Vorstände faktisch ihrer kartellrechtlichen Bußgeldverantwortung entziehen. Dies gelte erst recht, wenn Vorstand und Geschäftsführer über eine sog. "D&O-Versicherung" haftpflichtversichert seien und die Deckungssumme weit höher sei als das gegen das Unternehmen verhängte Bußgeld. Da die Aufklärungs- und Verteidigerkosten in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bußgeldverfahren gegen das Unternehmen vor dem Bundeskartellamt stünden, könnten diese Kosten ebenfalls nicht erstattet verlangt werden. Es bleibe mithin eine Haftung des Geschäftsführers und Vorstandes für zivilrechtliche Ansprüche Dritter, die aufgrund des Kartells geschädigt worden seien. Die vom Beklagten geltend gemachte Verjährung greife nicht. Die mehreren Treffen bildeten im Rahmen einer einheitlichen Grundabsprache eine Bewertungseinheit, so dass die Verjährung der Ansprüche gegen das Leitungsorgan nicht nach jedem Treffen gesondert, sondern erst mit dem letzten Treffen beginne. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Bislang ist keine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser in der Literatur und Rechtsprechung umstrittenen Frage der persönlichen Haftung von Vorstand und Geschäftsführern für Geldbußen eines Unternehmens ergangen. Aktenzeichen: VI-6 U 1/22 (Kart).
Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf v. 27.07.2023
Die Beklagte bewarb bei Google Shopping Batteriespeicher für Photovoltaikanlagen und hatte dort den Netto-Preis und nicht den Brutto-Preis inkl. Mehrwertsteuer angegeben. Die Klägerin sah darin eine Verletzung der PAngVO, die grundsätzlich Brutto-Preise vorschreibe. Die Beklagte erwiderte, dass im vorliegenden Fall die Umsatzsteuerbefreiung des § 12 Abs.3 UStG greife, wonach Waren für Photovoltaikanlagen von der Umsatzsteuer befreit seien. In der 1. Instanz entschied das LG Gießen, dass kein Wettbewerbsverstoß vorliege, weil ausnahmsweise bei umsatzsteuerbefreiten Waren eine Netto-Angabe ausreiche, vgl. unsere Kanzlei-News v. 30.03.2023.
In der 2. Instanz revidierte das OLG Frankfurt a.M. nun die Entscheidung und verurteilte den Beklagten zur Unterlassung.
Die PAngVO sei verletzt, so die Richter:
"Danach ist die Antrasgegnerin verpflichtet, Verbrauchern gegenüber den Gesamtpreis anzugeben, wenn sie - wie hier - mit Preisen wirbt. (...) Der in der Anzeige bei Google Shopping, die allein Gegenstand dieses Eilverfahrens ist, angegebene Preis enthält keine Umsatzsteuer und verstößt daher gegen die Vorschriften der PAngV." Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der in § 12 Abs.3 UStG geregelten Umsatzsteuerbefreiung: "Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, dass gemäß § 12 Abs. 3 UStG der Verbraucher, der bei der Antragsgegnerin das beworbene Photovoltaik-Produkt bestellt, „praktisch“ immer in den Genuss der dort normierten Steuersenkung auf null Prozent komme. Und weiter: "Bei dem gerügten Verstoß gegen die PAngV handelt es sich nicht um einen Bagatellverstoß. Entscheidend ist, dass die Preisvergleichsmöglichkeiten der Verbraucher mit Angeboten von Anbietern, die sich rechtstreu verhalten, erheblich erschwert werden (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010, I ZR 99/08 - Preiswerbung ohne Umsatzsteuer - Rdn. 27, juris). zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 4. VG Berlin: Heimliche Aufnahmen von Lehrer und Versendung über Social Media-Dienste rechtfertigt schriftlichen Verweis _____________________________________________________________ Einem Schüler, der während der Unterrichtszeit von seinem Lehrer ohne dessen Einverständnis Fotos machte und diese versendete, ist zurecht ein schriftlicher Verweis erteilt worden. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden. Der Achtklässler fotografierte seinen Klassenlehrer – nach seinen Angaben aus Langeweile – heimlich während des Unterrichts mit seinem Tablet und versendete die Fotos an eine unbekannte dritte Person. Die Bilder wurden sodann über Nachrichtendienste in der Schülerschaft der Schule digital weiterverbreitet. Eine einberufene Klassenkonferenz unter Leitung des Klassenlehrers beschloss einstimmig, dem Schüler einen schriftlichen Verweis zu erteilen, und mehrheitlich, den Verweis auf dem Schuljahreszeugnis einzutragen. Der Widerspruch des Schülers gegen den Verweis blieb ohne Erfolg. Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts hat die daraufhin eingereichte Klage des Schülers abgewiesen. Der schriftliche Verweis habe als schulische Ordnungsmaßnahme keinen Strafcharakter, sondern sei eine pädagogische Maßnahme, die neben der Erziehung des betroffenen Schülers vornehmlich der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Schule, insbesondere des Schulunterrichts, diene. Voraussetzung seien objektive Pflichtverletzungen des betreffenden Schülers. Bei der Verhängung einer Ordnungsmaßnahme komme der Schule ein pädagogischer Beurteilungsspielraum zu, der nur sehr begrenzt einer gerichtlichen Kontrolle unterliege, insbesondere dahingehend, ob der Sachverhalt zutreffend ermittelt worden sei, die Maßnahme willkürfrei sei und die Grenzen der Verhältnismäßigkeit wahre. Dies sei hier gegeben. Der Schüler habe eingeräumt, die Fotos vom Klassenlehrer ohne dessen Einverständnis angefertigt und versendet zu haben. Damit habe er gegen die Hausordnung der Schule verstoßen, den Unterrichtsablauf gestört sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Lehrers verletzt. Der schriftliche Verweis sei als mildeste Ordnungsmaßnahme angesichts der viralen Verbreitung der Fotos in der Schule, der damit verbundenen Nachahmungsgefahr und des uneinsichtigen Verhaltens des Schülers verhältnismäßig. Der Schule stehe es frei, sich wegen desselben Vorfalls ggf. sowohl erzieherischer Maßnahmen – etwa in Form eines erzieherischen Gesprächs mit dem Schüler – als auch förmlicher Maßnahmen – wie hier dem Verweis – zu bedienen. Auch die Eintragung des Verweises auf dem Zeugnis sei vor dem Hintergrund der Pflichtverletzung des Schülers, der durch das Versenden der ungenehmigten Fotos erst das Risiko ihrer Verbreitung geschaffen habe, nicht zu beanstanden, zumal es sich nicht um ein Abschlusszeugnis handle. Gegen das Urteil kann Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt werden. Urteil der 3. Kammer vom 21. Juli 2023 (VG 3 K 211/22)
Quelle: Pressemitteilung des VG Berlin v. 11.08.2023
Der Beklagte betrieb u.a. einen Blog und stellte dort die unzutreffende Äußerung auf, dass der Kläger Stasi-Mitglied gewesen sei.
Das Gericht bejahte im vorliegenden Fall aufgrund der besonderen Umstände ein Schmerzensgeldanspruch:
"Grundsätzlich hängt die Schmerzensgeldhöhe entscheidend vom Maß der durch das haftungsbegründende Ereignis verursachten körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen des Geschädigten ab, soweit diese bei Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetreten sind oder mit ihnen zu diesem Zeitpunkt als künftiger Verletzungsfolge ernstlich gerechnet werden muss. Die Schwere der Belastungen wird dabei vor allem durch die Stärke, Heftigkeit und Dauer der erlittenen Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen bestimmt. Besonderes Gewicht kommt etwaigen Dauerfolgen zu (...)." Und weiter: "Die Qualität des Eingriffs dürfte vorliegend - wenn auch subjektiv auf Klägerseite anders empfunden - eher als mittelschwer zu qualifizieren sein. Trotz dieses nur mittelschweren Eingriffs sei ein so hohes Schmerzensgeld ausnahmsweise gerechtfertigt: "Die persönlichen Folgen bzw. Beeinträchtigungen auf Seiten des Klägers stuft das Gericht indes als schwerwiegend ein. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 6. LG Hamburg: Online-Werbung mit "Zentrum für Hufchirurgie" irreführend, wenn Anbieter kein Tierarzt _____________________________________________________________ Die Online-Werbung mit der Aussage "Zentrum für Hufchirurgie" ist irreführend, wenn der Anbieter gar kein Tierarzt, sondern lediglich Hufschmied ist (LG Hamburg, Urt. v. 11.05.2023 - Az.: 327 O 74/27). Der Beklagte warb online mit den Worten "Zentrum für Hufchirurgie", Zudem verwendete er ein Logo mit einem Äskulapstabs. Er war nur Hufschmied und verfügte über keinen tierärztlichen Abschluss.
Das LG Hamburg stufte die Reklame als irreführend und somit als wettbewerbswidrig ein, da der Verbraucher erwarte, er erhalte hier Leistungen eines Veterinärs:
"Bereits aufgrund der (...) Wortbedeutung der Begriffe „Chirurgie“ und „Hufchirurgie“ zur Beschreibung medizinischer Dienstleistungen sowie, im Hinblick auf das von dem Beklagten verwendete Logo, der Bedeutung des Äskulapstabs als Symbol des ärztlichen und pharmazeutischen Standes hat der Beklagte durch seine Eigendarstellung im Internet den angesprochenen Verkehrskreisen den unzutreffenden Eindruck vermittelt, er selbst – als alleiniger Betreiber jener Webseite – biete tierärztliche Leistungen an. Und weiter: "Die weitere Rechtsverteidigung des Beklagten, er ziehe stets – und z. T. auch bereits bei der ersten Besichtigung eines Tieres – einen Tierarzt hinzu, wenn im Rahmen einer Hufbehandlung die Leistungen eines Tierarztes seiner, des Beklagten, Auffassung nach erforderlich seien, ist vorliegend ohne Relevanz, da nicht die Zulässigkeit der von dem Beklagten tatsächlich erbrachten Leistungen, sondern dessen Werbeauftritt als Hufbeschlagschmied streitgegenständlich ist, so dass es auch auf den von dem Beklagten mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 21.04.2023 gehaltenen neuen Sachvortrag, er, der Beklagte, führe selbst chirurgische Eingriffe durch, nicht ankommt. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. LG Köln: Wortfolge "geimpft, gechipt, entwurmt" ist nicht urheberrechtlich schutzfähig _____________________________________________________________ Die Wortfolge "geimpft, gechipt, entwurmt" (hier: Aufdruck auf einem T-Shirt) ist nicht urheberrechtlich schutzfähig, da es an der erforderlichen Schöpfungshöhe fehlt (LG Köln, Urt. v. 26.01.2023 - Az.: 14 O 24/22). Die Parteien stritten um die Zulässigkeit eines Aufdrucks auf einem T-Shirt. Die Klägerin bot das Produkt mit dem Aufdruck "geimpft, gechipt, entwurmt" an. Der Beklagte war Bühnenkünstler und Comedian und machte urheberrechtliche Ansprüche an dem Text geltend. Außergerichtlich mahnte er die Beklagte ab. Daraufhin erhob die Abgemahnte negative Feststellungsklage. Das LG Köln gab der Klägerin Recht und verneinte eine Urheberrechtsverletzung. Es fehle an der erforderlichen Schöpfungshöhe, so die Richter: "Die Beklagten berühmen sich der „Urheberschaft“ an „Text und Grafik“, ohne überhaupt näher zu erläutern, woraus sich eine mutmaßliche Werksqualität der Begriffe ergeben soll und wie sich der kreative Schaffensprozess gestaltet haben soll. Und weiter: "Die streitgegenständliche Begriffsauflistung erschöpft sich in der Verwendung allgemeingebräuchlicher Begriffe aus dem Haustier- und Veterinärbereich in einer ebenfalls allgemeingebräuchlichen Auflistung in Kästchenform zum Ankreuzen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. LG München I: Urheberschaft an den Gemälden Paris Bar Version 1-3 _____________________________________________________________ Die für das Urheber- und Designrecht zuständige 42. Zivilkammer des Landgerichts München I hat heute im Rechtsstreit zwischen dem Künstler Götz Valien und der Nachlassverwalterin des Künstlers Martin Kippenberger ein Urteil gefällt (Az. 42 O 7449/22). Sie hat entschieden, Götz Valien ist neben Martin Kippenberger nach § 8 Abs. 1 UrhG Miturheber verschiedener Versionen des Gemäldes „Paris Bar“ und daher als solcher namentlich zu nennen, § 13 UrhG. Ob sich aus der festgestellten Miturheberschaft weitere Ansprüche ergeben, ist nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen und folglich ist hierüber auch keine Entscheidung getroffen worden. Auf die Widerklage der Beklagten hin hat der Kläger den Anspruch der Beklagten anerkannt, das Gemälde „Paris Bar Version 3“ nicht als Alleinurheber auszustellen. Folgender Sachverhalt lag dem Rechtsstreit zugrunde: Martin Kippenberger beauftragte ein Berliner Kinoplakatmalunternehmen, seine auf einem Foto festgehaltene Ausstellungshängung in der Paris Bar in Berlin auf eine große Leinwand zu malen. Der Kläger, Götz Valien, fertigte 1992 das gewünschte Gemälde („Paris Bar Version 1“), welches bis 2004 in der Paris Bar hing. Ein halbes Jahr später erstellte er im Auftrag nach Fotovorlage ein weiteres Gemälde, das das erste Gemälde als Bild-im-Bild an der Wand der Paris Bar darstellt („Paris Bar Version 2“). Der Kläger malte ab 1993 ein drittes Gemälde, „Paris Bar Version 3“, das geringfügige Änderungen gegenüber der „Paris Bar Version 1“ enthält. Dieser stellte er 2022 in einer Ausstellung in Berlin aus, wobei er sich als Alleinurheber des Gemäldes benannte. Die Beklagte nannte weder den Kläger in dem von ihr herausgegebenen Werksverzeichnis zum Oeuvre Kippenbergers noch in ihren im Internet wiedergegebenen Reproduktionsgenehmigungen zu Werken Kippenbergers als Miturheber der Gemälde „Paris Bar 1“ und „Paris Bar 2“. Die erkennende Kammer urteilte, der Kläger sei neben Kippenberger als Miturheber der Gemälde im Sinne des § 8 Abs. 1 UrhG anzusehen. Dem Kläger sei bei der Schaffung der Gemälde ein hinreichend großer Spielraum für eine eigenschöpferische Leistung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG geblieben, welcher von ihm genutzt worden sei. Er habe mit dem Gemälde „Paris Bar Version 1“ eine einladende, lebendige und warme Atmosphäre der Ausstellung in der Paris Bar gefertigt, die sich so auf der fotografischen Vorlage der Ausstellung nicht finde und ihm auch nicht von Kippenberger vorgegeben worden sei. Diese eigentümliche Atmosphäre habe der Kläger bei der Erstellung des Gemäldes „Paris Bar Version 2“ wieder aufgegriffen und damit auch diesem Werk seine individuelle Handschrift verliehen. Als Folge des Urteils hat die Beklagte bei Verwertungshandlungen in Bezug auf die Werke „Paris Bar Version 1“ und „Paris Bar Version 2“ den Kläger neben Kippenberger als Miturheber namentlich anzuführen. Weitere Ansprüche hat der Kläger gegenüber der Beklagten nicht geltend gemacht. Der Kläger seinerseits hat anerkannt, das Gemälde „Paris Bar 3“ nicht als Alleinurheber ausstellen zu dürfen.
Quelle: Pressemitteilung des LG MÜnchen I v. 07.08.2023
Die Klägerin wehrte sich gegen eine Berichterstattung auf dem Blog des Beklagten. Der Beklagte war medienrechtlicher Verantwortlicher der Internetseite buergerplattform-schweinfurt.de, auf der über die berufliche Umstände der Klägerin, u.a. staatsanwaltliche Ermittlungen, ein Artikel erschien. Die Klägerin machte geltend, dass der Beklagte nach den Grundsätzen der presserechtlichen Verdachtsberichterstattung verpflichtet gewesen sei, bei ihr vorab eine Stellungnahme einzuholen. Da dies unterlassen worden sei, sei die Darstellung rechtswidrig. Dem folgte das LG Schweinfurt nicht und wies die Klage ab.
Bei einem privaten Blog würden diese für die Presse entwickelten Prinzipien nicht zur Anwendung kommen:
"Der Bundesgerichtshof macht in seiner Entscheidung durchgehend deutlich, dass die von ihm aufgestellten Anforderungen nur für die Presse bzw. Medien gelten sollen (BGH a.a.O. Rn. 18: „Die Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt richten sich dabei nach den Aufklärungsmöglichkeiten. Sie sind für die Medien grundsätzlich strenger als für Privatleute.“; Rn. 28: „… pressemäßige Sorgfalt und Wahrheitspflicht …“). (...) Und weiter: "Die Internetseite, für die der Beklagte medienrechtlich verantwortlich war, zählte nicht zu den Telemedien mit journalistisch-redaktionell Inhalten gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 MStV, für die besondere Rechte und Pflichten gemäß §§ 19 ff MStV gelten. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 10. Datenschutzbehörde Österreich: Rechtsmissbrauch bei DSGVO-Auskunft, wenn Anspruchsteller gegen Geldzahlung auf Ansprüche verzichtet _____________________________________________________________ Es liegt ein rechtsmissbräuchliches Handeln vor, wenn der Anspruchsteller einer DSGVO-Auskunft anbietet, auf sein Begehren gegen Zahlung eines Schadensersatzes iHv. 2.900,- EUR einzustellen (Datenschutzbehörde Österreich, Bescheid v. 21.02.2023 - Az.: 2023-0.137.735).
Der Beschwerdeführer monierte außergerichtlich gegen einen Webseiten-Betreiber, dass dieser zu Unrecht seine personenbezogenen Daten verarbeiten würde. Er verlangte u.a. eine DSGVO-Auskunft und schrieb:
"Bezugnehmend auf ihre Schreiben an mich muss ich ihnen leider mitteilen, dass sie meine Daten widerrechtlich verarbeiten, Ihre Pflichten aus Art 15 DSGVO unvollständig und fehlerhaft erfüllt haben und mich daher ihr nachlässiger Umgang mit dem Thema Datenschutz nicht nur massiv nervt, sondern mir auch erhebliches Unwohlsein bereitet. Der Webseiten-Betreiber ging auf das Angebot nicht ein, woraufhin der Beschwerdeführer die Österreichische Datenschutzbehörde einschaltete.
Dies lehnte jedoch weitere Maßnahmen ab, da ein klarer Fall von Rechtsmissbrauch vorliege:
"Gemäß Art. 57 Abs. 4 DSGVO kann die Aufsichtsbehörde bei offenkundig unbegründeten oder – insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung – exzessiven Anfragen eine angemessene Gebühr auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen oder sich weigern, aufgrund der Anfrage tätig zu werden. (...) zurück zur Übersicht |