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Newsletter vom 16.05.2012 |
Betreff: Rechts-Newsletter 20. KW / 2012: Kanzlei Dr. Bahr |
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____________________________________________________________ 1. BGH: Internationale Zuständigkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen _____________________________________________________________ Der Kläger wurde im Jahr 1993 zusammen mit seinem Bruder wegen Mordes an dem Schauspieler Walter Sedlmayr zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Januar 2008 wurde er auf Bewährung entlassen. Er verlangt von einem in der Republik Österreich geschäftsansässigen Medienunternehmen, es zu unterlassen, über ihn im Zusammenhang mit der Tat unter voller Namensnennung zu berichten. Das beklagte Unternehmen hielt auf seiner Internetseite bis zum 18. Juni 2007 eine auf den 23. August 1999 datierte, von einem anderen Anbieter übernommene Meldung zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit. Darin hieß es unter Nennung des Vor- und Zunamens des Klägers wie seines Bruders wahrheitsgemäß u. a., beide wendeten sich nunmehr, neun Jahre nach dem Mord, mit einer Verfassungsbeschwerde gegen ihre Verurteilung wegen der Tat. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der u. a. für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Sache mit Beschluss vom 10. November 2009 dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Klärung der Fragen vorgelegt, unter welchen Voraussetzungen die internationale Zuständigkeit der Gerichte für Unterlassungsklagen gegen Internetveröffentlichungen von in einem anderen EU-Mitgliedstaat niedergelassenen Anbietern anzunehmen ist und ob sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach deutschem Recht oder gemäß dem Herkunftslandprinzip der e-commerce-Richtlinie nach österreichischem Recht richtet. Der Gerichtshof hat hierüber durch Urteil vom 25. Oktober 2011 entschieden. Aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht, da sich der Mittelpunkt der Interessen des Klägers in Deutschland befindet. Er hat darüber hinaus entschieden, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nach deutschem Recht zu beurteilen ist, weil der Erfolgsort in Deutschland liegt. Denn hier wird die Achtung, die der in Deutschland wohnhafte Kläger in seinem Lebenskreis in Deutschland genießt, gestört. Die - jeweils im Einzelfall vorzunehmende - Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens mit dem Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit führte wie in den Parallelverfahren (vgl. Pressemitteilungen 255/2009 und 30/2010) zum Vorrang des Rechts der Beklagten auf freie Meinungsäußerung. Der Senat hat die Klage deshalb abgewiesen. Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08
LG Hamburg - Entscheidung vom 18. Januar 2008 - 324 O 548/07
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 08.05.2012
Der Kameramann hatte den Abtransport des 1962 an der Berliner Mauer von Soldaten der NVA bei einem Fluchtversuch angeschossenen und tödlich verwundeten DDR-Bürgers Peter Fechter gefilmt. Die Beklagten hatten die Filmsequenz verwertet und waren von den Klägern auf Unterlassung der Verwertung in Anspruch genommen worden. Die Berliner Richter (KG Berlin, Urt. v. 28.03.2012 - Az.: 24 U 81/11) lehnten einen Unterlassungsanspruch ab, da die von dem Kameramann aufgenommene Filmsequenz weder ein Filmwerk darstelle noch diese einzelne Lichtbildwerke im Sinne des Urheberrechts enthalte. Die Filmsequenz weise schon nicht die erforderliche Schöpfungshöhe auf. Bei der Aufnahme sei es in erster Linie darauf angekommen, das vorgefundene, vorgegebene Geschehen in der Kürze der dem Kameramann zur Verfügung stehenden Zeit so vollständig und klar wie möglich aufzuzeichnen, nicht jedoch darauf, gefilmte Szenen dramaturgisch oder in der Darstellung zu gestalten. Es sei nicht ersichtlich, welche eigenschöpferische, über das reine Handwerk hinausgehende gedankliche Leistung der Aufnehmende anlässlich der Herstellung der streitigen Filmaufnahme erbracht haben solle.
Ein etwaiger Anspruch sei im übrigen auch verwirkt. Der Anspruch sei für einen Zeitraum von rund 48 Jahren nicht geltend gemacht worden, obwohl der Kameramann den klägerseits angenommenen Verstoß gegen seine Rechte gekannt habe oder bei der gebotenen Wahrung seiner Interessen haben kennen müssen. Die Beklagten hätten folglich mit der Duldung ihres Verhaltens durch etwaige Berechtigte rechnen dürfen.
Es handele sich bei einer Abmahnung wegen Markenrechtsverletzung um eine Kennzeichenstreitsache im Sinne des Markengesetzes. Die sich ebenfalls mit dieser Thematik beschäftigende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffe lediglich die – insoweit verneinte – Frage, ob die die Erstattungsfähigkeit von im gerichtlichen Verfahren entstandenen Patentanwaltskosten treffende Regelung des § 140 Abs.3 MarkenG auch (analog) anwendbar sei, soweit es um die Erstattungsfähigkeit vorgerichtlicher Abmahnkosten für einen Patentanwalt gehe.
Die Richter verkannten dabei nicht, dass sich im Einzelfall ein gewisser Wertungswiderspruch ergeben könne, wenn die Kosten des für die kennzeichenrechtliche Abmahnung zusätzlich beauftragten Patentanwalts nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen nicht erstattungsfähig seien, während im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren, in dem (nur noch) die Kosten für diese Abmahnung eingeklagt würden, die Kosten des hierfür hinzugezogenen Patentanwalts erstattungsfähig seien.
Der Kläger hatte mit der Beklagten Spielsperrverträge geschlossen. Trotz dieser Spielsperrverträge war dem Kläger der Zugang zu zwei Filialen sowie die Bespielung von Automaten der Beklagten gestattet worden. Hierbei hatte er nahezu 60.000,- EUR verloren. Diese forderte er im Wege des Schadensersatzes von der Beklagten und erhielt von den Hamburger Richtern Recht. Durch die Ermöglichung des Zugangs des Klägers zu den Automatenspielbereichen habe die Beklagte gegen die Pflicht verstoßen, ein Zustandekommen von Spielverträgen mit dem Kläger zu verhindern. Die Beklagte habe aufgrund der Spielsperrverträge im Rahmen des Zumutbaren und Möglichen in ihren Betrieben durch Kontrollen das Zustandekommen von Spielverträgen mit dem Kläger als gesperrten Spieler verhindern müssen.
Nach Auffassung des Gerichts sei eine Ausweiskontrolle durch einen Mitarbeiter und einen Abgleich mit den Daten der gesperrten Spieler zumutbar und möglich gewesen.
In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit hatte die Klägerin die Beklagte wegen Irreführung abgemahnt. Die Beklagte unterzeichnete die strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, verstieß gegen diese jedoch in der Folgezeit und wurde von der Klägerin auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch genommen. Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, die Abmahnung sei nicht berechtigt, sie sei mithin zur Abgabe der Unterlassungserklärung nicht verpflichtet gewesen. Dies sahen die Richter anders. Die Parteien hätten einen privatrechtlichen Unterlassungsvertrag abgeschlossen, an dessen Inhalt sich beide Parteien prinzipiell festhalten lassen müssten. Selbst wenn die Beklagte sich bei Abgabe der Erklärung in einem Irrtum über die Wettbewerbswidrigkeit ihres Handelns befunden hätte, stellte dies lediglich einen unbeachtlichen Irrtum im Beweggrund dar und rechtfertige keine Anfechtung.
Die Klägerin habe auch nicht rechtsmissbräuchlich gehandelt. Denn die von der Klägerin in der Abmahnung vertretene Rechtsauffassung im Hinblick auf die irreführende Werbung der Beklagten sei richtig.
Der beklagte Verband hatte die Werbung als wettbewerbswidrig beanstandet, woraufhin der Kläger negative Feststellungsklage erhob. Das OLG Jena (Urt. v. 04.04.2012 - Az.: 2 U 864/11) gab dem Kläger Recht und verneinte einen Unterlassungsanspruch des Beklagten. Die streitgegenständliche Ankündigung der Gewährung eines Einkaufsgutscheins von bis zu 3,- EUR für den Fall, dass auf einem Rezept drei verschreibungspflichtige Medikamente verschrieben würden, überschreite nicht die Spürbarkeitsschwelle nach dem Wettbewerbsrecht. Der Kläger habe sich daran gehalten, dass "pro verschreibungspflichtiges Medikament" lediglich ein Einkaufsgutschein im Wert von einem Euro gewährt werde. Daran ändere auch nichts, dass er „pro Rezept“ maximal einen Einkaufsgutschein im Wert von maximal drei Euro gewähre. Denn dies habe seine Begründung allein darin, dass es grundsätzlich möglich sei, auf einem (Kassen-)Rezept bis zu drei Medikamente zu verschreiben.
Richtiger Bezugspunkt bei der Beurteilung der Bonusgewährung von einem Euro müsse nach Auffassung des Senats das verschriebene Medikament sein. Es wäre willkürlich, ein System für lauterkeitsrechtlich unbedenklich zu halten, wenn der Kunde, dem mehrere Medikamente auf verschiedenen Rezepten verschrieben worden seien, die er einzeln einlöse, einen Bonus für jedes verschriebene Medikament erhalte, das Bonussystem aber für unlauter zu halten, wenn er alle verschriebenen Medikamente "auf einmal" einlöse.
Zum Sachverhalt: Der klagende Händler betreibt in Schleswig-Holstein einen Einzelhandel mit Edelmetallen, Edelsteinen, Perlen und Schmuck. Er kauft auch Gold an. Außerhalb seines Geschäfts führt er in zeitlichen Abständen Ankaufaktionen an anderen Orten durch, die er jeweils in Zeitungen und durch Plakate ankündigt und die u.a. in einem Bäckereicafe stattfinden. Die Beklagte betätigt sich ebenfalls im Goldankaufgewerbe. Sie sieht die Aktionen des Klägers außerhalb seines Geschäftslokals als wettbewerbswidrig an und mahnte den Kläger ab. Dieser wiederum verlangt mit seiner Klage die Feststellung, dass der Beklagten ein Unterlassungsanspruch nicht zustehe. Der Kläger ist der Ansicht, dass er nicht wettbewerbswidrig handele, weil er kein Reisegewerbe betreibe. Aus den Gründen: Die Goldankaufaktionen sind wettbewerbswidrig und damit zu unterlassen. Nach der Gewerbeordnung ist der Ankauf von Edelmetallen im Reisegewerbe verboten (§ 56 Abs. 1 Nr. 2a GewO). Der Kläger kauft gewerbsmäßig und zwar ohne vorhergehende Bestellung und außerhalb seiner gewöhnlichen Niederlassung Waren an und übt damit ein Reisegewerbe aus. Weil die Initiative zum Ansprechen des Kunden von dem Gewerbetreibenden ausgeht, erfolgt der Ankauf "ohne vorherige Bestellung". Die Initiative zu den Verkaufsverhandlungen ist dem Unternehmer zuzuschreiben, der durch Ankündigungen in der Presse und durch Aushänge auf sich aufmerksam gemacht hat. Zwar mag es Fälle geben, in denen Kunden auf Grund von Bekanntmachungen die Ankaufsaktionen des Klägers gezielt aufsuchen und daher eine konkrete "Überrumpelungsgefahr" nicht entsteht. Jedenfalls die (anderen) Kunden, die zufällig in der Bäckerei auf die Ankaufsstelle des Klägers treffen und in Vertragsverhandlungen eintreten, laufen Gefahr, überrumpelt zu werden. Neben dem "Überrumpelungsschutz" verfolgt das Reisegewerberecht auch das Ziel der Überwachung des Gewerbetreibenden. Es soll eine "Anbieterflüchtigkeit" verhindert werden. Im Interesse der Kunden ist deshalb bei bestimmten Gewerbezweigen, wie dem Handel mit Gold, die Tätigkeit im Reisegewerbe verboten. Diese besonderen Gewerbe sollen zum Schutz vor unzuverlässigen Anbietern nur von einer Niederlassung aus betrieben werden, damit eine behördliche Kontrolle jederzeit möglich ist und der Kunde bei Bedarf auf den Unternehmer gegebenenfalls zur Rückabwicklung des Vertrages oder aus sonstigen Gründen zugreifen kann. Im vorliegenden Fall hat der Kläger an den Standorten keine feste Geschäftseinrichtung und damit keine Niederlassung. Es ist nicht sicher vorhersehbar, ob überhaupt und wann er in dem Bäckereicafe wieder anwesend sein wird. (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24.04.2012, Aktenzeichen 6 U 6/11)
Quelle: Pressemitteilung des OLG Schleswig-Holstein v. 03.05.2012
Die Beklagte betrieb einen Online-Shop für Sportbekleidung. Sie hatte Werbung per E-Mail an einen Dritten versandt. Auf die Beanstandung des Klägers, der das Werbeverhalten für wettbewerbswidrig hielt, erwiderte die Beklagte, es liege eine wirksame Einwilligung des Dritten in die E-Mail-Werbung vor. Dies beurteilten die Berliner Richter anders. Eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Einwilligung liege nicht vor. Eine solche ergebe sich insbesondere nicht aus dem von der Beklagten vorgelegten Schreiben des Dritten mit der Auflistung der angeblich eingetragenen Daten. Die Beklagte habe auch keinen Ausdruck der von ihr behaupteten Bestätigungs-Mail des Dritten vorgelegt. Darüber hinaus seien die von der Beklagten zur Rechtfertigung ihrer Werbung in Anspruch genommenen Einverständniserklärungen unwirksam. Eine wirksame Einwilligung in eine Werbung unter Verwendung von elektronischer Post (E-Mail, SMS und MMS) setze eine gesonderte, nur auf die Einwilligung in eine solche Werbung bezogene Zustimmungserklärung des Betroffenen voraus. Eine Einwilligung, die in Textpassagen enthalten sei, die auch andere Erklärungen oder Hinweise enthalte, wie dies bei der Beklagten der Fall sei, werde diesen Anforderungen nicht gerecht. Auch müsse die Einwilligung für den konkreten Fall erteilt worden sein. Hier liege eine unzulässige "Generaleinwilligung" vor, da ein nicht eingegrenzter Kreis von nicht genannten Unternehmen aus allen möglichen Branchen mit allen Werbemitteln solle werben dürfen.
Schließlich rechtfertige auch ein erteiltes Einverständnis mit der Zusendung von Werbe-E-Mails eine solche lediglich in der darauf folgenden Zeit. Bei zwischenzeitlichem Verstreichen eines Zeitraums von über 1,5 Jahren wie im vorliegenden Fall müsse von einem Erlöschen wegen Zeitablaufs ausgegangen werden. Das behauptete Einverständnis beziehe sich dann nicht mehr auf den "konkreten Fall".
Die Kägerin unterhielt einen Internetauftritt, über den sie Beleuchtungsmittel für Kraftfahrzeuge veräußerte. Die Beklagte bot Hauptscheinwerferlampen über die Internetplattform eBay zum Verkauf an, die keine Straßenzulassung hatten und nicht mit einem E-Prüfzeichen versehen waren. Die Klägerin sah darin ein unlauteres Verhalten und nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Zu Recht, wie die Bochumer Richter entschieden. Nach der StVZO müssten Scheinwerfer für Fernlicht und für Abblendlicht in einer amtlichen genehmigten Bauart ausgeführt sein. Derartige Fahrzeugteile dürften nur zur Verwendung im Geltungsbereich der StVZO angeboten werden, wenn sie mit einem amtlich vorgeschriebenen und zugeteilten Prüfzeichen gekennzeichnet seien.
Ein derartiges Prüfzeichen hätten die von der Beklagten angebotenen Hauptscheinwerferlampen nicht. Dass die Beklagte darauf in dem eBay-Angebot hingewiesen habe, sei unzureichend, da der potentielle Kunde zunächst davon ausgehe, ein Ersatzteil für den normalen Autobetrieb zu erwerben.
Die Klägerin hatte Kochrezepte entwickelt und verfasst und als Rezeptsammlungen im Internet zum Kauf angeboten. Die Beklagte vertrieb über das Internet mehr als 70 Rezeptsammlungen, wobei vorgenannte Sammlungen ebenso wie die Kochbücher der Klägerin Rezepte für bestimmte Tupperware-Produkte enthielten. Die Klägerin ging gegen den Beklagten wegen Verletzung ihrer urheberrechtlich geschützten Rechte an den Rezeptsammlungen vor. Die Frankfurter Richter gaben der Klägerin Recht. Bei den beiden Rezeptbüchern der Klägerin handele es sich um Sammelwerke im Sinne des Urheberrechts, sprich um Sammlungen von Werken, Daten oder unabhängigen Elementen, die aufgrund der Auswahl oder Anordnung der Elemente eine persönliche geistige Schöpfung darstellten. Die Klägerin sei als Erste auf die Idee gekommen, besonders geeignete Rezepte für bestimmte Kochutensilien der Firma Tupperware in einem Kochbuch zusammenzustellen. Dass die Klägerin als Urheberin bei der Erschaffung ihrer Werke auf Vorbekanntes zurückgegriffen habe, sei beklagtenseits weder dargelegt noch unter Beweis gestellt worden.
Geklagt hatte ein Wettbewerbsverein, weil die Beklagte in ihren Filialen Fischprodukte mit den Bezeichnungen "FISCH & FERTIG", "Absolute Frische bei sofortigem Genuss" und "Frischfisch" verkauft hatte. Die Aussage "FISCH & FERTIG" verstehe der Verbraucher als Beschreibung des in der Verpackung enthaltenen Produkts und gehe davon aus, dass der Fisch zum einen frisch, zum anderen fertig zum Verzehr sei. Diese Voraussetzungen träfen indessen nicht zu, da der Fisch mittels Konservierungsstoffen zum Verzehr industriell haltbar gemacht worden, mithin nicht frisch sei. Gleiches gelte für die Aussage "Absolute Frische bei sofortigem Genuss" und die Bezeichnung "Frischfisch" im Zutatenverzeichnis, die dem Verbraucher die Frische des Fisches ebenfalls suggerierten. Tatsächlich sei der Fisch gekühlt und wieder aufgetaut worden.
Im NDR-Fernsehen wurde am 20. Mai 2010 ein Beitrag gesendet über "20 Jahre Widerstand im Wendland". Dabei wurde auch die Kletteraktivistin portraitiert, und der Bericht wurde mit Filmmaterial von Castor-Transporten unterlegt, bei denen sich die junge Frau aktiv beteiligt hatte. Der Polizeisprecher äußerte in diesem Zusammenhang unter anderem: "... absolut nervig, und das ist absolut krank, was sie macht ...". Weiter meinte er: "Es ist immer die Sorge um den Menschen ...., die also uns veranlasst, überhaupt tätig zu werden, sonst könnten wir sie ja hängen lassen. Aber die ist ja so verrückt, dass sie gar nicht wieder runter kommt, freiwillig manchmal, also dass wir Angst haben müssen, ihre Kräfte werden erlahmen, und irgendwann fällt sie runter und ist schwer verletzt...". Weiterhin: "...und das ist ein Störfaktor, das muss man irgendwann dann mal unterbinden...". Mit der im August 2010 erhobenen Klage möchte die Kletteraktivistin den Widerruf der Äußerung erreichen und die Unterlassung vergleichbarer Äußerungen. Sie meint, die Äußerung des Polizeisprechers habe beleidigenden Inhalt, es handele sich um unsachliche Schmähkritik. Sie sei als Politaktivistin in der Öffentlichkeit bloßgestellt worden und in ihrer Sozialsphäre verletzt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt: In den von dem Polizeisprecher verwendeten Begriffen liegt keine ehrverletzende Schmähkritik, die Meinungsäußerungen bewegen sich vielmehr im Rahmen dessen, was die Kletterkünstlerin aushalten muss. Dabei ist ihre eigene Exponierung in der Öffentlichkeit in Rechnung zu stellen. Ihr Schutzniveau aus dem Persönlichkeitsrecht steht nämlich in einem Wechselverhältnis mit ihrer bewusst gesuchten Exponierung in der Öffentlichkeit. Wer sich wie die junge Frau als Aktionskletterkünstlerin zu einer Person des Zeitgeschehens macht, muss auch mehr Kritik hinnehmen als jemand, der außerhalb der öffentlichen Diskussion steht. Aus dem Gesamtzusammenhang des Interviews wird zudem deutlich, dass es dem Polizeisprecher nicht um eine Herabwürdigung oder Diffamierung in persönlicher Hinsicht gegangen ist. Bewertet wurden vielmehr nur die Kletteraktionen als solche. Aktionen der Kletterkünstlerin mussten von Spezialklettertruppen der Polizei beendet werden, was für diese Kräfte nicht ungefährlich gewesen ist. Wenn der Polizeibeamte seine Angst äußert, die Kräfte der Aktivistin könnten erlahmen und sie falle und werde schwer verletzt, zeigt dies zugleich auch die Sorge um den Schutz der Gesundheit und des Lebens der Aktivistin. Bei einer Gesamtschau sind die Äußerungen des Polizeibeamten scharf formuliert und durchaus deutlich überspitzt, die Äußerungen sind aber kein Angriff auf die Persönlichkeit der Kletteraktivistin, sondern eine noch verständliche hinzunehmende Abwehrreaktion gegenüber ihren waghalsigen Aktionen. Gegen das Urteil kann das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Berufung zulassen. Urteil vom 09.05.2012, Az.: 1 A 192/10
Quelle: Pressemitteilung des VG Lüneburg v. 09.05.2012
Gegenstand der Verfahren war der Widerruf der Zulassung zum Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Magdeburg und Halle sowie einer unselbständigen Zweigstelle der Spielbankhalle in Wernigerode, der durch den Bescheid des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt vom 20.1.2012 ausgesprochen wurde. Das Gericht hat in beiden vorliegenden Verfahren die Zugehörigkeit der erteilten Genehmigungen zur Insolvenzmasse verneint. Aus diesem Grunde wurde auch die Klage des Insolvenzverwalters abgewiesen sowie der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz des Insolvenzverwalters abgelehnt. In einem weiteren Klageverfahren hat die Spielbanken Sachsen-Anhalt GmbH ebenfalls gegen den Widerruf der vorgenannten Genehmigungen Klage erhoben. Diese Klage wurde von dem Gericht für zulässig erachtet, aber als unbegründet abgewiesen. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass hier das beklagte Ministerium im Januar 2012 zum Erlass der streitbefangenen Widerrufsverfügung berechtigt gewesen ist und aufgrund der wirtschaftlichen Situation die Befugnis des beklagten Ministeriums zum Widerruf der Zulassungen gegeben war. Gegen die Urteile kann innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden. Gegen den Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist die Beschwerde möglich. Urteil vom 10.05.2012, Az.: 3 A 53/12 MD, 3 B 82/12 MD sowie 3 A 57/12 MD
Quelle: Pressemitteilung des VG Magdeburg v, 10.05.2012
Die 11. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat den für die Verbreitung der Bewertung (rein technisch und nicht als Urheber) verantwortlichen Betreiber des Internetforums vorläufig zur Unterlassung verpflichtet. Ein Nutzer hatte die Bewertung seiner zahnärztlichen Implantatbehandlung anonym in das Forum eingestellt und darin zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger ein fachlich inkompetenter Zahnarzt sei, der vorrangig eigene wirtschaftliche Interessen verfolge und hierbei das Interesse seiner Patienten an einer dem medizinischen Standard entsprechenden Behandlung außer Acht lasse. Hiermit war der Zahnarzt nicht einverstanden. Er wies den Provider darauf hin, dass er – auch nach Durchsicht aller Patientenunterlagen - eine der Bewertung zugrunde liegende Implantatbehandlung in dem angegebenen Zeitraum gar nicht durchgeführt habe, die Bewertung folglich schon aus diesem Grund falsch sei. Der Provider fragte darauf hin bei seinem Kunden lediglich nach, ob sich der Sachverhalt so zugetragen habe wie von ihm dargestellt. Dies bejahte der Verfasser, dessen Identität nach wie vor allein dem Provider bekannt ist. Mit dieser Antwort gab sich der Provider zufrieden. Er berief sich zudem auf das gemäß Telemediengesetz schützenswerte Anonymisierungsinteresse des Beitragsverfassers und schließlich darauf, dass wegen der ärztlichen Schweigepflicht eine „Pattsituation“ hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes der widerstreitenden Angaben bestehe. Die vom Zahnarzt gerichtlich gerügten Teile der Bewertung löschte er nicht. Die 11. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat jetzt vorläufig festgestellt, dass der Internetprovider auf die konkrete Beanstandung des betroffenen Zahnarztes hin den Sachverhalt sorgfältiger hätte prüfen und sich von seinem Kunden einen Nachweis dafür hätte vorlegen lassen müssen, dass die Behandlung tatsächlich stattgefunden hat. Weil dies nicht geschehen sei und eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Zahnarztes möglicherweise vorliegen könnte, hafte der Internetprovider - ungeachtet der Frage, ob die Bewertung zutreffend ist - nach den Grundsätzen der sogenannten Störerhaftung auf Unterlassung. Der Streit um die Bewertung des Zahnarztes dürfte damit nicht abgeschlossen sein. Der Internetprovider hatte bereits im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17.04.2012 angekündigt, im Falle seines Unterliegens das Hauptsacheverfahren zu betreiben und hier dem Wahrheitsgehalt der Bewertung auf den Grund gehen zu wollen. (Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 08.05.2012, Az. 11 O 2608/12)
Quelle: Pressemitteilung des LG Nürnberg-Fürth v. 08.05.2012
Die Beklagte betrieb eine Praxis für Hundepsychotherapie, für welche sie mit einem Flyer warb. Auf diesem fand sich unter der Überschrift "Meine Ausbildung" u.a.: "Studium der Naturheilkunde bei der ATM". Die Richter urteilten, es handele sich nicht um eine irreführende Handlung im Sinne des Wettbewerbsrechts. In den Verkehrskreisen, an die die Werbung der Beklagten gerichtet sei, entstehe nicht die Fehlvorstellung, die Beklagte habe ein Hochschulstudium absolviert. Der Begriff "Studium" sei mehrdeutig und bezeichne auch die intensive Beschäftigung mit einer Sache. Auch die Nennung des Instituts (ATM), bei dem das Studium durchgeführt worden sei, verhindere eine Verwechslungsgefahr mit einem Hochschulstudium. Denn staatliche Universitäten oder Fachhochschulen trügen in ihrem Namenskürzel gewöhnlicherweise den Buchstaben U oder die Buchstaben FH.
Zudem sei allgemein bekannt, dass es kein Hochschulstudium der Naturheilkunde geben, worauf auch die lediglich zweijährige Ausbildungszeit hinweise.
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