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Newsletter vom 16.06.2010 |
Betreff: Rechts-Newsletter 24. KW / 2010: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BVerwG: Speicherung in Datei "Gewalttäter Sport" rechtmäßig geworden _____________________________________________________________ Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute eine Klage abgewiesen, mit der der Kläger die Löschung seiner Daten in der beim Bundeskriminalamt eingerichteten Datei "Gewalttäter Sport" erreichen wollte. Der Kläger ist Anhänger des Fußballvereins Hannover 96. Am 24. Mai 2006 besuchte er ein Regionalliga-Spiel im Leine-Stadion in Letter. Kurz nach Spielbeginn betrat eine Gruppe von ca. 30 bis 40 Anhängern von Hannover 96 - darunter der Kläger - das Stadion, überkletterte die Absperrung und lief vor den gegnerischen Fan-Block. Aus der Gruppe wurden zwei bis drei Feuerwerkskörper, ein Bengalfeuer und ein fester Gegenstand - möglicherweise ein Stein - geworfen. Nach Zeugenberichten lief der Kläger mit an der Spitze der Gruppe. Das gegen ihn wegen Landfriedensbruchs eingeleitete Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft gem. § 170 StPO eingestellt, weil dem Kläger eine Beteiligung an Ausschreitungen in der Menge nach Zeugenaussagen nicht nachzuweisen war. Auf ein von ihm gestelltes Auskunftsersuchen teilte die beklagte Polizeidirektion Hannover dem Kläger mit, dass er "im Zusammenhang (….) mit einem polizeilichen Einschreiten am 24. Mai 2006" wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs in der Verbunddatei "Gewalttäter Sport" "insbesondere" mit den Daten Name und Vorname, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Personalausweisdaten und Vereinszuordnung erfasst sei und dass die Löschung des Datensatzes am 24. Mai 2011 anstehe. Mit seiner auf Löschung gerichteten Klage hatte er beim Verwaltungsgericht Hannover und beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg Erfolg: Die Datei "Gewalttäter Sport" sei errichtet und betrieben worden, ohne dass der Bundesminister des Innern eine gem. § 7 Abs. 6 BKAG vorgesehene Verordnung über die Art der zu speichernden Daten erlassen habe. Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts legte die Polizeidirektion Revision zum Bundesverwaltungsgericht ein. Am 28. Mai 2010 hat das Bundesministerium des Innern einen Verordnungsentwurf vorgelegt, dem der Bundesrat am 4. Juni 2010 zugestimmt hat. Die Verordnung ist heute in Kraft getreten. Auf dieser Grundlage hat das Bundesverwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es ist dem Einwand des Klägers nicht gefolgt, die weitere Speicherung seiner Daten sei nach der Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht zulässig. Nach § 8 Abs. 3 BKAG ist die Speicherung nur dann unzulässig, wenn sich aus den Gründen der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsentscheidung ergibt, dass der Betroffene die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat. Das war hier nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht der Fall. BVerwG 6 C 5.09 - Urteil vom 9. Juni 2010 Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 09.06.2010 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. BGH: Firmen derselben Branche mit selbem Namen müssen Unterschied auf Webpräsenz deutlich machen _____________________________________________________________ Da es sich bei Peek & Cloppenburg um zwei unabhängige Unternehmen handelt, die unter demselben Namen in der Modebranche tätig sind und ihren Geschäftssitz jeweils in Düsseldorf und Hamburg haben, muss auf der Webseite "peek-und-cloppenburg.de" deutlich gemacht werden, dass es eigenständige, unterschiedliche Firmen sind (BGH, Urt. v. 31.03.2010 - Az.: I ZR 174/07). Bei der Klägerin handelte es sich um das Unternehmen Peek & Cloppenburg, das seinen Geschäftssitz in Hamburg hatte und seit 1997 Inhaberin der Domain "peekundcloppenburg.de" war. Die Beklagte war unter dem selben Namen auch in der Modebranche tätig, hatte ihren Sitz in Düsseldorf und betrieb die Domain "peek-und-cloppenburg.de". Die Klägerin sah hierin eine unzulässige Irreführung des Verbrauchers und klagte. Zu Recht wie die BGH-Richter nun urteilten. Die Beklagte habe ihre Online-Auftritt so abzuändern, dass es für den durchschnittlichen Betrachter hinreichend deutlich werde, dass es sich um unterschiedliche, eigenständige Firmen handeln würde. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 3. KG Berlin: Bagatellverstoß von gewerblichem eBay-Händler bei unvollständiger Angabe von Versandkosten _____________________________________________________________ Das KG Berlin (Beschl. v. 13.04.2010 - Az.: 5 W 62/10) hat entschieden, dass es sich um einen nicht abmahnfähigen Bagatellverstoß handelt, wenn ein gewerblicher Kleinhändler in seinem Online-Angebot auf eBay mit dem weltweiten Versand wirbt, dabei jedoch nur die Versandkosten für Europa angibt. Beide Parteien waren Online-Händler. Der Beklagte verwendete dabei auf eBay nachfolgende Klausel: "Versand nach Europa. In alle anderen Länder weltweit auf Anfrage." Der Kläger hielt dies für wettbewerbswidrig. Die Richter des KG Berlin stuften - wie schon Ende 2007 in ihrer Entscheidung (Beschl v. 07.09.2007 - 5 W 266/07) - diesen Verstoß als bloße Bagatelle ein, die nicht abmahnfähig sei. Da es das Angebot vorwiegend an das deutsche Publikum richte und nur in seltenen Ausnahmefällen ins Ausland geliefert werde, sei die Rechtsverletzung zu vernachlässigen. Diese Rechtsauffassung wird jedoch nicht von allen Gerichten in Deutschland geteilt. So ist z.B. das OLG Hamm (Beschl. v. 28.03.2007 - Az.: 4 W 19/07) der Meinung. dass es sich um einen abmahnfähigen Verstoß handle. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 4. KG Berlin: Keine irreführende Werbung bei Hinweis auf DIN-Norm _____________________________________________________________ Eine Internet-Werbung, die auf DIN-Normen Bezug nimmt ohne ergänzende Erläuterungen, führt den Verbraucher grundsätzlich nicht in die Irre (KG Berlin, Beschl. v. 20.04.2010 - Az.: 5 W 92/10). Die Parteien waren Mitbewerber und veräußerten ihre Produkte über eBay. Der Beklagte wies bei seinen Waren u.a. auf die entsprechenden DIN-Normen hin, erläuterte dies jedoch nicht weiter. Der Kläger hielt dies für irreführend und somit für wettbewerbswidrig. Die Richter teilten diese Ansicht nicht, sondern wiesen die Klage ab. Sie begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Beklagte unter Bezugnahme auf die DIN-Norm keinen Verbraucher in die Irre führe und damit auch nicht wettbewerbswidrig handle. Schließlich sei einem durchschnittlichen Verbraucher bewusst, dass die Benennung der DIN-Norm nur den Hintergrund habe, dass die Ware den normierten Qualitätsanforderungen entspreche. Das Fehlen von erläuternden Angaben führe auch deshalb nicht zu einer Irreführung, da dieser als technischer Laie nicht in der Lage wäre, allein anhand der genannten Werte zu überprüfen, ob die Dämmung anhand der DIN-Norm zutreffend angegeben worden sei. Das Hinzufügen von erläuternden Hinweisen würde den Verbraucher daher verwirren. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 5. OLG Hamm: Mobilfunk-Ergebnisse vor Verbot der Vorratsdatenspeicherung verwertbar _____________________________________________________________ Auch wenn das BVerfG die Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklärt hat, sind Telekommunikationsdaten, die vor dem Verbot erhoben wurden, im Rahmen eines Strafverfahrens verwertbar (OLG Hamm, Beschl. v. 13.04.2010 - Az.: 3 Ws 140/10). Gegen den Angeklagten war Haftbefehl wegen Einbruchdiebstählen ergangen. Die bisherigen Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft stützten sich insbesondere auf Telekommunikationsdaten. Zu dem damaligen Erhebungszeitpunkt hatte das Verfassungsgericht das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung noch nicht für rechtswidrig erklärt. Der Verteidiger des Angeklagten war der Ansicht, die TK-Daten dürften nicht mehr verwendet werden nach dem Urteil des BVerfG und beantragte die Aufhebung des Haftbefehls. Die Hammer Richter folgten dieser Ansicht nicht. Die erhobenen TK-Daten dürften verwendet werden. Die Informationen seien gewonnen worden, bevor das BVerfG die Verfassungswidrigkeit bestimmt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei das Gericht im Wege der einstweiligen Anordnung von einer Verwertbarkeit der Telekommunikationsdaten des Angeklagten ausgegangen. Dazu habe es anhand strenger Maßgaben eine Güterabwägung vorgenommen, die aufgrund der Beeinträchtigung der betroffenen Rechtsgüter Dritter zu Lasten des Angeklagten ausgefallen sei. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 6. OLG Hamm: Versprechen mit hohen Preisvorteilen wegen Geschäftsauflösung Wettbewerbsverstoß _____________________________________________________________ Die Reklame für einen Teppichverkauf mit einem Nachlass von bis zu 75% ist wettbewerbswidrig, wenn als Begründung eine "totale Geschäftsaufgabe" angegeben wird, in Wahrheit aber eine Neueröffnung vorliegt (OLG Hamm, Urt. v. 23.03.2010 - Az.: 4 U 159/09). Der Beklagte führte einen Teppichhandel und kündigte öffentlich an, wegen Geschäftsaufgaben einen Räumungsverkauf vorzunehmen, bei dem Preisvorteile bis zu 75% möglichen waren. Ein Mitbewerber sah hierin einen Wettbewerbsverstoß, weil es sich in Wahrheit um keine Geschäftsaufgabe, sondern vielmehr um eine Neueröffnung des Betriebes handle. Die Hammer RIchter bejahten eine Rechtsverletzung. Die Verbraucher seien durch die Angaben des Beklagten in die Irre geführt worden. Durch die vermeintlich begrenzten Zeitraum, in dem ein solcher Räumungsverkauf stattfinde, erwarte der Kunde besonders günstige Preise zu erzielen, so dass eine hohe Anlockwirkung entstehe. Da es sich in Wahrheit aber um eine Neueröffnung gehandelt habe, würden die Verbraucher bewusst getäuscht, was wettbewerbswidrig sei. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. OLG Stuttgart: Werbung für eine abgrenzbare Anzahl von Arzneimitteln muss Pflichtangaben beinhalten _____________________________________________________________ Das OLG Stuttgart hat entschieden (Urt. v. 30.07.2009 - Az.: 2 U 4/09), dass in der Abbildung von Erkältungspräparaten auf LKW-Anhängern eine produktbezogene Werbung und keine allgemeine Imagewerbung eines Unternehmens zu sehen sei. Dies gelte zumindest dann, wenn neben der Abbildung eine die Wirkweise des Erkältungspräparats beschreibende Aussage abgedruckt ist. Bei der Beklagten handelte es sich um eine Arzneimittelherstellerin. Diese warb auf Seitenwänden von LKWs mittels Abbildungen von ihr hergestellter Erkältungspräparate. Darüber hinaus befand sich neben den Abbildungen der Schriftzug:
Hierin sah der Kläger, ein Wettbewerbsverband, ein Verstoß gegen das Heilmittelwerberecht. Seiner Auffassung nach sei die Beklagte verpflichtet gewesen, die in einer produktbezogenen Arzneimittelwerbung erforderlichen Pflichtangaben, wie z. B. die Inhaltsstoffe der Präparate, mit anzugeben. Dies sah das LG Ulm ebenso und verurteilte die Beklagte. Diese legte daraufhin Berufung beim OLG Stuttgart ein. Ihrer Auffassung nach habe in dem zu beurteilenden Fall eine so genannte Aufmerksamkeitswerbung vorgelegen. Eine solche sei gegeben, da die Werbung nicht das Ziel verfolgt habe, die Beworbenen von der medizinischen Relevanz der jeweiligen Produkte zu überzeugen. Dies könne man schon daran sehen, dass keines der Präparate Erkältungskrankheiten komplett abdecke. Bei einer Aufmerksamkeitswerbung seien die Pflichtangaben gerade nicht erforderlich. Das OLG Stuttgart sah dies anders und wies die Berufung zurück. Seiner Ansicht nach würde eine Aufmerksamkeitswerbung nur dann vorliegen, wenn diese keine medizinisch relevante Angabe enthalte. Dies sei durch den Hinweis auf die Anwendbarkeit bei Erkältungen aber gerade der Fall. Darüber hinaus sei auch eine nur auf das Unternehmen der Beklagten bezogene Imagewerbung nicht gegeben. Eine solche sei zu verneinen, wenn die beworbenen Präparate für den Adressaten der Werbung eingrenzbar sind. Eine solche Eingrenzbarkeit sei vorliegend zu bejahen, da ausschließlich die Erkältungspräparate und nicht die gesamte Produktpalette der Beklagten beworben worden sind. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. LG Hamburg: Online-Finanzangebote von Tchibo bedürfen einer behördlichen Genehmigung _____________________________________________________________ Das LG Hamburg (Urt. v. 03.04.2010 - Az.: 408 O 95/09) hat entschieden, dass die Online-Angebote von Tchibo (Finanzprodukte, Versicherungen) einer behördlichen Genehmigung bedürfen, denn der Kaffee-Händler tritt hier als Finanz- und Versicherungsvermittler auf. Tchibo bot auf seiner Webseite unterschiedliche Versicherungs- und Finanzverträge von Dritten an, verfügte jedoch über keine Erlaubnis nach § 34c GewO und § 34d GewO. Dies sah ein Wettbewerbsverein als rechtswidrig an und klagte auf Unterlassung. Die Hamburger Richter verurteilten Tchibo. Anhand der Tätigkeit und des Webauftritts werde deutlich, dass Tchibo nicht nur als bloßer Tippgeber agiere, der mit der eigentlichen Vermittlung nichts zu tun habe, so die Robenträger. Vom Vermittler abzugrenzen sei grundsätzlich der sogenannte Tippgeber, der gesetzlich nicht geregelt sei. Der Tippgeber stelle lediglich den Kontakt zwischen dem Interessenten und einem Vermittler bzw. dem späteren Vertragspartner her. Die Nennung von Abschlussmöglichkeiten und die Anbahnung von Verträgen stellten dann keine Vermittlung dar, wenn sie als vorbereitende Handlungen nicht auf eine konkrete Willenserklärung des Interessenten zum Abschluss eines Vertrages, der Gegenstand der Vermittlung ist, abzielen. Von dem Tippgeber, der nur Kontaktdetails weitergebe, erwartet ein potentieller Versicherungsnehmer keine Beratung. Da Tchibo auf seiner Internetseite die Versicherungs- und Finanzprodukte ausführlich präsentiere und anbiete sowie den Kontakt zu dem Versicherungs- und Finanzpartnern herstelle, fördere er ausdrücklich die Willensbildung zum Vertragsabschluss und sei als Versicherungs- und Finanzvermittler einzustufen. Da er über keine behördliche Genehmigung verfüge, handle er wettbewerbswidrig. Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die Entscheidung des LG Hamburg betrifft eine im Affiliate-Recht nach wie kontrovers diskutierte Frage: Sind Affiliates, die Versicherungen oder Finanzprodukte bewerben, bereits Vermittler und benötigen eine behördlichen Erlaubnis? Siehe dazu auch den Grundlagen-Aufsatz von RA Dr. Bahr "Kritische Angebote in Partnerprogrammen: Finanzprodukte". Die Hamburger Juristen geben auf diese Frage nun eine Antwort: Vom Finanz- und Versicherungsvermittler abzugrenzen ist grundsätzlich der sogenannte Tippgeber. Der Tippgeber bedarf keiner besonderen amtlichen Erlaubnis. Der Tippgeber stellt lediglich den Konkakt zwischen dem Interessenten und einem Vermittler bzw. dem späteren Vertragspartner her. Die Nennung von Abschlussmöglichkeiten und die Anbahnung von Verträgen stellen noch keine Vermittlung dar, wenn sie als vorbereitende Handlungen nicht auf eine konkrete Willenserklärung des Interessenten zum Abschluss eines Vertrages abzielen. Dabei berücksichtigen die Richter auch die Europäische Vermittler-Richtlinie, in er es heißt: Versicherungsvermittlung ist das "Anbieten, Vorschlagen oder Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Mitwirken bei deren Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall". Die "beiläufige Erteilung von Auskünften im Zusammenhang mit anderen beruflichen Tätigkeiten, sofern diese Tätigkeit nicht zum Ziel hat, den Kunden beim Abschluss oder der Handhabung eines Versicherungsvertrags zu unterstützen" hingegen sei keine Versicherungsvermittlung. Bedeutet im Klartext: Bei der herkömmlichen Affiliate-Werbung (z.B. "Pay per Sale") liegt kein Vermitteln vor. Anders könnte dies beim "Pay per Lead" sein. Hier steht und fällt aber alles mit der konkreten Ausgestaltung im Einzelfall. Tchibo hat inzwischen seinen Online-Auftritt überarbeitet. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 9. LG Hamburg: Pauschalhonorarklausel in Rahmenvertrag vom Bauer-Verlag nicht zulässig _____________________________________________________________ Der Rahmenvertrag des Bauer-Verlages für selbständige Fotografen ist unzulässig, da er unangemessene, einseitige Regelungen zugunsten des Unternehmens enthält (LG Hamburg, Urt. v. 04.05.2010 - Az.: 312 O 703/09). Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) klagte gegen den Bauer-Verlag, weil dieser in einem Rahmenvertrag gegenüber freien Fotografen nachfolgende Regelungen benutzte: "Mit dem vereinbarten Honorar ist in jedem Fall die Einräumung der Rechte für die erstmalige Veröffentlichung des Werkes in der Publikation abgegolten, für die das Werk geliefert wird, sowie für alle weiteren (auch digitalen) Nutzungen des Werkes in kooperierenden Titeln sowie in anderen Objekten des Verlages einschließlich der Bearbeitungsrechte. Die Hamburger Richter gaben dem DJV Recht. Der Vertrag enthalte zu unangemessene Bestimmungen, die gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen würden. Es sei ein rechtlicher Grundsatz, dass der Urheber an dem wirtschaftlichen Erfolg seines Werkes entsprechend beteiligt werde müsse. Dieses Prinzip werde der Vertrag nicht gerecht, wenn von Beginn an ein totaler Ausverkauf der Rechte gegen eine Pauschale stattfinde. Insbesondere die massiven einseitigen Regelungen (umfassende Rechteeinräumung, Freistellung Schadensersatz) verletzten unzulässig die Rechte der Fotografen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 10. LG Stuttgart: Rechte des Urhebers treten hinter Umgestaltungsinteresse von Gebäudeeigentümer zurück _____________________________________________________________ Die Rechte des Urhebers des Stuttgarter Hauptbahnhofs tritt im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen hinter dem Interesse der Deutschen Bahn, die Eigentümerin des Gebäudes ist, zurück. Auch wenn die Umgestaltung des Bahnhofs einen schweren Eingriff in das Urheberpersönlichkeitsrecht darstellt, überwiegt das Gesamterhaltung- und das Weiterentwicklungsinteresse (LG Stuttgart, Urt. v. 20.05.2010 - Az.: 17 O 42/10). Die Beklagte, die Deutsche Bahn AG, war Eigentümerin des Stuttgarter Bahnhofs und plante im Zuge des Projektes "Stuttgart 21" an dem Gebäude Umbaumaßnahmen. Der Erbe des Urhebers, der den Bahnhof als Architekt entworfen hatte, sah hierin einen unzulässigen Eingriff in die Rechte des Künstlers und klagte. Die Stuttgarter Richter wiesen die Klage ab. Die Robenträger erläuterten, dass im vorliegenden Fall eine umfassende Interessensabwägung stattzufinden habe: Einerseits das Interesse des Urhebers am Bestand seines Kunstwerkes. Andererseits das Interesse der Deutschen Bahn an den geplanten Modernisierungsmaßnahmen. Durch den teilweise geplanten Abriss des Gebäude werde zwar erheblich in die Urheberrechte eingegriffen. Letzten Endes überwiege jedoch die Position der Deutschen Bahn, da sie die Modernisierung des Gebäudes beabsichtige. Für einen solchen Standpunkt spreche insbesondere, dass bereits 3/4 der 70jährigen Schutzdauer abgelaufen seien und der verstorbene Architekt selbst damals eingewilligt habe, zweckgerichtete Umbaumaßnahmen zu gestatten. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 11. LG Würzburg: Eintrag in Internetforum wegen Vorwurf des Rechtsradikalismus nicht von Meinungsfreiheit gedeckt _____________________________________________________________ In einem Internetforum darf der Vorwurf des Rechtsradikalismus gegenüber einem Dritten nicht erhoben werden, wenn die Aussagen sich lediglich auf Äußerungen in einem Zeitungsinterview beziehen und nicht erwiesen ist, dass die Interview-Aussagen tatsächlich rechtsradikalen Bezug aufweisen (LG Würzburg, Urt. v. 19.05.2010 - Az.: 21 O 179/10). Der Beklagte äußerte sich über den Kläger, der ein Interview gegeben hatte, in einem Internet-Forum wie folgt: "(…) es sich bei den superreichen Familien in Europa, die das Wirtschaftsgeschehen in der Welt bestimmen, zumeist um khasarische, also nicht semitische Juden handle." Der Kläger sah sich hierdurch in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, weil ihm ein rechtsradikales Weltbild unterstellt werde. Die Würzburger Richter gaben dem Kläger Recht. Die Äußerungen des Beklagten seien nicht mehr durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Die Vorwürfe des Beklagten seien seine eigene Interpretation des Interviews, das der Kläger gegeben habe. Einen sachlichen Anknüpfungspunkt zu den klägerischen Äußerungen sei nicht erkennbar. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 12. AG Starnberg: Kein strafbarer erheblicher Spieleinsatz bei Lospreis von 50 Cent _____________________________________________________________ Ein Einsatz von 50 Cent ist unerheblich und somit kein strafbares Glücksspiel, so das AG Starnberg in einer aktuellen Entscheidung (AG Starnberg, Beschl. v. 18.11.2009 - Az.: 1 Cs 34 Js 41228/08 ). Dem Angeschuldigten wurde vorgeworfen, eine strafbare Lotterie zu betreiben, weil er Lose zu 50 Cent verkaufte. Das Gericht verneinte dies und sprach den Angeschuldigten von dem Vorwurf frei. Bei den 50 Cent handle es sich um einen unerheblichen Einsatz, der nicht unter die Strafnormen des StGB falle. Der Richter zog dabei die Parallele zu einer Postkarte, die 55 Cent kosten würde. Wenn dies erlaubt sei, könne ein Einsatz von 50 Cent nicht strafbar sein. Dies gelte auch dann, wenn - wie hier - ein Mitspieler mehrere Lose kaufen könne und somit die Grenze faktisch überschreite. Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit von 50-Cent-Gewinnspielen ist in der letzten Zeit zunehmend Gegenstand kontroverser Gerichtsentscheidungen. Siehe dazu grundlegend unseren jüngsten Aufsatz "Sind 50 Cent-Gewinnspiele nach dem Glücksspiel-Staatsvertrag verboten?". zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 13. Neuer Aufsatz von RA Menke: Vergünstigungen und Rabatte im Bereich der Heilmittel - Teil 1 _____________________________________________________________ Es gibt einen neuen Aufsatz von RA Menke: "Und es geht doch: Vergünstigungen und Rabatte im Bereich der Heilmittel - Teil 1". Grundsätzlich ist es Unternehmen in Deutschland erlaubt, Verbraucher durch Preisnachlässe, Bonussysteme, kleine Werbegeschenke oder Ähnliches von ihren Produkten zu überzeugen. Im Bereich der Heilmittelwerbung sind solche Marketingmaßnahmen jedoch äußerst problematisch. Das Heilmittelwerbegesetz sieht nämlich ein umfassendes Verbot der Gewährung kostenloser Vorteile bzw. von Vergünstigungen vor. Der Aufsatz zeigt den betroffenen Pharma-Unternehmen, Apothekern und Ärzten Tipps und Tricks auf, wie trotz bestehendem Verbot legal Rabatte, Vergünstigungen und Werbegeschenke ausgesprochen werden können. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 14. Law-Podcasting: Glücksspiele und Heilmittel _____________________________________________________________ Auf Law-Podcasting.de, dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es heute einen Podcast zum Thema "Glücksspiele und Heilmittel. Inhalt: In der jüngeren Vergangenheit sind die Unternehmer bei der Ausgestaltung ihrer Werbemittel immer erfinderischer geworden. So veranstalten zum Beispiel viele Firmen verstärkt Preisausschreiben, Verlosungen oder andere Gewinnspiele, um ihre Produkte zu bewerben. Dies ist zunächst nichts Neues. Neuartig ist zum Teil jedoch, dass mancherorts Gewinne ausgelobt werden, die dem Bereich der Heilmittel zuzuordnen sind. So ist es zum Beispiel schon vorgekommen, dass in einer Diskothek Brustvergrößerungen für Frauen verlost wurden. Fraglich ist, ob derartige Werbeaktionen rechtlich zulässig sind. Mit dieser Frage beschäftigt sich der heutige Podcast. Erörtert wird dies an dem Beispiel der Verlosung von Brustvergrößerungen. Mit "Heilmittel & Recht" unterhält die Kanzlei Dr. Bahr ein eigenes Informations-Portal zum großen Bereich des Heilmittelwerberechts. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 15. Law-Vodcast: Deutsche Datenschutzkontrolle verletzt Europäisches Recht _____________________________________________________________ Auf Law-Vodcast.de, dem 1. deutschen Anwalts-Video-Blog, gibt es heute einen Film zum Thema "Deutsche Datenschutzkontrolle verletzt Europäisches Recht". Inhalt: In den letzten Jahren zeigt sich auf dem Gebiet des deutschen Datenschutzrechts immer mehr, dass der nationale Gesetzgeber Regeln erlässt, die mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sind. Das Bundesverfassungsgericht hat Anfang 2008 aus diesem Anlass ein neues Grundrecht entwickelt: Das Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme. Die Inkompetenz des nationalen Gesetzgebers in puncto Datenschutz lässt sich an den Entscheidungen der Karlsruher Richter, die in stetiger Regelmäßigkeit datenschutzbezogene Gesetze wegen Verstößen gegen Grundrechte aufheben. Nun hat der Europäische Gerichtshof im März 2010 (EuGH, Urt. v. 09.03.2010 – Az.: C-518/07) eine Entscheidung getroffen, die der deutschen Legislative vollends die Bretter unter dem Boden entzogen hat. Mit dieser Entscheidung beschäftigt sich das heutige Video. zurück zur Übersicht |