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Die Themen im Überblick:
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1. BGH: Darf Netzbetreiber den Preselection-Wechsel erschweren?
2. BayVGH: Sportwetten-Werbung im Fernsehen
3. VGH Kassel: Private Sportwetten sind verboten
4. OLG München: Abmahnungen einer Elektromarktkette gegen Online-Shops nicht rechtsmissbräuchlich
5. LG Düsseldorf: Keine beschreibende Markenbenutzung für Domainnamen zulässig
6. LG Hamburg: Mitstörerhaftung der Suchmaschine Google
7. LG Koblenz: Belehrungen nach dem Fernabsatzrecht
8. LG München I: Benutzung des Begriffs "Elster" nur mit Zustimmung der Finanzverwaltung
9. Law-Podcasting.de: Gewinnspiele und Datenschutz - Teil 1
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1. BGH: Darf Netzbetreiber den Preselection-Wechsel erschweren?
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Der BGH (Urt. v. 10.10.2006 - Az.: KZR 26/05 = http://shink.de/9m6hjb) hatte darüber zu entscheiden, ob ein Netzbetreiber einen Preselection-Wechsel seines Telefonkunden mit gewissen Formalien erschweren darf.
Beklagte war die Deutsche Telekom AG (DTAG), Klägerin ein Mitbewerber.
Die DTAG hatte von den Telefon-Kunden, die die dauerhafte Voreinstellung eines Endkundenanschlusses auf das Verbindungsnetz der Klägerin (sog. Preselection) davon abhängig gemacht, dass der Klägerin ein entsprechender schriftlicher Kundenauftrag vorliegt. Die Klägerin sah hierin eine unzulässige Diskriminierung.
Zu Recht wie der Kartelllsenat des BGH nun entschied:
"Die Beklagte ist (...) verpflichtet, ihren Wettbewerbern diskriminierungsfrei Zugang zu dieser Leistung zu verschaffen. Zu den Bedingungen dieses Zugangs, die dem Diskriminierungsverbot unterworfen sind, gehört auch die Art und Weise, wie der Kundenwunsch nach Voreinstellung auf das Verbindungsnetz eines Wettbewerbers zu übermitteln und gegebenenfalls nachzuweisen ist.
Auch die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte ermögliche der Klägerin den Zugang zu ungünstigeren Bedingungen, als sie sie sich selbst bei der Nutzung dieser Leistung einräume, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie wird durch die von der Revision nicht angegriffene Feststellung getragen, die Beklagte verlange von der Klägerin, dass dieser ein schriftlicher Kundenwunsch nach Änderung der Voreinstellung vorliege, während sie die Voreinstellung auf ihr eigenes Verbindungsnetz auch auf fernmündlichen Kundenwunsch (wieder-)herstelle."
Mit anderen Worten: Dadurch, dass die DTAG bei Preselection-Wechseln zu ihren Gunsten keine Schriftform verlangt, während bei Wechseln zu ihren Ungunsten dagegen eine schriftliche Erklärung Voraussetzung ist, liegt eine Ungleichbehandlung vor, die eine unzulässige Diskriminierung begründet. Daher lautet der amtliche Leitsatz auch:
"Ein marktbeherrschender Betreiber eines Teilnehmernetzes darf die Voreinstellung eines Telefonkundenanschlusses auf das Verbindungsnetz eines Mitbewerbers (Preselection) grundsätzlich nur dann von einem schriftlichen Kundenwunsch nach Änderung der Voreinstellung abhängig machen, wenn er auch für die Wiederherstellung der Voreinstellung auf das eigene Verbindungsnetz eine schriftliche Erklärung des Kunden voraussetzt."
Daraus lässt sich auch ableiten, dass das Urteil grundsätzlich nur für marktbeherrschende TK-Unternehmen und nicht unbeschränkt Anwendung findet.
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2. BayVGH: Sportwetten-Werbung im Fernsehen
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Landeszentrale für neue Medien muss der Weisung des Wissenschaftsministeriums, Werbung für private Sportwetten zu unterbinden, nicht nachkommen. Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (Wissenschaftsministerium) darf die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (Landeszentrale) nicht im Wege der Rechtsaufsicht anweisen, die Ausstrahlung unzulässiger Werbung für private Sportwetten in den von ihr zu verantwortenden Rundfunkprogrammen zu unterbinden. Dies hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) mit heute bekannt gegebenem Beschluss entschieden.
Das Wissenschaftsministerium wies die Landeszentrale an, mit sofortiger Wirkung die Ausstrahlung jeder Werbung für nichtstaatliche Sportwettenangebote in den von ihr verantworteten Rundfunkprogrammen zu unterbinden. Dem hiergegen erhobenen Antrag der Landeszentrale auf vorläufigen Rechtsschutz entsprach das VG München mit Beschluss vom 8. August 2006; der BayVGH wies nunmehr die Beschwerde des Wissenschaftsministeriums gegen diese Entscheidung zurück.
Der BayVGH führt zur Begründung aus, dass nach dem Bayerischen Mediengesetz "in Programmangelegenheiten" Maßnahmen der Rechtsaufsicht ausgeschlossen seien. Die im Rundfunk verbreitete Wirtschaftswerbung sei Bestandteil des jeweiligen Programms und zähle damit ebenfalls zu den "Programmangelegenheiten". Der uneingeschränkte Ausschluss rechtsaufsichtlicher Maßnahmen beziehe sich deshalb auch auf die Rundfunkwerbung.
Der bayerische Gesetzgeber habe bei der Festlegung der staatlichen Aufsichtsmittel nicht zwischen grundrechtlich stärker geschützter Berichterstattung und schwächer geschützten Programmbestandteilen wie der Werbung unterschieden. Der BayVGH hat bei seiner Entscheidung auf die zum Zeitpunkt des Erlasses der rechtsaufsichtlichen Weisung geltende Rechtslage abgestellt. Auf die zum 1. Januar 2007 in Kraft getretene Neuregelung des Art. 19 Bayerisches Mediengesetz, die die Möglichkeit rechtsaufsichtlichen Einschreitens erweitert, kam es aus Rechtsgründen nicht an.
(Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 9. Januar 2007 Az. 7 CS 06.2495)
Quelle: Pressemitteilung des BayVGH v. 11.01.2007
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3. VGH Kassel: Private Sportwetten sind verboten
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Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 5. Januar 2007 seine Auffassung bekräftigt, dass in Hessen die private Vermittlung von Sportwetten rechtmäßig untersagt werden kann. Der nunmehr für Sportwetten zuständige 2. Senat wies damit die Beschwerde des Betreibers eines Sportwettenbüros gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main zurück. Die Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main hatte dem Inhaber des Wettbüros untersagt, unter Verstoß gegen das staatliche Monopol Sportwetten an ein Wettunternehmen in Malta zu vermitteln und die sofortige Vollziehung dieser Verfügung angeordnet. Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hatte einen dagegen gerichteten Eilantrag abgelehnt.
Der Gerichtshof stellt in seiner Entscheidung fest, die Ordnungsverfügung und die Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung seien rechtmäßig. Nach dem Hessischen Sportwettengesetz dürften die allein vom Land Hessen veranstalteten Sportwetten nur in den von ihm zugelassenen Annahmestellen gewerbsmäßig vermittelt werden. Verstöße dagegen dürften ordnungsrechtlich unterbunden werden.
Das Land Hessen habe ebenso wie andere Bundesländer seit dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 vielfältige und umfassende Maßnahmen mit dem Ziel getroffen, das bestehende staatliche Wettmonopol unter Beachtung der dort festgelegten Vorgaben auszugestalten. Das Angebot und die Verfügbarkeit von Sportwetten sei ebenso wie die Werbung für Sportwetten deutlich reduziert worden. Zudem sei die Teilnahme an Oddset-Spielwetten nunmehr an eine Kundenkarte geknüpft, die sowohl eine Schufa-Abfrage mit Altersnachweis und hieraus folgend den Ausschluss Minderjähriger ermögliche als auch die Eintragung eines persönlich festzulegenden Spieleinsatzlimits; in Begleitinformationen werde auf die Gefahren von Wettspielen und auf Maßnahmen zur Suchtprävention hingewiesen.
Mit diesen vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss näher dargelegten Maßnahmen habe der staatliche Anbieter von Oddset-Sportwetten in Hessen in gewichtigem Umfang den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Bekämpfung der Wettsucht und zur Suchtprävention Rechnung getragen. Damit lägen die Voraussetzungen dafür vor, dass entsprechend der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für den Übergangszeitraum bis zum 31. Dezember 2007 die private Vermittlung von Sportwetten in Hessen weiterhin unterbunden werden dürfe. Dies entspreche im Ergebnis auch der Beurteilung der Sach- und Rechtslage u. a. in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Nordrhein-Westfalen durch die für diese Länder zuständigen Oberverwaltungsgerichte.
Dieser Beurteilung stünden die Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht entgegen, wie sie der Europäische Gerichtshof insbesondere in seinem "Gambelli-Urteil" aufgestellt habe. Angesichts der in Hessen getroffenen Maßnahmen zur Umsetzung der Forderungen des Bundesverfassungsgerichts, die nach dessen Feststellung den europarechtlichen Vorgaben durch den Europäischen Gerichtshof entsprächen, greife das Verbot der privaten Vermittlung von Sportwetten nicht mehr unzulässig in die durch den EG-Vertrag eingeräumte Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit ein. Unabhängig davon widerspreche es nicht europäischen Gemeinschaftsrecht, wenn nach nationalem Recht eine Übergangsfrist zur Behebung einer unzureichenden Ausgestaltung von Eingriffen in Grundrechte eingeräumt werde, während der Verstöße gegen die geltende Rechtslage unterbunden werden könnten.
Der Beschluss ist unanfechtbar. (Aktenzeichen: 2 TG 2911/06)
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat seit Mitte Dezember 2006 in über 150 Verfahren Beschwerden gegen Beschlüsse der hessischen Verwaltungsgerichte zurückgewiesen, mit denen Eilanträge gegen die Untersagung der privaten Vermittlung von Sportwetten abgelehnt worden waren.
Quelle: Pressemitteilung des VGH Kassel v. 05.01.2007
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4. OLG München: Abmahnungen einer Elektromarktkette gegen Online-Shops nicht rechtsmissbräuchlich
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Das OLG München hat in mehreren Beschlüssen (u.a. Beschl. v. 20.12.2006 - Az.: 29 W 2903/06) entschieden, dass die Abmahnungen einer Elektromarktkette gegen Online-Shops doch nicht rechtsmissbräuchlich sind.
Das LG München I hatte vor kurzem aufgrund mehrerer Umstände einen Rechtsmissbrauch bejaht, vgl. die Kanzlei-Infos v. 13.11.2006 = http://shink.de/0ijuiw
Das OLG München ist da anderer Ansicht und hat einen Missbrauch verneint:
"Der Antrag der Antragstellerin (...) auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kann - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht als rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG eingestuft werden.
Allerdings kann die Rechtsverfolgung in jeweils getrennten Verfügungsverfahren gegen mehrere Unterlassungsschuldner, die eine gemeinschaftliche Werbeanzeige geschaltet haben, rechtsmissbräuchlich sein, wenn diese einen einheitlichen Gerichtsstand haben und durch denselben Rechtsanwalt vertreten werden, weil dadurch im Vergleich zu einer streitgenössischen Inanspruchnahme eine höhere Kostenbelastung entsteht (...).
So liegt der Fall hier indes nicht. Es ist nicht ersichtlich - das Landgericht hat hierzu auch keine Feststellungen getroffen -, dass es sich bei den von der Antragstellerin bzw. anderen Unternehmen, die zum selben Konzern wie die Antragstellerin gehören, beanstandeten Werbeaussagen um gemeinschaftliche Werbeaussagen der verschiedenen Antragsgegner handelt.
Daraus allein, dass ein konkreter Mitbewerber gegen diverse, wenn auch gleich gelagerte Wettbewerbsverstöße verschiedener Antragsgegner vorgeht, kann ein Rechtsmissbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG nicht gefolgert werden (..)."
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5. LG Düsseldorf: Keine beschreibende Markenbenutzung für Domainnamen zulässig
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Das LG Düsseldorf (Urt. v. 19.07.2006 - Az.: 2a O 32/06 = http://shink.de/3937w8) hatte über die Reichweite der beschreibenden Markenbenutzung durch einen Dritten zu entscheiden.
Grundsätzlich darf nur der Markeninhaber das eingetragene Kennzeichen im geschäftlichen Verkehr verwenden. Eine wichtige Ausnahme existiert jedoch dann, wenn ein Dritter zu beschreibenden Zwecken die Marke benutzt. So ist es z.B. zulässig, wenn ein Staubsaugerfiltertüten die Marke eines bekannten Staubsaugers in seiner Werbung ("[Markenname], Filtertüte passend für [Markenname der Klägerin") verwendet, vgl. die Kanzlei-Infos v. 06.03.2005 = http://shink.de/qvyjn9
Die Klägerin ist der weltweit führender Hersteller von Bau- und Bergbaumaschinen und Inhaberin mehrerer eingetragener Marken mit dem Begriff "CAT". Die Beklagten betreiben unter der Domain "cat-ersatzteile.de" den Handel mit Ersatzteilen für Baumaschinen. Die Beklagten bieten den Vertrieb des kompletten Ersatzteilprogramms für Maschinen der Klägerin als Originalteile oder als Nachbauten sowie Ersatzteile für eine Reihe weiterer Herstelle an.
Die Klägerin sah in der Nutzung der Domain eine Markenverletzung und klagte auf Löschung. Zu Recht wie das LG Düsseldorf nun entschied:
"Den Ansprüchen der Klägerin steht auch § 23 Nr. 3 MarkenG nicht entgegen.
Den Beklagten ist es in der angegriffenen Weise nicht gestattet, die Marke als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware als Ersatzteil oder Zubehör zu benutzen. Denn ein entsprechendes Recht gewährt § 23 Nr. 3 MarkenG nur dann, wenn die Benutzung des Kennzeichens dafür notwendig ist und die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt.
Bereits an einer Notwendigkeit in der gewählten Form fehlt es vorliegend. Eine solche ist nur dann zu bejahen, wenn die Benutzung praktisch das einzige Mittel dafür darstellt, der Öffentlichkeit eine verständliche und vollständige Information über diese Bestimmung zu liefern, um das System eines unverfälschten Wettbewerbs auf dem Markt für diese Ware zu erhalten (...).
Die Verwendung der Marke ist zwar auf dem Ersatzteilmarkt die branchenübliche Art und Weise zur Identifizierung des Hauptproduktes, so dass die Nutzung des Kennzeichens "CAT" innerhalb des Internetauftritts grundsätzlich gestattet ist. Die Notwendigkeit hinsichtlich der gewählten Bestimmungsangabe muss allerdings (...) nach ihrem konkreten Umfang und der Form der Darstellung zu bejahen sein (...)."
Und weiter:
"Die Verwendung des Kennzeichens zeichnet sich hier durch einen von § 23 Nr. 3 MarkenG nicht mehr gedeckten Überschuss aus, da die Bezeichnung der Internetdomain mit www.cat-ersatzteile.de nicht erforderlich ist, um auf den Vertrieb von Ersatzteilen für die Produkte der Klägerin hinzuweisen.
Ausreichend geschehen kann dies z.B., indem die Beklagte (...) die Marke der Klägerin innerhalb ihres Internetauftrittes aufführt. Eine Wiedergabe des Markennamens im Domainnamen selber geht über das erforderliche und damit zulässige Maß hinaus. Das gilt insbesondere, als die Beklagte (...) Ersatzteile für eine Vielzahl weitere Hersteller vertreibt, die sich im Domainnamen nicht wieder finden."
Mit anderen Worten: Die Benutzung des Begriffs im Rahmen eines Beschreibungstextes auf der Webseite ist nicht zu beanstanden. Die Verwendung des Wortes im Domainnamen dagegen ist unzulässig.
Die Entscheidung stimmt überein mit einer erst jüngst veröffentlichten Entscheidung des OLG Düsseldorf (= Kanzlei-Infos v. 30.12.2006 = http://shink.de/om8me8), das ebenfalls eine beschreibende Markenbenutzung für Domainnamen ablehnte.
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6. LG Hamburg: Mitstörerhaftung der Suchmaschine Google
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Das LG Hamburg (Urt. v. 28.04.2006 - Az.: 324 O 993/05 = http://shink.de/bwz4e0) hatte darüber zu entscheiden, ob die bekannte Suchmaschine Google für fremde Rechtsverletzungen mithaftet.
Der Antragsteller hatte Google auf den Umstand hingewiesen, dass im Index mehrere fremde Webseiten enthalten waren, deren Inhalt rechtswidrig waren. Google löschte diese darauf. Wenig später tauchten aber erneut Inhalte der beanstandeten Art auf.
Daraufhin nahm der Antragsteller Google als Mitstörer auf Unterlassung in Anspruch. Zu Recht wie nun die Hamburger Richter entschieden:
"Dass dieser Vorgang automatisch abläuft, indem die Suchmaschine die gezeigten "Snippets" nach einem vorgegebenen Algorithmus automatisch generiert, steht der Störereigenschaft nicht entgegen; denn dieser Vorgang beruht letztlich auf dem Willen der Antragsgegnerin und wird von ihr, mag er auch nicht individuell von einer natürlichen Person gesteuert werden, technisch beherrscht (...).
Die Störereigenschaft ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil es der Antragsgegnerin unzumutbar wäre, die auf Suchanfragen durch ihre Suchmaschine erzeugten "Snippets" auf die Rechtmäßigkeit ihrer Inhalte zu kontrollieren. Es mag zwar sein, dass sich ein Algorithmus, der die Erzeugung von "Snippets" mit persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalten ausschließt, kaum wird entwickeln lassen.
Wenn das der Fall ist und der Suchmaschinenbetreiber seinen Geschäftsbetrieb nicht auf eine andere technische Grundlage stellen kann oder will, muss er - wie jeder Unternehmer, der eine Anlage unterhält, durch deren Betrieb die Rechte anderer Personen verletzt werden können - sonstige Vorkehrungen treffen, um derartige Rechtsverletzungen zu vermeiden (...)."
Und weiter:
"Wie weit diese Vorkehrungen gehen müssen, wird sich abstrakt kaum festlegen lassen. Jedenfalls dann aber, wenn dem Betreiber einer Internetseite bereits mindestens eine Rechtsverletzungshandlung von einigem Gewicht im Rahmen seines Internetauftritts benannt worden ist und sich die Gefahr weiterer Rechtsverletzungshandlungen bereits konkretisiert hat, ist eine gesteigerte Überprüfungspflicht begründet, die es nicht mehr zulässt, dass sich der Betreiber der Internetseite darauf beruft, eine Überprüfung seines eigenen Internetangebots sei ihm wegen dessen Umfangs nicht zumutbar.
Jedenfalls das gebietet das Erfordernis eines angemessenen Ausgleichs zwischen den Interessen des Betreibers der Internetseite und dem Persönlichkeitsrecht der von den Interneteinträgen betroffenen Person (...).
Spätestens nachdem der Antragsteller die Einträge der hier angegriffenen Art beanstandet hatte, war die Antragsgegnerin daher gehalten, Vorkehrungen zu treffen, um den Eintritt weiterer Rechtsverletzungen zu verhindern. Da es gleichwohl nach der ersten Abmahnung zur weiteren Generierung von "Snippets" der von dem Antragsteller beanstandeten Art gekommen war, ist eine Störerhaftung der Antragsgegnerin jedenfalls hinsichtlich dieser Art von Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Antragstellers gegeben."
Mit anderen Worten: Eine Suchmaschine haftet für Rechtsverletzungen frühestens ab Kenntnis. Sind ihr die Rechtsverletzungen bekannt geworden, ist sie jedoch verpflichtet, Vorkehrungen zu treffen, um gleichartige Rechtsverletzungen zukünftig zu vermeiden. Unterlässt sich solche Vorkehrungen, so dass weitere Rechtsverletzungen eintreten, haftet sie als Mitstörerin.
Die Kanzlei Dr. Bahr unterhält mit Suchmaschinen & Recht (= http://shink.de/9wkjcj) ein eigenes Info-Portal zur rechtlichen Problematik von Suchmaschinen.
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7. LG Koblenz: Belehrungen nach dem Fernabsatzrecht
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Zu den Anforderungen an den Inhalt einer Widerrufsbelehrung nach § 312 Abs. 2 BGB. Weist die Belehrung nicht auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB hin, entfaltet sie auch dann keine Wirkung, wenn die gegenseitigen Leistungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erbracht werden.
Zum Sachverhalt:
Der Kläger unterzeichnete am 06.10.2004 im Rahmen eines Vertreterbesuches, der ohne vorherige Bestellung des Klägers zustande gekommen war, die Bestellung für eine "Mulitmedialexikothek" zum Preis von 2.258.- Euro.
In dem Bestellformular wurde der Käufer auf sein Widerrufsrecht hingewiesen. Die Belehrung enthielt jedoch keinen Hinweis darauf, dass im Falle eines wirksamen Widerrufs die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind.
Die Lieferung erfolgte am 02.11.2004. Am 16.11.2004 sandte der Kläger die Ware zurück und forderte die beklagte Vertriebsfirma auf, klarzustellen, dass aus der Bestellung keine Rechte hergeleitet würden. Die Beklagte lehnte dies ab.
Mit der von ihm darauf hin erhobenen Klage begehrte der Kläger zunächst, festzustellen, dass er der Beklagten keine Bezahlung schulde. Nachdem die Beklagte ihrerseits Widerklage auf Zahlung des Kaupreises erhoben hatte, haben die Parteien die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt.
Auf die Widerklage hat das Amtsgericht Montabaur den Kläger zur Zahlung verurteilt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, der wirksam abgeschlossene Kaufvertrag sei durch den Kläger nicht rechtzeitig widerrufen worden. Die Widerrufsfrist habe mit der Erteilung der Widerrufsbelehrung zu laufen begonnen. Diese sei ordnungsgemäß, da sie mit dem Muster der Anlage 2) zu § 14 BGB-InfoV übereinstimme. Ein Hinweis auf die Widerrufsfolgen gemäß § 357 BGB, wie er von der Vorschrift des § 312 BGB gefordert werde, sei nicht erforderlich, da die beiderseitigen Leistungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erbracht worden seien. In diesen Fällen könne die Belehrung zu den Widerrufsfolgen entfallen.
Gegen dieses Urteil richtete sich die Berufung des Klägers, der eine falsche Rechtsanwendung rügt.
Zum Inhalt der Entscheidung:
Auf die Berufung des Klägers hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz das Urteil des Amtsgerichts Montabaur abgeändert und die auf Zahlung des Kaufpreises gerichtete Widerklage abgewiesen.
Anders als das Amtsgericht hat es einen Kaufpreisanspruch der Beklagten verneint, da der Kläger durch Rücksendung der Ware den mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag wirksam widerrufen habe, §§ 312, 355, 357, 346 ff BGB.
Der Widerruf sei insbesondere rechtzeitig erfolgt. Der Lauf der Widerrufsfrist sei zum Zeitpunkt der Rücksendung der Ware noch nicht in Gang gesetzt gewesen. Die grundsätzlich nach § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB einzuhaltende Widerrufsfrist von zwei Wochen beginne mit Aushändigung einer wirksamen Widerrufsbelehrung. An dieser habe es vorliegend gefehlt, da die dem Kläger ausgehändigte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche.
Da der Kauf im Rahmen eines Haustürgeschäftes im Sinne des § 312 BGB erfolgt sei, müsse gemäß Absatz 2 der genannten Vorschrift die erforderliche Belehrung über das Widerrufs- oder Rückgaberecht auf die in § 357 Abs. 1 und 3 BGB genannten Rechtsfolgen hinweisen. Der Käufer habe daher darauf hingewiesen werden müssen, dass nach einem wirksamen Widerruf die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren seien.
Dieses Erfordernis entfalle auch dann nicht, wenn wie im vorliegenden Fall die Lieferung der Ware erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erfolge, eine Rückgewähr von Leistungen daher nicht in Betracht komme.
Zwar sehe die amtliche Fußnote der Anlage 2) zu § 14 BGB-InfoV, in der der Verordnungsgeber eine Musterwiderrufsbelehrung formuliert hat, für diesen Fall vor, dass der genannte Hinweis entfallen könne. Dieser durch den Verordnungsgeber formulierte Gestaltungshinweis widerspreche jedoch der gesetzlichen Regelung des § 312 Abs. 2 BGB und sei daher ohne Wirkung. Die BGB-InfoV könne als nachrangiges Recht nicht die Regelungen des BGB außer Kraft setzen. In § 312 Abs. 2 BGB sei ausdrücklich und ohne Einschränkung vorgeschrieben, dass bei Haustürgeschäften auch auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB hinzuweisen ist. Der dazu in Widerspruch stehende Gestaltungshinweis in der amtlichen Fußnote zu § 14 BGB-InfoV sei daher unwirksam.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage hat die Kammer die Revision zugelassen.
Das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig.
Urteil der 12. Zivilkammer vom 20.12.2006 - 12 S 128/06
Quelle: Pressemitteilung des LG Koblenz v. 09.01.2007
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8. LG München I: Benutzung des Begriffs "Elster" nur mit Zustimmung der Finanzverwaltung
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Das Landgericht München I hat – wie in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung der Fa. Buhl Data Services GmbH, Neunkirchen, berichtet – per einstweiliger Verfügung vom 05.01.2007 die Verbreitung eines Steuerformulars unter der Bezeichnung D-Elster und die Verwendung der Domain www.d-elster.de untersagt.
Anders als in der Pressemitteilung der Verfügungsbeklagten suggeriert, stützte sich der Antrag des Bayerischen Landesamtes für Steuern allein auf die Kennzeichenrechte des Freistaates Bayern aus dessen beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeter Marke „ELSTER“ und aus der eigenen, älteren Domain www.elster.de. Die Antragsgegnerin hatte sich vor Verwendung ihres eigenen Produktnamens vom Antragsteller keine Nutzungsrechte an diesen Kennzeichen einräumen lassen.
Die Tatsache, dass die Verfügungsbeklagte nach eigenen Angaben mit einer „Geld-zurück-Garantie“ geworben habe, wurde im Verfügungsantrag weder erwähnt, noch spielte es für die Entscheidung des Gerichts eine Rolle. Die auf Kennzeichenstreitigkeiten und Wettbewerbsrecht spezialisierte 33. Zivilkammer des Landgerichts München I stützte die einstweilige Verfügung allein auf die Verletzung der Marke des Antragstellers durch die Antragsgegnerin.
Beschluss des Landgerichts München I vom 05.01.2007, Az. 33 O 177/07, nicht rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 10.01.2007
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9. Law-Podcasting.de: Gewinnspiele und Datenschutz - Teil 1
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Auf www.Law-Podcasting.de , dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es ab sofort einen Podcast zum Thema "Gewinnspiele und Datenschutz - Teil 1: Verwendung der Daten zu Vertragszwecken" = http://shink.de/cft5v7
Inhalt:
Einen besonderen Raum nimmt bei Gewinnspielen der Bereich des Datenschutzes ein. Denn viele Gewinnspiele werden aus dem einzigen Grund veranstaltet, Adressdaten zu sammeln und diese gewinnbringend an Dritte, insbesondere Werbefirmen, weiterzuveräußern. So werden zum Teil dreizehn Euro und mehr pro Adresse gezahlt. Aufgrund des großen Umfangs ist der Podcast in drei Teile geteilt.
Heute hören Sie den ersten Teil. Der zweite und dritte Teil erscheint jeweils in der nächsten und übernächsten Woche.
Der heutige Podcast beschäftigt sich mit der Verwendung der Daten zu Vertragszwecken.
Ab sofort ist die 2. Auflage des Buches "Glücks- und Gewinnspielrecht" von RA Dr. Bahr im Handel erhältlich (= http://shink.de/szocny). Dort wird sich u.a. ausführlich mit dem Gewinnspiel- und Datenschutzrecht auseinandergesetzt.
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