Zurück |
Newsletter vom 17.02.2021 |
Betreff: Rechts-Newsletter 7. KW / 2021: Kanzlei Dr. Bahr |
|
Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: Vorlage an EuGH zur Pflicht von Internethändlern, über Herstellergarantien zu informieren _____________________________________________________________ Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen vorgelegt, mit denen geklärt werden soll, inwieweit Internethändler Verbraucher über Herstellergarantien für die angebotenen Produkte informieren müssen.
Sachverhalt: Nach dem Anklicken dieses Links öffnete sich ein Produktinformationsblatt, das folgenden Hinweis auf eine Garantie des Herstellers enthielt: "Die Garantie erstreckt sich zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler (für Elektronik zwei Jahre). Schäden, die durch normalen Verschleiß oder durch unsachgemäßen Gebrauch entstehen, sind durch die Garantie nicht gedeckt." Weitere Informationen zur Garantie enthielt das Produktinformationsblatt nicht. Die Klägerin hat beantragt, der Beklagten zu verbieten, den Absatz von Taschenmessern an Verbraucher mit Hinweisen auf Garantien zu bewerben, ohne hierbei auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf hinzuweisen, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, und ohne den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes anzugeben.
Bisheriger Prozessverlauf: Das Oberlandesgericht hat angenommen, diese Informationspflicht bestehe jedenfalls, wenn das Warenangebot - wie im Streitfall - einen Hinweis auf das Bestehen einer Garantie enthalte. Der Inhalt dieser Informationspflicht sei unter Rückgriff auf § 479 Abs. 1 BGB zu bestimmen. Nach dieser Vorschrift muss eine Garantieerklärung unter anderem den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, und die Angabe des räumlichen Geltungsbereichs des Garantieschutzes enthalten. Das Oberlandesgericht hat gemeint, diese Angaben müssten auch zur Erfüllung der hier in Rede stehenden Informationspflicht gemacht werden. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Diese Vorschrift wird durch § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB nahezu gleichlautend in deutsches Recht umgesetzt. Zum einen soll durch den Gerichtshof der Europäischen Union geklärt werden, ob allein schon das bloße Bestehen einer Herstellergarantie die Informationspflicht nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83/EU auslöst oder - falls dem nicht so ist - die Informationspflicht durch die bloße Erwähnung einer Herstellergarantie im Angebot des Unternehmers ausgelöst wird oder dann, wenn die Erwähnung für den Verbraucher ohne weiteres erkennbar ist. Darüber hinaus ist fraglich, ob eine Informationspflicht auch besteht, wenn für den Verbraucher ohne weiteres ersichtlich ist, dass der Unternehmer nur Angaben des Herstellers zur Garantie zugänglich macht. Schließlich wird der Gerichtshof der Europäischen Union um Beantwortung der Frage gebeten, ob die nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2011/83/EU erforderliche Information über das Bestehen und die Bedingungen einer Herstellergarantie dieselben Angaben enthalten muss wie eine Garantie nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, oder ob weniger Angaben genügen. Die zuletzt genannte Bestimmung ist durch § 479 Abs. 1 BGB in deutsches Recht umgesetzt worden.
Vorinstanzen: Beschluss vom 11. Februar 2021 - I ZR 241/19
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 11.02.2021
Der 3. Strafsenat hat die Ordnungsgeldbeschlüsse aufgehoben. Er hat entschieden, dass in der Sache zwar ausreichende Entbindungserklärungen vorlagen und die Zeugen daher das Zeugnis nicht verweigern durften. Allerdings hatten die Ordnungsgelder im Ergebnis deshalb keinen Bestand, weil ein Verschulden der Zeugen nicht festzustellen war. Hierfür war insbesondere von Bedeutung, dass eine höchstrichterliche Entscheidung zu der maßgeblichen Rechtsfrage fehlte und mehrere Oberlandesgerichte dazu unterschiedliche Auffassungen vertreten hatten. Der 3. Strafsenat hat dahin erkannt, dass grundsätzlich diejenigen Personen befugt sind, einen Berufsgeheimnisträger von seiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden, die zu jenem in einer geschützten Vertrauensbeziehung stehen. Hierunter fallen im Rahmen eines Mandatsverhältnisses mit einem Wirtschaftsprüfer regelmäßig nur der oder die Auftraggeber. Handelt es sich hierbei um eine juristische Person, können für diese diejenigen die Entbindungserklärung abgeben, die zu ihrer Vertretung zum Zeitpunkt der Zeugenaussage berufen sind. Ist über das Vermögen der juristischen Person das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt worden, ist dieser berechtigt, soweit das Vertrauensverhältnis Angelegenheiten der Insolvenzmasse betrifft. Beschlüsse vom 27. Januar 2021 - StB 43, 44 und 48/20
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 12.02.2021
Der Kläger ist bzw. war Mitbegründer, Hauptaktionär und Mitglied des Aufsichtsrats der in Erlangen ansässigen Solar Millennium AG. Am 25. Juni 2013 war in der Süddeutschen Zeitung unter der Überschrift „Wetten auf den Absturz“ ein Artikel veröffentlicht worden, in welchem unter anderem die Frage aufgeworfen wurde, ob der Kläger Insiderwissen zu seinen Gunsten genutzt hatte. Einen Tag später erschien in dem in der Schweiz verbreiteten „Tages-Anzeiger“ unter der Überschrift „Spur in deutschem Insiderfall führt zu Bank Vontobel“ ein Artikel, in welchem inhaltlich auf den Bericht in der Süddeutschen Zeitung Bezug genommen wurde. Der Kläger behauptet, dass aufgrund dieser Berichte eine bereits weit fortgeschrittene Vereinbarung über die Realisierung eines Kraftwerkprojektes in Indien und weiterer Projekte in Indonesien geplatzt sei. Ihm und den beteiligten Gesellschaften, welche die Schadensersatzansprüche an ihn abgetreten hätten, sei deshalb ein Gewinn in Höhe von 78.242.500 Euro entgangen. Die Beklagten hätten ihn, da die Zeitungsartikel unzutreffende Behauptungen enthalten hätten, vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, weshalb ihm ein Schadensersatzanspruch zustehe. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte die Klage nach Vernehmung zweier Zeugen und Anhörung des Klägers abgewiesen und dabei im Wesentlichen ausgeführt, dass es Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Darstellung der beiden Zeugen und deren Glaubwürdigkeit habe. Zudem weiche der Artikel im Schweizer Tages-Anzeiger wesentlich von dem Artikel der Süddeutschen Zeitung ab, weshalb letzterer nicht ursächlich für das gescheiterte Geschäft gewesen sein könne. Der 3. Zivilsenat ist der Auffassung, dass das Landgericht Nürnberg-Fürth die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen hat. Er hat daher zunächst mit Beschluss vom 4. März 2020 die Parteien darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung des Klägers mangels Erfolgsaussichten zurückzuweisen. Nach Eingang umfangreicher Stellungnahmen erfolgte die Berufungszurückweisung mit Beschluss vom 3. Februar 2021. Für den Senat waren vier Gründe maßgeblich, die Berufung zurückzuweisen: 1. Der Senat wies darauf hin, dass die Berufungsinstanz keine vollwertige Tatsacheninstanz darstelle. Vielmehr sei das Berufungsgericht an die Feststellungen und Würdigung des Erstgerichts gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründeten und deshalb eine erneute Feststellung geböten. Derartige konkrete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen des Landgerichtes bestünden vorliegend nicht. 2. Voraussetzung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten wäre es, dass diese durch die Veröffentlichung des Artikels vom 25. Juni 2013 pflichtwidrig und rechtswidrig gehandelt hätten. Dies sei vorliegend zu verneinen. Die Darstellungen in dem Artikel seien im Wesentlichen zutreffend gewesen. Im Übrigen können sich die Beklagten nach Ansicht des Senats auf die Grundsätze zur Verdachtsberichterstattung berufen. 3. Der Senat ist der Auffassung, dass der im Schweizer Tages-Anzeiger erschienene Artikel sich von den zulässigen Äußerungen des Artikels der Süddeutschen Zeitung inhaltlich so unterscheide, dass ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem ursprünglichen Artikel und einem Scheitern der Geschäfte des Klägers entfalle. Die Süddeutsche Zeitung habe in dem Artikel „Wetten auf den Absturz“ deutlich zu erkennen gegeben, dass es sich um eine – wenn auch starke – Vermutung handle, dass der Kläger Insiderwissen ausgenutzt habe. Zwar bestehe grundsätzlich eine Haftung auch für sogenannte Folgeschäden, das Verhalten der Redaktion des Tages-Anzeigers habe aber presserechtlichen Maßstäben in besonderer Weise widersprochen, so dass sich letztlich kein von den Beklagten geschaffenes Risiko verwirklicht habe. 4. Der Senat hält die Klage noch aus einem anderen Gesichtspunkt heraus für unbegründet. Der Senat konnte zwar nachvollziehen, dass aufgrund der damals gegen den Kläger im Raum stehenden Vorwürfe ein Geschäftspartner nachteilige Folgen für die Reputation des Geschäfts und negative Reaktionen einzubindender Dritter befürchtet und daher die Geschäftsbeziehung abbricht. Es lasse sich aber keine Überzeugung gewinnen, dass gerade die möglicherweise im Artikel missverständlich dargestellten Details zu den Optionsgeschäften für den Abbruch der Geschäftsbeziehung ausschlaggebend gewesen seien.
Der Senat beschäftigt sich in seinem mehr als 60-seitigen Beschluss dezidiert mit den einzelnen Problemen des Falles und geht auch noch auf weitere Gesichtspunkte ein.
Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25. Oktober 2018, Az. 11 O 9597/16
Quelle: Pressemitteilung des OLG Nürnberg v. 04.02.2021
Hintergrund dieser Entscheidung ist die teilweise erhebliche Erhöhung von Versicherungsbeiträgen zu einer privaten Krankenversicherung. Diese setzt neben weiteren Voraussetzungen die Zustimmung eines „unabhängigen“ Treuhänders voraus. Die Kläger in dem vorliegenden Verfahren hatten wegen der sie betreffenden Prämienerhöhung schon vor geraumer Zeit Klage vor dem Landgericht erhoben. Zur Begründung trugen sie unter anderem vor, dass die Treuhänder, die der Erhöhung zugestimmt haben, nicht unabhängig gewesen seien. Ein zuständiges Landgericht hat das Verfahren ausgesetzt, weil die Frage der Unabhängigkeit der Treuhänder nur nach Maßgabe des Versicherungsaufsichtsrechts, also im Verwaltungsrechtsweg zu beantworten sei.
Auf einen entsprechenden Antrag der Kläger lehnte die BaFin ein aufsichtsrechtliches Verfahren mit dem Ziel der Feststellung, dass die hinzugezogenen Treuhänder nicht unabhängig gewesen seien, ab. Die Kläger möchten die BaFin gerichtlich verpflichtet wissen, diese Feststellung zu treffen. Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hat die Klagen als unzulässig abgewiesen, da sich die Kläger nicht auf einen Rechtsanspruch gegenüber der BaFin berufen könnten, in diesem Sinne tätig zu werden. Das Gericht hat ausgeführt, dass die BaFin ihre im Rahmen der Versicherungsaufsicht obliegenden Aufgaben ausschließlich im öffentlichen Interesse wahrnehme. Einzelne Versicherungsnehmer hätten keinen subjektiven Rechtsanspruch auf ein bestimmtes Tätigwerden der BaFin. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der im Versicherungsaufsichtsgesetz getroffenen Regelung, dass die BaFin bei der Wahrnehmung ihrer Aufsichtsaufgaben auch die Belange der Versicherten zu berücksichtigen habe. Mit dieser Aufgabenumschreibung sei gesetzlich nur die Wahrung der Interessen der Allgemeinheit der Versicherten als Aufgabe der Versicherungsaufsicht normiert worden. Keinesfalls könne dies ein subjektives Recht einzelner Versicherter gegenüber der BaFin begründen, um hier tätig zu werden. In dem Urteil wird zwar festgestellt, dass die Unabhängigkeit von Prämientreuhändern im Rahmen der Versicherungsaufsicht geprüft werden müsse, allerdings habe der einzelne Versicherungsnehmer gegenüber der BaFin keinen Rechtsanspruch auf die Feststellung, dass ein Treuhänder nicht unabhängig sei. Die Frage der Wirksamkeit von Prämienerhöhungen in der privaten Krankenversicherung sei ausschließlich im Wege des Rechtsschutzes vor den Zivilgerichten zu prüfen. Das Urteil ist noch nichts rechtskräftig. Es besteht die Möglichkeit, gegen diese Entscheidung Rechtsmittel an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einzulegen. AZ: 7 K 3632/19.F
Quelle: Pressemitteilung des VG Frankfurt a.M. v. 12.02.2021
Der Kläger machte wegen des Datenlecks bei dem Kreditkartenanbieter MasterCard einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO geltend.
Das Gericht lehnte dies ab, da es sich bei den eingetretenen Nachteilen allenfalls um Bagatellschäden handle:
"Der Verpflichtung zum Ausgleich eines immateriellen Schadens muss nämlich eine benennbare und insoweit tatsächliche Persönlichkeitsverletzung gegenüberstehen, die beispielsweise in der mit einer unrechtmäßigen Zugänglichmachung von Daten liegenden "Bloßstellung" liegen kann (...). Auch im Bereich des immateriellen Schadens kommt ein Anspruch nur dann in Betracht kommt, wenn für den Betroffenen ein zwar immaterieller, aber dennoch spürbarer Nachteil entstanden ist; der Verstoß gegen Vorschriften der DSGVO allein führt nicht unmittelbar zum Schadensersatz. (...) Hinsichtlich der Schadensintensität führt das Gericht aus: "Dagegen stellt die Verbreitung des Namens, Geburtsdatums, Geschlechts, der E-Mail-Adresse und der Telefonnummer des Klägers jedenfalls im Streitfall nur einen Bagatellschaden dar. Das Gericht geht sogar einen Schritt weiter und ist der Ansicht, dass auch der Diebstahl der Transaktionsdaten nicht erheblich gewesen wäre: "Selbst wenn die Transaktionsdaten (...) „gestohlen“ worden wären, ergäbe sich hieraus kein Anspruch auf Schmerzensgeld. Denn diese enthalten keine kompromittierende Inhalte. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 6. VG Köln: Polizeiliche Videoüberwachung am Breslauer Platz in Köln muss vorerst eingestellt werden _____________________________________________________________ Die Polizei in Köln muss die Videoüberwachung des Breslauer Platzes bis zur Entscheidung über die Klage eines Bürgers einstellen. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln mit heute den Beteiligten bekannt gegebenem Beschluss entschieden und damit einem Eilantrag stattgegeben. Anlässlich der Vorkommnisse in der Kölner Silvesternacht 2015/2016 überwacht die Polizei mit fest installierten Videokameras seit 2017 Bereiche vor dem Hauptbahnhof und dem Dom sowie die Kölner Ringe.
Seit 2019 wurde die Videoüberwachung auf weitere öffentliche Bereiche ausgeweitet (Neumarkt, Ebertplatz, Breslauer Platz, Wiener Platz). Dies wird damit begründet, dass es sich um Kriminalitätsschwerpunkte handele und nur mit der Beobachtung durch die Kameras und die Videoaufzeichnungen Straftaten effektiv verhindert werden könnten. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Voraussetzungen des Polizeigesetzes NRW für die angegriffene Videoüberwachung am Breslauer Platz und die Speicherung der Aufnahmen nicht vorlägen, weil es sich nicht um einen „Kriminalitätsbrennpunkt“ handele. Die Polizei dürfe einen öffentlich zugänglichen Ort nur dann mittels Bildübertragung beobachten und die übertragenen Bilder aufzeichnen, wenn dort signifikant viele Straftaten aus dem Bereich der Straßenkriminalität begangen worden und zu erwarten seien. Ein Vergleich der verfügbaren Zahlen zur Straßenkriminalität am Breslauer Platz insbesondere in den Jahren 2019 und 2020 mit der Straßenkriminalität im übrigen Stadtgebiet zeige jedoch, dass im Bereich des Breslauer Platzes nur 0,2 Prozent aller derartigen Delikte im Kölner Stadtgebiet begangen worden seien. Entgegen der Ansicht der Polizei sei der Breslauer Platz sowohl geografisch als auch nach seinem Platzcharakter dabei isoliert und nicht etwa als Teil der ebenfalls videoüberwachten Bereiche auf der anderen Seite des Hauptbahnhofs, der Dom-Platte und um den Dom herum zu betrachten. Es bestünden zudem Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Videoüberwachung des Breslauers Platzes. Die Straßenkriminalität sei dort seit 2015 um ca. 50 Prozent gesunken; außerdem spreche Vieles dafür, dass die sich auf dem Breslauer Platz befindende Wache der Bundespolizei eine hinreichend abschreckende Wirkung auf potenzielle Straftäterinnen und Straftäter entfalte. Gegen den Beschluss können die Beteiligten Beschwerde einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde. Az.: 20 L 2340/19
Quelle: Pressemitteilung des VG Köln v. 19.01.2021
Der Landesbeauftragte für Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz monierte die E-Mail einer Rechtsanwaltskanzlei, die vertrauliche Daten per elektronischem Medium verschickt hatte. Es sei, so die Behörde, kein ausreichendes Schutzniveau nach Art. 32 DSGVO eingehalten worden. Die vorgenommene Transportverschlüsselung sei nicht ausreichend. Vielmehr hätte es auch einer Inhaltsverschlüsselung bedurft. Dagegen klagte der Advokat und bekam Recht. Das Gericht bewertete die Einstufung des Datenschutzamtes für rechtswidrig.
Auch Berufsgeheimnisträger (wie z.B. Anwälte, Steuerberater oder Notare) seien grundsätzlich nur verpflichtet, für eine ausreichende Absicherung auf dem Transportweg zu sorgen:
"Insgesamt ist davon auszugehen, dass die DS-GVO im Normtext selbst ausdrücklich keine spezifischen Regelungen für Berufsgeheimnisträger enthält; vielmehr gelten grundsätzlich (...) die allgemeinen Vorschriften (...). Demnach bestimmen zunächst die Art. 9 und 10 DS-GVO, welche Datenkategorien generell besonderen Schutz genießen (...). Pauschal kann daher (datenschutzrechtlich) zunächst nicht allein deshalb von einer besonderen Schutzbedürftigkeit ausgegangen werden, weil eine mandatsbezogene Kommunikation erfolgt (...). (...) Etwas andere gelte nur dort, wo im Einzelfall besondere Umstände gegeben seien, die eine strengere Verschlüsselung rechtfertigen würden: "Generell wird (...) die Verwendung einer Transportverschlüsselung datenschutzrechtlich - auch bei Berufsgeheimnisträgern - ausreichend sein, sofern keine Anhaltspunkte für besonders sensible Daten bestehen oder sonstige Umstände hinzutreten. Vielmehr ist die Kommunikation mittels (obligatorisch) transportverschlüsselter E-Mails auch im geschäftlichen Verkehr durchaus als sozialadäquat und wohl derzeit noch als (Mindest-)Stand der Technik einzustufen (...). zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. LG München I: Portal-Kooperation zwischen Google und Gesundheitsministerium verboten _____________________________________________________________ Heute hat die auf Kartellrecht spezialisierte 37. Zivilkammer des Landgerichts München I zwei Anträgen der NetDoktor.de GmbH in einstweiligen Verfügungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland (37 O 15721/20), vertreten durch das Bundesministerium für Gesundheit, und gegen die Google Ireland Ltd. (37 O 17520/20) im Wesentlichen stattgegeben. Die Kammer hat dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und Google vorläufig eine Zusammenarbeit untersagt, die darauf gerichtet ist, bei der Google-Suche nach Krankheiten prominent hervorgehobene Infoboxen (sog. Knowledge Panels) mit Gesundheitsinformationen anzuzeigen, die aus den Inhalten des Nationalen Gesundheitsportals des Bundesministeriums für Gesundheit (gesund.bund.de) gespeist und mit einem Link zu diesem Portal versehen sind. Die Kammer bewertete dies als Kartellverstoß.
Zur Begründung der beiden Urteile führte die Vorsitzende Richterin, Dr. Gesa Lutz, in ihrer mündlichen Urteilsbegründung aus:
„Der Betrieb des Nationalen Gesundheitsportals durch das BMG ist keine rein hoheitliche Tätigkeit, sondern eine wirtschaftliche, die anhand des Kartellrechts zu prüfen ist. Das BMG ist mit Google eine Vereinbarung eingegangen, die eine Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für Gesundheitsportale bewirkt. Denn die bestmögliche Position auf der Ergebnisseite der Google-Suche, nämlich die neu geschaffene, prominent hervorge-hobene Position „0“ in der Infobox, steht privaten Anbietern von Gesundheitsportalen von vornherein nicht zur Verfügung. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Es handelt sich um einstweilige Verfügungsverfahren. Hauptsacheverfahren sind derzeit nicht beim Landgericht München I anhängig.
Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 10.02.2021
Im März 2016 stellte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in einer Probe des von der Firma S hergestellten Produkts „Original Bayrisches Wacholderwammerl“ fest, dass die Anzahl der aufgefundenen Listerien den gesetzlichen Grenzwert überschritt. Am 27.05.2016 entschied das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dass es erforderlich sei die Öffentlichkeit hierüber zu informieren und hörte die Firma S zu der beabsichtigten Pressemitteilung an. Den Antrag der Firma S dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die Veröffentlichung der Pressemitteilung zu untersagen lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Entscheidung vom selben Tag ab.
Daraufhin warnte das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mit Pressemitteilung vom 27.05.2016 vor dem Verzehr aller Schinken- und Wurstprodukten der Firma S wegen einer möglichen Kontamination mit Listerien und teilte mit, dass der Firma vorläufig untersagt worden sei, Schinken- und Wurstprodukte in den Verkehr zu bringen. Mit Beschluss des Amtsgerichts Wolfratshausen vom 01.09.2016 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma S eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger macht gegen den beklagten Freistaat Bayern Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche in Höhe von insgesamt über 10.750.000,00 € geltend. Der Beklagte habe sowohl durch die Warnung vor dem Verzehr als auch durch das Verbot des Inverkehrbringens aller Produkte der Firma S amtspflichtwidrig gehandelt. Die 15. Zivilkammer des Landgerichts München I hat die Klage abgewiesen, da das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die Öffentlichkeit am 27.05.2016 zu Recht vor dem Verzehr der Wurst- und Schinkenwaren der Firma S gewarnt habe. Die durchgeführte Beweisaufnahme habe zur Überzeugung der Kammer ergeben, dass in der im März entnommenen Probe und in einer am 20.05.2016 im Werksverkauf entnommenen Probe eines anderen Produkts die erlaubten Grenzwerte für Listerien überschritten wurden. Aufgrund dieser lebensmittelrechtlichen Verstöße sei die Information der Öffentlichkeit zulässig gewesen. Der Kläger könne seinen Schadensersatzanspruch auch nicht darauf stützen, dass der Beklagte die Öffentlichkeit am 27.05.2016 ausnahmslos vor allen Produkten der Firma S gewarnt und das Inverkehrbringen aller Produkte verboten habe. Ob die Firma S tatsächlich auch Produkte vertrieben habe, die aufgrund der Art der Herstellung bzw. bei Befolgung der Zubereitungshinweise durch den Endabnehmer keine Listerien enthalten würden und der Beklagte daher nicht vor allen Produkten hätte warnen und nicht das Inverkehrbringen aller Produkte hätte untersagen dürfen, musste die Kammer nicht entscheiden. Denn die Firma S habe es seinerzeit unterlassen ihren Rechtsbehelf gegen die geplante Pressemitteilung vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht damit zu begründen, dass sie auch solche unbedenklichen Produkte herstelle. Insoweit treffe sie ein haftungsausschließendes Mitverschulden, so die Kammer. Dem Kläger stehe auch wegen des Verbots des Inverkehrbringens von Schinken- und Wurstprodukten vom 28.05.2018 kein Schadensersatz zu, da dieses Verbot jedenfalls nicht kausal für den eingetretenen Schaden sei. Denn bereits durch die vorangegangene Pressemitteilung seien die Waren der Firma S unverkäuflich geworden. Dies sei ursächlich für die Insolvenz gewesen. Entschädigungsansprüche bestehen laut Gericht ebenfalls nicht, da die Ursache für die getroffenen Maßnahmen im Verantwortungsbereich der Firma S gelegen habe.
Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 11.02.2021
Der Kläger nahm mit dem volljährigen Beklagten als Trainer am 17.7.2018 gegen 19:40 Uhr in einer Truderinger Sporthalle am Basketballtraining der U18 Jugendmannschaft teil. Nach dem Konditions- und Krafttraining spielten die Mannschaftsmitglieder im Fünf gegen Fünf Spiel gegeneinander. Der Beklagte hatte sich als Trainer gegen Ende des Spiels selbst eingewechselt und mitgespielt. Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass es zu einem Zusammenstoß kam, bei dem sich der Kläger an beiden Schneidezähnen verletzte. Der Kläger behauptet, dass eine Rebound-Situation vorgelegen habe, bei dem der offen umkämpfte Ball etwa auf Höhe der Mittellinie in der Luft gewesen sei. Der Beklagte sei hochgesprungen, um den Ball mit beiden Händen zu fangen, und habe eine seitliche Schwungbewegung gemacht. Dabei habe er seine Arme gespreizt, statt diese wie üblich nahe am Körper zu behalten. Der Beklagte habe den seitlich zu ihm stehenden Kläger, der keine Anstalten gemacht habe, den Ball zu erlangen, mit dem rechten Ellbogen an der Lippe getroffen. Er habe drei Monate nicht abbeißen können und sei auf verflüssigte Nahrung angewiesen gewesen. Der Kläger meint, der Beklagte habe durch sein grob regelwidriges Handeln die Verletzung des Klägers willentlich in Kauf genommen. Er hätte als einziger, körperlich überlegener Erwachsener defensiver spielen müssen. Der Beklagte behauptet, er sei - nach längerem Dribbeln des Balles - auf Höhe der Freiwurflinie in die Luft gesprungen, um einen Korb zu werfen. Anstatt zu werfen habe er den Ball jedoch zu einem anderen Mitspieler gepasst, der sich zum Korb bewegte. Es sei ein natürlicher Vorgang, dass seine Arme bei einem Pass ausgestreckt seien.
Der zuständige Richter am Amtsgericht München begründet sein Urteil u.a. so:
„Eine Beweisaufnahme konnte hier unterbleiben, da das Gericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Kläger selbst bei der Zugrundelegung seiner Sachverhaltsdarstellung keinen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten (…) hat. (…) Und weiter: "Es ist nicht zu verkennen, dass die Eigenart des Basketballspiels auch als „Kampfspiel” zu charakterisieren ist, bei dem es beim Kampf um den Ball zu unbeabsichtigten körperlichen Berührungen kommen kann. (…) Unterstellt der Sachverhaltsvortrag des Klägers trifft zu, so liegt allenfalls ein geringfügiger Regelverstoß des Beklagten vor. Urteil des Amtsgerichts München vom 28.07.2020, Aktenzeichen 161 C 20762/19 Das Urteil ist nach Berufungsrücknahme nun rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 05.02.2021
|