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Newsletter vom 17.06.2009 |
Betreff: Rechts-Newsletter 24. KW / 2009: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
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1. EuGH: Gerichtliche Zuständigkeit bei Gewinnzusagen ausländischer Firmen _____________________________________________________________ Der EuGH (Urt. v. 14.05.2009 - Az.: C-180/06) hat entschieden, dass Gewinnzusagen ausländischer Firmen auch im Heimatland des Verbrauchers einklagbar sind. Die österreichische Klägerin bekam von der deutschen Firma "Schlank und Schick" ein Gewinnversprechen über 20.000,- EUR per Post zugesandt. Die deutsche Firma überwies den Betrag jedoch letzten Endes nicht, so dass die Gewinnerin in Österreich vor Gericht zog. Das verklagte Unternehmen war der Ansicht, dass nur deutsche Gerichte zuständig seien. Dem haben die EuGH-Richter nun eine klare Absage erteilt. Der Empfänger derartiger Gewinnzusagen könne problemlos in seinem Heimatland die Gerichte anrufen. Im vorliegenden Fall also die österreichischen Gerichte. Das europäische Sonderrecht für Verbraucherverträge sei anwendbar, da bei Gewinnzusagen ein Verbrauchervertrag zustande komme. Nicht erforderlich dafür sei es, dass der Gewinner zusätzlich auch ein Produkt bei der Firma bestelle. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. KG Berlin: Konzertagentur darf Internet-Buchungsgebühr nicht als Teil des Ticketpreises angeben _____________________________________________________________ Einer Online-Konzertagentur ist es verboten, eine bei ihr verbleibende Buchungsgebühr als Teil des Ticketpreises auszugeben, so das KG Berlin (Urt. v. 27.02.2009 - Az.: 5 U 162/07). Denn darin liege eine wettbewerbsrechtliche Irreführung des Verbrauchers. Beide Parteien waren Konzertagenturen. Die Beklagte bewarb auf ihrem Online-Portal ihre Karten unter anderem mit dem Hinweis: "Hinweis: Im Ticketpreis ist eine Buchungsgebühr von 2,00 EUR enthalten" Die Klägerin sah hierin eine unzulässige Täuschung des Publikums, denn es werde der Eindruck erweckt, der Ticketpreis sei der auf Konzertkarte abgedruckte Preis. Die Berliner Richter verurteilten die Beklagte zur Unterlassung. Der potentielle Kunde verstehe den Preishinweis so, dass der Ticketpreis derjenige sei, der bereits auf den Karten abgedruckt sei und somit zwingend vom jeweiligen Veranstalter vorgegeben werde. Dadurch werde der Eindruck erweckt, dass er die Buchungsgebühr in jedem Fall zu zahlen habe, da der Gesamtpreis fix sei. Dies führe dazu, dass der Verbaucher zwischen den einzelnen Anbietern nicht mehr vergleiche, denn er denke, der Preis sei überall der gleiche. Insoweit sei die Irreführung besonders wettbewerbsbezogen, denn sie beeinflusse ganz erheblich und negativ zu Lasten der Kunden den Preiswettbewerb zwischen den einzelnen Konzertagenturen. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 3. OLG Hamm: Online-Reklame mit 24-monatiger Herstellergarantie irreführend _____________________________________________________________ Das OLG Hamm (Urt. v. 16.12.2008 - Az.: 4 U 173/08) hat entschieden, dass ein gewerblicher Verkäufer nicht mit einer Herstellergarantie werben darf, wenn keine konkreten Angaben zum Inhalt und Umfang der Garantie gemacht werden. Der Beklagte warb auf einer Online-Auktionsplattform mit nachfolgenden Aussagen: "Sie erhalten selbstverständlich 24 Monate Herstellergarantie" Der Kläger sah darin einen Wettbewerbsverstoß, denn gesetzlich sei nach § 477 BGB vorgeschrieben, dass der Verbraucher über die genauen Umstände einer Garantie aufgeklärt werden müsse. Die Hammer Richter folgten dieser Ansicht und gaben dem Kläger Recht. Es reiche für die Informationspflicht nicht aus, dass der Kunde erst bei der Lieferung der Ware über den Umfang der Herstellergarantie aufgeklärt werde. Die Garantie sei Bestandteil des abzuschließenden Kaufvertrages, so dass die Information dem Verbraucher bereits bei Vertragsabschluss vorliegen müsse. Nur so könne der Käufer einschätzen, auf welchen Vertragsinhalt er sich einlasse. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 4. OLG Oldenburg: Bloße Nutzung einer Internet-Tauschbörse begründet nicht die Kenntnis aller Funktionen _____________________________________________________________ Das OLG Oldenburg (Beschl. v. 08.05.2009 - Az.: 1 Ss 46/09) hatte im Rahmen eines Strafverfahrens die Frage zu beantworten, ob der Nutzer einer Tauschbörse zwingend weiß oder zumindest billigend in Kauf nimmt, dass die von ihm heruntergeladenen Dateien automatisch wieder der P2P-Öffentlichkeit zum Download bereitgestellt werden. Der Angeklagte war wegen der Verbreitung gewaltpornographischer Schriften angeklagt. Er berief sich dabei auf den Umstand, dass er davon ausgegangen sei, dass die von ihm über eine Tauschbörse heruntergeladenen Files extra hätten von ihm freigegeben werden müssen, damit andere sie downloaden könnten. Dies war aber falsch. Das Programm bot in der Standard-Einstellung alle gespeicherten Dateien auch wieder ungefragt der Öffentlichkeit an. Der Angeklagte wurde frei gesprochen Es gebe keinen allgemeingültigen Erfahrungssatz, wonach jeder Nutzer einer P2P-Software wisse, dass das Programm automatisch die Freigabe erteile, so die Richter. Dem Angeklagten fehle es daher am erforderlichen Wissen und Wollen und somit am Vorsatz. "Ein Erfahrungssatz dahingehend, dass ein bloßer auch wiederholter - Nutzer einer Tauschbörse wisse oder doch damit rechne, dass er die von ihm heruntergeladenen Dateien schon durch seinen Download anderen Nutzern zur Verfügung stelle, existiert nicht. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 5. LG Bonn: Hinweispflichten eines Mobilfunkanbieters über Internetnutzung eines Handys _____________________________________________________________ Das LG Bonn (Urt. v. 08.05.2009 - Az.: 10 O 395/08) hatte über den Umfang der Aufklärungspflichten eines Mobilfunkanbieters gegenüber seinen Kunden, die eine Internetnutzung per Handy wollen, zu entscheiden. Die Klägerin, ein Mobilfunkanbieter, machte gegenüber ihrer Kundin, der Beklagten, Vergütungsansprüche aus TK-Leistungen geltend. Dem Vertragsabschluss ging ein 20-minütiges Beratungsgespräch vor, in dem ein Mitarbeiter der Klägerin die Beklagte über Paketpreis, Freikontingente und Minutenpreise informierte. Die Beklagte wählte für die Handy-Internetnutzung keine besondere Option, sondern sie erklärte, es sei ihr besonders wichtig, mit dem Tarif ganz allgemein hohe Telefonkosten zu vermeiden. Als die Beklagte die ersten Rechnungen erhielt, waren diese - insbesondere wegen der Handy-Internetnutzung - so hoch, dass die Beklagte eine Falschberatung geltend machte und die Zahlung der Summe verweigerte. Zu Unrecht wie die Bonner Richter nun entschieden. Die Klägerin sei in dem Beratungsgespräch ihren Aufklärungspflichten in ausreichendem Maße nachgekommen und müsse sich kein Fehlverhalten vorwerfen lassen. Die Informationspflichten gingen nicht so weit, dass der Anbieter auch solche Optionen intensiv erklären und erläutern müsse, an denen der Kunde kein Interesse äußere. So auch im vorliegenden Fall. Hier hätte die Kundin die Ansicht geäußert, dass es ihr besonders auf die Einsparung von Telefonkosten ankomme. Von der Nutzung des Internets via Handy war keine Rede. Die Beklagte habe daher kein Recht die Zahlungen zu verweigern. sondern müsse die Rechnungen begleichen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 6. LG Essen: Fußballverein Schalke 04 darf Erwerbern von Internet-Tickets nicht Eintritt verwehren _____________________________________________________________ Der Fussballverein Schalke 04 darf Zweiterwerbern, die über eine Internet-Plattform Tickets gekauft haben, nicht den Zutritt zum Stadion verwehren, so das LG Essen (Urt. v. 26.03.2009 - Az.: 4 O 69/09). Die Klägerin betrieb online eine Verkaufsplattform, auf der auch Tickets des Fußball-Bundesligisten Schalke 04. zum Kauf und Verkauf angeboten wurden. Der Sport-Verein verweigerte den Online-Käufern dieser Tickets jedoch den Zutritt zum Stadion und berief sich dabei auf den Aufdruck auf den Karten: "Die Karte verliert bei einem solchen Verkauf ihre Gültigkeit und berechtigt den Inhaber nicht mehr zum Besuch der Veranstaltung." Dagegen ging die Klägerin im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens vor. Und bekam Recht. Schalke 04 dürfe keine solche Sperre aussprechen, sondern müsse vielmehr auch die Online-Käufer einlassen. Die Richter sahen in der Klausel eine gezielte Absatzbehinderung, die unzulässig sei. Eine derartige Bestimmung benachteilige den Ersterwerber unangemessen und sei daher unwirksam. Bereits 2006 hatte das AG Frankfurt (Urt. v. 20.04.2006 - Az. 31 C 3120/05-17) für Tickets der Fussball-WM geurteilt, dass das vom DFB und der FIFA vorgeschriebene Abtretungsverbot unwirksam ist. Und erst Ende 2008 hat sich der BGH (Urt. v. 11.09.2008 - Az.: I ZR 74/06) ganz grundlegend zu der Möglichkeit des gewerblichen Weiterverkauf von Fussballkarten geäußert. Siehe dazu auch unseren Podcast "Die Grundlagen-Entscheidung des BGH: Ist der Weiterverkauf von Fußballkarten rechtlich erlaubt?". zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. LG Frankenthal: "Ed Hardy" muss markenrechtliche Verstöße beweisen _____________________________________________________________ In einer weiteren Entscheidung wurde eine Klage des Inhabers der Marke "Ed Hardy" abgewiesen. Das LG Frankenthal (Urt. v. 17.02.2009 - Az.: 6 O 312/08) entschied, dass pauschal vorgetragene Behauptungen nicht ausreichen, um eine behauptete Markenverletzung vor Gericht nachzuweisen. Der Kläger begehrte von der Beklagten, die über eBay verkaufte, Unterlassung, weil sie gefälschte "Ed Hardy"-Markenware vertrieben habe. Zum Beweis legte der Markeninhaber einen Screenshot der Webseite und ein mittels Testkauf erworbenes illegales Shirt vor. Die Beklagte bestritt, dass dieses besagte Kleidungsstück bei ihr erworben wurde. Der Kläger legte trotz gerichtlicher Aufforderung keine entsprechenden Nachweise vor (z.B. Kopie einer Rechnung) und blieb damit beweisfällig. Zusätzlich äußerte das Gericht auch bereits Zweifel an dem sonstigen Sachvortrag der Klägerseite. Denn die schriftlichen Äußerungen bezögen sich auf ein Shirt mit Strass-Perlen, während das vorgelegte Testkauf-Kleidungsstück eine solche Verzierung gar nicht aufweise. Aufgrund dieser zahlreichen Widersprüche und Ungereimtheiten habe die Klägerseite nicht beweisen können, dass die Beklagte die Markenrechte verletzt habe, so dass die Klage abzuweisen sei. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. LG Frankfurt a.M.: Elektronische Leseplätze in Universitätsbibliothek verletzen keine Urheberrechte _____________________________________________________________ Durch Urteil vom 13.05.2009 hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main über die Anträge eines Verlages entschieden, die darauf gerichtet waren, der Antragsgegnerin, einer Universitätsbibliothek, die Digitalisierung von Werken aus dem Verlagsprogramm der Antragstellerin und die Bereitstellung an elektronischen Leseplätzen zu untersagen. Die Anträge waren des Weiteren darauf gerichtet, der Antragsgegnerin zu untersagen, Nutzern ihrer elektronischen Arbeitsplätze das Ausdrucken und/oder das Kopieren der digitalisierten Werke auf einen USB-Stick oder einen anderen Träger für digitalisierte Werke zu ermöglichen und Werke aus dem Verlag der Antragstellerin elektronisch anzubieten. Die Kammer hat der Antragsgegnerin allein untersagt, Nutzern der Bibliothek das Vervielfältigen digitalisierter und im Verlag der Antragstellerin erschienener Werke auf USB-Sticks oder andere Träger für digitalisierte Werke zu ermöglichen und/oder solche Vervielfältigungen aus den Räumen der Bibliothek mitzunehmen. Der weitergehende Antrag wurde zurückgewiesen. Die Kammer ist bei ihrer Entscheidung davon ausgegangen, dass die Digitalisierung von bei der Antragstellerin erschienenen Werken und die Zugänglichmachung der digitalisierten Werke an elektronischen Arbeitsplätzen in der Bibliothek der Antragsgegnerin keine Urheberrechtsverletzungen darstellen. Diese Möglichkeiten stünden, so die Kammer, der Antragstellerin aus § 52 b UrhG zu, da davon auszugehen sei, dass die Antragsgegnerin ihr Angebot lediglich in den Räumen ihrer Bibliothek bereit halte und das Angebot allein zur Forschung und für private Studien zugänglich gemacht werde. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin der Antragsgegnerin ein – von dieser nicht angenommenes – Angebot zur Nutzung der digitalisierten Werke gemacht hat, da § 52 b UrhG nur, wie sich bereits aus seinem Wortlaut ergebe, durch eine bestehende vertragliche Regelung ausgeschlossen werde. Dies sei auch daraus zu folgern, dass § 53 a UrhG auf das „Ermöglichen“ einer vertraglichen Regelung abstelle. Hätte der Gesetzgeber dies auch im Rahmen des § 52 b UrhG ausreichen lassen wollen, so hätte es nahe gelegen, auch hier eine entsprechende Formulierung des Gesetzes zu wählen. Schließlich werde die Antragstellerin auch durch die sich für die Antragsgegnerin aus § 52 b UrhG ergebenden Möglichkeiten nicht unangemessen benachteiligt, da der Eingriff in ihre Rechte nicht wesentlich intensiver sei, als bei den sich aus § 53 Abs. 2 UrhG bereits seit Jahren gegebenen Möglichkeiten. Hinzu komme die Verpflichtung der Bibliothek zur Zahlung einer entsprechenden Vergütung für die sich aus dem Gesetz ergebenden Lizenzrechte. Allein die Ermöglichung der Vervielfältigung der digitalisierten Version der im Verlag der Antragstellerin erschienenen Werke auf USB-Sticks oder andere Träger für digitalisierte Werke sei der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen. § 52 b UrhG solle allein eine Nutzung digitalisierter Werke ermöglichen, die mit der analogen Nutzung vergleichbar sei. Damit sei zwar das Fertigen von Kopien in Printform zulässig, da nur so eine wissenschaftliche Auswertung von Texten, z.B. durch Unterstreichungen und Anmerkungen möglich sei. Nicht zulässig hingegen sei, dass die Antragsgegnerin den Nutzern der digitalisierten Werke die Möglichkeit einräume, diese ihrerseits etwa auf einem USB-Stick zu speichern, um sie dann auch außerhalb der Bibliothek nutzen zu können. Dem stehe bereits der Wortlaut des § 52 b UrhG entgegen, der die Nutzungsrechte auf eine Nutzung innerhalb der Räume der Bibliothek beschränke. Urteil vom 13.05.2009, Az.: 2-06 O 172/09 Quelle: Pressemitteilung des LG Frankfurt a.M. v. 08.06.2009 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 9. LG Hamburg: Telefonwerbung ohne Einverständnis des Kunden unzulässig _____________________________________________________________ Das LG Hamburg hat in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 23.04.2009 - Az.: 315 O 358/08) noch einmal klargestellt, dass es ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Kunden einer Bank nicht gestattet ist, auf dem privaten Telefonanschluss des Kunden anzurufen und für eigene Produkte zu werben. Die Wettbewerbszentrale nahm die Bank auf Unterlassung in Anspruch wegen Cold Calling. Das Unternehmen berief sich im Gegenzug auf eine Klausel, die jeder ihrer Kunden bei Eröffnung eines Girokontos unterschrieben habe: "Ich möchte den Service der Bank nutzen, auch telefonisch und/oder per Fax informiert und beraten (...) werden." Die Hamburger Richter sahen diese Klausel als unwirksam an. Sie benachteilige den Kunden einseitig. Die Erklärung sei viel zu weitreichend und berücksichtige nicht angemessen die Interessen des betroffenen Verbrauchers. Insbesondere sei es unverhältnismäßig, wenn sich die Bank eine pauschale Einwilligung für alle Geldangelegenheiten einräumen lasse, ohne dass irgendein sachlicher Zusammenhang mit dem bestehenden Vertrag gegeben sei. Kommentar von RA Dr. Bahr:> Das Urteil überrascht nicht wirklich.
Denn bereits im Jahre 2000 hat der BGH (Urt. v. 27.01.2000 - Az.: I ZR 241/97) zu exakt dieser Konstellation alles Notwendige gesagt.
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