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Newsletter vom 18.01.2012 |
Betreff: Rechts-Newsletter 3. KW / 2012: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BVerfG: Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Auslegung des § 50 UrhG bei Online-Archiven _____________________________________________________________ Die Entscheidung des BGH, dass Online-Archive grundsätzlich nur ein zeitlich beschränktes Nutzungsrecht an den eingestellten Inhalten haben, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Beschl. v. 17.11.2011 - AZ.: 1 BvR 1145/11). In einem Grundlagen-Urteil hatte der BGH (Urt. v. 05.10.2010 - Az.: I ZR 127/09) entschieden, dass Online-Archive grundsätzlich nur ein zeitlich beschränktes Nutzungsrecht an den eingestellten Inhalten haben. Verklagt war eine Zeitung, die mehrere Bilder über Kunstausstellungen in ihren Print-Ausgaben abgedruckt hatte. Seit Ende 2002 hielt sie diese Artikel auch in einem Online-Archiv zum Abruf bereit. Die Klägerin, die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, war der Ansicht, dass die Beklagte keine Befugnis habe, die Bilder zeitlich unbefristet in einem Online-Archv zu speichern. Der BGH folgte dieser Meinung. Zwar habe zum Zeitpunkt der erstmaligen Speicherung die Schrankenbestimmung des § 50 UrhG gegriffen, wonach über Tagesereignisse berichtet werden dürfe. Diese Vorschrift räume jedoch kein zeitlich unbefristetes Nutzungsrecht ein wie es bei einem Online-Archiv erforderlich sei. Es sei nicht ausreichend, dass zum Zeitpunkt der ersten Archivierung eine Rechtsgrundlage bestanden habe. Die Verfassungsrichter lehnten nun die Verfassungsbeschwerde ab, die gegen dieses Urteil erhoben wurde. Die vom BGH vorgenommene Auslegung der urheberrechtlichen Norm sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Vielmehr würden in ausreichendem Maße alle betroffenen Grundrechte miteinander abgewogen und berücksichtigt. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. BGH: Zulässiges Rabattmodell für den Arzneimittelbezug aus dem Ausland _____________________________________________________________ Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hat ein von einer Freilassinger Apothekerin betriebenes Rabattmodell für Arzneimittel teilweise für unbedenklich angesehen und die Abweisung der gegen diese Apothekerin gerichteten Klage in diesem Punkt bestätigt. Die Beklagte betreibt eine Apotheke in Freilassing. Sie bietet ihren Kunden an, Medikamente bei einer Apotheke in Budapest zu bestellen und zusammen mit einer Rechnung dieser Apotheke bei ihr in Freilassing abzuholen. Den Kunden verspricht sie dabei einen Rabatt in Höhe von 22% bei nichtverschreibungspflichtigen und von 10% bei verschreibungspflichtigen Medikamenten. Im Falle einer Bestellung lässt die Beklagte die Medikamente zunächst durch einen Großhändler aus Deutschland an die Apotheke in Budapest liefern, von wo aus sie wieder zurückgeliefert werden. Auf Wunsch werden die Kunden, die Medikamente auf diesem Wege beziehen, in der Apotheke der Beklagten pharmazeutisch beraten. Die Klägerinnen, die ebenfalls in Freilassing Apotheken betreiben, sehen in dem Verhalten der Beklagten - soweit verschreibungspflichtige Arzneimittel abgegeben werden - einen Verstoß gegen die arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften. Soweit die Beklagte sonstige Arzneimittel auf diese Weise abgibt, beanstanden die Klägerinnen in erster Linie den Verstoß gegen andere arzneimittelrechtliche Bestimmungen. Mit ihrer beim Landgericht Traunstein erhobenen Klage haben sie die Beklagte auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht Traunstein hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht München hat dieses Urteil nur insoweit bestätigt, als die Beklagte Rabatte auf preisgebundene verschreibungspflichtige Arzneimittel angeboten hat. Im Übrigen hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidung nunmehr bestätigt. Insbesondere hat er in Übereinstimmung mit dem OLG einen Verstoß der Beklagten gegen das arzneimittelrechtliche Verbringungsverbot des § 73 Arzneimittelgesetz verneint. Danach dürfen zulassungspflichtige Arzneimittel nur unter bestimmten Voraussetzungen nach Deutschland eingeführt werden. Insbesondere ist der Versand von Arzneimitteln auch aus dem EU-Ausland an deutsche Endverbraucher nur unter engen Voraussetzungen gestattet, die die hier eingeschaltete Budapester Apotheke nicht erfüllt. Der Bundesgerichtshof hat jedoch einen Versand unmittelbar an Endverbraucher im Streitfall verneint. Auch wenn das von der Beklagten praktizierte Modell so ausgestaltet ist, dass sie den Verkauf der bestellten Arzneimittel durch die Budapester Apotheke lediglich vermittelt und der Kaufvertrag deswegen zwischen dem deutschen Kunden und der Budapester Apotheke zustande kommt, ist die Beklagte arzneimittelrechtlich als Empfängerin anzusehen, die ihrerseits die Medikamente sodann an die Kunden abgibt. Für die arzneimittelrechtliche Beurteilung ist dabei maßgebend, dass in die Abgabe an den Endverbraucher eine inländische Apotheke eingeschaltet ist, die verpflichtet ist, die Qualität, Eignung und Unbedenklichkeit der auf diese Weise abzugebenden Arzneimittel zu prüfen und die Verbraucher bei Bedarf zu beraten. Deswegen ist arzneimittelrechtlich die inländische Apotheke der Beklagten Empfängerin der von der Budapester Apotheke versandten Arzneimittel. Daher hat der Bundesgerichtshof einen Verstoß gegen das Verbringungsverbot des § 73 AMG verneint. Im Übrigen ist der Beklagten die Gewährung eines Rabatts im Falle verschreibungspflichtiger Arzneimittel von den Vorinstanzen gerade deswegen verboten worden, weil sie die Arzneimittel als inländische Apothekerin abgibt. Denn die insoweit anwendbaren arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften, die einen solchen Rabatt untersagen, gelten nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts nur im Falle der Abgabe durch inländische Apotheken. Urteil vom 12. Januar 2012 - I ZR 211/10 - Europa-Apotheke Budapest LG Traunstein – Urteil vom 11. März 2009 – 2 HKO 2534/08 OLG München – Urteil vom 28. Oktober 2010 – 6 U 2657/09 A&R 2010, 279 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 13.01.2012 zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 3. BGH: Befristete Rabattaktion darf nur aus triftigen Gründen verlängert werden _____________________________________________________________ Der BGH (Urt. v. 07.07.2011 – Az. I ZR 173/09) hat entschieden, dass eine zeitlich befristete Rabattaktion nur aus triftigen Gründen, die zum Zeitpunkt der Bewerbung der Aktion seitens des Werbenden noch nicht vorhersehbar gewesen sein dürfen, rechtmäßig verlängert werden kann. Der wirtschaftliche Erfolg einer Rabattaktion stellt einen solchen triftigen Grund nicht dar. Bei den Parteien handelte es sich um Betreiber von Möbelhäusern. Die Beklagte hatte anlässlich eines Firmenjubiläums in einer Postwurfsendung mit „Dauertiefpreisen“ sowie mit einem zusätzlichen Geburtstagsrabatt in Höhe von 10 % geworben. Diese Aktion, welche zeitlich befristet gewesen ist, wurde von der Beklagten aufgrund des großen Erfolgs zweimal verlängert. Gegen diese Verlängerung wandte sich die Klägerin, die in der Verlängerung eine wettbewerbsrechtlich unlautere Irreführung sah. Nachdem zunächst das OLG Hamm die Klage abgewiesen hatte, gab der BGH der Klägerin nun Recht. Der BGH führte in seiner Entscheidung aus, dass derjenige Unternehmer, der in der Bewerbung einer Rabattaktion diese zeitlich befristet, sich an diese Befristung grundsätzlich auch zu halten habe. Eine Verlängerung sei nur dann rechtmäßig, wenn unvorhersehbare Umstände, wie z.B. die Schließung des Geschäfts wegen höherer Gewalt, eingetreten sind. Die Darlegung derartiger Umstände sei im Übrigen Aufgabe des Werbenden. Die Beklagte habe sich zur Rechtfertigung der Verlängerung auf den wirtschaftlichen Erfolg der Aktion berufen. Dieser stelle jedoch keinen ausreichenden unvorhersehbaren Umstand dar. Entgegen der Auffassung des OLG Hamm ist nach der Ansicht des BGH die von der monierten Werbung ausgehende Irreführung auch wettbewerbsrechtlich erheblich. Dies liege unter anderem daran, dass der Verbraucher durch die zeitliche Begrenzung im Hinblick auf seine Kaufentscheidung unter Druck gesetzt werde. Darüber hinaus gehe von einer zunächst kurzfristigen Rabattaktion ein größerer Anlockeffekt aus, als wenn von vornherein eine längere Laufzeit beworben worden wäre. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 4. OLG Düsseldorf: "Völlig unbrauchbare" P2P-Abmahnung löst keine Abmahnkosten aus _____________________________________________________________ Eine "völlig unbrauchbare" P2P-Abmahnung löst keine Erstattung von Abmahnkosten aus, so das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 14.11.2011 - Az.: I-20 W 132/11). Im Rahmen eines Antrags auf Prozesskostenhilfe (PKH) hat das OLG Düsseldorf mit überdeutlichen Worten Stellung zur Frage der Erstattung von Anwaltskosten bei P2P-Abmahnungen genommen. PKH wird u.a. nur dann gewährt, wenn die rechtliche Position des Antragstellers hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Im vorliegenden Fall hatten "Rasch Rechtsanwälte" die Beklagte abgemahnt und forderten u.a. die Abmahnkosten ein. Die Beklagte beantragte für ihre Verteidigung PKH. Die Düsseldorfer Richter sahen die Möglichkeit, dass die Klage nicht erfolgreich sein könnte und bejahten daher das PKH-Gesuch. "Vorliegend sind weder die Aktivlegitimation noch der Verstoß hinreichend dargelegt. Das Anbieten von 304 Audiodateien zum Herunterladen stellt alleine noch keinen Urheberrechtsverstoß da. Nicht jedes Angebot einer Audiodatei zum Herunterladen verletzt fremde Urheberrechte. Die Richter kritisierten vor allem die unspezifische Form der Abmahnung: "Ohne die Angabe der Titel, durch deren Angebot die Rechte gerade der Klägerinnen verletzt worden sind, konnte die Beklagte der Abmahnung daher nicht entnehmen, welches Verhalten sie in Zukunft unterlassen soll. Zur generellen Unterlassung des Anbietens von Audiodateien zum Herunterladen ist sie eben nicht verpflichtet, sondern nur zur Unterlassung des Angebots der Titel der Klägerinnen. Die Richter beanstanden hier vor allem den Umstand, dass die Klägerin an den 304 Audiodaten, die allgemein in der Abmahnung erwähnt wurden, zum überwiegenden Teil gar keine Rechte besaß. Vielmehr seien hier nur 4 Musikwerke betroffen. Nach Ansicht der Richter sei eine eine solche Abmahnung absolut unbrauchbar und löse auch keinen Kostenerstattungsanspruch aus: "(...) Eine Abmahnung, die den Verstoß nicht erkennen lässt und auch den bereitwilligsten Schuldner nicht in die Lage versetzt, eine wirksame Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, eine völlig unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung darstellt. Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die Entscheidung ist ein echtes Novum. Die Richter sprechen mit klaren, deutlichen Worten aus, dass es sich bei einem Teil der älteren "Rasch"-Abmahnungen um "völlig unbrauchbare" Schriftsätze gehandelt habe. Es ist schon lange her, dass ein OLG sich auf diese eindeutige Weise zum P2P-Bereich geäußert hat. Wichtig ist: Der Beschluss sagt nicht aus, dass bei P2P-Schreiben nun generell keine Abmahnkosten mehr bezahlt werden müssen. Vielmehr betrifft er nur die Schriftsätze der "Rasch Rechtsanwälte" und hier auch nur solche, die älteren Datums sind. In den neueren Abmahnungen haben sich nämlich die Formulierungen geändert. Die Kanzlei Rasch teilt mit, dass sie gegen den Beschluss außerordentliches Rechtsmittel eingelegt hat. Die Entscheidung gebe zudem inhaltlich unzutreffende Tatsachen wieder. So verfüge die Klägern nicht nur an 4 Musikstücken über die entsprechenden Rechte, sondern vielmehr bei über 80% der 304 genannten Werke. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 5. OLG Düsseldorf: Rabattverträge für Arzneimittel sind möglich _____________________________________________________________ Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat entschieden, dass das Verfahren der BAHN-BKK, mit dem die Krankenkasse Pharmaunternehmen Rabattverträge und die Bedingungen vorgeben wollte, zwar unzulässig sei, unter bestimmten Voraussetzungen derartige Verträge aber durchaus möglich seien. Die BAHN-BKK hatte im April 2011 Pharmahersteller angeschrieben und ihnen mitgeteilt, dass sie zum 01.07.2011 mit möglichst vielen Pharmaherstellern Rabattverträge über rund 290 Wirkstoffe abschließen wolle. Die Krankenkasse wollte so u. a. erreichen, dass die Versicherten in der Apotheke möglichst „ihr Medikament“, das vom Arzt verschriebene, und nicht ggfs. ein anderes, wenn auch mit gleicher oder ähnlicher Wirkstoffkombination, erhalten sollten. Von der Krankenkasse waren je nach Wirkstoff Rabattsätze zwischen 3% und 39,8% vorgegeben. Eine öffentliche Ausschreibung erfolgte zunächst nicht, wurde dann aber später nachgeholt. Hiergegen hatten sich vier Pharmaunternehmen (Generikahersteller) gewandt. Die 3. Vergabekammer des Bundes hat daraufhin im Juni 2011 entschieden, dass die Vorgehensweise der BAHN-BKK vergaberechtswidrig gewesen sei und eine europaweite Ausschreibung hätte erfolgen müssen. Außerdem habe die BAHN-BKK gegen Wettbewerbsgrundsätze verstoßen. So bestimme die BAHN-BKK und nicht – wie sonst bei einer Ausschreibung – der Bieter den Preis. Den Bietern werde so die Kalkulationsmöglichkeit genommen. Dass die Krankenkasse keine im Vergabeverfahren an sich vorgesehene Auswahlentscheidung unter verschiedenen Bietern treffe, sondern möglichst mit allen Herstellern Rabattverträge schließen wollte, ändere nichts an der Ausschreibungspflicht. Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts hat entschieden, dass die hier zu prüfenden Rabattverträge der BAHN-BKK vergaberechtswidrig gewesen seien. So sei die Ausschreibung nicht in „Lose“ aufgeteilt worden, die Unternehmen hätten, soweit es betroffene Wirkstoffe oder Wirkstoffkombinationen betraf, ihr gesamtes Sortiment anbieten müssen. Ferner sei die Vertragsklausel zu beanstanden, wonach bei einem Pharmakonzern auch alle verbundenen Unternehmen den Vertrag hätten abschließen müssen. Der Senat hat in seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass hier lediglich die konkrete Art und Weise der Vergabe beanstandet worden sei. Der Abschluss von Pharma-Rabattverträgen sei nach Auffassung des Senats in der vorgesehenen Art außerhalb des Vergaberechts aber nicht grundsätzlich unzulässig und könne unter bestimmten Voraussetzungen gegebenenfalls erfolgen. Die Entscheidung ist rechtskräftig. Entscheidung vom 11.01.2012, Az.: VII-Verg 57/11, VII-Verg 58/11, VII-Verg 59/11 und VII-Verg 67/11 Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf v. 11.01.2012 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 6. OLG Frankfurt a.M.: Automatisierte Verlängerungen von Vertragslaufzeiten im Unternehmerbereich wirksam _____________________________________________________________ Eine Klausel, nach der sich ein Vertrag stillschweigend um bis zu fünf Jahre verlängert, kann im B2B-Bereich rechtlich zulässig sein (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 06.10.2011 - Az.: 6 U 267/10). Klägerin und Beklagte waren jeweils Nachrichtenagenturen. Die Beklagte bot vertraglich anderen Unternehmen an, von ihr recherchierte Nachrichten gegen Entgelt zu übernehmen und bei sich zu veröffentlichen. Der Vertrag verlängerte sich im Falle der Nichtkündigung automatisch um die ursprüngliche Laufzeit. Die Kontrakte hatten wahlweise eine Laufzeit von einem, drei und fünf Jahren. Das OLG Frankfurt a.M. sah die Klauseln als zulässig an. Die beanstandeten Passagen seien wirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen. Ob eine automatische Vertragsverlängerung von bis zu fünf Jahren rechtlich einwandfrei sei, sei in jedem konkreten Einzelfall zu überprüfen. Dabei müssten die jeweils betroffenen Rechte gegeneinander abgewogen werden. Auch wenn die wirtschaftliche Freiheit der Vertragspartner durch die langjährige Verlängerung erheblich beeinträchtigt werde, sei im vorliegenden Fall diese Einschränkung sachlich gerechtfertigt. Für die Beklagte bestünde nämlich ein berechtigtes Interesse an einer möglichst langen Vertragslaufzeit. Dieses Interesse basiere vor allem auf den Eigenheiten des Geschäfts mit Nachrichten. Insbesondere die Aufrechterhaltung einer kostenintensiven Infrastruktur spreche für eine möglichst langfristige Kundenbindung. Daher sah das Gericht in der betroffenen Klausel der stillschweigenden Vertragsverlängerung keine Regelung, die den Gewohnheiten und Gebräuchen des Handelsverkehrs zuwiderlaufe. Dies gelte sowohl für die dreijährige als auch für die Verlängerung um fünf Jahre. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. OLG Köln: 3.000,- EUR Streitwert bei geklauten Lichtbildern auf eBay _____________________________________________________________ Das OLG Köln (Beschl. v. 22.11.2011 - Az.: 6 W 256/11) hat entschieden, dass lediglich ein Streitwert iHv. 3.000,- EUR bei einem geklauten Lichtbild auf eBay angemessen ist. Es ging um ein gestohlenes eBay-Foto. Die Beklagte verwendete das Bildnis unerlaubt für einen privaten Verkauf auf der bekannten Online-Plattform. Die Klägerin ging daraufhin gegen die Beklagte vor. Der Streitwert wurde erstinstanzlich auf 6.000,- EUR festgesetzt. Dies hielt die Beklagte für zu hoch und legte Rechtsmittel ein. Das OLG Köln gab ihr Recht und erklärte, von seiner bisherigen Rechtsprechung zu Lichtbildern abzurücken. Aufgrund der technologischen Entwicklung seien in diesen Fällen nicht mehr 6.000,- EUR, sondern nur noch der halbe Wert, nämlich 3.000,- EUR, verhältnismäßig. Anmerkung von RA Dr. Bahr: Vielerorts ist derzeitig zu lesen, dass das OLG Köln entschieden hätte, dass in Fotoklau-Fällen nur noch von einem Regelstreitwert von 3.000,- EUR auszugehen sei. Das haben die Richter eben gerade nicht entschieden. Zum einen beschränken die Robenträger ihren aktuellen Beschluss lediglich auf Fälle im privaten oder kleingewerblichen Bereich. In allen anderen Konstellationen gelten diese Ausführungen hingegen nicht. Zum anderen berührt de Entscheidung nur die Fälle der Lichtbilder nach § 72 UrhG. Erreichen die Fotos hingegen die urheberrechtliche Schöpfungshöhe und sind somit Lichtbildwerke (§ 2 Abs.1 Nr.5 UrhG), sind diese neuen Ausführungen ebenfalls nicht anzuwenden. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. Bayerischer VGH: Untersagung der Vermittlung privater Sportwetten aufgehoben _____________________________________________________________ Mit heute bekanntgewordenen Urteilen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschieden, dass zwei Unternehmern die Vermittlung von privaten Sportwetten zu Unrecht untersagt worden ist. Ausgangspunkt des Rechtsstreits sind zwei Verfügungen der Landeshauptstadt München, mit denen den Klägern untersagt wurde, Sportwetten zu veranstalten, durchzuführen und zu vermitteln. Der BayVGH stellt nun auch im Hauptsacheverfahren fest, dass die Vermittlung von Sportwetten nicht unter Hinweis auf das staatliche Sportwettenmonopol untersagt werden kann. Denn das - derzeit noch - geltende Glücksspielrecht genüge insoweit den europarechtlichen Anforderungen nicht. Wegen der kontinuierlich steigenden Zahl zugelassener Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten, die ein deutlich größeres Suchtpotential als Sportwetten hätten, werde das Ziel einer systematischen und kohärenten Politik der Begrenzung der Spiel- und Wetttätigkeit verfehlt. Das staatliche Sportwettenmonopol beschränke daher die europarechtliche Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit in unverhältnismäßiger Weise und könne nicht als Grundlage für Untersagungsverfügungen herangezogen werden. Wenn die Behörde bisher ihre Untersagungsverfügung zu Unrecht auf das Argument des staatlichen Monopols gestützt habe, könne sie die Untersagung nun im gerichtlichen Verfahren nicht mit der Begründung aufrecht erhalten, dass der Sportwettenvermittler eine erforderliche Erlaubnis weder besitze noch beanspruchen könne. Von seiner hierzu im Eilverfahren (vgl. Pressemitteilung vom 23.3.2011) vertretenen Auffassung ist der BayVGH im Anschluss an neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abgerückt. Zum einen könnten nämlich diese Erwägungen aus prozessrechtlichen Gründen im Gerichtsverfahren nicht „nachgeschoben“ werden. Zum anderen müsste zunächst die zuständige Behörde (hier: Regierung der Oberpfalz) die Frage der Erlaubnisfähigkeit in einem ordnungsgemäßen Antragsverfahren prüfen. Erst deren abschließende behördliche Entscheidung sei gegebenenfalls wieder vor Gericht anfechtbar. Der BayVGH hat die Revision gegen diese Urteile nicht zugelassen. Hiergegen kann Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erhoben werden. (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteile vom 12. Januar 2012, Az. 10 BV 10.2271 und 10 BV 10.2505) Quelle: Pressemitteilung des Bayerischer VGH v. 13.01.2012 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 9. LG Bonn: Werbung mit veralteter IHK-Sachverständigen-Bestellung irreführend _____________________________________________________________ Ein Sachverständiger darf nicht mit einer bereits abgelaufenen Bestellung für die Industrie- und Handelskammer werben, da eine solche Werbung irreführend und somit wettbewerbswidrig ist (LG Bonn, Urt. v. 30.09.2011 - Az.: 16 O 104/10). Der Beklagte war Ingenieur und bis Ende 2009 öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der Industrie- und Handelskammer. In einem geschäftlichen Schreiben aus Mitte 2010 war auf seinem Briefkopf aufgeführt: "Bis …12.2009 ö.b.u.v. Sachverständiger für Schäden an Gebäuden bei der IHK C/ST." Die Bonner Richter stuften dies als irreführend ein. Der Verbraucher gehe trotz der Abbestellung noch von einer überdurchschnittlichen Qualifikation aus. Dadurch werbe der Beklagte - mittelbar - mit etwas, was gegenwärtig längst erloschen sei. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 10. LG Frankfurt a.M.: Zur Pflicht eines Impressums für Unternehmen auf Facebook _____________________________________________________________ In einem aktuellen Verfügungsverfahren hat das LG Frankfurt a.M. (Beschl. v. 19.10.2011 - Az.: 3-08 O 136/11) entschieden, dass eine Unternehmenspräsenz auf Facebook ein ordnungsgemäßes Impressum haben muss. Die Parteien waren Mitbewerber. Die Beklagte unterhielt eine Facebook-Webseite, das jedoch über kein ordnungsgemäßes Impressum verfügte. Die Frankfurter Richter stuften dies als wettbewerbswidrig ein. Bereits vor kurzem hatte das LG Aschaffenburg (Urt. v. 19.08.2011 - Az.: 2 HK O 54/11) identisch entschieden und ebenfalls eine Impressumspflicht für Facebook-Pages bejaht. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 11. LG Hamburg: Endkunde wird durch BMW-Plagiatsplaketten in die Irre geführt _____________________________________________________________ BMW kann den Vertrieb von Autoplaketten, auf denen das BMW-Logo abgebildet ist, verbieten lassen, wenn es sich bei den Plaketten nicht um Originale handelt. Ein zulässiges Ersatzteilgeschäft im Sinne des Markenrechts, welches die Benutzung erlauben würde, liegt dann nicht vor (LG Hamburg, Urt. v. 22.03.2011 - Az.: 312 O 366/10). Die Beklagte, ein Vertrieb für Autoteile, bot eine größere Stückzahl mit dem BMW-Logo versehener Plaketten an. Bei diesen Plaketten handelte es sich um Repliken. Dies war jeweils auf der Rückseite der Plakette mit der Abkürzung "Repl." gekennzeichnet. BMW sah darin eine Verletzung ihrer Markenrechte. Die Beklagte hingegen war der Ansicht, es handle sich um ein zulässigen Ersatzteilgeschäft, bei dem die Verwendung fremder Marken zwangsweise erlaubt sei. Die Hamburger Richter verurteilten die Beklagte zur Unterlassung. Es handle sich nicht um den Vertrieb von zulässigen Ersatzteilen. Denn der Kunde gehe angesichts der Gestaltung davon aus, dass die Plaketten von BMW selbst stammen würden. Dies sei aber gerade nicht der Fall. Diese Irreführung werde auch nicht durch den Hinweis "Repl." auf den Produkten beseitigt. Denn ein Großteil der Kunden würde die Rückseite der Ware gar nicht einsehen können oder wollen, zumal die Plakette nicht selten bereits auf dem Auto angebracht sei. Die Beklagte könne sich daher nicht auf die markenrechtlichen Ausnahmevorschriften berufen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 12. LG Hamburg: Unzulässiger Bücherkauf bei studibooks.de unterhalb des gebundenen Ladenpreises _____________________________________________________________ Der Verkauf von Büchern auf "studibooks.de" unterhalb des gebundenen Ladenpreises - insbesondere durch "Fördermodelle" - ist rechtswidrig (LG Hamburg, Urt v. 08.06.2011 - Az.: 315 O 182/11). Bei "studibooks.de" konnte der Käufer Bücher zu 90% des Ladenpreises erwerben. Die restlichen 10% wurden von verschiedenen Wirtschaftsunternehmen bezahlt, die einen entsprechenden "Fördertopf" zur Verfügung stellten. Die Hamburger Richter stuften dies als Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz ein. Der Kunde zahle hier nicht die vollen Kaufpreis, sondern nur 90% des Betrages. Zwar erhalte der Verkäufe die restlichen 10% von Dritter Seite. Gleichwohl handle es sich um einen Rechtsverstoß. Denn nach dem Sinn und Zweck des Preisbindungsgesetzes solle ein Buch überall gleich teuer seien auf Sicht des potentiellen Käufers. Dies sei hier aber gerade nicht der Fall, so dass das Fördermodell zu unzulässigen Wettbewerbsverzerrungen führe. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 13. VG Köln: Klage der DTAG gegen Internet-Sperrungsanordnung erfolgreich _____________________________________________________________ Die Anordnung der Bezirksregierung Düsseldorf gegen die Deutsche Telekom AG, den Zugang zum Internetangebot zweier großer Sportwettenanbieter mit Sitz im Ausland zu sperren, ist rechtswidrig. Das entschied das Verwaltungsgericht Köln mit einem heute verkündeten Urteil. Im Jahr 2010 gab die Bezirksregierung Düsseldorf, die für derartige Anordnungen in Nordrhein-Westfalen zuständig ist, der Klägerin auf, die über sie zugänglichen Websites von zwei großen Online-Sportwettenanbietern zu sperren, die vom Ausland über das Internet in Deutschland unerlaubte Sportwetten anbieten. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt und stellte fest, dass die Klägerin als bloßer „Access-Provider“ nach dem gestuften Haftungs- und Verantwortungssystem des Telemediengesetzes nicht für die Inhalte der Domains der beiden Sportwettenanbieter verantwortlich sei, auch wenn sie um deren Rechtswidrigkeit wisse. Die Klägerin könne auch nicht nach allgemeinem Ordnungsrecht in Anspruch genommen werden. Denn die Bezirksregierung Düsseldorf habe die Klägerin gezielt als einen der beiden großen Anbieter in Nordrhein-Westfalen in Anspruch genommen, ohne ein schlüssiges Gesamtkonzept zum gleichzeitigen Vorgehen gegen alle „Access-Provider“ in Nordrhein-Westfalen zu haben. Dadurch werde in wettbewerbsverzerrender Weise in das Marktgeschehen und die Grundrechte der Klägerin eingegriffen. Diese müsse zu recht besorgen, durch die angefochtene Anordnung als "zensierte" Anbieterin stigmatisiert zu werden. Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach dessen Zustellung Berufung beim Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt werden. Az.: 6 K 5404/10 Quelle: Pressemitteilung des VG Köln v. 12.01.2012 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 14. AG Mannheim: Abtretung von Arzthonoraren nur bei wirksamer Einwilligung _____________________________________________________________ Die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht für die Abtretung von ärztlichen Honorarforderungen ist unwirksam, wenn für den Patienten nicht ersichtlich ist, welche Dritten zu welchem Zweck Informationen vom behandelnden Arzt erhalten (AG Mannheim, Urt. v. 21.09.2011 - Az.: 10 C 102/11). Die Beklagte unterschrieb bei ihrem Zahnarzt eine Abtretungserklärung an ein Abrechnungsunternehmen und die Entbindung ihres Arztes von der ärztlichen Schweigepflicht. Neben dem Abrechnungsunternehmen erhielt auch die Klägerin, eine refinanzierende Bank, die Patientenunterlagen. Das AG Mannheim stufte die Abtretungserklärung als unwirksam ein, da keine ordnungsgemäße Befreiung von der ärztlichen Schweigepflicht vorliege. Der Patient müsse stets wissen, aus welchem Grund und welchem Anlass er jemanden von der Schweigepflicht befreie. Er müsse auch über die Einschaltung Dritter informiert werden. Vorliegend hätte für die Beklagte ersichtlich sein müssen, dass ihre Patientendaten an Finanzierungsinstitute weitergeleitet werden konnten. Der weiteren Abtretung fehle es aber an einer ausdrücklichen Entbindungserklärung. Es ergebe sich für die Beklagte eben nicht, dass ihre Daten zum Zwecke des Forderungsausgleichs an refinanzierende Banken weitergegeben werden würden. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 15. Law-Podcasting: Sind Online-Partnervermittlungsverträge jederzeit kündbar? _____________________________________________________________ Auf Law-Podcasting.de, dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es heute einen Podcast zum Thema "Sind Online-Partnervermittlungsverträge jederzeit kündbar?". Inhalt: Jeder kennt sie oder hat zumindest ihren Namen einmal gehört: Parship, ElitePartner oder eDarling. Es geht um die Firmen, die anbieten, online seinen Traumpartner zu finden. Die Verträge enthalten häufig sehr lange Kündigungszeiträume. Neben vielen anderen offenen Punkten stellt sich hier nun die Frage, ob die Vereinbarung eines solch langen Zeitraums bei Online-Partnervermittlungsverträgen erlaubt ist oder ob nicht wesentlich kürzere Zeiträume zu berücksichtigen sind. Nach deutschem Recht können nämlich Verträge, die sogenannte "Dienste höherer Art" betreffen, vom Kunden grundsätzlich jederzeit gekündigt werden, d.h. ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Der Gesetzgeber geht hier davon aus, dass bei dieser Art von Verträgen eine besondere Vertrauensstellung zwischen den Parteien herrscht, so dass es unzumutbar wäre, wenn nicht eine sofortige Beendigung möglich wäre. Das AG München hatte Mitte 2011 zu entscheiden, ob auch die Vermittlung von Online-Partnerschaften unter diese Regelung fällt. zurück zur Übersicht |